2004 Frauen geben Technik neue Impulse e.v

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Preisträgerinnen von Technik-Awards

Preisträgerinnen von Awards in technischen Bereichen Die vorliegende Publikation ist eine Dokumentation des gleichnamigen Online- Projekts, das sich unter www.kompetenzz.de />Themen />Preisträgerinnen befindet, und kann dort auch heruntergeladen werden. Awards in den Bereichen IT, Technik, Mathematik und Naturwissenschaft haben besonders für Berufsanfänger/innen eine wichtige Funktion. Eine Teilnahme kann Türöffner für eine erfolgreiche berufliche Karriere sein oder Bestätigung für die eigene Arbeit geben. Bislang gibt es leider noch wenige weibliche Preisträgerinnen. Mittlerweile gibt es einige A- wards und Wettbewerbe, die speziell für Frauen ausgeschrieben sind. Diese Preise werden hier besonders berücksichtigt. Vom September 2003 bis Juni 2004 wurde jeden Monat eine von insgesamt zehn Preisträgerinnen vorgestellt. Die Präsentation von Berufs- und Bildungsbiographien von erfolgreichen Frauen in (informations-) technischen und mathematischnaturwissenschaftlichen Bereichen soll Frauen Mut machen, in technische Bereiche einzusteigen und sich mit den eigenen Leistungen an Wettbewerben zu beteiligen. Auf anregende Weise werden die Möglichkeiten und Chancen von Frauen, sich an Wettbewerben zu beteiligen, dargestellt. Darüber hinaus werden die unterschiedlichen Wege zu technischen und naturwissenschaftlichen Berufsfeldern für Frauen deutlich. Helen Freimark KTW Software Award für Frauen 2003 1 Yvonne Arnold KTW Software Award für Frauen 2003 6 Claudia Vanelle Shell She-Study Award 2002 12 Katharina Geutebrück European IST-Prize 2002 19 Ulrike Schurig Multi Media Transfer Preis 2001 26 Karin Schütze Philip Morris Forschungspreis 2001 34 Steffi Beckhaus KTW Software Award für Frauen 2003 43 Marita Stein-Konertz IDEE-Förderpreis 2003 50 Anke Thede IBM Women s Special 2004 58 Eva Maria Prinzenberg Innovationspreis der dt. Wirtschaft 1999 67 2004 Frauen geben Technik neue Impulse e.v

Keine Angst vor Herausforderungen! Helen Freimark Diplomgeographin zur Zeit Weltreisende Die Diplomgeographin Helen Freimark wurde am 30. Mai 2003 für ihre Diplomarbeit mit dem KTW-Software-Award für Frauen ausgezeichnet. Sie ist zur Zeit Weltreisende. Der KTW-Software-Award Der KTW-Software-Award ist ein Förderpreis ausschließlich für Frauen. Er ist mit insgesamt 20.000 Euro der höchstdotierte Software-Award für Frauen im deutschsprachigen Raum. Bewerberinnen müssen ein Studium an einer deutschsprachigen Hochschule (Uni/FH) vorweisen können und dort im vorhergehenden Jahr eine Abschlussarbeit bzw. eine Dissertation zum Thema Softwareentwicklung abgeschlossen und eingereicht haben. Der KTW-Software-Award wird seit 2003 in zwei Kategorien verliehen: akademische Abschlussarbeiten (Diplom-/Magisterarbeit) und Dissertationen (Doktorarbeit). 2003 wurden gleich drei Preisträgerinnen ausgezeichnet, eine für die beste Dissertation, und zwei für die beste Diplomarbeit. Helen Freimark ist eine der beiden Preisträgerinnen für die beste Diplomarbeit. Die Diplomarbeit An ihre Diplomarbeit mit dem Titel Geovisualisierung im Rahmen eines Warnsystems für Vulkane ging die 27-Jährige mit der Einstellung heran, dass sie am Anfang nicht alles wissen müsse und dass die Bereitschaft und die Motivation zu lernen das Wichtigste seien. Ihr war es wichtig, ein Thema für die Diplomarbeit zu finden, dass auch später Verwendung finden würde. Nach längerer Themenrecherche und einigen erfolglosen Anfragen bei geographischen Instituten stieß sie schließlich auf das Institut für Karthographie der ETH (Eidgenössische Technische Hochschule) Zürich. Dort interessierte sie sich für ein kartographisches Projekt mit dreidimensionalen Welten, in denen man sich per Computer bewegen konnte. Ich rief also im Institut in Zürich an. Bis dahin war ich schon recht verzweifelt, weil ich weder ein Thema noch ein Institut finden konnte, wo ich eine für mich interessante Diplomarbeit hätte schreiben können. Der dortige Professor zeigte gleich Interesse für mein Problem und fragte mich, ob mich irgendetwas auf der Internetseite des Instituts besonders interessieren würde. Ich sprach daraufhin die 3-D-Welten an, und er berichtete von einem ähnlichen Projekt, bei dem es um einen griechischen Vulkan ging. Bei diesem Projekt sollte es um die Entwicklung eines Internetinformationssystems für Vulkane gehen, mit dem man auf lange Sicht mögliche Risiken für die Umgebung voraussagen möchte. Das Ziel war, die Wahrscheinlichkeit eines Vul- 2004 Frauen geben Technik neue Impulse e.v 1

Helen Freimark KTW Software Award 2003 kanausbruchs besser abschätzen zu können und darzustellen, welche Gebiete betroffen sein würden. Das interessierte mich, und er meinte, ich könne sofort zu einem Vorstellungsgespräch kommen. Innerhalb von drei Tagen standen Umzug, Thema und Arbeitsplatz fest. Visualisierungsbeispiel Im Institut für Kartographie bot sich ihr die Möglichkeit, die Diplomarbeit im Projektzusammenhang zu schreiben. Sie erlebte dort eine sehr gute Betreuung und eine umfassende Einführung in die für sie neuen Wissensgebiete. Das Projekt baute auf der Kooperation mit anderen internationalen Forschergruppen aus verschiedenen geographischen Disziplinen auf, wie z. B. Kartographie, Geochemie, Geophysik, u. a.. Der Gedanke meiner Arbeit war, eine Darstellungsform und ein Computersystem zu entwickeln, das Aussagen macht, die jeder mit einem bestimmten Fachwissen verstehen kann, und das einfach zu bedienen ist. Teilnahme am Wettbewerb Für die Beteiligung am KTW Software Award hatte sie ein ganz persönliches Interesse. Seit längerem hatte sie schon geplant, nach Abschluss ihres Studiums eine Zeit lang ins Ausland zu gehen. Dabei hatte sie die Vorstellung, entweder einfach verreisen zu wollen oder ein Auslandspraktikum zu machen. Auf der Suche nach finanzieller Unterstützung erkundigte sie sich beim Auslandsamt der Uni Stuttgart nach einem Auslandspraktikum und musste feststellen, dass es kaum Möglichkeiten für Graduierte ohne Doktortitel gab. Mit sehr viel Frust verließ ich das Büro des Auslandsamtes. Nebenan befand sich die Frauenzentrale und dort hing das Poster vom KTW-Software-Award 2003 aus. Ich dachte mir, versuch doch mal dein Glück, und habe mich dort erkundigt und gleich beworben. Das war zwei Tage vor Anmeldeschluss. Außer den fünf ausgedruckten Exemplaren meiner Arbeit und einer pdf-version brauchte ich noch zwei Gutachten, eines von meinem Professor in Stuttgart und eines von dem Professor in Zürich. Beide waren sehr kooperativ. So schaffte ich es noch, meine Arbeit am letzten Tag einzureichen. Aber eigentlich habe ich nicht wirklich damit gerechnet, unter den Preisträgerinnen zu sein. Für sie persönlich spielte es keine Rolle, dass der KTW-Software-Award nur für Frauen ausgeschrieben wurde. Allerdings hatte sie festgestellt, dass einige Leute in ihrem Bekanntenkreis im ersten Moment den Preis aus diesem Grund nicht so ganz ernst nehmen wollten. Für sie persönlich war das Besondere am KTW-Software-Award vor allem, dass dies der einzige Wettbewerb im IT-Bereich war, wo sie sich mit einem nicht-technischen Studium hatte bewerben können. 2004 Frauen geben Technik neue Impulse e.v. 2

