Stationäre Psychotherapie Wann ist sie sinnvoll?

Ähnliche Dokumente
sycho Therapie Ambulanz Praxisstelle für psychologische Therapie und Beratung Fachbereich 07: Psychologie WESTFÄLISCHE WILHELMS-UNIVERSITÄT MÜNSTER

1. Da muss ich allein durch - wer braucht die Psychiatrie und Psychotherapie und was versteht man darunter? 21

Qualitätsbericht 2010 Praxis für Psychotherapie Dr. Shaw & Kollegen

Klinik für Psychosomatik

Psychologische Aspekte

Einführung in die Psychosomatik: wer wie - wo - was? Erstellt von Dr. med. Alexander Calatzis 1

Von dysfunktionalen Kompensationen zur Balance zwischen Polaritäten Eine Einführung in das Thema Dr. H. Terdenge, Fachtagung am 22.

Psychotherapie und Psychosomatik

Wirkfaktoren der Psychotherapie 23 Künftige Therapieforschung Einführung Merkmale der Verhaltenstherapie 30

69115 Heidelberg. Dr. med. Irmgard Pfaffinger Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Türkenstraße München

1 Verhaltenstherapie und die Vielfalt

Definition Verlauf Ursachen. 1 Einleitung und Begriffsbestimmung »Negative kommunikative Handlungen«... 6

Inhalt VII. Definition - Verlauf - Ursachen. 1 Einleitung und Begriffsbestimmung з. 2 Definitionen 5

Inhalt Inhalt. 2.1 Demenz Symptomatik und diagnostische Kriterien Diagnostische Methoden und Differenzialdiagnostik

Wege aus der Abhängigkeit

Psychosomatik. Erkennen - Erklären - Behandeln. Bearbeitet von Wolfgang Herzog, Johannes Kruse, Wolfgang Wöller

Bonner Evaluationsstudie (BEST) Zwischenauswertung PP und KJP Juli 2011

Zur Kooperation von Kinder- und Jugendpsychiatrie und Jugendhilfe

Qualitäts-Kompass 2014 AHG Klinik Münchwies Zentrum für Psychosomatische Medizin, Psychotherapie und Suchtmedizin

Inhaltsverzeichnis ł *,- ;

Stationäre Behandlung bei Pathologischem PC-/Internet-Gebrauch

Das Alter hat nichts Schönes oder doch. Depressionen im Alter Ende oder Anfang?

Depression und Angst. Komorbidität

Integration und Gesundheit Somatoforme Störungen und transkulturelle Psychotherapie

Ambulatorium St.Gallen

Termin: Mo., Psychosomatische Medizin / Psychotherapie 20. viele Altfragen! Frage 1:Somatisierungsstörung. Was ist falsch?

Medizinische Grundkenntnisse I 4 Medizinische Grundkenntnisse III Psychiatrische Falldarstellung ; 1.1.8; 4.1.1; 4.1.2; 4.1.4; 5.1.

Vorwort (Paulitsch, Karwautz) Geleitwort (Lenz) I Einführung (Paulitsch) Begriffsbestimmung Historische Aspekte...

Psychosomatische Rehabilitation

Junge Erwachsene Psychiatrie

Trends und Perspektiven in der (stationären) Psychiatrischen Rehabilitation. Chefarzt Prim.Dr. Georg Psota

Allgemeine Angaben der Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie

Sozialmedizinische Aspekte bei psychischen Erkrankungen - Weiterentwicklungsbedarf

B Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Teil I: Gerontologische Grundlagen und psychische Störungen im Alter 13

Inhaltsverzeichnis. Grundlagen der Verhaltenstherapie Wirksamkeit der Psychotherapie Geschichte der Verhaltenstherapie...

Psychische Komorbidität und Syndrome bei radioonkologischen Patienten - gibt es Unterschiede bei den einzelnen Tumorentitäten?

