Säure-Basen-Haushalt Säure-Basen Haushalt: Fakten & Mythen Was ist dran an der These der Übersäuerung? Wenn Sie sich ein bisschen mit meinem Werdegang beschäftigt haben sollten, dann wissen Sie, dass ich, bevor ich Heilpraktikerin wurde, über 20 Jahre lang als Journalistin gearbeitet habe. Dinge zu hinterfragen, gewissenhaft zu recherchieren und ausgewogene Antworten zu finden war und ist auch heute noch ein Teil meiner Arbeit. Für diesen Artikel habe ich mich noch einmal intensiv mit dem Thema Säure-Basen-Haushalt aneinander gesetzt. Angesichts des wilden Für und Wider in den Medien und im Internet, möchte ich Ihnen die wichtigsten Fragen, die mir auch in der Praxis begegnen einmal möglichst neutral beantworten. Auf geht s: Was bedeutet eigentlich Säuren, Basen und ph-wert? Klären wir zunächst einmal die Grundlegenden Begriffe in einer vereinfachten Darstellung: Säuren sind chemische Verbindungen, die Wasserstoff (Kürzel:H) enthalten. Basen sind ebenfalls chemische Verbindungen, sie enthalten eine sogenannte Hydroxylgruppe (Kürzel OH). Ob eine Verbindung zu den Säuren oder Basen zählt, gibt der ph-wert an: ph steht für pondus Hydrogenii, was so viel bedeutet wie Gewicht des Wasserstoffs, also die Konzentration der Wasserstoff-Ionen in einer Lösung. Der ph-wert gibt daher an, wie sauer oder
basisch eine Lösung ist. Die Skala des ph-werts reicht dabei von 0 bis 14. Je kleiner der ph-wert, desto saurer ist die Lösung. Je größer der ph-wert, desto basischer ist die Lösung. Lösungen mit einem ph-wert von 7 werden neutrale Lösungen genannt. ph-wert Skala (Grafik: Michaela May) Säuren, mit denen der Körper in Kontakt kommt, werden jeweils von einer passenden Base neutralisiert, es entstehen Salze, die der Organismus ausscheidet, z.b. über die Niere. Überschüssige Kohlensäure wird z.b. in Wasser und Kohlendioxid aufgespalten; das Kohlendioxid wird über die Lunge abgeatmet. So verfügt der Körper über verschiedene Puffersysteme, um seinen Säure-Basen-Haushalt im Gleichgewicht zu halten. Warum sieht die Schulmedizin das Thema Säure-Basen-Haushalt so kritisch? Die am objektivsten zu analysierende Flüssigkeit im Körper ist das Blut. Man kann es abnehmen und leicht untersuchen: Der ph- Wert des Blutes liegt in einer sehr engen Spanne von 7,36 7,44. Bei Werten unterhalb spricht man von einer Azidose
(Übersäuerung), bei Werten darüber von einer Alkalose (Untersäuerung) beide Zustände sind mit dem Leben nicht vereinbar, sie sind lebensbedrohlich. Insofern können Sie sich vorstellen, warm ein Schulmediziner mit den Augen rollt, wenn er von einer alternativmedizinischen Diagnose der Übersäuerung hört. Wo findet denn eine Übersäuerung statt? Während sich die Schulmedizin vorrangig ph-wert des Blutes orientiert, gehen Naturheilkundler und Alternativmediziner anders heran: Sie schauen sich den Säure-Basen-Haushalt des Gewebes an. Die Idee: Säuren, die der Körper bei Säureüberlastung eben nicht mehr über die Puffersysteme loswirft, lagert er an einer zunächst an einer möglichst unschädlichen Stelle, dem Gewebe, ab. Das kann das Bindegewebe sein, oder die Muskulatur. Der ph-wert des Gewebes kann, aus Sicht der Säure-Basen- Verfechter, durchaus stärker schwanken als der des Blutes, ohne zum Tod zu führen. Für die abgelagerten Säure hat sich der Begriff Schlacken eingebürgert. (Ein zugegebenermaßen unglücklicher Begriff, entliehen aus der Kohlenerarbeitung. Kritiker werden nicht müde, darauf herumzureiten). Kommt es nun zu einer übermäßigen Anlagerung von überschüssigen Säuren in Bindegewebe oder Muskulatur, kann dies zu unterschiedlichsten Beschwerden (Müdigkeit), Krankheiten (Arthrose, Diabetes) und (chronischen) Schmerzen führen. Kann man sich vergiften, wenn der Säure-Basen-Haushalt nicht im Gleichgewicht ist?
