Strahlenschutz am Teilchenbeschleuniger Am Teilchenbeschleuniger muss man sich vor allem vor Elektronen, Photonen und Neutronen schützen. Messung der Strahlung Es liegt nahe eine Größe einzuführen, die die durch die Ionisationswirkung absorbiert Energiemenge pro Masseneinheit angibt. Diese Größe nennt man absorbierte Dosis: absorbierte Energiemenge Joule D = 1 Gray( Gy) = 1 Masseneinheit kg Diese Größe ist jedoch kein Maß für den biologischen Schaden von Strahlung. Dieser hängt nämlich von der Art der Strahlung und deren Energie ab. Man führt deshalb die Equivalenzdosis ein. H T = ω R DR ω -Gewichtungsfaktor, der die Art der Strahlung berücksichtigt R Hierbei wird die absorbierte Dosis mit einem Teichchenspezifischen Gewichtungsfaktor multipliziert. Der biologische Schaden hängt außerdem von der Art des bestrahlten Gewebes ab. Man führt deshalb Gewichtungsfaktoren für verschiedene Organe ein. Die Effektive Dosis berücksichtigt diese. E = w H w T - Gewichtungsfaktror, der das bestrahlte Organ berücksichtigt T T Die Gewichtungsfaktoren Der Gewichtungsfaktor, der von der Strahlenart und deren Energie abhängt lässt sich durch die unterschiedliche Wechselwirkung mit Materie begründen. Elektronen geben ihre Energie über Stöße mit Hüllenelektronen an die Materie ab. Dies wird durch die Bethe-Bloch-Formel beschrieben. Elektronen können auch durch Bremsstrahlung Energie abgeben. Dieser Effekt ist jedoch erst bei Energien jenseits einer kritischen Energie 800MeV Von etwa E C = dominant. Z + 1,2 Photonen unterliegen je nachdem welche Energie sie haben einem der drei folgenden Prozesse : Photoeffekt: Ein Elektron wird durch Absorption des Photons aus der Atomhülle ausgeschlagen Comptoneffekt: Das Photon streut an einem freien Elektron und überträgt dabei einen Teil seiner Energie auf dieses. Paarbildung: Hat das Photon eine Energie von über 1,02 MeV kann es in der Nähe des Kers zu einem Elektron-Positron-Paar werden. Es entstehen also Elektronen. Aus diesem Grund unterscheiden sich die Gewichtungsfaktoren für Elektronen und Photonen nicht. Neutronen dagegen unterliegen keiner elektromagnetischen Wechselwirkung. Sie stoßen mit den Protonen in der Materie. Dabei übertragen sie einen Teil ihrer Energie auf sie. Die Protonen geben die so gewonnene Energie durch Stöße mit den Hüllenelektronen an die Materie ab. Dieser Vorgang wird wieder über die Bethe-Bloch-Formel beschrieben. Im Diagramm ist der Energieverlust nach der Bethe-Bloch-Formel für Teilchen verschiedener Masse über die Energie aufgetragen.
α Energie Man sieht, dass Elektronen ihr Minimum in der Ionisationswirkung schon bei deutlich geringeren Energien erreichen als Protonen. Der biologische Schaden hängt aber direkt mit der Ionisationswirkung zusammen. Aus diesem Grund gewichtet man Neutronen fünf bis zwanzig mal höher als Photonen und Elektronen. Der biologische Gewichtungsfaktor ist darauf zurückzuführen, dass manches Gewebe bei gleicher Strahlung weniger Schaden nimmt als anderes. Der Grund hierfür liegt in der Häufigkeit der Zellteilungen im Gewebe. Denn bei der Teilung ist eine Zelle besonders anfällig für Schäden. Dies liegt daran, dass sich die Doppelhelix der DNA bei der Zellteilung aufwindet und in jeder neuen Zelle den zweiten Strang wieder neu bilden muss. Trifft nun Strahlung auf die aufgewundene DNA kann diese Bindungen lösen. Der Strang bricht ab. In der neuen Zelle liegt dieser Teil der DNA also fehlerhaft oder gar nicht vor. Im Besten fall stirbt die betroffenen Zelle. Es kann aber auch zu Krebs und genetischen Veränderungen kommen. Wo sind wir Strahlung ausgesetzt: Vom Gestein geht eine natürliche Strahlung aus. Auch ein Teil der kosmischen Strahlung erreicht uns. Aber die Dosis an Strahlung erhöht sich, wenn wir in ein Flugzeug steigen, oder medizinische Untersuchungen wir Röntgen oder Computertomographie gemacht werden. Die typische Jahresdosis liegt etwa bei 3-4mSv. Wie kann man sich vor Strahlung schützen? Im Gesetz sind Grenzwerte festgesetzt, die nicht überschritten werden dürfen. Man orientiert sich dabei an der natürlichen Strahlendosis. Für berufstätige gilt ein oberster Grenzwert von 20mSv pro Jahr. Für die Gefährdung durch Strahlung gilt jedoch, dass es keinen Grenzwert gibt unter dem kein Schaden entstehen kann. Deshalb richtet man sich nach dem Alara-Prinzip: As Low As Reasonably Achievable.
