Erhaltungspflichten im Mietrecht eine aktuelle Bestandsaufnahme

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Transkript:

derunternehmer at T H E M A Z I V I L R E C H T Mag. Thomas Penzl, GÜTLBAUER SIEGHARTSLEITNER PICHLMAIR RECHTSANWÄLTE, Wels Erhaltungspflichten im Mietrecht eine aktuelle Bestandsaufnahme In zwei viel beachteten Entscheidungen Ende des Jahres 2006 (7 Ob 78/06f) bzw. Anfang des Jahres 2007 (1 Ob 241/06g) erkannte der Oberste Gerichtshof (OGH) eine Vielzahl von in Mietverträgen üblicherweise enthaltenen Vertragsklauseln als unzulässig. Diese sogenannten Klausel-Entscheidungen führten insbesondere im Zusammenhang mit auf den Mieter überwälzte Erhaltungspflichten zu lebhaften Diskussionen in der Lehre und Praxis und nicht zuletzt aufgrund von Missverständnissen und Fehlinterpretationen seitens verschiedener Interessenvertretungen und Verbänden auch zu einer großen Verunsicherung auf Seiten von Mietern und Vermietern. Durch die zu diesem Thema im Laufe des Jahres 2009 ergangenen Entscheidungen des OGH erfolgte eine teilweise Klarstellung. Unter Berücksichtigung dieser jüngsten Rechtsprechung soll im Folgenden ein Überblick über den derzeitigen Rechtstand gegeben werden. 1. Gesetzliche Ausgangssituation 1.1. Im Hinblick auf die medial aber auch in Fachkreisen immer wieder vorkommende irreführende Simplifizierung bzw. Generalisierung ist zunächst klarzustellen, dass im Zusammenhang mit der Beurteilung der Zulässigkeit verschiedener Bestimmungen in Mietverträgen je nach anzuwendender Rechtsgrundlage (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch ABGB, Mietrechtsgesetzes MRG, Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz WGG, Konsumentenschutzgesetzes KSchG) eine differenzierte Beurteilung anzustellen ist: 1.2. Nach der grundsätzlichen Bestimmung des 1096 ABGB hat der Vermieter das Mietobjekt in brauchbarem Zustand zu erhalten. In der Praxis wird diese Erhaltungspflicht jedoch sowohl im als derunternehmer.at 11

T H E M A Z I V I L R E C H T derunternehmer at auch außerhalb des Vollanwendungsbereiches des MRG von Vermietern, insbesondere von gewerblichen Vermietern und Wohnungsgenossenschaften, vertraglich möglichst umfassend auf den Mieter überwälzt. Inwiefern dies gegenüber Mietern, die Verbraucher im Sinne des KSchG sind, zulässig ist, war (unter anderem) Thema der sogenannten Klausel-Entscheidungen des OGH. 1.3. Im Vollanwendungsbereich des MRG ist zu beachten, dass abweichend von 1096 ABGB durch die zwingende Bestimmung des 3 MRG ausdrücklich konkrete Erhaltungspflichten des Vermieters normiert werden, welche keinesfalls vertraglich auf den Mieter überbunden werden können. Danach umfasst die Erhaltungspflicht des Vermieters (unter anderem) zwingend die Erhaltung der allgemeinen Teiles des Hauses, die Behebung von ernsten Schäden des Hauses in den Mietobjekten (wie etwa undichte Heizkörper, Schäden an Elektro-, Gas-, Wasser- und Abwasserleitungen, sofern durch diese Schäden die Substanz des Hauses gefährdet wird, etwa durch Feuergefahr oder Schimmelbildung) und die Aufrechterhaltung des Betriebes von bestehenden Gemeinschaftsanlagen (wie etwa zentrale Wärmeversorgungsanlagen, Personenaufzüge, Waschküchen, etc.). Ähnliches gilt nach 14a WGG im Bereich des gemeinnützigen Wohnungswesens; im Hinblick auf die Ähnlichkeit in der rechtlichen Beurteilung wird im Folgenden jedoch nur mehr auf 3 MRG Bezug genommen. 