Ziegelmauerwerk unter ERDBEBEN VEREINFACHTES NACHWEISVERFAHREN NACH EUROCODE 8

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Transkript:

Ziegelmauerwerk unter ERDBEBEN VEREINFACHTES NACHWEISVERFAHREN NACH EUROCODE 8

Regeln für einfache Mauerwerksbauten Nach EN199 8-1 und dem nationalen Anwendungsblatt für Österreich Gilt nur für unbewehrtes Mauerwerk in Österreich im Anwendungsbereich der ÖNORM EN199 8-1 Grundsätzlich darf jede Überlegung hinsichtlich Erdbebenresistenz laut Eurocode 8 unterlassen werden, wenn sich das Gebäude in einem Gebiet mit sehr geringer Seismizität befindet (Bemessungsbodenbeschleunigung inkl. Bodenparameter 0,42m/s² - vgl. Ortsverzeichnis Seite 5). Andernfalls darf der explizite rechnerische Nachweis des Erdbebenwiderstandes der Tragstruktur nur entfallen, wenn ALLE der später aufgeführten 18 Bedingungen als erfüllt betrachtet werden können. Gebäude aus unbewehrtem Mauerwerk, die mittels durchdachter Planung und Detailausbildung diese Bedingungen erfüllen, dürfen also auch ohne aufwändige Berechnungsverfahren als erdbebensicher bezeichnet werden. Die Bemessungsbodenbeschleunigung (und somit der Fall der Seismizität) ist folgendermaßen zu ermitteln: Die Referenzbodenbeschleunigung wird dem Ortsverzeichnis (siehe Seite 5) entnommen und mit dem Bodenparameter multipliziert. Die Bodenparameter sind abhängig von der Art der Bodenschichten am Baugrund. Baugrundbeschaffenheit Fels oder felsähnliche Formation mit max. 5m weicherem Material an der Oberfläche Ablagerungen von dichtem Sand, Kies oder steifem Ton; Dicke > ca. 20m; Anstieg der Festigkeit nach unten Tiefe Ablagerungen von dichtem oder mitteldichtem Sand, Kies oder steifen Ton; Dicke = ca. 20-700m Ablagerung von lockerem bis mitteldichtem kohäsionslosem Boden, oder vorwiegend weichem bis steifem kohäsivem Boden Bodenprofil mit ähnlichem Material wie zuletzt mit einer Dicke von ca. 5-20m auf steiferem Untergrund Seite 4 Bodenparameter 1,00 1,20 1,15 1,35 1,40

Ortsverzeichnis der Referenzbodenbeschleunigungen für Oberösterreich und Salzburg Dunkelgrau hinterlegte Orte sind in jedem Fall (bei jeder Baugrundbeschaffenheit) der Kategorie "sehr geringe Seismizität" zuzuordnen. Für Bauwerke in diesen Regionen müssen keinerlei Überlegungen bezüglich Erdbebensicherheit angestellt werden. Hellgrau hinterlegte Orte sind in jedem Fall der Kategorie "geringe Seismizität" zuzuordnen. Für Bauwerke in diesen Regionen entstehen in manchen der 18 nachfolgenden Bedingungen teilweise Vorteile. Seite 5

18 Bedingungen für einfache Mauerwerksbauten Werden alle Bedingungen erfüllt, darf das Bauwerk ohne expliziten rechnerischen Nachweis als erdbebensicher bezeichnet werden. (1) Das Bauwerk muss der Bedeutungskategorie I oder II angehören (2) Die Bauwerkshöhe darf die minimale Bauwerksbreite um nicht mehr als das 1,3-fache überschreiten. Die Bauwerkslänge darf höchstens das 4-fache der Bauwerksbreite betragen. (3) Hochbauten aus Mauerwerk müssen aus Decken und Wänden bestehen die in zwei orthogonalen horizontalen und einer vertikalen Richtung miteinander verbunden sind. (4) Die Verbindung zwischen Decke und Wand muss mittels Stahlbetonringbalken (Rost) erfolgen (alternativ Stahlanker) Diese sollten in der Wandebene in Höhe der Decken (Höchstabstand=4m) angeordnet werden und sind von zentraler Wichtigkeit! Mindestlängsbewehrung: 2cm² (5) Jeder Deckentyp darf verwendet werden, vorausgesetzt eine wirksame Scheibenwirkung ist sichergestellt. (Stahlbetondecke, etc) (6) Schubwände müssen in zwei orthogonalen Richtungen vorhanden sein und folgende geometrische Anforderungen erfüllen: (ansonsten sind diese nur als statisch sekundäre Elemente zu betrachten) Seite 6

