Predigttext: Jakobus 5, Sich ganz in die Arme Gottes werfen! Stephan von Twardowski

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Transkript:

Predigt am Sonntag, den 14. Oktober 2012 Gottesdienst am 19. Sonntag nach Trinitatis (Evangelisch-reformierte Gemeinde in Braunschweig, Bartholomäuskirche) Predigttext: Jakobus 5, 13-16 Sich ganz in die Arme Gottes werfen! Stephan von Twardowski Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen. Liebe Geschwister der Evangelisch-Reformierten Gemeinde in Braunschweig, liebe Geschwister der Evangelisch-methodistischen Kirche in Braunschweig, was trauen wir unserem christlichen Glauben heute noch zu? Was trauen wir unserem eigenen Glauben in dieser komplexen Welt noch zu? Was trauen wir Gott in einer Welt zu, in der wir gelernt haben, wunderbar auch ohne Gott leben zu können? Hat unser Glauben mit unserem Leben zu tun? Kommt unser Glauben in unserem Alltag vor? Ist der Glaube nur für den sonntäglichen Kirchgang wirklich bedeutend? In unserer übertechnisierten Welt von heute, in der ich scheinbar immer nur das richtige App benötige, um mir alle meine Fragen beantworten und meine Bedürfnisse erfüllen zu können; in dieser Welt erlebt die Suche der Menschen nach Religion also nach dem Sinn des Lebens wieder größeren Zuspruch. An uns Kirchen scheint dies jedoch oft vorbeizugehen. Was suchen die Menschen? In der komplexen Welt von heute scheint vor allem die Frage nach dem persönlichen Sinn des Lebens; nach dem persönlichen Seelenheil; der Innerlichkeit entscheidend. Wo gibt es persönliche Orte der Ruhe und des inneren Friedens? Was ist gut für meine persönliche Seelenhygiene? Wo gibt es einfache und klare Antworten für meine Frage nach dem Sinn des Lebens? Ist die Frage nach dem Sinn nur auf mein Inneres bezogen oder hat es etwas mit meinem Leben in dieser Welt zu tun? 1

Hat unser Glauben wirklich mit der täglich erlebten Vielfalt und der Mehrdimensionalität des Lebens zu tun? Können wir unseren Glauben mit der Vielfalt unseres eigenen Lebens und der Komplexität der Welt überhaupt konfrontieren? Der für den heutigen Sonntag vorgesehene Predigttext bietet eine Denkrichtung hinsichtlich dieser vielen Fragen an. In dem Jakobusbrief finden wir im 5. Kapitel die folgenden Verse: 13 Leidet jemand unter euch, der bete; ist jemand guten Mutes, der singe Psalmen. 14 Ist jemand unter euch krank, der rufe zu sich die Ältesten der Gemeinde, dass sie über ihm beten und ihn salben mit Öl in dem Namen des Herrn. 15 Und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen, und der Herr wird ihn aufrichten; und wenn er Sünden getan hat, wird ihm vergeben werden. 16 Bekennt also einander eure Sünden und betet füreinander, dass ihr gesund werdet. Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist. Der Jakobusbrief war nicht wie die Briefe des Paulus an eine bestimmte Gemeinde gerichtet, sondern die Adressaten waren verschiedene Gemeinden und Christen oder, wie es zu Beginn des Briefes vermerkt ist: an die zwölf Stämme in der Zerstreuung (Jakobusbrief 1, 1). Es gab offensichtlich zur Zeit der Abfassung des Briefes bereits viele Gemeinden in ganz unterschiedlichen Regionen mit sehr unterschiedlichen Herausforderungen. Dem Autor des Briefes geht es darum, die Gemeinschaft der Menschen, die Jesus nachfolgen und einer christlichen Gemeinde angehören, in ihrer Vielfalt und Unterschiedlichkeit zusammenzuführen. Er bietet Vorschläge für das gemeinsame Leben im Glauben und für die Gemeinschaft der Christinnen und Christen. Es sind Vorschläge, die keineswegs über die vorhandenen Spannungen und Auseinandersetzungen hinweg schauen sollen. Vielmehr wird der Glauben an Gott direkt mit der erlebten Wirklichkeit konfrontiert. Es geht um den realistischen Glauben in der Welt. Glaube so will es der Jakobusbrief deutlich machen ist auf das ganze Leben ausgerichtet. Glaube ist das Leben aus Gottes Hand zu empfangen und das Denken und Tun auf Gott auszurichten. Wie ein Bauer auf die kostbare Frucht der Erde wartet (Jakobus 5, 7), um diese dann ernten zu können, sollen sich die Christinnen und Christen nach dem Jakobusbrief geduldig auf Gott und Sein Kommen ausrichten. Dieses Warten zeichnet sich durch eine Weitherzigkeit und durch Langmut aus. 2

