Universität des Saarlandes Fachbereich Allgemeinmedizin Ärztliche Leichenschau und Todesbescheinigung Probleme in der Allgemeinarztpraxis Folker Musial
Begriffsdefinitionen Leichnam Definition : Körper eines Verstorbenen, solange der gewebliche Zusammenhang noch nicht aufgehoben ist (z.b. Fäulnis oder andere Physikalische/ Chemische Prozesse) Jede Lebendgeburt unabhängig vom Gewicht des Kindes Bedingung : Eines der Lebenszeichen wie Herzschlag oder Pulsation der Nabelschnur oder Atmung.
Begriffsdefinitionen Skelette oder Skeletteile gelten nicht mehr als Leichnam Grenze der anzeigepflichtigen Totgeburten liegt bei 500 g Fehlgeburten sind definiert als Totgeburten unter 500 g Geburtsgewicht. Hier besteht keine Anzeigepflicht.
Durchführung der Leichenschau Die Leichenschau ist an der vollständig entkleideten Leiche durchzuführen. Einbeziehung der Kopfhaut und Körperöffnungen. Bei Unterschreitung dieses Sorgfaltsmaßstabes begeht der Arzt eine Ordnungswidrigkeit Bei Konsequenzen für noch lebende Personen STRAFRECHT!!!!
Natürlicher Tod Den Tod,der aus krankhafter Ursache völlig unabhängig von rechtlich bedeutsamen äußeren Faktoren (Unfall,Vergiftung etc,) eintritt, bezeichnet man als natürlichen Tod. Jeder noch so geringe Zweifel an natürlichem Tod muss angezeigt werden. Die Polizei muss verständigt werden.
Beispiel Leichenfund in einer Wohnung mit hellroten Leichenflecken als Hinweis auf eine CO Vergiftung durch defekten Ofen Tod weitere Personen durch CO Vergiftung in der Wohnung Strafrechtliche Konsequenzen für den Arzt,der die Leichenschau durchgeführt hat.
Sichere Todeszeichen Totenstarre Totenflecke Fäulnis Mit dem Leben nicht vereinbare Körperzerstörung.
Unsichere Todeszeichen Bewusstlosigkeit Ausfall der Spontanatmung Keine tastbaren Pulse Keine wahrnehmbaren Herztöne Areflexie Lichtstarre,weite Pupillen Tonusverlust der Muskulatur CAVE VITA REDUCTA z.b. Intoxikation und Unterkühlung
LIEGEZEITSCHÄTZUNG Körpertemperatur : nach 2 h Liegezeit (Plateau) fällt die Körpertemperatur um ca 0,5-1,5 C pro Stunde (8cm tief rektal gemessen) Hornhauttrübung bei offenen Augen ca 45 min Hornhauttrübung bei geschlossenen Augen ca 24 Stunden
LIEGEZEITSCHÄTZUNG Totenflecke: Beginn am Hals ca 15-20 min Konfluktion nach 1-2 Stunden Volle Ausbildung nach 6-8 h Wegdrückbarkeit ca 10h Umlagerbarkeit ca 10 h
LIEGEZEITSCHÄTZUNG Totenstarre Beginn am Kiefergelenk ca 2-4 h Vollständig nach 6-8 h Beginn der Lösung der Starre nach 2-3 Tage Vollständige Lösung nach 4 Tagen CAVE Abhängigkeit von Umgebungstemperatur CAVE mechanische Erregbarkeit der Skelettmuskulatur bis zu 3 h post mortem. (Muskelzucken,Muskelbauch)
Todesbescheinigung Man unterscheidet 2 Teile der Todesbescheinigung 1.: öffentlicher Teil Fürs Standesamt bestimmt Nicht öffentlicher Teil : Hinweis fürs Gesundheitsamt, Statistische Daten Festlegung der Todesart!!!!
Hauptregeln der Leichenschau 1.: Sicherung und Feststellung des Todes. Dabei muss mindestens ein sicheres Todeszeichen nachgewiesen werden.