Also, ich finde den Begriff Vergiftung wirklich irreführend. Solange die Puffersysteme des Körpers funktionieren besteht keine Gefahr sich zu vergiften. In der Fachliteratur finden sich folgende Zahlen: Bei einer in Deutschland üblichen Mischkost beziffert sich der tägliche Säureüberschuss bei etwa 50 100 mmol. Die Niere hat eine tägliche Entsorgungskapazität von 1000 mmol. Allerdings: Bei älteren, geschwächten Patienten führt eine hohe Proteinzufuhr tendenziell zu einer sauren Stoffwechsellage.(Leitmann, Müller u.a. Ernährung in Prävention und Therapie, S. 12). Möglich also auch, das Menschen in besonderen Stress- oder Krankheitssituationen ähnliche Reaktionen zeigen könnten. Deshalb spielt das Thema bei uns Naturheilkundlern ja schließlich eine so wichtige Rolle. Wie kann man den Säure-Basen-Haushalt kontrollieren? Beispiel für eine regelgerechte Säure- Basen-Ausscheidung (Grafik: Firma Pascoe, Säure-Basen-Flyer) Noch so ein umstrittenes Thema! Natürlich kann man im Praxisalltag nicht diverse Gewebeproben am Patienten entnehmen
und auf ihren ph-wert untersuchen. Sie würden sich sicherlich bedanken angebohrt zu werden wie ein Schweizer Käse, nicht wahr? Man nimmt deshalb zur Messung den Urin als eine Art Krücke : Im Labor werden mehrere, über den Tag gesammelte Urin-Proben in einem speziellen Verfahren, der Säure-Basen Titration nach Sander, ausgewertet. Das dauert und kostet (ca. um die 50 ). Einen guten Überblick bekommen Sie aber schon, wenn Sie mittels spezieller Teststreifen einige Tage lang bei jedem Toilettengang den Urin-PH-Wert messen. Wichtig ist die Interpretation der Werte: Sie sollten schwanken, als mal basisch, mal sauer sein. Deshalb gehört eine Anamnese und ein Ernährungstagebuch zu einer professionellen Auswertung. Ein nur basischer Urin ist genauso ein Zeichen für ein Ungleichgewicht wie ein Urin, der nur basische Werte liefert! Gibt es eine Faustformel für die richtige Lebensmittelauswahl? Säurebildnder Fleisch die Menge macht s Eins vorweg: Die Einteilung von Lebensmitteln in sauer und
basisch hat nicht mit dem Geschmack zu tun. Die sauer schmeckende Zitrone ist chemische gesehen ein Basenbildner. Es kommt also darauf an, wie ein Lebensmittel verstoffwechselt wird. Fette und Kohlenhydrate führen zu keiner nennenswerten Belastung des Körpers; es entsteht zwar Kohlensäure bei deren Abbau, aber die kann problemlos über die Lungen abgeatmet werden (s.o.). Nahrungsmittel tierischen Ursprungs enthalten hingegen schwefelhaltige Aminosäuren und treiben die Säurelast nach oben. Als Faustformel können Sie sich grob merken: Tierische Lebensmittel (Wurst, Fleisch, Milch und Milchprodukte) gelten als Säurebildner. Öle und pflanzliche Fette sind neutral, auch einige eher süße Obstsorten zählen zu dieser Gruppe. Ansonsten zahlen Obst, Gemüse und Salate fast durchweg zu den basischen Lebensmitteln. Wichtig: Der Körper braucht Nahrungsmittel aus allen Gruppen aber im richtigen Verhältnis: 20% der Ernährung sollte aus Säurebildnern bestehen, 80% aus Basenbildnern. Auf den richtigen Mix kommt es also an. Es gibt mittlerweile auch einen errechneten Wert, an dem Sie sich bei der Einteilung von Lebensmitteln orientieren können, den PRAL-Wert. Die Abkürzung steht für Potential Renal Acid Load und gibt stark vereinfacht gesagt an, wieviel Säure 100 g dieses Lebensmittels über die Niere ausgeschieden werden. Wie sinnvoll sind basische Nahrungsergänzungsmittel?
Entsäuern mit Sport (mein privates Spinning Bike!) Kein Eingriff in die Regelmechanismen des Körpers sollte ohne sorgfältige Diagnose geschehen. Deshalb macht auch eine unkontrollierte, wahllose Einnahme von Basentabletten oder ähnlichem nach meinen strengen Maßstäben wenig Sinn. Holen Sie sich Rat und ändern Sie lieber Ihre Ernährung. Bedenken Sie: Jedes Organ hat unterschiedliche optimale ph- Werte. Die Flora des Darms z.b. mag eher ein leicht saueres Milleu, eine Basenflut kann Verstopfungen provozieren. Der ph- Wert eines gesunden Magens liegt bei 1 1,5, ist also sogar stark sauer. Deshalb sollte die Auswahl des richtigen Mittels mit einem Therapeuten besprochen werden. Übrigens: Für die Entsäuerung des Körpers ist auch regelmäßige maßvolle Bewegung wichtig, sie liefert wichtigen Sauerstoff. Hier dürfen Sie Ihr Tagespensum gerne auch in Eigenregie steigern! Wie wäre es mal wieder mit Radfahren? Treppensteigen ach, Sie wissen schon!