Ja, es führt sogar und davon weiß der Jakobusbrief zu berichten durch Zeiten des Leidens hindurch, weil es eben mit der Wirklichkeit des Lebens zu tun hat. Und der Jakobusbrief fordert seine Leser heraus: Wendet euch mit eurem ganzem Leben an Gott! Macht ernst mit Gott, in dem eure Leiden und eure Freuden einen Platz haben in eurer Beziehung zu Gott. Die Beziehung zu Gott wir im Gebet lebendig: 13 Leidet jemand unter euch, der bete; ist jemand guten Mutes, der singe Psalmen. 14 Ist jemand unter euch krank, der rufe zu sich die Ältesten der Gemeinde, dass sie über ihm beten und ihn salben mit Öl in dem Namen des Herrn. Im Gebet drückt sich der Mensch als ein Geschöpf Gottes aus. Im Gebet wird dem Jakobusbrief zufolge Gott als Erhalter in allen erfahrenen Lebenssituationen angesprochen: in der Unterdrückung, in Krankheit, in allen Verworrenheiten und Unzulänglichkeiten des Lebens und in allen Fragen und allem Zweifel (Vgl. Predigtmeditationen im christlichjüdischen Kontext, Zur Perikopenreihe IV, hrsg. von Studium in Israel e.v., Wernsbach 2011, 339-344). Die Freude und die Schmerzen, der Dank und die Bitte, das Lachen und das Weinen, das Schreien und der Jubel. Für Jakobus hat alles seinen Ort im Gebet vor Gott. Er konfrontiert uns mit einem umfangreichen Vertrauen in das Gebet. Wenn jemand krank ist, soll dieser sogar die Ältesten aus der Gemeinde um das gemeinsame Gebet und um die Ölsalbung bitten. Olivenöl galt in der damaligen Zeit als ein besonderes Heilmittel. Jakobus geht von einer medizinisch-therapeutischen Wirkung des Öls aus. Er verschreibt also keine neue, vielleicht halbmagische Heilsweise. Vielmehr stellt er ein verbreitetes Verfahren bei der Versorgung bei Krankheiten in das Licht des Namens Gottes. Das Gebet hat hier die Funktion der Fürbitte durch die Ältesten der Gemeinde. Nicht geht es hier also um eine Wunderkur, noch haben die Ältesten eine besondere Mittlerfunktion. Gott bleibt im Zentrum. Er ist der Handelnde. Er rettet; Er richtet die Kranken wieder auf davon ist Jakobus fest überzeugt. Der Jakobusbrief hat ein ganzheitliches Bild vom Menschen vor Augen. Sowohl Krankheiten, als auch die Verstrickung in Schuld bedürfen der Befreiung und der Heilung. Deshalb kann und soll beides vor Gott gebracht werden. Gott kann befreien und erneuern. Die Gemeindeglieder werden eingeladen sich gegenseitig die Verstrickung und die Schuld zu bekennen. Sie können sich gegenseitig zu Seelsorgern werden. Sie werden aufgefordert füreinander zu beten. Jakobus traut dem Gebet und Gottes Wirken sehr viel zu. Aber das Gebet ist für ihn in keiner Weise Weltflucht oder der Rückzug ins Innerliche. Vielmehr wird durch seine weiteren 3