An einem Elektronenbeschleuniger wie MAMI in Mainz treten neben der Primärstrahlung noch weitere Strahlungsarten auf: Als Sekundärstrahlung sind insbesondere Photonen zu erwähnen, die als Bremsstrahlung entstehen. Dabei werden Elektronen an Kernen abgebremst und strahlen Photonen ab. Das Spektrum der Bremsstrahlung weist dabei im Wesentlichen eine relativ konstante Leistung über den gesamten Energiebereich bis zur Gesamtenergie des einfallenden Elektrons auf. Der Effekt der Synchrotronstrahlung ist bei MAMI (Maximalenergie momentan 855 MeV) sehr gering, typische Photonen-Energien liegen im Bereich von 1 kev. Die Bremsstrahlungsphotonen erzeugen ihrerseits weitere Teilchen: Bei hohen Energien dominiert der Effekt der Paarbildung, so dass aus einem Photon ein Elektron und ein Positron entstehen, die jeweils wieder Bremsstrahlung emittieren können. Man spricht in diesem Zusammenhang vom elektromagnetischen Schauer, bei dem aus einem hochenergetischen Ausgangteilchen eine große Anzahl von niederenergetischen Teilchen entsteht. Der EM- Schauer ebbt ab, wenn der Energieverlust für Elektronen und Positronen durch Bremsstrahlung kleiner wird, als der Energieverlust durch Kollisionen. Dies geschieht ab der sog. kritischen Energie E C Eine empirische Formel für die kritische Energie ist: Man muß allerdings beachten, dass die Dosis nicht sofort mit Beginn der Abschirmung abfällt, sondern im Gegenteil zunächst ansteigt. Dies ist durch eine wesentlich höhere Anzahl ionisierender Teilchen zu erklären, die trotz geringerer Energie jeweils etwa die gleiche Ionisierung erzeugen, wie ein einlaufendes hochenergetisches Teilchen.
Ein Zusammenhang zwischen der Restenergie eines Elektrons, das eine Strecke x in Materie durchlaufen hat, ist mit gegeben, wobei man L als Strahlungslänge bezeichnet. Je nach Material ist L verschieden groß, Extrembeispiele wären L=300 m für Luft und L=5,6 mm für Blei. Aus den Bremsstrahlungs-Photonen entstehen aber noch weitere Teilchen: Besondern durch die sog. Riesenresonanz und die Pion-Produktion werden Neutronen erzeugt. Diese sind wegen fehlender Ladung schwer abzuschirmen; nur durch Stöße mit Atomkernen verlieren die Neutronen wesentlich an Energie. Dabei folgt schon aus klassischen Überlegungen, daß der Stoßpartner am besten eine ähnliche Masse haben sollte, um einen großen Energieverlust des Neutrons zu ermöglichen. Deshalb sind bei Neutronen mittlerer Energie Wasser und Paraffin (CH 2 ) gute Neutronenmoderatoren. Für hochenergetische Neutronen wird allerdings die Dichte des abschirmenden Matrials immer wichtiger, so dass Blei das Material der Wahl ist. Eine weitere Strahlungquelle am Teilchenbeschleuniger sind radioaktive Nuklide, die durch Beschuß mit Strahlung entstehen können. Je nach Targetmaterial können sich verschiedene Radioisotope bilden, darunter auch sehr langlebige wie z.b. 60 Co (t = 5,27a) aus Stahl. Insgesamt ist die Strahlung durch Radionuklide jedoch (noch) von geringerer Bedeutung für MAMI. Welche Strahlendosis würde man nun erhalten, wenn man ungeschützt vom Strahl getroffen würde? Wenn man konservativ von maximaler Elektronenenergie und maximale Strahlstmrom ausgeht, der zu 1% absorbiert wird, erhält man bei MAMI in einer Sekunde eine Dosis von etwa: D = E/m = P*1s/m=U*I*1s/m=855MV*100μA*1%*1s/85kg = 10 Sv Um die Strahlendosis zu verringern, muss man den Strahl also abschirmen. Um die Effekte der Abschirmung, der Strahlenart und der Geometrie zu berechnen, verwendet man folgende Formel, die die sog. Ortsdosisleitung in Sv/h angibt: Hierbei ist I/e die Anzahl der Elektronen pro Sekunde, die aus dem Strahl austreten, d ist der Abstand zum Strahl in cm, m Fl ist die Massenbelegung der Abschirmung, S ist der sogenannte Quellterm, der per Computermodell ausgerechnet wird und von Energie und Winkel abhängt, und λ ist die Abschwächungskonstante, die von Strahlungsart und Energie abhängt. Obwohl sie eine relativ niedrige Quellstärke haben, sind schnelle Neutronen (aus der Pionenproduktion entstanden) die gefährlichste Komponente der Strahlung, da sie eine sehr
große Abschwächungskonstante haben (mehr als Faktor 2 im Vergleich zur elektronmagnetischen und Riesenresonanz-Komponente). Als Beispiel wird die ODL in der Verladehalle West berechnet, die an die Halle von MAMI-C angrenzt. Man nimmt I mit 100μA an, und geht von einem Strahlverlust von 0,1% aus. S erhält man zu 1,35*10-12 Sv*cm², d ist 440cm. Für die Massenbelegung wird konservativ eine Dichte von 3 g/cm³ angenommen, bei 2m dicken Wänden sind das m Fl =600 g/cm². Für schnelle Neutronen bei 90 Austrittswinkel wird λ=106 g/cm² angesetzt. Für diese Daten erhält man eine ODL von ca. 54 μsv/h, mit nur 1m dicken Beton wären es schon ca. 900 μsv/h. Diese Dosis stellt ein überschaubares Risiko dar, trotzdem sperrt man die Verladehalle West, wenn der Strahl eingeschaltet ist. Die wichtigsten Konsequenzen aus den Überlegungen zum Strahlenschutz sind: 1. In der Strahlzeit darf kein Mensch in den Hallen sein, wo der Strahl entlang läuft! 2. In der Umgebung muss eine genügend starke Abschirmung garantiert sein!