Aktuelle Handlungsfelder der liechtensteinischen Wirtschaftspolitik Referat von Regierungschef- Stellvertreter Dr. Martin Meyer LIHGA, 6. September 2010 1
Sehr geehrte Frau Bundespräsidentin Sehr geehrter Herr Regierungschef Sehr geehrter Herr Landtagspräsident Sehr geehrte Frau Landtagsvizepräsidentin Sehr geehrte Frau Regierungsrätin Sehr geehrte Damen und Herren Landtagsabgeordnete Sehr geehrte Frau Botschafterin Sehr geehrter Herr Botschafter Sehr geehrte Damen und Herren Ich möchte an die Begrüssungsworte des Regierungschefs anknüpfen, mit welchen sinngemäss ausgeführt wurde, dass sich unser Land in den letzten Jahren zu einem modernen Industrie- und Dienstleistungsstandort entwickelt hat und werde Ihnen aufzeigen, wo sich Liechtenstein in seiner wirtschaftlichen Entwicklung heute befindet und welche Akzente wir setzen müssen, um künftig wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Gleichzeitig möchte ich so überleiten zum Referat von Frau Bundespräsidentin Doris Leuthard, welche im Anschluss an meine Überlegungen, die primär auf unser Land bzw. unsere Region ausgerichtet sind, über die Herausforderungen einer globalisierten Wirtschaft sprechen wird. Geschätzte Gäste Die internationale Politik hat die letzten beiden Jahren wichtige Erfahrungen gemacht. Wir mussten zusehen, wie Banken gerettet werden mussten, weil sie die Welt durch exzessive Spekulationen an den Rand des Abgrunds gebracht haben. 2
Viele Staaten mussten Konjunkturprogramme auflegen, weil die Weltwirtschaft stabilisiert werden musste. Fast alle Staaten mussten dafür mehr Schulden machen und stehen jetzt an der Stelle, an der zum Teil wiederum spekuliert wird gegen Staaten, die Schulden angehäuft haben. Bei uns schaut dies zum Glück ein wenig differenzierter aus dies vor allem auch, weil wir in der Vergangenheit auf Basis einer liberalen Wirtschaftspolitik - die Weichen richtig gestellt haben. Dennoch ist anzumerken, dass die grösste Weltwirtschafts- und Finanzmarktkrise seit 80 Jahren und der schärfste globale Wirtschaftseinbruch auch unser Land in den letzten 1.5 Jahren sehr stark beeinflusst haben. Folgende Beispiele sollen dies verdeutlichen: Auftragseingänge, Produktion und Absatz sind im Höhepunkt der Krise regelrecht weggebrochen. Die Exporte sind um rund 27 % auf den Stand von 2005 gesunken. Die Zahl der Beschäftigten sank von 33'400 (2008) auf 32'600 (2009), was einem Minus 2.4 Prozent entspricht. Die Zahl der in Kurzarbeit befindlichen Personen stieg kurzfristig auf über 3'000 Personen an und die Arbeitslosenrate erreichte im Februar 2010 mit 3.2 Prozent den Höhepunkt. Liechtenstein ist schneller aus der Krise herausgekommen als andere. So mussten wir keine staatlichen Rettungspakete und Konjunkturprogramme schnüren und unsere Staatsreserven betragen derzeit noch rund 1.4 Mrd. CHF. Gründe für diese gute Ausgangslage sind beispielsweise: 3
Weil wir einen liberalen und dadurch höchst flexiblen Arbeitsmarkt haben. Weil sowohl unsere Exportindustrie als auch die vielen KMUs sich aufgrund unserer offenen Volkswirtschaft seit jeher im harten regionalen oder internationalen Wettbewerb stellen mussten. Weil wir attraktive Rahmenbedingungen für Unternehmer haben. Weil wir mit der Mitgliedschaft in zwei Wirtschaftsräumen Zollvertrag und EWR - in den letzten 10 Jahren enorm profitieren konnten. Weil die staatlichen Organe Regierung und Parlament in den vergangenen Jahrzehnten immer sehr sorgsam mit unserem Staatshaushalt umgegangen sind, sodass wir heute keine staatlichen Schulden haben. Dennoch müssen auch wir uns aktiv dem derzeitigen Wandel stellen. Sie, geschätzte Anwesende, erleben dies als Unternehmer, Entscheidungsträger oder Mitarbeiter ja täglich auch in Ihren Unternehmen, indem Sie sich den neuen Herausforderungen stellen müssen, indem Sie auf die Innovationen der Mitbewerber reagieren müssen oder indem Sie sich in bestehenden Märkten behaupten müssen. Welche Akzente muss nun aber die Politik setzen? Welche Massnahmen haben wir zu treffen? Welches sind unsere Handlungsfelder? Andere Regionen und Staaten verändern ihre Rahmenbedingungen und nähern sich steuerlich immer stärker an uns an oder bieten sogar bessere Unternehmensbesteuerungstarife an. Hier müssen wir die 4
