3D-Drucker für das Volk Vom Fabbing zur technischen Demokratie Niels Boeing Rethinking Business #02 Essen, 22. November 2007
Das Rückgrat dieser neuen Ökonomie besteht darin, dass wir unablässig und Schritt für Schritt zu einer Wirtschaftsform fortschreiten, in der wir unsere eigenen Produkte herstellen! Frithjof Bergmann
Übersicht 1 Die Lage heute 2 D.I.Y. 2.0 3 Evolution für Maschinen 4 Technische Demokratie
1 Die Lage heute Im Moment geht es darum, Nischen zu besetzen zum Beispiel bei der Fertigung von Implantaten oder Ersatzteilen. Rudolf Meyer, Fraunhofer-Allianz Rapid Prototyping
Fabber sind Spezialprodukte 1 Jährlicher Umsatz mit Rapid-Manufacturing-Geräten und -Dienstleistungen derzeit: ca. 1 Mrd. Verkaufte Geräte seit Anfang der 1990er: ca. 18.000 Marktanteil von 3D-Druckern ( Fabber ) 2006: 49,8 % Anteil von 3D-Druckern an Neugeräten 2006: 72,5 % Quellen: Wohlers-Report, Fraunhofer-Allianz Rapid Prototyping
Deja-vu 1 Fabbing ist da, wo Personal Computer Mitte der 1970er standen: Damals: Heute: Industrie-PC: Industrie-Fabber: IBM 5100 portable (1975) 3D Systems InVision LD (2007) 9.000 $ ca. 15.000 $ Apple II (1977) Desktop Factory 125i (2008) 1300 $ 5.000 $ PC als Selbstbausatz: Fabber als Selbstbausatz: Altair 8800 (1975) Fab@home, RepRap 400 $ ca. 2.000 $ Quellen: Blinkenlights Archaelogical Institue, Castle Island, Fab@home
2 D.I.Y. 2.0 Ziel ist, die Fabbing-Technologie in die Hände von neugierigen, kreativen und unternehmerischen Bürgern zu legen. Hod Lipson, Cornell University
Fabber für jedermann 2 Zwei universitäre Projekte arbeiten an einfachen 3D-Druckern zum Selbstbauen: 1. Fab@home (USA) 2. RepRap Model 1 (UK) Darwin Beide Modelle sind open source : Software und technische Dokumentation dürfen frei verwendet werden.
Was können Model 1 und Darwin? 2 Ziel ist: multi-material printing, exploratory material hacking and design innovation. (Hod Lipson) Beide Modelle verfügen derzeit über nur eine Düse. Model 1 verarbeitet auch metallhaltige Kunstharze, um Batterien oder Aktuatoren auszudrucken. Darwin verarbeitet nur Kunstharz. Das Folgemodell Mendel soll auch Multimaterialien drucken können. Quellen: Hod Lipson/Fab@home, Adrian Bowyer/RepRap
High-Tech-Werkstätten für jedermann 2 Neil Gershenfeld, MIT, hat das Konzept des Fab Lab entwickelt, eine Art Volks -Werkstatt mit: - Laserschneider - Wasserschneider - Fräsmaschine - Spritzgießmaschine - 3D-Drucker Kosten: min. 25.000 $ (ohne 3D-Drucker) Quelle: Neil Gershenfeld/Fab Central
how to build (almost) anything 2 Ziel ist: lokale Produktion auf hohem technischem Niveau sowie Aus- und Weiterbildung. Gebaut wird nach lokalem und nicht nach Marktbedarf. Fab Labs existieren bislang in: - USA (2) - Südafrika (2) - Ghana - Indien - Norwegen - Costarica
3 Evolution für Maschinen Der Personal Fabricator ist eine Maschine, die sich selbst bauen kann. Neil Gershenfeld, MIT
Selbstreplikation 3 Vorbild ist John von Neumanns Universal Constructor, eine theoretische Maschine, die Kopien ihrer selbst herstellt. Ein Universal Constructor enthält drei Komponenten: 1. Bauplan, 2. Konstruktionsapparat, 3. Kopiermechanismus. Eine sehr einfache Vorstufe sind Hod Lipsons Molecubes. Quelle: CCSL, Cornell University
Anpassungsfähigkeit 3 Die Evolutionäre Robotik will Maschinen entwickeln, die ihre Gestalt selbständig weiterentwickeln können. Entscheidend: 1. Wie kann die Maschine mit der Umwelt interagieren? 2. Wie kodiert man Wachstum? Bislang existieren nur einfache, meist virtuelle Konzepte, z.b. der Blockpusher von Josh Bongard. Quelle: Josh Bongard
3 Molekulare Fertigung Wie die Maschinerie biologischer Zellen sollen Nanomaschinen in einer Desktop Factory arbeiten. Grundidee: Eric Drexler. Quelle: Nanorex, John Burch
4 Technische Demokratie Eine RepRap-Maschine wird ein revolutionäres Eigentum an den Produktionsmitteln durch das Proletariat ermöglichen ohne den chaotischen und gefährlichen Revolutionskram. Adrian Bowyer, University of Bath
Technische Unmündigkeit überwinden 4 In der Renaissance kommt es zur Aufwertung der artes liberales (geistige Fähigkeiten) und zur Abwertung der artes illiberales (handwerkliche Fähigkeiten). Die Industrielle Revolution bringt die Trennung von produzierenden Maschinen und häufig ungelernter Arbeitskraft, von Produzenten und Konsumenten. Personal Fabrication soll diese Kluft überwinden.
Fabrication Divide überwinden 4 Die Fabrication Divide (Neil Gershenfeld) ist die Kluft zwischen hochindustrialisierten und technisch wenig entwickelten Gesellschaften. Beispiel: Der Maschinenpark der ägyptischen Textilindustrie, die immerhin ein Drittel des dortigen BIP erwirtschaftet, befindet sich zum größten Teil auf dem technischen Niveau der 1970er Jahre. Personal Fabrication soll lokale High-Tech-Produktion ermöglichen.
Lohnarbeit überwinden 4 Angesichts von Massenarbeitslosigkeit, Strukturwandel und Rationalisierung hat Frithjof Bergmann das Konzept der Neuen Arbeit entwickelt. Aus Lohnarbeiter-Konsumenten sollen selbstbestimmte Produzenten werden. Personal Fabrication ist das Produktionsmittel der Neuen Arbeit.
Was bedeutet Personal Fabrication für die Wirtschaft? Für die Personal Fabrication gibt es kein Geschäftsmodell. Neil Gershenfeld Dennoch gibt es Chancen für die alte Industrie: - PF braucht Werkstoffe. - PF braucht weiterhin Expertise also neue Dienstleistungen. - PF braucht weiterhin Maschinen und Teile.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Kontakt: nbo@bitfaction.com