HAUS + GRUND MÜNCHEN INFORMIERT Die Vorsorgevollmacht Der vorletzte Wille von Stefan Spangenberg Rechtsanwalt convocat GbR München www.convocat.de Einleitung Sinn und Zweck der Vorsorgevollmacht ist die Vermeidung der Anordnung einer gesetzlichen Betreuung. Die Erteilung einer Generalvollmacht bedeutet ein Stück weit auch die Regelung persönlicher Verhältnisse innerhalb der Privatsphäre. Hauptanliegen ist jedoch der Schutz des eigenen Vermögens vor der Fremdbestimmung durch einen per Gerichtsbeschluss eingesetzten Betreuer, der zudem der Kontrolle und Bürokratie des Betreuungsrechts unterliegt. Somit gehört zu einem Konzept zum Vermögensschutz, sog. asset protection, immer auch die Erteilung und Erarbeitung einer selbstbestimmten und auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnittenen Vorsorgevollmacht. Nur so lässt sich Vermögen, insbesondere auch Immobilienvermögen, wirkungsvoll und umfassend schützen. Ausgangslage gesetzliche Regelungen zur rechtlichen Betreuung Hintergrund der Errichtung einer Vorsorgevollmacht ist die Anordnung des Gesetzgebers, für Volljährige, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können, die Vermögens- und Personensorge auf einen gerichtlich bestellten Vertreter, den so genannten Betreuer, zu übertragen. Diese Regelung ist grundsätzlich sinnvoll, da nur so gewährleistet werden kann, dass für den betroffenen Personenkreis ein Vertreter bestellt ist, der die Rechtsgeschäfte für den Betreuten interessengerecht vornehmen kann. Zum Schutz des Betreuten ist der Umfang der Betreuung auf die Aufgabenkreise begrenzt, für die eine Vertretung des Betreuten sinnvoll und notwendig ist. Per Gesetz ist der Betreuer von der Vertretung des Betreuten bei (Rechts)Geschäften zwischen sich und dem Betreuten bzw. zwischen dem Betreuten und nahen Angehörigen des Betreuers ausgeschlossen, da der Gesetzgeber in diesen Fällen per se eine Interessenkollision unterstellt. Zudem unterliegt der Betreuer der gerichtlichen Kontrolle und muss mindestens einmal jährlich gegenüber dem zuständigen Betreuungsgericht Rechnung legen.
Im Weiteren ist er natürlich verpflichtet, das Vermögen des Betreuten möglichst schonend zu verwalten. Dies führt grundsätzlich zu einem äußerst konservativen Anlageverhalten. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen, hindert jedoch die Flexibilität. So wird gesetzlich bspw. die Anlage des Vermögens des Betreuten in Staatsanleihen des Bundes und der Länder vorgeschrieben. Aufgrund der Haftungsrisiken für den Betreuer vermeidet dieser daher grundsätzlich Vermögensumschichtungen und Vermögenstransfers bzw. stellt hohe Anforderungen an die Bewilligung von Rechtsgeschäften. Beispiel: Ehefrau (F) ist mit Ehemann (M) zu jeweils 50 % Eigentümer eines Miethauses in München und eines eigengenutzten Einfamilienhauses. In Folge eines Verkehrsunfalls ist M schwer verletzt und liegt für eine zunächst ungewisse Zeit im künstlichen Koma. Die umfassende und dringend notwendige Renovierung des Mietshauses ist bereits geplant und beauftragt. Die Darlehensverträge mit der Hausbank von M und F zur Finanzierung dieser Maßnahmen liegen unterschriftsreif vor, kurz bevor M verunfallt. Mangels notariell beurkundeter Vorsorgevollmacht kann F nicht für M handeln, es wird eine gerichtliche Betreuung