Helen Freimark KTW Software Award 2003 Informatik und Programmierung Ihre Eltern, beide Architekten, versuchten ihr in der Kindheit den Umgang mit Computern nahe zu bringen, was aber bei ihr gar nicht auf Interesse stieß. Sie erinnert sich daran, dass ihr Vater sich das Programmieren beibrachte und Spiele für sie schrieb. Für sie war das damals lediglich 'Papas komisches Hobby'. Sie selber bekam erst in der Schule Kontakt mit dem Programmieren. In der Schule bestand das Programmieren zum größten Teil daraus, Texte einzutippen, bei denen nichts Interessantes herauskam. Heute kann ich sagen, dass das damals einfach zu trocken war, es fehlte der Anwendungsbezug. Damals stellte ich mir unter der Arbeit mit dem Computer vor, dass man irgendwo im dunklen Zimmer vor sich hin bastelt. Und das hat mich bis ins Studium hinein nicht gereizt. Ein starkes Interesse für Programmierung ist bei ihr erst im Laufe Ihres Geographiestudiums entstanden. Bei mir war es z. B. zu Beginn des Studiums so, dass ich gerade mal Briefe per E-Mail schreiben konnte. Das änderte sich nach ein paar Semestern Theorie. Ich bekam Lust, etwas Praktisches zu machen. Dann stellte ich fest, dass der Einstieg in die an der Uni Stuttgart recht angesehenen Informatikfächer gar nicht so schwer war. Ich war erstaunt, zu sehen, dass ich das konnte. Außerdem habe ich generell beim Arbeiten gerne und schnell eine Bestätigung meiner Arbeit. Am Computer kann man jede Viertelstunde die eigene Arbeit testen. Das hat mir gefallen. Unter anderem wurde mir bewusst, wie verwoben Computer mit allen Bereichen sind. Mir wurde klar, dass man bei vielem draußen ist, wenn man da nicht reinkommt, auch in der Geographie. Ursprünglich hatte sie Geographie und Französisch auf Lehramt studiert. Jedoch entschied sie sich nach einigen Semstern und nach einer Praxiserfahrung als Fremdsprachenassistentin für Deutsch an einem Gymnasium in Frankreich für den Diplomstudiengang Geographie. Französische Sprache und Literatur studierte sie als zweites Studienfach weiter. Das Interesse, ihre Kenntnisse in Informatik zu vertiefen, wurde bei Veranstaltungen im Bereich Geoinformationssysteme geweckt, das sie als Nebenfach belegte. Dort lernte sie, wie man mithilfe von Computern geographische Systeme darstellen kann. Diese theoretischen Kenntnisse vertiefte sie in einem Praktikum. Entscheidend in dieser Richtung weiterzumachen, war für mich das Pflichtpraktikum, das ich in Oakland (USA), in einer Umweltberatungsgesellschaft gemacht habe. Dort wurden für ein Hafengebiet im Rahmen der Altlastensanierung Bodenuntersuchungen durchgeführt. Dazu benötigten wir digitale Karten. Aber dort im Institut kannte sich noch keiner mit Geoinformationssystemen aus. Ich habe es dann mit einer Kollegin zusammen geschafft, innerhalb von drei Wochen diese Karten zu erstellen. Es gab daraufhin sogar einen Folgeauftrag für die Firma, was mich zusätzlich motivierte, mehr über die Entwicklung solcher Programme lernen zu wollen. Bisher hatte ich an der Uni nur die Theorie vermittelt bekommen. Bei dem Praktikum wurde mir bewusst, dass das der Level ist, auf dem in einem Ingenieurbüro gearbeitet wird. Im Anschluss an das Praktikum wollte sie die Diplomarbeit dazu nutzen, weiter in die Entwicklung von Computersystemen einzusteigen. Als Diplomarbeit hätte ich eine Arbeit schreiben können, bei der die Computertechnik nicht so im Vordergrund gestanden hätte. Aber ich dachte, wenn ich es jetzt nicht lerne, dann lerne ich es nie. 2004 Frauen geben Technik neue Impulse e.v. 3

Helen Freimark KTW Software Award 2003 Frauen und Männer in der Informatik Das Verhältnis zwischen Frauen und Männern im Institut für Kartographie, wo sie zuletzt arbeitete, war ca. 5 zu 21. Auch vom Diplomstudiengang Geographie kannte sie es, als Frau in der Unterzahl zu sein. Vorher, im Grundstudium und in den Lehramtsstudiengängen, war sie gewohnt, dass das Geschlechterverhältnis entweder sehr ausgeglichen war oder dass die Frauen in der Überzahl waren. Warum der Anteil der Frauen im informationstechnischen Bereich so gering ist, erklärt sie sich folgendermaßen: Schwer zu sagen. Ich glaube, zum Teil ist es so, wie ich es vom Informatikunterricht in der Schule her kenne: Die Jungen beschäftigen sich eher und mehr auch in ihrer Freizeit damit. Aber das bedeutet nicht, dass sie im Studium unbedingt besser sind. In meiner Schule waren sogar die Mädchen besser als die Jungen. Ich glaube, diese Angeber-Komponente spielt eine große Rolle, Mädchen und Frauen von der Informatik abzuschrecken. Männer reden gern in Fachchinesisch. Das verunsicherte mich damals und auch heute noch manchmal. Aber heute merke ich, dass bei vielen, die das Fachvokabular draufhaben, nichts dahinter ist. Für mich war in dieser Hinsicht das Institut in Zürich sehr gut: Dort war keine meiner Fragen zu dumm, ich konnte alles fragen, was mir unklar war. Mittlerweile lässt sie sich nicht mehr von der Fachsimpelei ihrer Kollegen einschüchtern. Es ist erst mal nicht schlecht, wie bei einem Bewerbungsgespräch die wichtigen Begriffe im Kopf zu haben und bei Bedarf anwenden zu können. Wenn es sein muss, könnte ich jetzt ebenfalls andere mit Fachbegriffen beeindrucken. Außerdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass es auch nicht nützlich ist, den Gesprächspartner nur zu beeindrucken, wenn er oder sie aber nichts versteht. Wenn ich mit solchen Personen zu tun habe, hilft mir oft der Satz Männer sind die Sprinter, Frauen haben den längeren Atem! Aber ich würde das nicht generell so sehen, dass alle Männer so sind. Manchen macht es halt Spaß, so zu reden, denke ich. Und inzwischen ist ihr Interesse an Informatik so groß, dass sie das Fach gerne studieren würde. Der KTW-Preis hat bei mir den Wunsch geweckt, mir zu beweisen, dass ich das kann. Vom Informatikstudium erwarte ich, im abstrakten Denken geschult zu werden und mehr Hintergrundinformationen über die Konzepte und den Aufbau, die hinter den Systemen stehen, zu erfahren. Solche Informationen kommen in Anwender-Anleitungen nicht vor. Work-Life Balance Das Preisgeld verwendet sie, wie beabsichtigt, zur Finanzierung eines großen Teils ihrer Weltreise, die sie in Kürze antreten wird. Außer der finanziellen Seite ist es ein gutes Gefühl, mit dem Erfolgserlebnis losreisen zu können. Mein Professor und die Leute am Institut, mein ganzes Umfeld und natürlich besonders meine Eltern haben sich sehr für mich gefreut. Der Zeit nach ihrer einjährigen Weltreise, die gleichzeitig auch eine berufliche Orientierungsphase darstellt, sieht sie gelassen entgegen. Ich denke, dass ich jetzt, mit 27 Jahren und bei einem Geographiestudium, bei dem die Erde im Mittelpunkt des Interesses steht, durch meine einjährige Weltreise keine beruflichen Nachteile zu erwarten habe. Das wäre vielleicht eher in zehn Jahren der Fall, wenn ich dann noch mal für ein Jahr aussteigen wollte. 2004 Frauen geben Technik neue Impulse e.v. 4

