Grenzen der Kalkulationsfreiheit. Grundlage: Rechtsgeschäft Bauvertrag Preisanpassung: BGB-Bauvertrag

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Transkript:

Grenzen der Kalkulationsfreiheit Die jüngste Rechtsprechung des BGH zur Sittenwidrigkeit überhöhter Vertragspreise Prof. Stefan Leupertz Schiedsrichter, Schlichter und Adjudikator Richter am Bundesgerichtshof a. D. Preisanpassung: BGB-Bauvertrag Veränderung des Bauziels (Bauentwurfsänderungen) h. M.: Kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Bestellers Folge: Rechtsgeschäftliche Einigung über geänderten Leistungsumfang erforderlich Grundsatz: Vergütungsvereinbarung nach 631 Abs. 1 BGB 632 Abs. 1 BGB: Keine Vergütungsvereinbarung erforderlich 632 Abs. 2 BGB: Keine Vergütungsvereinbarung = Übliche Vergütung Fortschreibung der Vertragspreise nur bei entsprechender Vertragsabrede (Auslegung) Preisanpassung: BGB-Bauvertrag Preisanpassung: VOB/B-Vertrag Zusätzlich erforderliche Leistungen Leistungen sind geschuldet (Funktionalitätserwartung) Keine rechtsgeschäftliche Anordnung des Bestellers erforderlich; lediglich (rechtsgeschäftliche) Auswahlentscheidung Zusätzliche erforderliche Leistungen sind nicht gesondert verpreist Folge: Äquivalenzstörung Folge: Anpassung der Vergütung nach 313 Abs. 2 BGB Maßstab ungeklärt: Vertragspreise oder Üblichkeit Bauentwurfsänderungen 1 Abs. 3 VOB/B: Einseitiges Leistungsänderungsrecht des Bestellers Folge: Preisanpassung nach Maßgabe 2 Abs. 5 VOB/B Folge: Neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten Folge: Fortschreibung der vom Unternehmer kalkulierten Vertragspreise (h. M.) 1

Preisanpassung: VOB/B-Vertrag Preisanpassung: Zwischenergebnisse Zusätzlich erforderlich werdende Leistungen 1 Abs. 4 VOB/B: Auszuführen auf (einseitiges) Verlangen des Bestellers (auch Bauentwurfsänderung) Folge: Preisanpassung nach Maßgabe 2 Abs. 6 Nr. 2 VOB/B Folge: Vergütung für nicht vorgesehene Leistungen nach den Grundlagen der Preisermittlung für die vertraglichen Leistung und der besonderen Kosten der geforderten Leistung Folge: Fortschreibung der vom Unternehmer kalkulierten Vertragspreise (h. M.) BGB-Bauvertrag Das Werkvertragsrecht kennt keinen Grundsatz Preisanpassung durch Fortschreibung der Vertragskalkulation Maßstab: Preisvereinbarung oder übliche Preise VOB/B-Vertrag Fortschreibung der Vertragspreise aus der Urkalkulation gemäß 1 Abs. 3, 4; 2 Abs. 5, 6 VOB/B Bemessungsgrundlagen Preisanpassung Preisanpassung auf Basis der Vertragskalkulation Bemessungsgrundlagen Preisanpassung Preisanpassung auf Basis der Vertragskalkulation Berechnung von Nachträgen: Preisermittlungsgrundlagen Kalkulatorische Preisermittungssystematik Preisniveau des Hauptvertrages Problemlage beim VOB/B-Vertrag Bildung und Fortschreibung spekulativer Baupreise Ziel Aufrechterhaltung des Wettbewerbs durch Fortschreibung des vertraglichen Preisniveaus 2

