Pflanzen züchten Zukunft sichern! Symposium zur Pflanzenzüchtung in Bayern Angewandte Forschung und private Pflanzenzüchtung Dr. Bernhard Saal Bayerische Pflanzenzuchtgesellschaft eg & Co KG Erdinger Straße 82a, 85356 Freising 0
Der bayerische Weg in der Pflanzenzüchtung Gründung der Bayerischen Landessaatzuchtanstalt 1902 Einrichtung landesweiter privater Zuchtstellen ( Landespflanzenzüchtung ); dadurch Anpassung an die geographische Vielfalt Bayerns Ziel: Verringerung der Abhängigkeit von Saatgut aus Norddeutschland, Leistungssteigerung regional angepasster Landsorten durch Kombinationszüchtung, Sämlingszüchtung (Kartoffel) Errichtung von Außenstellen ( Saatgutinspektionen ): Betreuung der Zuchtstellen; Prüfung der Zuchtprodukte, Entstehung des Landessortenversuchswesens in Bayern Entstehung einer systematischen Resistenz- und Qualitätszüchtung; Weihenstephaner Mehltausresistente Gerste, Backweizensorte Tassilo, Phytophthora-Resistenzzüchtung Kartoffel Konzept eines bayerischen Genpools 1
Bedeutung der privaten Pflanzenzüchtung für die Landeskultur Verbesserung des genetischen Potenzials hinsichtlich Ertragsvermögen, Stresstoleranz, Qualitätseigenschaften, Verwertung ( landeskultureller Wert ) Zuchtfortschritt ist wesentlich am Ertragsfortschritt beteiligt und ist nach wie vor hoch Winterweizen (1970-2000, 0,5-0,6 dt ha -1 a -1 ; Quelle: LfL) Sortenvielfalt (~ 3000 zugelassene landw. und gartenb. Sorten) Beitrag zu umweltverträglicher und nachhaltiger Landwirtschaft Beitrag zur Bereitstellung hoch qualitativer Nahrungs- und Futtermittel Beitrag zur Energiewende (nachwachsende Rohstoffe) Hohe Wertschöpfung, hoher Verbrauchernutzen Hohes innovatives Potenzial (Bio- und Gentechnologie) 2
Der Innovationszyklus in der Pflanzenzüchtung Quelle: BDP 3
Projekte in der Agrar- und Ernährungsforschung (ab 2000) Lebensmitteltechnologie 509 Forstwissenschaften Sozioökonomie 444 420 Ernährungswissenschaften 309 Pflanzenzüchtung 623 Pflanzenschutz 513 Ökologie 958 Tierproduktion 1026 Interdisziplinäre Fachgebiete 1675 Pflanzenproduktion 1731 Grünland 40 Pflanzenernährung 75 Weinbau 90 Gartenbau 103 Sonderkulturen 105 Gemüsebau 132 Obstbau 138 Pflanzenbau 438 Landtechnik Pflanzenproduktion 200 Quelle: FISA, 2011 4
Forschung und Entwicklung als Innovationsmotor in der Pflanzenzüchtung Lange Innovationszyklen (15-20 Jahre), hoher Kostenaufwand (16%) Forschungsförderung zur Minderung des finanziellen Risikos Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Marktposition Züchtungsinnovationen als Prozessinnovationen (Verkürzung des Zuchtgangs, schnelle und kostengünstige Screeningmethoden, optimale Ressourcenallokation) Züchtungsinnovationen als Produktinnovationen durch Entstehung neuer Handlungsfelder (Neue Arten, Verwertungsmöglichkeiten, Ersatz fossiler Rohstoffe, Wirkstoffe) Wissens- und Technologietransfer aus Modellorganismen Rahmenbedingungen für F&E (Weltmärkte, Agrarpolitik, Klimawandel, Verbraucherverhalten, ) 5
Beschleunigung des Zuchtprozesses durch Doppelhaploide Mais: in vivo-haploiden- Induktion mittels Inducer-Linien Weizen: Weizen x Mais Bestäubung mit Embryo rescue Gerste: Antherenkultur, Mikrosporenkultur Kartoffel: Kreuzung mit S. phureja Noch nicht wirtschaftlich einsetzbar bei Gräsern (GFP-Projekt) Quelle: DFG, Ordon & Friedt 6
Doppelhaploiden-Techniken Mais: in vivo-haploiden-induktion mittels Inducer-Linien Weizen: Weizen x Mais Bestäubung mit Embryo rescue Gerste: Antherenkultur, Mikrosporenkultur Kartoffel: Antherenkultur Antherenkultur Mikrosporenkultur Ähren Grüne Pflanzen Grüne Pflanzen/ 100 Antheren Ähren Grüne Pflanzen Grüne Pflanzen/ 100 Antheren Wintergerste 3.102 7.141 5,8 1.100 51.900 118,0 Sommergerste 4.327 8.813 5,1 1.028 19.363 47,1 Quelle: M. Müller & A. Baumann, LfL 7