Wettbewerbsbedingungen positiv verändern! Aus diesem Grund führen wir derzeit eine Reform unseres Steuerrechts - mit dem Fokus auf einer Modernisierung des Unternehmenssteuerrechts - durch, um dadurch künftig unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Wir brauchen mehr Freiräume für private Investitionen und weniger Regulation, die freies Unternehmertum hemmt. Lassen Sie mich dies an einem Beispiel verdeutlichen: Bill Gates hätte Microsoft nie in einer liechtensteinischen Garage im Hinterhof gründen können, weil er dafür nie eine Bewilligung bekommen hätte, da seine Betriebsstätte in der Garage aufgrund der geltenden Zonenplanung nicht bewilligt worden wäre. Wir brauchen also mehr Flexibilität in unserer Raumordnung. Mehr Wachstum - und damit auch mehr Steuereinnahmen für den Staatshaushalt - werden wir nur bekommen, wenn wir kleinen und mittleren Betrieben Wachstumsmöglichkeiten bieten. Dies setzt voraus, dass wir deren Innovationskraft stärken. Darum hat die Regierung ihre Anstrengungen im Bereich der Innovationsförderung verstärkt und im letzten Jahr z.b. einen Innovationscheck eingeführt. Wir brauchen den Schulterschluss zwischen der Wirtschaft und der Politik, damit uns die grossen anstehenden Infrastrukturprojekte gelingen. Ich denke hierbei v.a. an die anstehende Ertüchtigung unserer Eisenbahninfrastruktur und unseren Anschluss ans internationale Schienennetz. Ein internationaler Wirtschaftsstandort wie Liechtenstein ist auf eine moderne Infrastruktur angewiesen. Wer sein Unternehmen durch solch schwieriges Fahrwasser steuert, der verdient keine Neiddebatte, sondern höchsten Respekt. Aus diesem Grund müssen wir das Ansehen von KMUs und vor allem unseren Handwerkbetrieben stärken. Gerade sie waren und sind die Stütze der liechtensteinischen Wirtschaft! Nicht zuletzt brauchen wir einen gesunden uns soliden Staatshaushalt. Wir sind heute in der komfortablen Lage, dass wir keine Schulden haben und damit auch keine Zinszahlungen leisten müssen. Dennoch müssen wir uns anstrengen und unser Budgetdefizit, welches gemäss unseren Prognosen in den nächsten Jahren im Durchschnitt rund 160 Mio. CHF 5
beträgt, durch eine aufwandseitige Budgetkorrektur mittelfristig wieder ins Lot bringen. Dadurch können wir uns diesen grossen Wettbewerbs- und Standortvorteil bewahren. Sehr geehrte Gäste Bei all diesen Anstrengungen baue ich auf Ihre Mithilfe, weil ich der festen Überzeugung bin, dass nur Staat und Wirtschaft gemeinsam die Herausforderungen meistern können! Wenn uns dies gelingt, dann wird unser Standort und unsere Region auch in Zukunft erfolgreich sein. Schliessen möchte ich meine Überlegungen mit folgendem Zitat, welches sowohl für die Politik als auch für die Wirtschaft Gültigkeit hat: Business in schweren Zeiten ist wie Fussballspielen auf tiefem Boden: die wirklich Guten werden bei diesen Platzverhältnissen noch besser, denn sie wissen, dass sie sich jetzt besonders konzentrieren müssen. KarlHeinz Karius, (*1935), Urheber, Mensch und Werbeberater Ich freue mich nun auf das Referat von Frau Bundespräsidentin Doris Leuthard und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. 6