1.4. Unabhängig davon, ob ein Mietvertrag in den Vollanwendungsbereich des MRG fällt oder nicht, ist stets zu beachten, dass auf (Miet-)Verträge zwischen Unternehmern und Konsumenten die zwingenden Bestimmungen des KSchG anzuwenden sind, wobei nach der Rechtsprechung bereits als Unternehmer im Sinne des KSchG gilt, wer mehr als 5 Objekte vermietet. 1.5. Im Folgenden sollen die Auswirkungen der Klausel-Entscheidungen sowie die in der Folge im Laufe des Jahres 2009 diesbezüglich ergangene höchstgerichtliche Judikatur dargestellt werden: 2. Auswirkungen der Klausel-Entscheidungen 2.1. Wie bereits in der Ausgabe 3/2007 von derunternehmer.at berichtet, hat der OGH mit seinen Klausel-Entscheidungen zahlreiche im Verbrauchergeschäft (sohin zwischen Vermietern als Unternehmer und Mietern als Konsumenten im Sinne des KSchG) vereinbarte Vertragsklauseln, unter anderem auch solche, die dem Mieter sämtliche Erhaltungspflichten aufbürden, als unwirksam beurteilt. 2.2. Hinsichtlich der Erhaltungspflichten argumentierte der OGH sinngemäß, dass der Ausschluss der Bestimmung des 1096 ABGB und die damit verbundene Überwälzung der Erhaltungspflichten auf den Mieter im Ergebnis zu einem Entfall des Mietzinsminderungsrechts des Mieters bei Beeinträchtigung des vertraglich bedungenen Gebrauchs des Mietobjekts führe und damit (indirekt) Gewährleistungsrechte des Mieters eingeschränkt würden, was jedoch im Verbrauchergeschäft (unabhängig davon, ob das Mietverhältnis in den Vollanwendungsbereich des MRG fällt oder nicht) gemäß 9 KSchG unzulässig sei. 2.3. Diese Rechtsprechung hat nicht nur Auswirkungen auf die künftige Vertragsgestaltung, sondern auch auf bestehende Mietverhältnisse, sofern sie nach dem Inkrafttreten des KSchG als Verbrauchergeschäft abgeschlossen wurden. 12 derunternehmer.at

derunternehmer at Einerseits können Mieter im Rahmen solcher Mietverhältnisse von ihrem Vermieter nicht zur Vornahme der unwirksam vereinbarten Erhaltungsarbeiten gezwungen werden, sondern können diese ihrerseits gegenüber dem Vermieter die Durchführung dieser Arbeiten gemäß seiner gesetzlichen Verpflichtung nach 1096 ABGB verlangen und durchsetzen. Darüber hinaus können Mieter, die im Rahmen solcher Mietverhältnisse bereits Erhaltungsarbeiten auf eigene Kosten vorgenommen und somit einen Aufwand getätigt haben, den nach der gesetzlichen Bestimmung des 1096 der Vermieter tätigen hätte müssen, gemäß 1036 ivm 1097 ABGB sofort entsprechende Rückersatzansprüche gegen den Vermieter geltend machen. T H E M A Z I V I L R E C H T 3. Offene Fragen und die (teilweise) Klärung durch die jüngere Rechtsprechung 3.1. Auf Basis der Klausel-Entscheidungen offen geblieben und in der Lehre heftig diskutiert war in der Folge die Frage, inwieweit die vorstehend unter Punkt 2.3 dargelegte Rechtsfolge (Durchsetzbarkeit von Erhaltungsarbeiten bzw. Rückersatzansprüche für den Mieter) auch Mietern im Vollanwendungsbereich des MRG zugute kommen kann. Diverse (höchst praxisrelevante) Erhaltungsarbeiten, wie etwa die Pflicht zum Ausmalen der Wohnung, zum Schleifen und Versiegeln der Böden sowie zur Reparatur oder