Zunehmende Bedeutung Doppelhaploider in der bayerischen Getreidezüchtung 160.000 Entwicklung der DH-Produktion bei Getreide an der LfL seit 2000 140.000 Anzahl grüner Regenerate 120.000 100.000 80.000 60.000 40.000 Winterweizen Wintergerste Sommergerste 20.000 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Jahr Quelle: M. Müller & A. Baumann, LfL 8
Zukünftige Herausforderungen an die Züchtungsforschung Anpassung an den Klimawandel Resistenzzüchtung Züchtung auf abiotische Stresstoleranz neue Nutzpflanzen Bioökonomie 2030 Welternährung: Ertragssicherung und -steigerung Energiewende: Züchtung von Energiepflanzen Bereitstellung von Biomasse (pflanzliche Inhaltsstoffe zur industriellen Verwertung) und Konversion (Bioraffinerien) Neue Technologien zur Phänotypisierung (Feldeinsatz) Zuchtmethodik: Genomische Revolution, Bioinformatik Eiweißlücke: verstärkte Anstrengungen zur Züchtung von Körnerund Futterleguminosen 9
Angewandte Forschung und Pflanzenzüchtung in Bayern Quo vadis? Phase 1 ( Stunde Null ): Entwicklung von Zuchtstämmen unter Leitung der Landessaatzuchtanstalt, Einrichtung privater Zuchtstellen und Schulung von Züchtern Phase 2: Zunehmend Eigenständigkeit und Knowhow der Züchter; Landessaatzuchtanstalt beschränkt sich auf Schulung, Beratung und Methodenentwicklung; Abgabe sortenreifen Materials Phase 3: LBP/LfL-Schwerpunkt Wissenstransfer und Anwendungsorientierte Züchtungsforschung: bio- und gentechnologische Methoden, Prebreeding ; Abgabe von Basismaterial und Dienstleistungen für Züchter Phase 4: Impulse aus der züchterischen und landwirtschaftlichen Praxis in gemeinsame Forschungsprojekte zwischen PZU und LfL formen (Kofinanzierung); dabei Nutzung vorhandener und neuer Förderinstrumente (KMU-Förderung; Innovationsförderung; NaWaRo-Förderung; Regionalförderung; Bioökonomie2030) 10
Forschungsförderung eröffnet Chancen für KMU Langfristige Verbesserung der Wettbewerbssituation Erschließung neuer Märkte Verringerung der Kosten für F&E Einbettung vorhandenen Personals Gewinnung hoch qualifizierten Personals Abschreibung vorhabenspezifischer Investitionen Wissens- und Technologietransfer in das Unternehmen Effizienzsteigerung Neue Züchtungsansätze Aufbau von dauerhaften Kooperationen in Verbundprojekten Forschungsnetzwerke: Universitäten und Forschungseinrichtungen, Biotechnologieunternehmen, andere Züchter Etablierung von Geschäftsbeziehungen Wahrnehmung in der Forschungsgemeinschaft und in der Öffentlichkeit 11
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Einsatz Zuchtmethodik im Zuchtprozess Genpool/Genressourcen Molekulargenetische Information potenziellen Eltern Schaffung genetischer Variation Selektion Markergestützte Selektion Indirekte Selektionsmethoden Sortenaufbau/Erhaltungszucht Sortenreinheit, Sortenbeständigkeit 13
Ziele der angewandten Forschung Ertragssteigerung Heterosisnutzung ybridweizen: Entwicklung eines genetischen Systems auf der Basis männlicher Sterilität (cms) Hybridweizen: Entwicklung heterotischer Pools (da europäisches Zuchtmaterial eingeengt) Verbesserung der Physiologie während Samenentwicklung (Samenansatz, Kornfüllung) Hybridsortenentwicklung bei Selbstbefruchtern (Nachbauschutz, Leistungssteigerung) Verbesserung der Stresstoleranz Qualitätsverbesserung (Inhaltsstoffe) Effiziente Doppelhaploiden-Technik(en) 14
Beispiele angewandter Züchtungsforschung Entwicklung von Selektionswerkzeugen (NIRS, molekulare Marker) für Backqualität bei Weizen (QualityNet, BMWi) Fusariumresistenz bei Weizen Nutzung diverser Resistenzquellen zur Verbesserung der Resistenz gegen Rhynchosporium-Befall bei Gerste Markergestützte Züchtungsstrategie zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegen Ramularia-Blattflecken (Gesunde Gerste, Innovationsprogramm BMELV) Verbesserung der Trockenstresstoleranz bei Gerste und Weizen Verbesserung der Auswuchsresistenz bei Weizen (RobustWheat) 15