Helen Freimark KTW Software Award 2003 Da ihr Freund in Zürich lebt und nach der Reise dort mit seiner Doktorarbeit beginnen wird, möchte sie auf jeden Fall wieder in die Schweiz zurückkehren. Zur Frage der Familiengründung hat sie sich schon einige Gedanken gemacht, und findet die Beantwortung für sich selber schwierig. Eine ihrer Erwägungen ist, dass sich die Familiengründung relativ gut mit ihrer eigenen Doktorarbeit verbinden ließe. Dadurch wäre ich in der Zeitplanung relativ flexibel, und auch mein Freund, der ebenfalls mit seiner Doktorarbeit beschäftigt wäre, könnte einen erheblichen Teil der Kinderbetreuung, vielleicht 40 %, übernehmen. Eine andere Überlegung ist, einfach im industriellen Bereich zu arbeiten. Dort stelle ich mir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf schwieriger vor. Lebensmotto Keine Angst vor Herausforderungen! Linkliste KTW-Software Software-Award http://www.ktw.com/ktwde/de/award/award.html Diplomarbeit von Helen Freimark www.karto.ethz.ch/ > teaching >Studentenarbeiten Institut für Kartographie an der ETH Zürich www.karto.ethz.ch/ Universität Stuttgart http://www.uni-stuttgart.de/ Fakultät für Informatik, Uni Stuttgart http://www.informatik.uni-stuttgart.de/ Studiengang Geodäsie und Geoinformatik, Uni Stuttgart http://www.ifp.uni-stuttgart.de/lehre/studiengang/index.html Das Interview wurde im Juli 2003 geführt; Erstveröffentlichung im Netz: September 2003. 2004 Frauen geben Technik neue Impulse e.v. 5

Tu nur, was Dein Herz zum Singen bringt! Yvonne Arnold Kommunikations- wis- senschaftlerin zur Zeit Wiss. Mitarbe bei- terin Die Diplom-Kommunikationswissenschaftlerin Yvonne Arnold wurde für ihre Diplomarbeit mit dem KTW Software Award in der Kategorie Diplomarbeiten ausgezeichnet, der am 30. Mai 2003 verliehen wurde. Der KTW-Software-Award Der KTW-Software-Award ist ein Förderpreis ausschließlich für Frauen. Er ist mit insgesamt 20.000 Euro der höchstdotierte Software-Award für Frauen im deutschsprachigen Raum. Bewerberinnen müssen ein Studium an einer deutschsprachigen Hochschule (Uni/FH) vorweisen können und dort im vorhergehenden Jahr eine Abschlussarbeit bzw. eine Dissertation zum Thema Softwareentwicklung abgeschlossen und eingereicht haben. Der KTW-Software-Award wird seit 2003 in zwei Kategorien verliehen: akademische Abschlussarbeiten (Diplom-/Magisterarbeit) und Dissertationen (Doktorarbeit). 2003 wurden gleich drei Preisträgerinnen ausgezeichnet, eine für die beste Dissertation, und zwei für die beste Diplomarbeit. Yvonne Arnold ist eine der beiden Preisträgerinnen für die beste Diplomarbeit. Die Diplomarbeit - www.krebsgemeinschaft.de In ihrer Diplomarbeit Requirements Engineering: Bedarfsgerechte Konzeption und Implementierung einer Community Plattform für Krebspatienten konzipierte die 27-Jährige eine neuartige Internetplattform www.krebsgemeinschaft.de für Krebspatienten und deren Angehörige. Sie erarbeitete das Angebot unter anderem in enger Abstimmung mit den Endnutzern mit Hilfe von Gruppendiskussionen. Daher bestimmen nicht die technischen Möglichkeiten die Konzeption und das Design, sondern der individuelle Bedarf der Patienten war Motor der Entwicklung. Die Umsetzung des Designs in einen Prototypen fand in mehreren Iterationen statt, während dieser die Plattform immer mehr ihre Gestalt annahm. Die Internetplattform wurde im Rahmen des Forschungsprojekts COSMOS entwickelt und vom Ministerium für Bildung und Forschung (bmbf) in Auftrag gegeben. 2004 Frauen geben Technik neue Impulse e.v 6

Yvonne Arnold KTW Software Award 2003 Die Internetplattform krebsgemeinschaft.de Anliegen von krebsgemeinschaft.de ist es, Krebskranke, Angehörige, Freunde und Interessierte zu vernetzen und Ihnen ein offenes Forum für Information und Interaktion zu bieten. Diese Anwendung soll einen qualitätsgesicherten Erfahrungsaustausch ermöglichen und so den Betroffenen als Unterstützung bei der Bewältigung ihrer Krankheit dienen. Die Kurzfassung der Diplomarbeit zum Download befindet sich am Ende dieses Artikels. Sich Bewerben Vertrauen in die eigene Leistung zeigen Frau Arnold stieß bei einer Internetrecherche zufällig auf die Ausschreibung des KTW Software Awards 2003, die sich auf der Seite der Frauenbeauftragten einer Uni befand. Aus Neugierde und weil der Wettbewerb speziell für Frauen im Bereich Informatik/Software ausgeschrieben war, forderte sie die Wettbewerbsunterlagen an. Dann ließ sie die Sache erst einmal auf sich beruhen und reichte erst sehr spät, kurz vor Ablauf der Abgabefrist, ihre Arbeit ein. Frau Arnold betont, dass sich der finanzielle und zeitliche Aufwand, der mit der Bewerbung verbunden war, für sie persönlich auch gelohnt hätte, wenn sie nicht unter den Gewinnerinnen gewesen wäre. Ich habe die Einstellung, dass man eine Chance ergreifen sollte, wenn sie sich bietet. Ich habe nicht damit gerechnet, zu gewinnen, da ich die Arbeiten der Mitbewerberinnen nicht kannte, aber ich wollte auch keine Gelegenheit auslassen. Karriere an der Uni oder in der freien Wirtschaft Zum Zeitpunkt des Interviews ist Frau Arnold als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik im Institut für Betriebswirtschaftslehre an der Uni Hohenheim tätig. Dort betreut Sie die Vorlesung Informationsmanagement und ist Mitarbeiterin am Projekt COSMOS (Community Online Services and Mobile Solutions). Darüber hinaus ist sie Gastwissenschaftlerin am Institut für Informatik am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik der Technischen Universität München. Im Anschluss an ihre Diplomarbeit, die sie im Rahmen des Projektes COSMOS angefertigt hatte, entschloss sie sich, das Angebot ihres Professors anzunehmen, an diesem Projekt als wissenschaftliche Mitarbeiterin weiterzuarbeiten, mit der Möglichkeit, bei ihm ihre Doktorarbeit zu schreiben. Da ihr Professor zwischenzeitlich einem Ruf an die Uni München folgte und sie sich entschied, in Stuttgart zu bleiben, ist ihre berufliche Zukunft wieder offen. Ich stelle mir gerade die Frage, ob ich mir jetzt, nach Auslauf des Projektes, eine neue Arbeitsstelle, evtl. auch auf dem freien Markt, suche, oder ob ich promoviere. Ich schaue zur Zeit, was als Nächstes kommen kann. Die Lehre im wissenschaftlichen Bereich ist für mich eine schöne Herausforderung und Bereicherung. Ich betreue sehr gerne Diplomanden und gebe Seminare. Es macht mir viel Spaß, Studierenden Hilfestellung zu geben. 2004 Frauen geben Technik neue Impulse e.v. 7

