Die Altersabhängigkeit des Scheidungsrisikos



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Transkript:

Die Altersabhängigkeit des Scheidungsrisikos Vortrag für die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Demographie: Soziale Ungleichheit und demographischer Wandel am 6.-8. März 2013 in Berlin. Ingmar Rapp

Die Altersabhängigkeit des Scheidungsrisikos Stand der Forschung: Der Zusammenhang zwischen dem Lebensalter und dem Trennungs- und Scheidungsrisiko ist bislang kaum untersucht. Dorbritz und Gärtner (1998): Scheidungsrisiko steigt zunächst bis zum Alter von etwa Mitte 20 und sinkt danach bis zum Alter von 50 Jahren.

Die Altersabhängigkeit des Scheidungsrisikos Offene Fragen: Wie geht es im späteren Lebenslauf weiter? Werden Ehen im mittleren Lebensalter stabiler, weil die Ehepartner älter werden, oder weil die Ehen älter werden? Welche Rolle spielt die zunehmende Verbreitung von Zweitehen? Welche Rolle spielen der Auszug der Kinder, der Übergang in den Ruhestand und der Gesundheitszustand? Gibt es Kohortenunterschiede?

Die Altersabhängigkeit des Scheidungsrisikos Datengrundlage Gepoolte Daten aus 5 Großstudien: ALLBUS, Generations and Gender Survey, Lebensverlaufsstudie, Mannheimer Scheidungsstudie, Sozioökonomisches Panel. Alle Studien: beruhen auf einer Zufallsauswahl, repräsentieren die (west-)deutsche Bevölkerung, enthalten harmonisierbare Informationen zu den für diese Fragestellung benötigten Variablen.

Die Altersabhängigkeit des Scheidungsrisikos Datengrundlage Der gepoolte Datensatz enthält 42.360 Ehen mit 778.063 Ehejahren und 6.603 Trennungsereignissen. Auch für mittlere und höhere Altersbereiche stehen ausreichende Fallzahlen zur Verfügung.

Die Altersabhängigkeit des Scheidungsrisikos Datengrundlage Tabelle 1: Anzahl der Ehejahre und Anzahl der Trennungen nach dem aktuellen Alter der Ehefrau und des Ehemannes Alter 16-20 21-25 26-30 31-35 36-40 41-45 46-50 51-55 56-60 61-65 66-70 nach dem Alter der Frau Anzahl Ehejahre 10199 59697 87760 88679 79797 67385 55624 44210 34604 25369 14643 Anzahl Trennungen 154 948 1294 1107 876 604 359 156 82 34 12 nach dem Alter des Mannes Anzahl Ehejahre 1909 30667 70102 82218 79066 68870 58165 47553 38766 30659 19700 Anzahl Trennungen 32 454 1120 1143 920 711 481 227 138 60 23 Quelle: Rapp 2013: Ehestabilität in der zweiten Lebenshälfte, S. 131.

Die Altersabhängigkeit des Scheidungsrisikos. Ergebnisse: Wie geht es im mittleren und höheren Lebensalter weiter? Abbildung 2: Altersspezifische Trennungsraten nach dem Alter der Ehefrau und des Ehemannes (Piecewise Constant Exponential-Modell unter Kontrolle des Heiratsjahres) Quelle: Rapp 2013: Ehestabilität in der zweiten Lebenshälfte, S. 132.

Die Altersabhängigkeit des Scheidungsrisikos. Ergebnisse: Welche Rolle spielt der steigende Anteil von Zweitehen? Abbildung 3: Altersspezifische Trennungsraten nach dem Alter der Ehefrau, für alle Ehen und für nur Erstehen (Piecewise Constant Exponential-Modell unter Kontrolle des Heiratsjahres) Quelle: Rapp 2013: Ehestabilität in der zweiten Lebenshälfte, S. 135.