1 Herausforderungen der Gesellschaft Beutel ME, Gündel H, Herzog W, Kruse J, Schneider W

Psychiatrisch- Versicherungsmedizinisches für die Hausarztpraxis

1. Psychodynamische Theorie: Konfliktlehre, Objektbeziehungstherapie, Ich-Psychologie Frau Ludwig-Eckelmann Psychoanalyse; Einführung

Kooperationseinrichtungen

Zufrieden älter werden

Medizinische Rehabilitation bei Sucht und Komorbidität

Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Anlage zur Vereinbarung gemäß 118 Abs. 28GB V vom

4 Das Fachgebiet Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in der Versorgung... 55

Integration und Gesundheit Transkulturelle Psychiatrie/ Psychotherapie (J2)

Psychotherapeutische Praxis

P-AK Psychotherapeutische Abendklinik: Neue Versorgungsform für depressive Patienten

Einleitung. Lebensqualität. Psychosomatik. Lebensqualität bei Contergangeschädigten Kruse et al. Abschlussbericht Bundesstudie 2012

Vorwort Was ist Psychiatrie? Heute vorherrschendes Krankheitsmodell in der Psychiatrie... 17

Wege aus der Depression

Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters. Bezirksklinikum Ansbach

EINLADUNG ZUM INFO-APÉRO

Kognitive Verhaltenstherapie

1.1 Einführung Auswahl einer wirksamen Psychotherapie Klassische Verhaltenstherapie Von der Methoden- zur Störungsspezifität...

Innovative Versorgungskonzepte aus Sicht der Rentenversicherung: Klinische und wissenschaftliche Gesichtspunkte

Persönlichkeitsstörungen (exkl. Borderline) auf der Basis der psychodynamischen Persönlichkeitslehre

Syndromspezifische Hilfe oder Empfundene Gängelung?

Praxisübergreifende Dokumentation der Ergebnisqualität ambulanter Psychotherapie in Bayern: Erste Ergebnisse der Pilotstudie "QS-PSY-BAY"

Tagesklinik Witten für Psychiatrie und Psychotherapie

Traumatherapeutische Optionen in der Rehabilitation suchtkranker Patienten

PSYCHOSOMATIK. Fachklinik für Psychosomatik. Fachklinik für Innere Medizin, Kardiologie, Pneumologie und Stoffwechselerkrankungen

Wege aus der Depression- was hilft? Ambulante Psychotherapie

Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters. Bezirksklinikum Ansbach

Gesundheit im Blick! MediClin Klinik für Akutpsychosomatik am Hahnberg. Bad Wildungen. Prävention l Akut l Reha l Pflege

Vorwort Zusammenfassung Fragen... 31

Darüber hinaus werden im Logbuch die vorgeschriebenen Teilnahmen am Nacht /Wochenendrufbereitschaften dokumentiert. Tertial vom..

Abhängigkeitslinie. Klinik für Psychose und Abhängigkeit Spezialisiert auf die Therapie von Sucht mit Komorbidität

Eltern-Kind-Behandlung Bereich KJPD und Psychotherapie

339 / 530. B- Struktur- und Leistungsdaten der Organisationseinheiten/Fachabteilungen. Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Psychosomatische Medizin und Psychotherapie eine interessante berufliche Perspektive

Stellung der Psychotherapie im Krankenhaus

Psychosomatische Medizin. Klinikum am Europakanal Erlangen

Inhaltsverzeichnis. 1 1 Organische psychische Störungen (ICD-10 F0) 1.1 Diagnostik der Demenz. 1.2 Therapie demenzieller Syndrome. 1.

Sven Barnow, Harald J. Freyberger, Wolfgang Fischer und Michael Linden (Herausgeber)

Suizidalität und Migration

Im Folgenden erhalten Sie vertiefende Informationen über die einzelnen Bestandteile Ihrer Ausbildung.

Aus- und Weiterbildungsplan des St. Franziska-Stift (KH) 2. Hj.2018

Foto. HELIOS Klinik Bergisch-Land. Ambulante psychosomatische Rehabilitation

wer die Wahl hat, hat die Qual Tagesklinik oder Station?