Grenzen der kalkulatorischen Preisfortschreibung Vier BGH-Entscheidungen Vertragspreisniveau BGH, Urt. v. 07. 03. 2013 VII ZR 68/10 BGH, Urt. v. 14. 03. 2013 VII ZR 116/12 Sanierung Bundesstraße VOB/B-Einheitspreisvertrag Positionen u. a. Grundhafter Neuausbau Nur Deckenerneuerung Beide: Asphaltbinder und Asphalttragschicht Preise Grundhafter Neuausbau = ungünstig für AN Preise Deckenerneuerung = günstig für AN Anordnung AG: Einzelne Streckenabschnitte Grundhafter Neuausbau anstelle Deckenerneuerung Abrechnung nach 2 Nr. 5 VOB/B: Mehraufwand Grundhafter Neuausbau mit Preisen > Urkalkulation Vertragspreisniveau Vertragspreisniveau Gehen die Parteien übereinstimmend davon aus, dass die Berechnung des neuen Preises im Wege einer Fortschreibung der dem Vertrag zugrunde liegenden Kalkulation des Auftragnehmers (und nicht anhand tatsächlicher oder üblicher Kosten) zu erfolgen hat, ist das Gericht daran gebunden. Maßstab für Preisfortschreibungsregeln: Übereinstimmendes Parteiverständnis Hier: 2 Nr. 5 VOB/B = kalkulatorischen Preisfortschreibung Folge: Keine inhaltliche Überprüfung Regelungsgehalt 2 Nr. 5 VOB/B durch BGH Folge: Keine Inhaltskontrolle ( 307ff. BGB) durch BGH Die Ermittlung der Vergütung für eine geänderte Leistung erfolgt in diesem Fall in der Weise, dass - soweit wie möglich - an die Kostenelemente der Auftragskalkulation angeknüpft wird. Abzustellen ist dabei grundsätzlich auf die Auftragskalkulation der geänderten Position. Preisfortschreibung durch Anknüpfung an Kostenelemente der Auftragskalkulation Maßstab in erster Linie: Die geänderte Leistungsposition Durch die Änderung nicht betroffene Kostenelemente bleiben grundsätzlich unverändert Folge: Neu zu bildender (Einheits-) Preis nach den Kostenansätzen in der Kalkulation für die die geänderte Position 3

Preisfortschreibungsregeln / Vertragspreisniveau Eine Bezugsposition ist heranzuziehen, wenn die Auftragskalkulation die Kostenelemente nicht enthält, die aufgrund der Änderung der Leistung nunmehr für die Preisbildung maßgebend sind. Heranziehung Bezugspositionen zur Sicherung des Vertragspreisniveaus grundsätzlich zulässig Keine Heranziehung Bezugsposition zulässig für Kostenelemente, die in der geänderten Leistungsposition enthalten sind Hier: Asphalttragschicht = Mengenmehrung Rückgriff auf andere Position LV dient der Sicherung des Vertragspreisniveaus Durch die Änderung nicht betroffene Kostenelemente bleiben unverändert Maßstab für Vertragspreisniveausicherung: Kostenelementebene Vorteile AN durch unterschiedliche Kalkulation gleichartiger Leistungen sollen erhalten bleiben; insbesondere: Deckungsbeiträge Folge: Keine schematische Heranziehung von Bezugspositionen unter Heranziehung des sog. Vertragspreisniveaufaktors Regenrückhaltebecken VOB/B-Vertrag Positionen Kalkulation 200 kg Betonstahl - 2.210 DM/kg 100 kg Betonstahlmatten - 2.210 DM/kg Üblicher Preis nach SV: 2,47 DM/kg Tatsächlicher Bedarf durch geänderte Statik: 1.429,20 kg Betonstahl 302,50 kg Betonstahlmatten Anspruch auf Mehrvergütung für 110 % der Ausgangsmengen überschreitende Mehrmengen 2.045,15 DM/kg Insgesamt 3.325.340,38 DM Steht der nach 2 Nr. 3 Abs. 2 oder 2 Nr. 5 VOB/B neu zu vereinbarende Einheitspreis für Mehrmengen in einem auffälligen, wucherähnlichen Missverhältnis zur Bauleistung, kann die dieser Preisbildung zugrunde liegende Vereinbarung sittenwidrig und damit nichtig sein. Offen gelassen: 2 Nr. 3 oder 2 Nr. 5 VOB/B (Kläger verlangt Mehrvergütung nur für Mengen > 110 %) Vermutung für sittenwidrige Gesinnung bei überhöhten Preisen, die in einem auffälligen Missverhältnis zur Gegenleistung stehen Anknüpfungspunkt für Vermutung: Ausnutzung der Preisfortschreibungsregeln VOB/B Vermutung: AN nutzt Wissensvorsprung aus und spekuliert darauf, dass AG die auf erwartete Mehrmengen ausgerichtete Preisgestaltung nicht erkennt. Ist der nach 2 Nr. 3 Abs. 2 oder 2 Nr. 5 VOB/B zu vereinbarende Einheitspreis für Mehrmengen um mehr als das Achthundertfache überhöht, weil der Auftragnehmer in der betreffenden Position des Leistungsverzeichnisses einen ähnlich überhöhten Einheitspreis für die ausgeschriebene Menge angeboten hat, besteht eine Vermutung für ein sittlich verwerfliches Gewinnstreben. Diese Vermutung wird nicht dadurch entkräftet, dass der Auftragnehmer in anderen Positionen unüblich niedrige Einheitspreise eingesetzt hat. Ein derartig spekulatives Verhalten des Auftragnehmers ist nicht schützenswert. Konsequenz: Auch den günstigsten Bieter kann der Vorwurf treffen, er habe sittenwidrig überhöhte (Einheits-) Preise vereinbart. Offen gelassen: Korrektur besonders niedriger Preis? 4