Hauptregeln der Leichenschau 1.: Sicherung und Feststellung des Todes. Dabei muss mindestens 1 sicheres Todeszeichen nachgewiesen werden. 2.:Die entkleidete Leiche muss von allen Seiten (auch der Rücken) inspiziert werden.
Hauptregeln der Leichenschau 1.: Sicherung und Feststellung des Todes. Dabei muss mindestens 1 sicheres Todeszeichen nachgewiesen werden. 2.:Die entkleidete Leiche muss von allen Seiten (auch der Rücken) inspiziert werden. 3.Angaben von Angehörigen müssen mit Vorsicht zur Kenntnis genommen werden.
Hauptregeln der Leichenschau 1.: Sicherung und Feststellung des Todes. Dabei muss mindestens 1 sicheres Todeszeichen nachgewiesen werden. 2.:Die entkleidete Leiche muss von allen Seiten (auch der Rücken) inspiziert werden. 3.Angaben von Angehörigen müssen mit Vorsicht zur Kenntniss genommen werden. 4.Wenn keine Vorgeschichte zu erheben ist oder der Patient nicht in ärztlicher Behandlung stand,sollte kein Hinweis auf nicht natürlichen Tod angekreuzt werden
Grundlegendes Ohne die Todesbescheinigung darf der Bestatter nicht tätig werden. Auch seitens der Polizei sollte kein Druck in Richtung natürliche Todesursache erfolgen. Im Zweifelsfall immer auf Nummer sicher gehen und die Todesursache offen lassen.
Fallbeispiel 1 Anruf aus Altenheim Patient 90 Jahre Tot im Bett gefunden Patient seit Jahren an Colon Ca erkrankt Kachexie Schmerztherapie mit Opiaten Todesursache???
Fallbeispiel 1 Anruf aus Altenheim Todesursache : Patient 90 Jahre Tot im Bett gefunden Patient seit Jahren an Colon Ca erkrankt Kachexie Schmerztherapie mit Opiaten Metastasiertes Colon Ca NÄTÜRLICHER TOD
Fallbeispiel 2 Patientin mit z.n. schwerem Verkehrsunfall (BG), 52 Jahre,hypoxischer Hirnschaden mit rez. Pneumonien durch Bettlägerigkeit,stirbt infolge einer Pneumonie Todesursache?
Fallbeispiel 2 Patientin mit z.n. schwerem Verkehrsunfall (BG), 52 Jahre,hypoxischer Hirnschaden mit rez. Pneumonien durch Bettlägerigkeit,stirbt infolge einer Pneumonie Todesursache? Sepsis bei Pneumonie Natürlicher Tod???
Fallbeispiel 2 Patientin mit z.n. schwerem Verkehrsunfall (BG), 52 Jahre,hypoxischer Hirnschaden mit rez. Pneumonien durch Bettlägerigkeit,stirbt infolge einer Pneumonie Todesursache Sepsis bei Pneumonie Natürlicher Tod??? NICHT NATÜRLICHER TOD!!!! (Kausalkette!!!)
Statistische Daten 1986-1987 wurden in der ehemaligen DDR (Stadt Görlitz) alle Leichen obduziert und mit den Todesbescheinigungen abgeglichen. Diese Daten sind durchaus übertragbar.
Übereinstimmung zwischen Leichenschau- und Obduktionsdiagnose 1986-1987 wurden in Görlitz alle Leichen obduziert Keine Völlige Teilweise Übereinstimmun g Mann Frau Mann Frau Mann Frau Gesamt 45 49 33 33 22 18 % Klinik 43 44 33 41 24 15 % Heim 63 58 16 16 21 26 % Stadt 41 50 40 33 19 16 %
Ergebnis Bei Heimbewohnern besteht in 60% der Fälle keine Übereinstimmung zwischen Todesbescheinigung und Obduktionsbericht Insgesamt sind 48 % der Todesbescheinigungen falsch!!!!
Zusammenfassung Die Leichenschau stellt eine wichtige Aufgabe insbesondere des Hausarztes dar. Der Leichenschau kommt eine erhebliche forensische Bedeutung zu. Bis zu 60 % der Todesbescheinigungen sind falsch!!!