IVV Arbeitsgemeinschaft saarländischer Ausbildungsinstitute SIAP

Behandlung von Jugendlichen

Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie

Inhalt. Vorwort zur zweiten Auflage Grundlagen Demenzen... 24

Wenn Figur, Gewicht und Aussehen im Mittelpunkt stehen. Spezialsprechstunde für Essstörungen PRIVATKLINIK FÜR PSYCHIATRIE UND PSYCHOTHERAPIE

Ausbildungsinhalte zum Arzt für Allgemeinmedizin. Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin

Facharztwissen Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie

Überlegungen zu einer am Versorgungsbedarf orientierten Psychotherapeutenausbildung

Mütter und Kinder in Krisen

5 JAHRE UNIVERSITÄTSKLINIK FÜR KINDER UND JUGENDPSYCHIATRIE, PSYCHOSOMATIK UND PSYCHOTHERAPIE

Psychologische Faktoren im Krankheitsverlauf. Myelomtage Heidelberg Patiententag

Dr. P. Grampp 1

Transkript:

Stationäre Psychotherapie Wann ist sie sinnvoll? M. Nickel

?

200 AU-Fälle 180 160 140 120 100 80 1994 1995 1996 1999 2000 2002 2004 2006 2008 2010 20012

40 35 Männer 40 35 Frauen 30 30 25 25 20 20 15 15 10 10 5 5 0 0 Neubildungen Herz/Kreislauf Psych. Erkrankungen Bewegungsorgane Neubildungen Herz/Kreislauf Psych. Erkrankungen Bewegungsorgane

Vorteile einer Großklinik Spezialisten aus vielen Bereichen breites Indikationsspektrum differenzierte Versorgungsstruktur

Patienten (Potreck-Rose et al., 1994; Tritt et al., 2003; Nickel et al., 2005; Tritt et al., 2005; Nickel et al., 2006) ca. 60% leben nicht in einer Partnerschaft ca. 67% weiblich ca. 41-43 Jahre alt ca. 5.5 Jahre mittlerer Krankheitsdauer ca. 80% psychotherapeutisch vorbehandelt Psychische Störungen bei körperlichen Erkrankungen, somatoforme-, Schmerz-, Essstörungen, Ängste und Depressionen (bei ), Erschöpfungszustände, reaktive und posttraumatische Störungen

Tritt et al., 2003; von Heymann et al., 2003; Zaudig und Konermann 2004; Nickel et al., 2005 F32 (depressive Episode) 15-23% F33 (rezidiv. depressive St.) 10-27% F34.1 (Dysthymia) 2-10% F40 (Agoraphobie) 2-10% F41 (Panikstörung) 4-10% F42 (Zwangsstörung) 3-11% F50 (Essstörungen) 7-10% F60 (Persönlichkeitsstörungen) 8-21%

Tritt et al., 2003; von Heymann et al., 2003; Zaudig und Konermann 2004; Nickel et al., 2005 F43.0 (akute Belastungsreakt.) 1.0% F43.1 (PTSD) 5.0% F43.2 (Anpassungsstörung) 21.0% F45 (Somatoforme Störungen) 24.0% F51 (n. o. Schlafstörungen) 1.0%

Indikationen Erschöpfungszustände Burn-out Schlafstörungen körperliche Funktionsstörungen seelischen Ursprungs Ängste und Depressionen, auch bei körperlichen Erkrankungen Somatoforme- und Schmerzstörungen Essstörungen Störungen nach Extrembelastungen, Ausnahmesituationen

Generell.. Patienten, (Zaudig, 2004; Nickel et al., 2005; Tritt et al., 2005, Nickel et al., 2006) die einer hoch dosierten multimodalen Psychotherapie bedürfen, wo Behandlung eine Kooperation mit anderen Fächern erfordert, die einer Herausnahme aus ihrem Milieu bedürfen, die ambulant nur schwer, oder nicht behandelt werden können

Genauer. ständige Überwachung vorgegebene Struktur schützender Rahmen Dichte/Intensität der Behandlung Versagen/Fehlen der ambulanten Therapie Abklärung, Begutachtung Art der Diagnose Spezialisierung multimodale Behandlung oft pathogenes Milieu Dekompensation, Schwere Komplexität, Komorbidität