BGH, Urt. v. 07. 03. 2013 VII ZR 68/10 Leitsatz d) An die Stelle der nichtigen Vereinbarung über die Bildung eines neuen Preises auf der Grundlage des überhöhten Einheitspreises tritt die Vereinbarung, die Mehrmengen nach dem üblichen Preis zu vergüten. Konsequenz: Bis 110 % der Ausgangsmenge = kalkulierter Vertragspreis Über 110 % = üblicher Preis Trockenbauarbeiten VOB/B-Einheitspreisvertrag Positionen Kalkulation 50 Wanddurchführungen 67,99 /St Üblicher Preis nach SV: 9,64 /St Überhöhung um das Achtfache Nach tatsächlichem Bedarf ohne Anordnungen/Verlangen AG ausgeführte Leistungen 4.725 Wanddurchführungen Anspruch auf Mehrvergütung nach 2 Nr. 6 VOB/B 4.725 x 65,50 netto Insgesamt 359.005 BGH, Urt. v. 07. 03. 2013 VII ZR 68/10 Steht die nach 2 Nr. 6 Abs. 2 VOB/B zu bestimmende Vergütung für im Vertrag nicht vorgesehene Leistungen, die zur Ausführung der vertraglichen Leistung erforderlich werden, in einem auffälligen, wucherähnlichen Missverhältnis zu diesen Leistungen, kann die der Preisbildung zugrunde liegende Vereinbarung sittenwidrig und damit nichtig sein. Leistungen ohne Auftrag nach 2 Nr. 8 Abs. 1 Satz 1 VOB/B sind auch die nicht vereinbarten Leistungen im Sinne von 1 Nr. 4 VOB/B. Nicht vereinbarte Leistungen isd 1 Nr. 4 VOB/B sind solche Leistungen, die für die vertragsgerechte Herstellung der Bauleistung erbracht werden müssen, aber weder ausgeschrieben noch bepreist waren. Der AG kann solche Leistungen verlangen ; dann Preisfortschreibung nach 2 Nr. 6 VOB/B Fehlt die Forderung : Vergütungsanspruch aus 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 VOB/B durch nachträgliche Anerkennung Folge: Preisfortschreibung nach 2 Nr. 6 Abs. 2 VOB/B Fortführung der Entscheidung VII ZR 201/06 für 2 Nr. 6 VOB/B BGH, Urt. v. 07. 03. 2013 VII ZR 68/10 Beträgt die nach 2 Nr. 6 Abs. 2 VOB/B zu bestimmende Vergütung nahezu das Achtfache des ortsüblichen und angemessenen Preises, kann ein auffälliges Missverhältnis vorliegen. Ein auffälliges Missverhältnis ist nur dann wucherähnlich, wenn der aufgrund dieses auffälligen Missverhältnisses über das übliche Maß hinausgehende Preisanteil sowohl absolut gesehen als auch im Vergleich zur Gesamtauftragssumme in einer Weise erheblich ist, dass dies von der Rechtsordnung nicht mehr hingenommen werden kann. Unter diesen Voraussetzungen besteht eine Vermutung für ein sittlich verwerfliches Gewinnstreben des Auftragnehmers. Fortführung der Entscheidung VII ZR 201/06 für 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1, 2 Nr. 6 VOB/B Konkretisierung der Bemessungsgrundlagen für wucherähnliche Preisgestaltung Auffälliges Missverhältnis = Achtfache Überhöhung Absolute Überschreitung des Positionspreises: 313.456 Verhältnis zur Gesamtabrechnungssumme = 39 % 5