Yvonne Arnold KTW Software Award 2003 Von den Kommunikationswissenschaften zur Informatik Die Idee, Kommunikationswissenschaften zu studieren, hatte Frau Arnold, als sie nach dem Abitur bei der Suche nach einem passenden Studium von dem 1995 neu gegründeten Studiengang an der Uni Hohenheim in Stuttgart erfuhr. Für mich war es sehr interessant, dass ein vielseitiges Inhaltsfeld angeboten wurde. Es hat mich gereizt, ein eher breites Generalistenstudium zu studieren und nicht ein schmales Spezialistenstudium. Ich dachte mir, dass ich dadurch im späteren Beruf vielfältig einsetzbar sein würde. Am Anfang ihres kommunikationswissenschaftlichen Studiums spielte Informatik für sie keine Rolle. Erst im Laufe des Studiums kam sie dazu, sich für Informationstechnologien und auch für die Programmierung zu interessieren. Am Anfang des Studiums konnte ich gerade mal Emails schreiben. Ich kam eher zufällig an die Programmierung. Das Interesse daran kam vor allem über mein Interesse an logischem Denken und an der Mathematik. Hier knüpfte sie gewissermaßen an ihre Schulzeit an, wo sie neben Chemie den Mathematik Leistungskurs gewählt hatte. Vor allem zwei einschneidende Erfahrung führten Frau Arnold schließlich zur Programmierung. Die eine war eine Vorlesung im Grundstudium zur Wirtschaftsinformatik, die sie sehr spannend fand. Ich hatte das Gefühl, dass die Programmierung eine interessante Herausforderung für mich sein könnte. Ich mochte es, Problemlösungen für komplexe Aufgabenstellungen zu entwickeln und knifflige Aufgaben zu lösen. Die zweite wichtige Erfahrung war ihr Studienaufenthalt in den USA, wo sie die Arbeit sowohl mit traditioneller als auch mit digitaler Animation, also Computeranimation, kennenlernte. Die Computeranimation ermöglichte ihr die Vereinbarung von zwei sehr unterschiedlichen Interessen, zwischen denen sie seit ihrer Schulzeit hin und her gependelt war. Damals hatte sie sowohl ein starkes Interesse an Mathematik und Chemie gehabt, als auch den Ausgleich mit Musik und Kunst gesucht. Ich konnte mich bis dahin nie ganz entscheiden, wohin es gehen sollte. In der Computeranimation fand ich die für mich ideale Verbindung von Informatik und Kunst. Bei einem Projekt, wo ich zusammen im Team einen 5-Minuten-Film komplett computeranimiert erstellte, konnte ich sehr viel lernen. Vor der Auseinandersetzung mit der Technik hat sie keine Scheu, da ihr Interesse für technische Zusammenhänge schon von ihrer Kinderzeit an im Elternhaus gefördert wurde. Von klein auf saß ich immer neben dran, wenn mein Vater, der handwerklich sehr interessiert ist, etwas gebastelt hat. Zu meinem Auszug von zu Hause hat er mir dann eine Bohrmaschine geschenkt. 2004 Frauen geben Technik neue Impulse e.v. 8

Yvonne Arnold KTW Software Award 2003 Frauen und Männer in Studium und Beruf Im Studium der Kommunikationswissenschaften erlebte Frau Arnold eine Studiensituation, in der die weiblichen Studierenden mit ca. 90 Prozent die überwiegende Mehrheit stellten. Erst in den Veranstaltungen zur Wirtschaftsinformatik lernte sie die Situation kennen, als Frau in der Unterzahl zu sein. Der Großteil ihrer weiblichen Kommilitonen setzte im Hauptstudium den Studienschwerpunkt auf die Bereiche Journalistik oder PR. Nur wenige und eher männliche Studierende wählten Wirtschaftsinformatik als Vertiefungsfach, das im Bereich BWL angesiedelt ist. Ich kann nicht genau sagen, wie das Verhältnis zwischen Frauen und Männern im Bereich Wirtschaftsinformatik zu meiner Studienzeit war. Aber auf jeden Fall waren die Frauen in der Minderheit. Ich persönlich fand es aber relativ einfach, mit dieser Situation umzugehen. Ich hatte keine Schwierigkeiten und hatte nicht das Gefühl, dass ich als Frau irgendwelche besonderen Hindernisse zu überwinden hatte. Aber prinzipiell würde ich schon sagen, dass man als Frau ein bisschen besser sein muss, um zu beweisen, dass man s kann. Aber eingeschränkt habe ich mich niemals gefühlt; das war nie der Fall bei mir. Am stärksten fällt Frau Arnold die Unterrepräsentanz von Frauen im Bereich der Wirtschaftsinformatik auf Konferenzen und im Bereich der Entwicklung von Informationssystemen auf. Auf Konferenzen ist der Frauenanteil verschwindend gering. Zehn Frauen sitzen beispielsweise mit hundert Männern zusammen. Da zeigt sich das Ungleichgewicht der Geschlechter natürlich gleich sehr bewußt und direkt an der Anzahl der Beiträge. Prinzipiell betont Frau Arnold die Schwierigkeit, zu beschreiben oder zu bemerken, was bei der Arbeit mit männlichen Kollegen anders ist als mit weiblichen. Für mich sehe ich erst einmal keinen Unterschied, ob ich mit einem Mann oder einer Frau zusammen arbeite. Für mich kommt es eher auf den Menschen an. Das Frauenthema ist eher unbewußt präsent. Meist ist es im Alltag nur subtil wahrnehmbar. Frauenförderung und Mentoring An dem Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, an dem sie zur Zeit tätig ist, ist der Frauenanteil vergleichsweise hoch. Frau Arnold führt dies auf den dortigen Professor zurück, dem es wichtig ist, Frauen im wissenschaftlichen Bereich zu fördern. Insbesondere im Zusammenhang mit der eigenen Beteiligung am KTW-Software-Award ist ihr bewußt geworden, wie wichtig eine stärkere Unterstützung durch die Professorinnen und Professoren gerade für Frauen an den technischen Fakultäten ist. Ich glaube, dass die Professorinnen und Professoren sehr explizit an Frauen herantreten sollten, wenn sie diese als geeignet sehen. Ich denke, dass Lehrende insgesamt die Studierenden mehr ermutigen sollten. Die gegenseitige Unterstützung von Frauen in technischen Bereichen ist ein wichtiges Anliegen von Frau Arnold. Sie nimmt deshalb an einem Mentorinnen-Programm, das im Rahmen verschiedener Initiativen zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Wissenschaft an der Universität Hohenheim durchgeführt wird, teil. Hierbei stehen Frauen aus der Wirtschaft oder der Uni denjenigen Frauen, die sich eine Hierarchieebene unter Ihnen befinden, unterstützend zur Verfügung. 2004 Frauen geben Technik neue Impulse e.v. 9