Die Altersabhängigkeit des Scheidungsrisikos. Ergebnisse: Welche Rolle spielt die steigende Ehedauer? Abbildung 4: Altersspezifische Trennungsraten nach dem Alter der Ehefrau, ohne und mit Kontrolle der Ehedauer (Piecewise Constant Exponential-Modell unter Kontrolle des Heiratsjahres) Quelle: Rapp 2013: Ehestabilität in der zweiten Lebenshälfte, S. 137.

Die Altersabhängigkeit des Scheidungsrisikos. Ergebnisse: Welche Rolle spielt der Auszug der Kinder? Ergebnisse zum Einfluss des Auszugs der Kinder auf die Ehestabilität der Eltern aus multivariaten Analysen (Klein und Rapp 2010; Rapp 2013): Eintritt ins leere Nest erhöht das Trennungsrisiko, insbesondere in den ersten beiden Jahren nach Eintritt ins leere Nest und insbesondere bei jungem Auszugsalter der Kinder.

Die Altersabhängigkeit des Scheidungsrisikos. Ergebnisse: Welche Rolle spielt der Übergang in den Ruhestand? Tabelle 2: Ruhestands-Effekte auf das Trennungsrisikos von Ehen (relative Risiken, Modell 1 bivariat, Modelle 2-5 unter Kontrolle von Ehedauer, Heiratsjahr, Heiratsalter, Bildung, Folgeehe, Wohnort) Parameter Modell 1 Modell 2 Modell 3 Modell 4 Modell 5 Mann ist im Ruhestand 1) 0,265 ** 1,047 0,947 0,924 Mann ist seit max. 2 Jahren im Ruhestand 2) 1,323 Mann ist seit max. 2 J. im Ruhestand und Ruhestandseintrittsalter... unter 50 Jahren 2) 3,450 **... von 50 bis unter 60 Jahren 2) 1,284... 60 Jahre oder älter 2) 0,677 Mann ist im Ruhestand und Heiratsalter des Mannes... unter 30 Jahren 1) 0,874... von 30 bis unter 40 Jahren 1) 1,198... 40 Jahre oder älter 1) 1,154 Ereignisse 3947 3947 3947 3947 3938 Episoden 344799 344799 344799 344799 343878 Log-Likelihood -13920,6-13230,4-13229,9-13224,9-13192,5 Signifikanzlimits: ** p < 0,01; * p < 0,05; + p < 0,10 1) Referenzkategorie: Mann ist nicht im Ruhestand 2) Zusatzeffekt zu "Mann ist im Ruhestand" Quelle: Rapp 2013: Ehestabilität in der zweiten Lebenshälfte, S. 153.

Die Altersabhängigkeit des Scheidungsrisikos. Ergebnisse: Welche Rolle spielt der Gesundheitszustand? Ergebnisse zum Einfluss der Gesundheit auf die Ehestabilität aus multivariaten Analysen (Rapp 2012; 2013): Ein schlechter Gesundheitszustand (von einem oder von beiden Partnern) geht mit einem höheren Trennungsrisiko einher, Allerdings nicht mehr in späteren Ehephasen und Altersbereichen.

Die Altersabhängigkeit des Scheidungsrisikos. Ergebnisse: Gibt es Kohortenunterschiede? Abbildung 5: Altersspezifische Trennungsraten nach Alter und Geburtsjahr der Ehefrau (Piecewise Constant Exp.-Modell) Quelle: eigene Berechnung.

Die Altersabhängigkeit des Scheidungsrisikos Zusammenfassung: Mit steigendem Alter der Ehepartner sinkt das Trennungsrisiko von Ehen. Der Rückgang setzt sich im höheren Lebensalter fort und fällt zwischen 50 und 70 Jahren am stärksten aus. In dieser Zeit ist der Rückgang des Trennungsrisikos ca. zur Hälfte an steigende Ehedauern und zur anderen Hälfte an das steigende Alter der Ehepartner geknüpft. Wie sich der verbleibende, stabilisierende (Netto-) Effekt des Alters erklären lässt, ist eine offene Frage. Bei den Geburtskohorten bis 1949 ist kein Trend erkennbar, wonach das Trennungsrisiko im höheren Lebensalter überproportional zunehmen würde.