angeordnet. F wird Betreuerin des M. Für die Bewilligung des Darlehens und die Bestellung der Sicherheit am Grundstück des Miethauses benötigt F jedoch die Zustimmung des gerichtlich bestellten Ergänzungsbetreuers. Dieser sieht in der Investition keinen Vorteil für den Betreuten und verweigert seine Zustimmung. Aus seiner Sicht ist zunächst die Genesung des M abzuwarten und ggf. die Immobilie zu veräußern, um ausreichend Liquidität zu schaffen, die eventuell notwendige Pflege und Therapie(n) für M finanziell abzusichern. Mit entsprechender Bevollmächtigung im Rahmen einer Vorsorgevollmacht im vorliegenden Fall als notarielle Urkunde bedürfte F keinerlei Zustimmung eines (Ergänzungs)Betreuers, um zunächst wie geplant die Investition am Mietshaus durchzuführen. Im nächsten Schritt und je nach Verlauf der Krankheit könnte sie dann das weitere Vorgehen hinsichtlich der Genesung ihres Ehemannes M planen. Ausdehnung auf Abwesenheit Die Generalvollmacht entfaltet ihre Wirksamkeit mit deren Erteilung und nicht erst mit der Geschäftsunfähigkeit der zu betreuenden Person. Aus diesem Grund lässt sich der Wirkungskreis der Vollmacht auch auf Fälle der Abwesenheit, beispielsweise bei einer längeren oder kürzeren Abwesenheit im Urlaubs- oder Krankheitsfall, ausdehnen. Wer wird Betreuer? Wenn der zu Betreuende eine Betreuungsverfügung getroffen hat, so wird grundsätzlich die vom Betreuten im Vorfeld bestimmte Person als Betreuer eingesetzt. Voraussetzung ist natürlich, dass diese Person das Amt übernehmen will und kann. Liegt eine solche
Verfügung nicht vor, so wird grundsätzlich auf Personen des persönlichen Umfeldes des Betreuten zurückgegriffen. Allerdings zeichnet sich in letzter Zeit eine Tendenz dazu ab, die natürlichen Personen mit entsprechenden verwandtschaftlichen und sonstigen persönlichen Bindungen zu dem zu Betreuenden nicht zu berücksichtigen. Das Betreuungsgericht setzt öfter einen professionellen bzw. berufsmäßigen Betreuer ein. Das liegt sicherlich auch in der Natur der Sache, dass Abstimmungen zwischen dem Gericht und einem berufsmäßigen Betreuer einfacher und schneller vonstatten gehen, im Gegensatz zur Abstimmung mit nahen Angehörigen als gerichtlich bestellte Betreuer. Diese müssen sich als Laien zunächst einmal mit der Betreuungs-Bürokratie vertraut machen. Die Angehörigen kennen die persönlichen Wünsche des Betreuten sehr intensiv und versuchen, diesen gerecht zu werden. Dies soll nicht die Arbeit vieler honoriger berufsmäßiger Betreuer diskreditieren. Doch letztlich sind diese einer hohen Arbeitsbelastung ausgesetzt. Des weiteren können sie per se die Wünsche und Besonderheiten des Betreuten nicht so gut kennen, wie die nahen Angehörigen. Vermeidung einer Betreuung Regelmäßig lässt sich wie bereits geschildert - eine Betreuung durch die Errichtung einer Vorsorgevollmacht vermeiden. Für Immobilieneigentümer ist diese notariell zu beurkunden, da nur so grundbuchmäßige Form vorliegt. Ist eine Vertretung gegenüber dem Grundbuchamt notwendig, so kann diese nur mit einer Vollmacht in der entsprechenden grundbuchmäßigen Form durchgeführt werden. Eine rein privatschriftliche Vorsorgevollmacht, wie sie auch vom Staatsministerium der Justiz in Zusammenarbeit mit dem Verlag C. H. Beck zur Verfügung gestellt wird, genügt diesen Anforderungen