Yvonne Arnold KTW Software Award 2003 Ich bin sowohl Mentorin für eine Studentin im Hauptstudium, als auch Mentee von Frau Dr. Helga Breuninger von der Breuninger Stiftung. Ich habe sie mir als Mentorin ausgesucht, weil ich sie und ihre Arbeit als ein Vorbild sehe. Gerade der gemeinnützige Bereich bzw. das Stiftungswesen interessiert mich besonders, und ich würde in der Zukunft gerne in diesem Bereich arbeiten. Work-Life Balance Frau Arnold arbeitet mit Freude in freier Zeiteinteilung und ist nicht gerne an einen starren Zeitrahmen, wie z.b. einen Acht-Stunden-Tag, gebunden. Der wissenschaftliche Bereich bietet da gute Möglichkeiten, relativ flexibel zu arbeiten. Allerdings ist es bei dem Projekt, wo ich arbeite, nicht ganz so flexibel wie im typischen Wissenschaftsbetrieb. Da wir Partner im Wirtschaftsbereich haben, haben wir denselben Zeit- und Projektdruck wie in der freien Wirtschaft. Zwischen Weinberg und Technik Frau Arnold wurde von der Auszeichnung überrascht, so dass sie zum Zeitpunkt des Interviews, kurz nach der Siegerehrung, noch keinen konkreten Verwendungszweck für dieses Geld hatte. Während und nach der Preisverleihung war ich sehr stark in das Projekt, in dem ich arbeite, eingebunden. Das Geld ist lediglich auf meinem Konto eingegangen, der Verwendungszweck ist noch offen. Eine Möglichkeit wäre, eine Auszeit zu nehmen. Im Moment überlege ich mir das für mich noch. Für die eigene Erfahrung und mein Selbstbewußtsein war die Auszeichnung auf jeden Fall sehr positiv. Ein Teil des Geldes wird sicherlich auch in ihr Hobby, die biologische Bewirtschaftung des eigenen Weinberges und in den Ausbau des gekelterten Weines fließen. Auf ihren Weinberg angesprochen, erzählt sie von ihrem beruflichen Traum eines eigenen Hofes, einer eigenen Winzerei. Jedoch geht es dabei nicht um die Idee, einen klassischen Weinbaubetrieb aufzubauen. Ihre Vorstellungen gehen in die Richtung eines pädagogischen Hofkonzeptes, wo es verschiedene Projekte mit Kindern und vielleicht Behinderten geben könnte. Die Idee ist, mit und in der Natur zu arbeiten und gleichzeitig auch die Computertechnik zu nutzen, wo sie sinnvoll ist. Mir schwebt da ein Bildungskonzept in einem größeren Rahmen vor, wo z.b. Schulklassen an die Weinbergsarbeit oder an andere naturnahen Gebiete herangeführt werden können. Ihr technisches Interesse möchte Sie darin auf jeden Fall integrieren. Die Technik könnte da z.b. in Form eines digitalen Naturlexikons Hilfestellung geben. Für mich ist die Arbeit in der Natur ein guter und wichtiger Ausgleich zur Arbeit am Computer. Mir ist die Balance zwischen Technik und Natur sehr wichtig das ist basic für mich. Ich fände das schön, wenn ich beides verbinden könnte. 2004 Frauen geben Technik neue Impulse e.v. 10

Yvonne Arnold KTW Software Award 2003 Lebensmotto Mein Freund sagt immer, tu nur, was Dein Herz zum Singen bringt. Anders formuliert: Wesentlich ist es, nicht nur die Karriere im Blick zu haben, sondern sich dabei nicht selbst zu vergessen. Anders gesagt, man sollte nur das tun, was man wirklich will! Und das herauszufinden ist auf Anhieb oftmals schwierig. Linkliste Kurzfassung der Diplomarbeit von Yvonne Arnold Das PDF-Dokument kann unter www.kompetenzz.de/ >Themen/ >Preisträgerinnen heruntergeladen werden (PDF-Dokument 12,5 KB) KTW-Software Software-Award http://www.ktw.com/ktwde/de/award/award.html www.krebsgemeinschaft.de http://www.krebsgemeinschaft.de/ Forschungsprojekt COSMOS http://www.cosmos-community.org/index.html Ministerium für Bildung und Forschung (bmbf) http://www.bmbf.de/ Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik im Institut für Betriebswirtschaftslehre, Uni Hohenheim http://www.uni-hohenheim.de/wi1/ Kommunikationswissenschaften, Uni Hohenheim http://medien.sowi.uni-hohenheim.de/kowi/bewerberinfo.htm Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, TU München http://www.winfobase.de/ University of Massachusetts Amherst http://www.umass.edu/ Metoring an der Uni Hohenheim http://www.uni-hohenheim.de/frauen/html/mentho.htm Gleichstellungstelle Uni Hohenheim http://www.uni-hohenheim.de/i3v/00000700/00221041.htm Dr. Helga Breuninger, http://www.breuninger-stiftung.de/ >Team Das Interview wurde im September 2003 geführt; Erstveröffentlichung im Netz: Oktober 2003. 2004 Frauen geben Technik neue Impulse e.v. 11

Ein Award ist eine gute Gelegenheit zu zeigen, was Frauen leisten können! Claudia Vanelle Diplomphysikerin promovierte Geophysi- kerin zur Zeit wissenschaftl. Angestellte Die promovierte Geophysikerin Claudia Vanelle wurde am 26.11.2002 für Ihre Dissertation mit dem ersten Preis des Shell She-Study Award 2002 ausgezeichnet. Der Shell She-Study Award Seit 1997 wird der Shell She-Study Award für herausragende und zukunftsweisende wissenschaftliche Arbeiten (Dissertationen, Diplomoder Studienarbeiten) in technischen und naturwissenschaftlichen Fachbereichen rund um die Bereiche Mineralöl, Erdgas, Chemie und Erneuerbare Energien verliehen. Für den Förderpreis können sich ausschließlich Frauen bewerben. Es werden drei Preise mit je 5.000,- 2.500,- und 1.000,- ausgezeichnet. Die Dissertation - Schneller und billiger zu Erdgas und Erdöl Etwa 70 Prozent aller weltweit in Computern gespeicherten Daten sind solche Daten, die bei der Suche nach neuen Lagerstätten für Erdgas und Erdöl anfallen. Um diese Brennstoffe zu finden, werden durch kleine Explosionen Druckwellen am Boden erzeugt, die dann von Gesteinsschichten unter der Oberfläche reflektiert werden. Die dabei entstehenden Echos, ihre Stärke und Wanderungsgeschwindigkeit werden um die Quelle der Druckwelle herum gemessen. Ausgewertet werden dabei üblicherweise mehrere 100 Millionen Datenpunkte, wobei riesige Datenmengen anfallen. Damit daraus ein Abbild des Untergrunds und der Lagerstätte entsteht, benötigen selbst Supercomputer Rechenzeiten von mehreren Monaten. Claudia Vanelle hat in ihrer ausgezeichneten Dissertation mit dem Titel 'Traveltime-based True-amplitude Migration', auf deutsch 'Laufzeitbasierte Migration mit wahren Amplituden', gezeigt, dass sich Rechenzeit und Speicherbedarf auf einen Bruchteil reduzieren lassen, wenn man mit einer neuen Methode aus der sogenannten Laufzeit der seismischen Wellen andere Parameter herausrechnet. Außer für die Suche nach Erdöl werden seismische Methoden auch in der Geologie und Archäologie angewendet. Claudia Vanelle erläutert die Funktionsweise der Seismik: 2004 Frauen geben Technik neue Impulse e.v 12