Austausch von Heizkesseln, Boilern und Thermen, sind nämlich nicht in 3 MRG, welcher die Erhaltungspflichten des Vermieters normiert (vgl. vorstehend, Punkt 1.3), aufgezählt, sodass mangels entsprechender diesbezüglicher Verpflichtung bzw. Verpflichtbarkeit des Mieters ein Graubereich entsteht, hinsichtlich dessen von Gesetzes wegen weder Mieter noch Vermieter eine Erhaltungspflicht trifft. Fraglich war sohin, ob die Erhaltungspflicht des Vermieters gemäß 1096 ABGB auch im Vollanwendungsbereich des MRG (subsidiär) anwendbar ist. Die Befürworter argumentierten insbesondere mit 3 Abs 1 letzter Satz MRG, wonach im Übrigen 1096 ABGB unberührt bleibe. Der OGH schloss sich jedoch in 3 jüngeren Entscheidungen aus dem Jahr 2009 (5 Ob 17/09z, 5 Ob 288/08a sowie 9 Ob 57/08k) der Gegenmeinung an und stellte klar, dass 3 MRG (ebenso wie 14a WGG für den gemeinnützigen Bereich) die Erhaltungspflichten des Vermieters abschließend, sohin unter Verdrängung des 1096 Abs 1 ABGB regelt und den Vermieter darüber hinaus keine gesetzlichen Erhaltungspflichten treffen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass in jenem Graubereich von Erhaltungsarbeiten, die dem Mieter als Verbraucher im Hinblick auf 9 KSchG vertraglich nicht aufbürdet werden können, hinsichtlich derer jedoch mangels Erwähnung in 3 MRG auch den Vermieter keine Erhaltungspflicht trifft, der Mieter den Vermieter weder zur Durchführung der betreffenden Erhaltungsarbeiten zwingen, noch gemäß 1036 ivm 1097 ABGB sofortige Rückersatzansprüche für diesbezüglich selbst getätigte Aufwendungen gegenüber dem Vermieter geltend machen kann. Dies bedeutet aber keineswegs, dass der Mieter im Vollanwendungsbereich des MRG völlig rechtlos wäre. Der Umstand, dass den Vermieter keine aktive Erhaltungspflicht und auch keine entsprechende Ersatzpflicht gegenüber dem Mieter trifft, ändert nämlich nichts daran, dass der vom Vermieter jedenfalls geschuldete vertragsgemäße Gebrauch des Mietobjekts jedenfalls solange die derunternehmer.at 13

T H E M A Z I V I L R E C H T derunternehmer at betreffenden notwendigen Erhaltungsarbeiten noch nicht durchgeführt wurden beeinträchtigt ist. Der Mieter kann daher nach geltendem Mietrecht eine angemessene Mietzinsminderung geltend machen, welche den Vermieter unter Umständen indirekt veranlasst, die betreffenden Erhaltungsarbeiten durchzuführen. Offen bleibt diesbezüglich jedoch die Frage, ob dieses Recht auf Mietzinsminderung bereits dann entfällt, wenn der Mieter (obwohl er dazu nicht verpflichtet ist) die Erhaltungsarbeiten selbst vornimmt bzw. vornehmen lässt, oder erst dann, wenn der Vermieter dies tut bzw. dem Mieter dessen Aufwendungen ersetzt. Diesbezüglich bleibt die weitere Rechtsprechung des OGH abzuwarten. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der Mieter im Vollanwendungsbereich des MRG zwar hinsichtlich bestimmter Aufwendungen (etwa Errichtung bzw. Erneuerung von Wasserleitungs-, Lichtleitungs-, Gasleitungs-, Sanitär- oder Beheizungsanlagen bzw. Heizthermen oder Warmwasserboilern) auch die Möglichkeit hat, gemäß 10 MRG Rückersatz vom Vermieter zu verlangen. Dieser spezielle Rückersatzanspruch kann aber nicht sofort, sondern erst bei Beendigung des Mietverhältnisses geltend gemacht werden und vermindert sich zudem mit jedem Jahr der Nutzung um 1/10 des investierten Betrages (Abschreibung für Abnutzung), sodass dieser Anspruch für den Mieter in der Regel keinen wirtschaftlich gleichwertigen Rechtsbehelf im Vergleich zur Erhaltungspflicht des Vermieters, zu einem sofortigen Rückersatzanspruch gegenüber dem Vermieter oder auch einem Mietzinsminderungsrecht darstellt. 