nicht. Auch Internet-Formulare genügen diesen Anforderungen nicht. Weiterer Nachteil entsprechender Formulare ist, dass diese nicht zwangsläufig die persönlichen Interessen und Verhältnisse zwischen Vollmachtgeber (Betreutem) und Vollmachtnehmer (Betreuer) berücksichtigen. Praxishinweis: Um eine Regelung zu finden, die den individuellen Bedürfnissen von Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem entspricht, sollte regelmäßig ein Spezialist zu Rate gezogen werden. Nur so ist gewährleistet, dass die Interessen des Vollmachtgebers wie auch des Bevollmächtigten umfassend berücksichtigt und geschützt sind. Wichtig ist es in jedem Fall, dem Bevollmächtigten eine umfassende Vertretungsmacht einzuräumen. Nur so kann die Betreuungsanordnung vermieden werden. Sollten Aufgabenkreise nicht abgedeckt sein, droht die Einsetzung eines Betreuers für diese
Aufgabenkreise. Dies lässt sich letztlich nur mit einer, den jeweiligen Formerfordernissen entsprechenden Generalvollmacht vermeiden. Beispiel: Ehefrau (F) und Ehemann (M) haben drei gemeinsame Kinder und sind zu je 50% Eigentümer von drei fremdvermieteten Eigentumswohnungen in München sowie eines zu eigenen Wohnzwecken genutzten Einfamilienhauses. M erkrankt schwer und ist auf unbekannte Dauer nicht mehr handlungsfähig. Eine Vorsorgevollmacht wurde nicht errichtet, weshalb das zuständige Betreuungsgericht F zur Betreuerin des M bestellt. M und F waren sich immer einig, dass jedes Kind einmal je eine der drei gemeinsamen Eigentumswohnungen zum Alleineigentum erhalten soll. Vor dem Hintergrund der ständig steigenden Immobilienpreise in München und des damit verbundenen Zuwachses des steuerlichen Wertes der drei Eigentumswohnungen plant F die unentgeltliche Übertragung der Immobilien auf die gemeinsamen Kinder. Der vom Betreuungsgericht bestellte Ergänzungsbetreuer verweigert die Zustimmung zur geplanten Übertragung an die Kinder von M und F mit dem allgemeinen Grundsatz, dass Schenkungen niemals genehmigungspflichtig sind. Dies entspricht auch der gesetzlichen Regelung. Bei Vorliegen einer entsprechenden umfangreichen Vorsorgevollmacht wäre F durchaus zu den geplanten Übertragungen berechtigt. In einem weiteren Schritt müsste sie die Versorgung des M, möglicherweise mit Unterstützung der gemeinsamen Kinder, für 10 Jahre ab Übertragung sicherstellen, um einen Regress der Sozial- und Krankenkassenträger wegen Verarmung des Schenkers zu vermeiden. Kontrolle des Bevollmächtigten Um ihren Zweck zu erfüllen, muss eine Vollmacht unbegrenzt im Außenverhältnis erteilt werden. Diese ist sofort erteilt mit Beurkundung bzw. Errichtung. Damit hat der Bevollmächtigte die volle Vertretungsmacht im Außenverhältnis und kann im Namen des Vollmachtgebers grundsätzlich jegliches Rechtsgeschäft abschließen. Um dieses Vertrauensverhältnis der notwendigen Kontrolle zu unterziehen, ist nicht nur bei der Auswahl des Bevollmächtigten acht zu geben, sondern sind dem Bevollmächtigten entsprechende Rechnungslegungspflichten aufzuerlegen. Zusätzlich kann über die Einsetzung eines Kontrollbevollmächtigten nachgedacht werden oder wären mehrere Bevollmächtigte einzusetzen. Diese könnten dann im Außenverhältnis nur gemeinschaftlich im Namen des Vollmachtgebers handeln, so dass bei mindestens zwei Bevollmächtigten das sog. 4-Augenprinzip gilt, da immer mindestens zwei Bevollmächtigte eine aufeinander abgestimmte Willenserklärung abgegeben müssten. Die Gefahr des Missbrauchs der Vollmacht wird hierdurch erheblich eingedämmt. Allerdings müssen die beiden Bevollmächtigten dann auch immer einer Meinung sein und könnten sich im