(7) Die erforderlichen Mindest-Schubwandquerschnittsflächen sind der folgenden Tabelle zu entnehmen. Der Korrekturbeiwert k beträgt in der Regel 1,00 (liegt somit immer auf der sicheren Seite!), bei Gebäuden bei denen mindestens 70% der Schubwände länger als 2m sind wie folgt: k=1+(l-2)/4 (maximal jedoch 1,4) L Länge der betrachteten Schubwände [m] müssen aber folgende Bedingungen erfüllen: bei Abtragung von 35% der Vertikallasten L lichte Geschoßhöhe bei Abtragung von 65% der Vertikallasten L 50% der lichten Geschoßhöhe bei Zwischenwerten darf linear interpoliert werden. Die Schubwandflächen der Tabelle sind zu verdoppeln wenn in den Außenwänden keine Parapete vorhanden sind! (raumhohe Verglasungen, Balkontüren, etc.) Wenn Parapete und Stürze vorhanden sind um 70% zu erhöhen. UVS unvermörtelte Stoßfugen (Nut-Feder Steine) VS vermörtelte Stoßfugen (min. 40% Mörtel in der Stoßfuge Mörteltaschen, etc.) NA rechnerischer Nachweis erforderlich ausgebauter Dachraum wird nicht berücksichtigt (Ausnahme: Massivbauweise Sargdeckel etc.) (8) Mindestens 35% der Vertikallasten müssen über Schubwände in jeder orthogonalen Richtung abgeleitet werden. (9) Die Anordnung der Wände im Grundriss hat so zu geschehen, dass große Torsionswirkungen bei Erdbebeneinwirkung vermieden werden. Das heißt der Steifigkeitsmittelpunkt nahe dem Massenmittelpunkt liegen muss! (Achtung: exzentrisch liegende Stahlbetonstiegenhäuser beeinflussen die Lage des Steifigkeitsmittelpunktes wesentlich!) (10) Alle Decken zweiachsig gespannt sind (Ausnahme: bis 2 Geschoße auch einachsig gespannte Decken zulässig die Werte der Tabelle müssen aber verdoppelt werden!) (11) Horizontale (mitgemauerte) Schlitze sind in der Schubwandermittlung zu berücksichtigen (Abzug!) wenn sie breiter als 30cm sind. (12) Die Geschoßhöhen sollten 3m nicht wesentlich überschreiten. Seite 7

((13) Bei Schubwänden mit Fenstern sind bei der Längenermittlung die Längen der Fensterpfeiler anzusetzen. Falls keine Parapete und Stürze vorhanden sind, darf von den angrenzenden Pfeilern nur die halbe Länge in Rechnung gestellt werden. (14) Schubwände einer Richtung sollten mit den Schubwänden der anderen orthogonalen Richtung in einem maximalen Abstand von 7m verbunden sein. (15) Außer in Zonen geringer Seismizität (Bemessungsbodenbeschleunigung inkl. Bodenparameter 1,29 m/s²) muss die Festigkeit der Mauersteine Mindestwerte erfüllen: senkrecht zur Lagerfuge: 5N/mm² parallel zur Lagerfuge in Wandebene: 2N/mm² (16) Der Mörtel muss eine Mindestdruckfestigkeit von 5N/mm² aufweisen. (17) Es sind folgende Arten der Stoßfugenausführung erlaubt: vollständig vermörtelte Stoßfugen, unvermörtelte Stoßfugen, unvermörtelte Stoßfugen mit mechanischer Verbindung zwischen den Mauersteinen. (18) Die Prozentangaben der Tabelle wurden mit im Hochbau üblichen Lastansatz von 8kN/m² (ständige Lasten + Nutzlasten im Erdbebenfall (~30% der Gesamt-Nutzlast)) sowie einer Steindruckfestigkeit von 12N/mm² und einer Mörteldruckfestigkeit von 10N/mm² ermittelt; gröbere Abweichungen von diesen Werten sind zu berücksichtigen und daher die Werte der Tabelle entsprechend anzupassen (interpolieren) Seite 8

! Für den Inhalt wird seitens der Verfasser keine Verantwortung übernommen. Dieses Werk soll lediglich einen Überblick über die Sonderbestimmungen für einfache Mauerwerksbauten nach EN 1998-1 verschaffen. Für die Anwendung ist das Studium der EN 1998-1 unerlässlich. Seite 9