Claudia Vanelle Shell She-Study Award 2002 Im Prinzip funktioniert die Seismik wie Ultraschall in der Medizin. Über den Verlauf von Ultraschallwellen kann man auf die Gestalt des Körpers schließen. Der wesentliche Unterschied ist, dass in der Medizin der menschliche Körper untersucht wird und in der Seismik die Erde. Ich versuche als Geophysikerin, die Erde mit seismischen Mitteln abzubilden. Seismisches Experiment Um eine Vorstellung von der Genauigkeit der seismischen Messungen zu bekommen, gibt die Erdforscherin folgendes Beispiel: Von einem Seismogramm, also von der Visualisierung der gemessenen Schallwellen, auf die Erde zu schließen, ist ziemlich kompliziert. Man kann diese Forschung damit vergleichen, dass man versucht, von den Schallwellen, die entstehen, wenn jemand singt, auf die Beschaffenheit des Raumes zu schließen. Zum Beispiel hört sich der gleiche Gesang unter der Dusche ganz anders an als im Wohnzimmer. Ich kann diese Zusammenhänge als Daten in den Computer eingeben. In je mehr Räumen ich dies teste, desto exakter wird meine Vorhersage, wie ein mir unbekannter Raum aussehen könnte, den ich nur über die durch das Singen erzeugten Schallwellen bestimmen soll. Übertragen auf die geowissenschaftliche Forschung bedeutet dies, dass ich die unterschiedlichen Ergebnisse von seismischen Versuchen meinem Computer beibringen muss. Er sagt mir dann, welche Gesteinsschichten oder anderen Stoffe sich unter der Erdoberfläche befinden. Dabei sollen die Aussagen so genau sein, dass der Computer - um auf die Analogie mit den Räumen zurückzukommen - in der Lage wäre, von den Schallwellen eines unbestimmten Gesangs beispielsweise auf die Farbe des Rocksaums der Mutter Gottes im Petersdom zu schließen. Die Auszeichnung - Den Spaß an der Wissenschaft mit anderen teilen Der 37jährigen Wissenschaftlerin war der Shell She-Study Award schon längere Zeit bekannt. Eine Kollegin hatte sich vor einem Jahr schon einmal dort beworben und ihr Professor schlug ihr dies ebenfalls vor. Bei vorhergehenden Bewerbungen auf Awards in der Geophysik hatte sie leider feststellen müssen, dass sie aufgrund ihres Alters nicht teilnehmen konnte. Sie hatte vor dem Physikstudium eine Ausbildung absolviert, was ihr dort zum Nachteil wurde. Es freut sie, dass es beim Shell She-Study Award keine Alterseinschränkung gibt. Ihr zentrales Anliegen für die Teilnahme am Shell She-Study Award war, ihre Begeisterung für die geophysikalische Forschung weiterzugeben. Es ist mir ein großes Anliegen, die Geophysik in der Bevölkerung publik zu machen. Mir macht Wissenschaft unheimlich viel Spaß und ich möchte das mit anderen Leuten teilen. Die Liebe zur Wissenschaft ist zwar unabhängig von Mann oder Frau, jedoch kann der Weg dahin ein anderer sein. Ich denke, Frauen fällt es oft schwer, ihr Können und ihre Begeisterung zu demonstieren. Ein solcher Award ist eine gute Gelegenheit, zu zeigen, was Frauen leisten können. 2004 Frauen geben Technik neue Impulse e.v. 13

Claudia Vanelle Shell She-Study Award 2002 In der Endausscheidung des Shell She-Study Awards halten die Kandidatinnen einen 15 minütigen Vortrag zu ihrem Thema. Aufgrund dieses Vortrages werden dann die Preisträgerinnen von der Jury bestimmt. Claudia Vanelle betont ihregute Ausbildung in der Präsentation, die sie im Institut für Geophysik in Hamburg gelernt hat. Dort wurde besonderen Wert darauf gelegt, sich bei einem wissenschaftlichen Vortrag auf die Zielgruppe einzustellen. Meine Dissertation ist das Ergebnis von fünf Jahren Arbeit mit viel Mathematik und Fachjargon. Es ist nicht einfach, in 15 Minuten diese Arbeit allgemeinverständlich darzustellen. Ich habe bei dem Vortrag 12 Minuten darauf verwendet, in die Problematik einzuführen, um dann in drei Minuten meinen Lösungsweg zu erläutern. Ich glaube, entscheidend dafür, dass ich beim Shell She-Study Award ausgezeichnet wurde, war die Art und Weise, wie ich einem interessierten Publikum ein sehr spezielles und schwieriges Thema zugängig gemacht habe. Ich denke, diejenige Bewerberin, die ihre Idee gut vermitteln kann, und die ihre Begeisterung für die Sache zeigt, hat beim Shell She-Study Award eine gute Chance zu gewinnen. Allgemein gibt sie Frauen, die sich mit ihrer Studienarbeit bei einem Award bewerben möchten den Tipp, sich im Hinblick auf die richtige Auswahl eines Wettbewerbs die Anforderungen und die beteiligten Personen genau anzuschauen. Durch die Auszeichnung motiviert ergriff Claudia Vanelle die Chance, sich bei einem Unternehmen der Shell Gruppe, das sich auf die Anwendung von Seismik bei der Kohlenwasserstoff-Exploration spezialisiert hat, mit ihrem Thema vorzustellen. Die Leute dort waren sehr nett, es war ein schönes Gespräch, und ich stieß dort auf Interesse an meiner Methode. Ich bekam die Anregung, diese Methode an einigen Beispielen auszuprobieren. Aber ohne die Bereitstellung von entsprechender technischer Ausstattung und finanzieller Grundlage wäre das für mich ein zu großer Aufwand gewesen. Auch wenn ihre Hoffnung, dort eine Anstellung oder finanzielle Unterstützung zu bekommen, nicht erfüllt wurde, bereut sie die Teilnahme am Shell She-Study-Award keinesfalls. Das Preisgeld war eine schöne Sache. Das kam kurz vor Weihnachten. Ich habe mir einige Fachbücher angeschafft und auch in mein Hobby Felsklettern und Bergwandern, investiert und mir davon ein neues Seil und ein Zelt gekauft. Geophysik - In Bereiche dringen, wo noch nie zuvor ein Mensch gewesen ist Im Anschluss an ihre Diplomarbeit, die sie bei der Hamburger Sternwarte geschrieben hatte und wo es um die Messung von Sternhelligkeiten ging, war sie dort ein weiteres Jahr beschäftigt. Da die Erforschung der Planeten eng mit der Geophysik verknüpft ist, hörte sie eine Vorlesung ihres jetzigen Professors der Geophysik, der mit Begeisterung von der Seismik berichtete. Er hat's geschafft, mich mit dem 'seismischen Virus' zu infizieren. Mit solchen Leuten arbeite ich gerne zusammen. Aus der Begeisterung für die Seismik heraus bewarb sie sich auf die nächste freie Doktorandenstelle im Institut für Geophysik, wo sie angenommen wurde. Dort hat sie mit der mit dem Shell She-Study Award ausgezeichneten Arbeit promoviert und ist seitdem dort als wissenschaftliche Angestellte auf einer befristeten Stelle beschäftigt. 2004 Frauen geben Technik neue Impulse e.v. 14