3.2. Weiters wurde durch die Klausel-Entscheidungen die Frage aufgeworfen, ob die Überwälzung der Erhaltungspflichten auf den Mieter (aufgrund 9 KSchG) nur im Verbrauchergeschäft unzulässig ist, oder ob dies konsequenterweise im Hinblick auf die Bestimmung des 1096 Abs 1 Satz 3 ABGB (wonach der Mieter auf sein Mietzinsminderungsrecht im Voraus nicht verzichten kann) letztlich für jede Immobilienmiete gelten muss. In der jüngsten Entscheidung 3 Ob 20/09a beantwortete der OGH die Frage dahingehend, dass im Rahmen eines nicht dem KSchG unterliegenden Mietvertrages dem Mieter (trotz der Bestimmung des 1096 Abs 1 Satz 3 ABGB) sehr wohl die Erhaltungspflichten auferlegt werden können. Durch eine derartige Vereinbarung werden die Erhaltungspflichten im Sinne einer negativen Leistungsbeschreibung aus der Hauptleistungspflicht des Vermieters herausgenommen. Ohne entsprechende Hauptleistungspflicht des Vermieters können jedoch von Vornherein keine Gewährleistungsrechte des Mieters entstehen, welche durch die Überbindung der Erhaltungspflichten (direkt oder indirekt) eingeschränkt werden könnten. Auch außerhalb des Verbrauchergeschäfts im Sinne des KSchG ist jedoch zu beachten, dass im Vollanwendungsbereich des MRG die Überbindung der Erhaltungspflichten auf den Mieter nur insoweit zulässig ist, als die Hauptmietzins-Obergrenze im Sinne des 16 MRG nicht überschritten wird. Erhaltungsmaßnahmen des Mieters stellen nämlich funktionell Mietzinsleistungen dar und sind daher in der Periode, der sie zurechenbar sind, dem Mietzins entsprechend hinzuzuzählen. Letztlich gelten natürlich auch außerhalb des Verbrauchergeschäfts die im Rechtsverkehr stets zu beachtenden Sittenwidrigkeitsbestimmung des 879 ABGB. Zumal Mietverträge in der Praxis häufig nicht individuell ausverhandelt werden, sonder Formularverträge darstellen, ist insbesondere zu beachten, dass gröblich benachteiligende Klauseln in allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw. Vertragsformblättern nach 879 Abs 3 ABGB nichtig sind. Im Übrigen kommt auch eine 14 derunternehmer.at

derunternehmer at Unwirksamkeit von Vereinbarungen nach 864a ABGB (ungewöhnliche und nachteilige Bestimmung in allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw. Vertragsformblättern) oder 934 ABGB (Verkürzung über die Hälfte) in Betracht. Insgesamt gibt es im Zusammenhang mit Mietverträgen jedoch kaum diesbezüglich einschlägige Rechtsprechung. T H E M A Z I V I L R E C H T 4. Vertragsgestaltung auf Basis der jüngsten Rechtsprechung 4.1. Trotz der jüngsten Judikatur des Jahres 2009 sind im Zusammenhang mit den Erhaltungspflichten im Mietrecht noch verschiedene Fragen nicht höchstgerichtlich geklärt und bleibt die weitere Judikatur abzuwarten. Naturgemäß stellt dies eine Herausforderung bei der Vertragserrichtung dar und verbleibt derzeit noch eine nicht zu unterschätzende Rechtsunsicherheit. Dennoch sollen im Folgenden auf Basis der bisherigen Judikatur die rechtlichen Konsequenzen für Mieter und Vermieter anhand der verschiedenen Szenarien (je nach anwendbarer Rechtsgrundlage) im Wesentlichen zusammengefasst werden: 4.2. KSchG und MRG nicht anwendbar Außerhalb der Anwendungsbereiche des KSchG und MRG (z.b. ein privater Vermieter vermietet ein Einfamilienhaus an einen privaten Mieter) ist die Überwälzung von Erhaltungspflichten auf den Mieter umfassend möglich. 