schlimmsten Fall gegenseitig blockieren. Damit wäre der Vollmachtgeber wieder ohne wirksamen Vertreter, weshalb eine gemeinschaftliche Vollmacht nur im Einzelfall vereinbart werden und zudem auf bestimmte Aufgabenkreise begrenzt werden sollte. Ersatzbevollmächtigter Etwas anderes gilt für die Einsetzung eines Ersatzbevollmächtigten im Innenverhältnis. Dieser darf von seiner Vollmacht erst dann Gebrauch machen, wenn der zuvor eingesetzte Bevollmächtigte sein Amt nicht ausüben will oder kann. Im Außenverhältnis muss jedoch jeder dieser Bevollmächtigten von Anfang an zur alleinigen Handlung berechtigt sein. Absicherung des Bevollmächtigten Der Bevollmächtigte muss in jedem Fall über alle seine Handlungen Auskunft geben und Rechnung legen. Daher sollte er von Anfang an entsprechende Aufzeichnungen führen. Nur so ist gewährleistet, dass er tatsächlich seinen Auskunfts- und Rechnungslegungspflichten umfassend nachkommen kann. Wichtig ist dabei auch zu beachten, dass nach dem Tod des Vollmachtgebers diese Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche des Vollmachtgebers auf dessen Erben übergehen. Vollmacht über den Tod hinaus Es hat sich als durchaus praktisch erwiesen, die Vollmacht auch über den Tod des Vollmachtgebers hinaus gelten zu lassen. Hier ist jedoch Vorsicht geboten, da dies nicht in jedem Fall sinnvoll ist. Sollten Vollmachtnehmer und Erbe identisch sein, so macht dies durchaus Sinn, da dann der jeweilige Erbe ohne Nachweis seines Erbrechts auch nach dem Tod des Vollmachtgebers (Erblassers) vollumfänglich für den verstorbenen Vollmachtgeber handeln kann. Der teilweise langwierige und kostenintensive Nachweis des Erbrechts ist dann obsolet. Sind jedoch Vollmachtnehmer und Erbe nicht identisch, so liegt die Tücke in einer über den Tod hinausreichenden Vollmacht darin, dass die Vollmacht solange gilt, bis die Erben, unter entsprechendem Nachweis ihres Erbrechts, die Vollmacht widerrufen. Damit besteht das Risiko, dass über einen längeren Zeitraum ein grundsätzlich Nichtberechtigter über den Nachlass verfügen kann. Praxishinweis: Auch hier gilt, sich vorab umfassenden Rechtsrat einzuholen, hinsichtlich der Erstellung entsprechender Regelungen in Bezug auf Umfang und Grenzen der Vollmacht. Nur so kann sichergestellt werden, dass der wirkliche Wille des Vollmachtgebers sich in der Vollmacht widerspiegelt.
Hinweis Weitere Informationen zur Vorsorgevollmacht erhalten Interessierte bei dem Seminar der Kanzlei convocat GbR zum Thema Patientenverfügung/Vorsorgevollmacht/Betreuungsverfügung am Dienstag, den 29.01.2013. Dieses Seminar findet in den Räumlichkeiten des Haus- und Grundbesitzervereins München und Umgebung e.v., Eingang Herzog-Wilhelm- Straße 10, V. Stock, statt. Beginn ist um 19 Uhr. Der Unkostenbeitrag beträgt 10,00. Wir bitten Sie, sich direkt in der Kanzlei anzumelden: Im Internet unter www.convocat.de oder telefonisch unter 089/41619335-0. Stefan Spangenberg Rechtsanwalt convocat GbR, München www.convocat.de