Claudia Vanelle Shell She-Study Award 2002 Das war der große Wurf! Spaßeshalber drücke ich meine jetzige Situation so aus: Ich kann forschen nach Lust und Laune und kriege noch Geld dafür. Das wollte ich schon immer machen. Es ist hier toll, die Arbeit hier macht mir unheimlich viel Spaß und ich kann viele Reisen unternehmen und interessante Menschen kennen lernen. In ihrem beruflichen Alltag verbringt die Geophysikerin die meiste Zeit vor dem Computer und arbeitet an der Berechnung einer Lösung für ein seismisches Problem. Die Lösungsidee wird dann programmiert, an Beispielen durchgerechnet und bei Erfolg publiziert (Publikationsliste). Diese Arbeit wechselt sich immer wieder mit Auslandsaufenthalten ab, da sich viele geologisch interessante Gebiete im Ausland befinden. Zur Zeit arbeitet sie an einem zweijährigen Projekt, das sie selber bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft beantragt hatte. Da die Projektzeit bald ausläuft, ist sie nun damit beschäftigt, das nächste Projekt auf die Beine zu stellen. Dazu versucht sie eine Forschungskooperation mit brasilianischen Forscherinnen und Forschern aufzubauen. Zum Zeitpunkt des Interviews lag gerade ein Forschungsaufenthalt in Brasilien hinter ihr. Ich konnte in Brasilien mit Seismikerinnen und Seismikern, die aus einer ganz anderen Forschungsrichtung kommen, zusammenarbeiten. Ich kannte die Forscher/-innen von einer früheren Tagung in Karlsruhe, wo wir uns zum Forschungsaustausch zusammensetzten. Jetzt wollen wir sehen, dass wir ein gemeinsames Projekt hinkriegen. Angesprochen auf ihre enorme Eigeninitiative betont sie, dass dies die einzige Möglichkeit ist, diese Forschung zu finanzieren. Abgesehen von der Finanzierung gefällt mir an meiner Arbeit, dass ich selbstständig und unabhängig arbeiten kann. Die Vorstellung, in Bereiche zu dringen, wo noch nie zuvor ein Mensch gewesen ist und wo noch ungelöste Probleme zu lösen sind, fasziniert mich sehr. Hier bin ich die einzige, die sich mit einem speziellen Thema beschäftigt und entscheide selber, in welche Richtung ich gehen möchte und welche Methode ich dazu anwenden möchte. Das kann man schon fast als künstlerisch ansehen. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn etwas, das ich mir überlegt habe, klappt! Geophysik - Ich freue mich, wenn viele Frauen hier studieren Claudia Vanelle hält zur Zeit Vorlesungen in der Geophysik und freut sich, dass hier ca. ein Drittel der Studierenden Frauen sind. Das hat aber nichts damit zu tun, dass eine Frau diese Vorlesung hält, sondern dass es eine wichtige Vorlesung im Hauptstudium ist. Bei den Studienanfängerinnen und -anfängern insgesamt war im letzten Jahr etwa die Hälfte weiblich. Ich freue mich natürlich, wenn viele Frauen hier studieren. Sie kennt die Situation, als Frau in der Minderheit zu sein, seit ihrer Berufsausbildung zur Funkelektronikerin beim NDR in Hamburg und vom Physikstudium an der Uni Hamburg. Ich weiß, dass Ungleichberechtigung existiert, ich habe jedoch keine negativen Erfahrungen in dieser Hinsicht gemacht. Ich bin eigentlich immer als Mensch behandelt worden, nicht als Frau. 2004 Frauen geben Technik neue Impulse e.v. 15

Claudia Vanelle Shell She-Study Award 2002 Sie freut sich, dass in der Geophysik zunehmend mehr Frauen auch im wissenschaftlichen Nachwuchs vertreten sind. Beispielsweise ist die Hälfte der Stellen für Diplomanden und Doktoranden am Institut, wo sie angestellt ist, mit Frauen besetzt. Zu meiner Zeit war ich noch die einzige Frau unter den Doktoranden. Das hat sich in den letzten Jahren sehr geändert. Allerdings kann man diese Situation nicht auf die Geophysik insgesamt übertragen, da wir ein kleines Institut sind, wo diese Verteilung auch Zufall sein kann. Sie freut sich über diese Entwickung am Institut für Geophysik, jedoch hat sie auch einen klaren Blick dafür, dass die drei Stellen der Professuren und drei weitere unbefristete Stellen langfristig und zur Zeit männlich besetzt sind. Wenn eine solche Stelle besetzt ist, bleibt sie das auch für sehr lange Zeit. Das ist ein strukturelles Problem, mit dem sich Männer wie Frauen im wissenschaftlichen Nachwuchs auseinandersetzen müssen. Die erste der drei Professuren wurde vor zehn Jahren besetzt und die letzte vor einem halben Jahr. Da hatte sich auch eine Frau beworben, jedoch wurde sie aus inhaltlichen Gründen nicht eingestellt. Es haben sich natürlich sehr viel mehr Männer beworben, weil es ja auch insgesamt weniger Frauen in diesem Forschungsbereich gibt. Eine gute Lehre - Physik ist vom Prinzip her gar nicht schwer Neben der Forschungsarbeit hält Claudia Vanelle an der Uni Hamburg Vorlesungen zur Seismik und gibt Übungsseminare für Studierende der Geophysik. Es ist ihr ein wichtiges Anliegen, eine gute Lehre zu machen. Meiner Ansicht und Erfahrung nach ist Physik vom Prinzip her gar nicht schwer. Es kommt nur darauf an, dass es richtig erklärt wird. Das bedeutet, dass man die Vorgänge anschaulich darstellt. Das ist einer der ganz wichtigen Punkte für jede und jeden, die/der eine gute Lehre machen möchte. Die Vorbereitung, d.h. gute Beispiele und eine Darstellungsweise zu finden, die an das alltägliche Leben angepasst ist, nimmt schon viel Zeit in Anspruch. Die Wissenschaftlerin betont, dass die Lehre an der Uni im Vergleich zum Schulunterricht den Vorteil hat, dass hier Lernende sitzen, die ein wirkliches Interesse an der Physik haben. Die Lehr- und Lernsituation im Physikunterricht in den Schulen beschreibt sie im Vergleich dazu als schwieriger. Die für das Lehramtsstudium veranschlagten Semester in Physik reichen nicht unbedingt aus, um die physikalischen Zusammenhänge wirklich verständlich zu machen. Entsprechend ist die Lehre an den Schulen im Physikunterricht oft so, dass das Interesse daran nur bei begeisterten Schülerinnen und Schülern eine Überlebenschance hat. Ein weiterer Punkt ist, dass Physiklehrer/-innen händeringend gesucht werden. Aus Mangel an guten Leuten müssen die Schulen dann auf weniger qualifiziertes Personal zurückgreifen. Ich finde diese Situation sehr schade, da alles, was man im Leben macht, mit Physik zu tun hat. 2004 Frauen geben Technik neue Impulse e.v. 16