1096 Abs 1 Satz 3 ABGB steht dem nicht entgegen, da die Erhaltungspflichten aus der Hauptleistungspflicht des Vermieters herausgenommen werden und sohin von Vornherein kein Anknüpfungspunkt für eine Mangelhaftigkeit im Sinne des 1096 Abs 1 ABGB besteht. Die Grenze bilden lediglich die im Rechtsverkehr ohnehin stets zu beachtenden Sittenwidrigkeitsbestimmung (insbesondere 879 Abs 3 ABGB betreffend die gröbliche Benachteiligung in Vertragsformblättern). 4.3. KSchG nicht anwendbar, MRG anwendbar Liegt zwar kein Verbrauchergeschäft vor, aber ein dem Vollanwendungsbereich des MRG unterliegendes Mietverhältnis (z.b. ein privater Vermieter vermietet eine in einem neu errichteten Zinshaus gelegene Eigentumswohnung an einen privaten Mieter), ist die Überwälzung von Erhaltungspflichten auf den Mieter wiederum vorbehaltlich der allgemeinen Sittenwidrigkeitsschranken ebenfalls grundsätzlich möglich (vgl. vorstehend, Punkt 4.2). Eine Einschränkung besteht jedoch insoweit, als durch die vom Mieter zu tätigenden Aufwendungen für die Erhaltungsarbeiten der nach 16 MRG höchstzulässige Hauptmietzins insgesamt nicht überschritten werden darf. derunternehmer.at 15

T H E M A Z I V I L R E C H T derunternehmer at 4.4. KSchG anwendbar, MRG nicht anwendbar Liegt ein Verbrauchergeschäft im Sinne des KSchG vor, ohne dass das betreffende Mietverhältnis dem Vollanwendungsbereich des MRG unterliegt (z.b. ein gewerblicher Vermieter vermietet ein Einfamilienhaus an einen privaten Mieter), ist die Überwälzung von Erhaltungspflichten auf den Mieter nicht wirksam möglich, da dies (indirekt) das als Gewährleistungsbestimmung zu qualifizierende Mietzinsminderungsrecht des Mieters einschränkt, was nach 9 KSchG unzulässig ist. Der Mieter kann neben seinem Mietzinsminderungsrecht die betreffenden Erhaltungsarbeiten vom Vermieter selbst einfordern bzw. sofort entsprechende Rückersatzansprüche gegenüber dem Vermieter geltend machen. 4.5. KSchG und MRG anwendbar Auch wenn das Mietverhältnis neben dem KSchG noch dem MRG unterliegt (z.b. ein gewerblicher Vermieter vermietet eine in einem neu errichteten Zinshaus gelegene Eigentumswohnung an einen privaten Mieter), ist die Überwälzung von Erhaltungspflichten auf den Mieter im Hinblick auf 9 KSchG nicht wirksam möglich (vgl. vorstehend, Punkt 4.4). Da aber 3 MRG die Erhaltungspflichten des Vermieters abschließend festlegt, kann der Mieter die betreffenden Erhaltungsarbeiten weder vom Vermieter selbst einfordern, noch sofort entsprechende Rückersatzansprüche gegenüber dem Vermieter geltend machen. Dem Mieter bleibt jedoch unbenommen, eine angemessene Mietzinsminderung geltend zu machen. GÜ T L B AUE R SI EG HA RT SLE IT N ER PI CHL MAI R R E C H T S A N W Ä LT E WIR STEHEN FÜR IHR RECHT. www.guetlbauer-partner.at 16 derunternehmer.at