Methodik der stationären Psychotherapie psychoanalytische Wurzeln verhaltenstherapeutisches Vorgehen multimethodal heute integrierte Konzepte, multimodales Vorgehen: *Einzel- und Gruppentherapie, * Co-Therapie * nonverbale Therapieverfahren, * Sozialtherapie * physikalische Therapie, * Milieutherapie Abstimmung, Informationsfluss

Voraussetzungen und Ziele Erfolgreiche Behandlung? - freiwillige Entscheidung - Motivation Ziele individuell verschieden, gemeinsam erarbeitet generell Selbstverantwortung Ausdrucks- und Konfliktfähigkeit Soziale Kompetenz

Behandlungsdauer - Einflussfaktoren variiert zwischen diagnostisch homogenen Gruppen (Borgart u. Meermann, 1999) Güte des Prozesserlebens bedeutsam für die Prognose (Nosper, 1999, 2008; Nickel et al., 2006) keine relevante Besserung in den ersten drei Wochen Sinnvolligkeit der Fortführung fraglich (Nosper, 1999, 2008; Rother u. Nickel, 2002) Dauer entscheidend ist die Güte der therapeutischen Beziehung, mehr als klinische Merkmale (Bassler et al., 1995; Rother u. Nickel, 2002; Grepmair et al., 2007) akute Störungen tendieren zur schnellerer Besserung (Kordy u. Kächele, 1995) negative soziale Kontexfaktoren (fehlendes soziales Netzwerk, Langzeitarbeitslosigkeit) längere Dauer (Klose et al., 2006) Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit als Ziel längere Dauer (Geiser et al., 2003) Anorexia Dauer abhängig vom Gewicht bei Aufnahme (Junge u. Ahrens, 1996) Persönlichkeitsstörungen zeitintensiv (Rother u. Nickel, 2002; Nosper, 2008)

Zweckmäßige Behandlungsdauer Dauer der Behandlung kein ausreichender Prädiktor für Ergebnis (Schauenburg et al., 2001; Fliege et al., 2002) vorab festgelegte Dauer strukturiert die Therapie mit, kann die symptomatische Besserung beschleunigen (Reister, 2000) Besserung verhältnismäßig größer in der ersten Phase (Kächele, 1990) zunehmende Dauer Kosten-Nutzen-Relation ungünstiger (Neeb et al., 2001) Sättigungsgrenze liegt bei ca. 12 Wochen, 9-12 erscheinen optimal, leichtere Fälle kürzer bei vergleichbarem Effekt (Neeb et al., 2001; Rother u. Nickel, 2002) zu kurze Dauer vermehrte Wiederaufnahmen (Richter, 2001; Rother u. Nickel, 2002) unabhängig von sonstigen Merkmalen erst ab 3 Wochen bedeutsame und stabile Effektstärken (Paar u. Gohrmann, 2000), jedoch nur bei 50% der Patienten (Nosper, 2002)

Effektivität Effektstärken 0.83-1.23 (Smith et al., 1994; Franz et al., 2000; Schauenburg et al., 2001; Leichsenring et al., 2002; Rudolf et al., Tritt et al., 2003; 2004; Geißer et al., 2004; Nickel et al., 2005, Nickel et al., 2006) poststationäre Krankheitskosten sinken um >36.0%, indirekte Kosten nach 2 Jahren um >35.0% geringer als vor der Therapie (Zielke et al., 1993; Hiller et al., 2004)

Hauptindikationen in Bad Aussee Allgemeine Psychosomatik Depressionen, Ängststörungen Zwangsstörungen Essstörungen Schmerzstörungen Psychoonkologie Psychokardiologie Gerontopsychotherapie Transkulturelle Psychotherapie

ICH LADE SIE EIN 10 jähriges Jubiläum Symposium am 7 8. Oktober 2016 Bis zu 20 Fortbildungspunkte, Eintritt frei Spannende Vorträge, go together am Abend