Claudia Vanelle Shell She-Study Award 2002 Das Studium der Physik - Wenn sie das kann, kann ich das auch! Die begeisterte Forscherin hatte schon von klein auf ein Interesse an technischen Zusammenhängen, das insbesondere von ihrem Vater, der Bauarbeiter ist, unterstützt wurde. Beispielsweise erzählte er ihr als Kind vom Bau des Doppel-Ring-Speichers DORIS, der von 1969-1974 für das DESY, dem Forschungszentrum für Teilchenphysik, auf einem 47 Hektar großen Gelände in Hamburg gebaut wurde. Schon damals war ich sehr neugierig im Hinblick auf technische und naturwissenschaftliche Zusammenhänge. Dieses Interesse war eigentlich schon immer da. Ich denke, dass Kinder von Natur aus neuierig sind. Wenn man sie genug mit Informationen füttert, kommt zwangsläufig eine Wissenschaftlerin oder ein Wissenschaftler bei raus. Aus dem naturwissenschaftlichen Interesse heraus entwickelte sich bei Claudia Vanelle in der Schulzeit der Wunsch, Physik zu studieren. Dennoch kam sie erst über einen Umweg zu ihrem Traumstudium. Ich habe mich direkt nach dem Abitur nicht getraut, Physik zu studieren, obwohl das immer mein Traumstudium gewesen war. Damals an der Uni sagte man mir, dass mein Notendurchschnitt für Physik nicht ausreiche. Das Ergebnis für mich war, dass ich mir einredete Das schaffst Du sowieso nicht!' Ich glaube, ein Mann hätte sich trotzdem einfach beworben. Ich glaube, das dieses Verhalten geschlechtsspezifisch ist. Heutzutage würde ich das anders machen. Statt nach dem Abitur mit dem Physikstudium zu beginnen, hat die promovierte Geowissenschaftlerin eine Ausbildung als Funkelektronikerin beim NDR in Hamburg absolviert. Parallel zur Ausbildung hat sie zwei Jahre per Fernstudium an der Fernuni Hagen Elektrotechnik studiert. In dieser Zeit erfuhr sie von einer anderen Frau, die trotz eines schlechteren Notendurchschnitts mit dem Physikstudium begonnen hatte. Dies weckte schließlich den Ehrgeiz, ihr Traumstudium doch noch zu studieren. Als ich das erfuhr, sagte ich mir, wenn sie das kann, kann ich das auch! Nach Abschluss der Lehre begann sie schließlich mit dem Physikstudium an der Uni Hamburg, das sie 1997 mit der Diplomarbeit mit Auszeichnung abschloss. Work-Life Balance Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, auf meine Physik zu verzichten! Das ist ein Beruf mit Berufung, der mit 40 Stunden in der Woche nicht zu machen ist. Mein Partner ist ebenfalls Wissenschaftler, der nicht auf seinen Beruf verzichten möchte. Ich hätte nur dann eine Familie gegründet, wenn ich einen Mann gefunden hätte, der gerne zu Hause bleiben würde. Da das nicht der Fall ist, stellt sich die Frage der Familiengründung für uns beide nicht. Einen möglichst großen Teil der freien Zeit verbringt sie mit ihrem Hobby, dem Bergwandern und Felsklettern. Einmal wöchentlich trainiert sie in der Halle, und so oft wie möglich verbringt sie die Wochenenden im nahegelegenen Harzgebirge mit Bergwandern und Klettern. Es freut sie, dass es unter den Geowissenschaftlern viele Kolleginnen und Kollegen gibt, die gerne klettern. Ursprünglich hatte sie vor rund anderthalb Jahren mit dem Klettern angefangen, um ihre Höhenangst zu überwinden. 2004 Frauen geben Technik neue Impulse e.v. 17

Claudia Vanelle Shell She-Study Award 2002 Die Höhenangst habe ich noch nicht überwunden, aber ich klettere trotzdem weiter. Lebensmotto Was du tust, tue es mit Liebe und Begeisterung. Linkliste Dissertation von Claudia Vanelle (PDF Dokument 75,8 KB) http://www.agg.dkrz.de/auxi/publ_ag/pub2002/vanelle_phd_02.pdf Das PDF-Dokument kann auch unter www.kompetenzz.de/ >Themen/ >Preisträgerinnen heruntergeladen werden (PDF-Dokument 75,8 KB) She-Study Study Award http://www.shell.de / >Jobs & Karrieren/ >Studenten Institut für Geophysik in Hamburg http://www.geophysics.zmaw.de/ Claudia's Picture Gallery: Felsklettern und Bergwandern http://www.agg.dkrz.de/people/vanelle/photos.html Hamburger Sternwarte http://www.hs.uni-hamburg.de/ Wissenschaftliche Angestellte im Institut für Geophysik, Hamburg http://www.agg.dkrz.de/people/vanelle/ Publikationsliste Claudia Vanelle http://www.agg.dkrz.de/people/vanelle/pub.html Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) http://www.dfg.de/forschungsfoerderung/index.html NDR in Hamburg http://www.ndr.de/ndr/derndr/ausbildung/ Physikstudium an der Uni Hamburg http://www.physnet.uni-hamburg.de/ Forschungszentrum für Teilchenphysik DESY http://www.desy.de/html/ueberdesy/kurzportrait.html#k1 Fernuni Hagen http://www.fernuni-hagen.de/ Das Interview wurde im Oktober 2003 geführt; Erstveröffentlichung im Netz: November 2003. 2004 Frauen geben Technik neue Impulse e.v. 18

Frauen in der Technik sind klar und zielorientiert. Katharina Geutebrück Diplom-Wirtschafts Wirtschafts- Ingenieurin Fachrichtung Elektrotechnik Zur Zeit Geschäftsführerin rin von GEUTEBRÜCK, Videoü- Das Unternehmen der Diplom-Wirtschafts-Ingenieurin Ka- berwachungs- Systeme tharina Geutebrück wurde im September 2001 für das Produkt MultiScope II bei dem European IST Prize 2002 mit einem von zwanzig Winner Prizes' ausgezeichnet. Das 1970 vom Vater gegründete Unternehmen GEUTEBRÜCK, in dem Katharina Geutebrück 1999 die Geschäftsführung übernommen hat, plant, entwickelt und fertigt Video- Überwachungs-Systeme. Der European IST (Information Society Technology) Prize Der European IST Prize ist eine begehrte Auszeichnung für innovative europäische IT-Produkte. Die Auszeichnung bietet öffentliche Anerkennung und ein deutlich sichtbares Profil für Teams von Unternehmerinnen und Unternehmern, die ausgezeichnete Arbeit bei der Umsetzung von R & D (Research und Development) und von neuen vermarktbaren Ideen leisten. Der European IST Prize ist mit 700.000 dotiert und wird seit 1995 einmal jährlich verliehen. Zwanzig Winner Prizes zu je 5.000 und drei Grand Prizes' im Wert von 200.000 werden an Unternehmen oder Institutionen mit innovativen IT-Produkten vergeben. Der Wettbewerb ist offen für jede Organisation (Unternehmen, Labor, Universität oder andere Institutionen), die im Bereich der Informationstechnologie tätig ist. Die Auswahlkriterien für den IST Prize sind herausragende Technik, innovativer Inhalt, potenzielle Marktchancen, die Fähigkeit, Arbeitsplätze zu schaffen und die voraussichtlichen sozialen Auswirkungen. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass der European IST Prize den Preisträgerinnen und Preisträgern die Startphase und den Zugang zu einer Finanzierung oft erleichtert. Der European IST Prize wird vom European Council of Applied Sciences and Engineering (Euro-CASE) organisiert, mit Unterstützung des Information Society Technologies Programme der Europäischen Kommission. 2004 Frauen geben Technik neue Impulse e.v 19