Überlegungen klar: Das Gebet erfüllt nicht jede Bitte. Dem Beter bleiben Sünde, Krankheit und Tod nicht erspart. Für den Jakobusbrief gehört das Gebet nicht allein zum Innerlichen des Menschen. Es erfasst vielmehr den ganzen Glauben und das ganze Leben. Es gehört mitten in das Zusammenleben der Gemeinde und hat somit zentrale Bedeutung für die Gemeinschaft im Glauben. Das Gebet gehört für den Jakobusbrief zum Leben und ist damit nicht vom aktiven Handeln zu trennen. Spricht dieser Brief des Jakobus auch für uns heute? Können wir ihn auch als ein Schreiben an die Evangelisch-reformierte Gemeinde in Braunschweig oder an die Evangelischmethodistische Kirche in Braunschweig lesen? Tatsächlich konfrontiert uns der Brief mit der Frage, welche Bedeutung der Glaube in der heutigen Welt hat. Hat unser Glaube mit der erlebten Wirklichkeit etwas zu tun? Der Jakobusbrief stellt uns vor eine entscheidende Herausforderung: Glauben ist dann lebendig, wenn wir unser ganzen Leben mit hinein nehmen in die Beziehung zu Gott. Wir können nichts vor Gott aussparen. Mit unseren Fragen und Zweifeln, unseren Freuden und Hoffnungen, unseren Sorgen und Ängste, unseren Erfolge und Misserfolge, unserer Ratlosigkeit, unserer Erfahrungen und unseren Aufgaben und Ziele so stehen wir vor Gott. Im Glauben geht nicht allein um die innere Seelenhygiene, sondern um das Leben mitten in der Welt mit all den komplexen und vielseitigen Fragen und Herausforderungen. Es geht nicht um einfache und klare Antworten, sondern wir wenden uns mit all unseren Fragen und unseren Antworten an Gott. Ich glaube, dass dies heute eine zentrale Herausforderung für unsere Gemeinden ist. Ich glaube, dass wir erst mitten in dieser vielschichtigen und komplexen Welt lernen können wirklich zu glauben. Unser Glauben kann und darf dies nicht aussparen. Ich glaube, dass wir uns gerade in Sachen des Glaubens nicht mit einfachen Antworten zufrieden stellen können. Ich glaube, dass wir erst in Gemeinschaften im gegenseitigen Helfen und Unterstützen wirklich glauben lernen. Ich glaube, dass wir erst glauben lernen, wenn wir uns mit allem, was wir sind und haben an Gott wenden. Ich glaube, dass wir erst glauben lernen, wenn wir mitten in unserem Umfeld beginnen, Hoffnung zu schöpfen und zu leben; wenn wir uns durch die Menschen, die uns Gott gegenüber stellt befreien, verändern und erneuern lassen. Dass das Hinausgehen und Handeln in der Welt und mit den Menschen zum Glauben gehört das verbindet die Reformierten und die Methodisten auf besondere Weise. Die Reformierten 4

haben stets nach dem konkreten Bekenntnis mitten in den Herausforderungen der Zeit gesucht. Die Barmer Theologische Erklärung von 1934 gegen die Gleichschaltung der Kirche und gegen das Führerprinzip oder der Widerstand gegen die Apartheid in Südafrika sind nur zwei von vielen Beispielen, in denen die reformierten das konkrete Bekenntnis und das Handeln in der Welt miteinander verbunden haben. Für Methodisten erwuchs aus dem Glauben an Gott stets das Leben mit und für Menschen in ihrem Umfeld. Sie setzen sich für die Rechte von Arbeitern ein, besuchten Menschen im Gefängnis und wandten sich gegen die Sklavenarbeit. Mitten in der Welt glauben und handeln lernen darauf kommt es auch heute an. Gott lädt uns ein, unser ganzes Leben in seine Hände zu legen. Wir dürfen aus Ihm heraus und zu Ihm hin leben. Mit dem Gebet beginnt die lebendige Gottesbeziehung. Mit dem Gebet lassen wir uns darauf ein, auf Gottes befreiendes, erneuerndes und veränderndes Handeln mitten in unserem Leben. So werfen wir uns mit unserem ganzen Leben in die Arme Gottes. Und der Friede Gottes, der höher ist als alle menschliche Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen. 5