BGH, Urt. v. 07. 03. 2013 VII ZR 68/10 An die Stelle der nichtigen Vereinbarung über die Vergütung tritt die Vereinbarung, die Leistungen nach dem üblichen Preis zu vergüten. Fortführung der Entscheidung VII ZR 201/06 für 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1, 2 Nr. 6 VOB/B Bezugspunkt: zusätzlich erforderliche Leistungen Trockenbauarbeiten VOB/B-Einheitspreisvertrag Positionen Kalkulation 16 T-Verbindung für Trockenbauwände 975,35 /St Üblicher Preis: 41,81 /St 9 x Zulage für Verstärkungen 308 /St Üblicher Preis: 25,50 /St Auf Anordnungen/Verlangen AG ausgeführte Leistungen 261 T-Verbindungen 364 Verstärkungen Anspruch auf Mehrvergütung insgesamt 416.655,47 Steht der nach 2 Nr. 3 Abs. 2 oder 2 Nr. 5 VOB/B zu bestimmende Vergütung für Mehrmengen oder geänderte Leistungen in einem auffälligen, wucherähnlichen Missverhältnis zur Bauleistung, kann die dieser Preisbildung zugrunde liegende Vereinbarung sittenwidrig und damit nichtig sein. Fortführung der Entscheidungen VII ZR 201/06 und VII ZR 68/10 Beträgt die nach 2 Nr. 3 oder Nr. 5 VOB/B zu bestimmende Vergütung nahezu das 22-fache des üblichen Preises, kann ein auffälliges Missverhältnis vorliegen. Ein auffälliges Missverhältnis ist nur dann wucherähnlich, wenn der aufgrund dieses auffälligen Missverhältnisses über das übliche Maß hinausgehende Preisanteil sowohl absolut gesehen als auch im Vergleich zur Gesamtauftragssumme in einer Weise erheblich ist, dass dies von der Rechtsordnung nicht mehr hingenommen werden kann. Unter diesen Voraussetzungen besteht eine Vermutung für ein sittlich verwerfliches Gewinnstreben des Auftragnehmers. Fortführung der Entscheidungen VII ZR 201/06 und VII ZR 68/10 6

Hat der Auftragnehmer diese Vermutung durch den Nachweis entkräftet, ihm sei bei der Preisbildung zu seinen Gunsten ein Berechnungsfehler unterlaufen, so verstößt es gegen Treu und Glauben und stellt eine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn er den hierauf beruhenden, in einem auffälligen, wucherähnlichen Missverhältnis zur Bauleistungen stehenden Preis für Mehrmengen oder geänderte Leistungen verlangt. Leitsatz d) Vorbehaltlich anderer Anhaltspunkte zum mutmaßlichen Parteiwillen ist in diesen Fällen entsprechend 632 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung geschuldet Konsequenz: Die wucherähnliche Preisüberhöhung kann nur kalkulatorisch gerechtfertigt werden AN muss hohen Preis nachvollziehbar so erläutern, dass eine sittlich verwerfliche Gesinnung ausscheidet. Bemessung der Vergütung für Mehraufwand nach vertraglichen Abreden denkbar = ergänzende Vertragsauslegung; sonst 632 Abs. 2 BGB 7