Vorläufiges Findbuch Sekretariate der Stellvertreter des Ministers Neiber, Mittig und Schwanitz im Ministerium für Staatssicherheit der DDR

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Transkript:

Vorläufiges Findbuch Sekretariate der Stellvertreter des Ministers Neiber, Mittig und Schwanitz im Ministerium für Staatssicherheit der DDR

Archiv zur DDR-Staatssicherheit im Auftrag der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik herausgegeben von Dagmar Unverhau Band 10 LIT

Abteilung Archivbestände der BStU (Hrsg.) Vorläufiges Findbuch Sekretariate der Stellvertreter des Ministers Neiber, Mittig und Schwanitz im Ministerium für Staatssicherheit der DDR Bearbeitet von Elisabeth Larssen und Jana Florczak LIT

Die Deutsche Bibliothek CIP - Einheitsaufnahme Vorläufiges Findbuch Sekretariate der Stellvertreter des Ministers Neiber, Mittig und Schwanitz im Ministerium für Staatssicherheit der DDR / hrsg. Abteilung Archivbestände der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. - Münster: LIT, 2008 (Archiv zur DDR-Staatssicherheit ; 10 ) ISBN 978-3-8258-1106-8 NE: Elisabeth Larssen, Jana Florczak [Bearbeiter] LIT VERLAG Berlin Chausseestr. 128 D-10115 Berlin Tel. +49 30-280 40 880 Fax +49 30-280 40 882 E-Mail: berlin@lit-verlag.de http://www.lit-verlag.de

Vorbemerkungen 1 Überlieferung und Benutzung VII 2 Über die Stellvertreter des Ministers Geschichte und Struktur VIII 3 Sekretariat des Stellvertreters des Ministers, Gerhard Neiber XIX 3.1 Aufgaben und Struktur XIX 3.2 Überlieferungslage und archivische Bearbeitung XXV 3.3 der überlieferten Unterlagen XXIX 3.4 Suche nach dem Bernsteinzimmer und anderem verschollenen Kulturgut XXXII 4 Sekretariat des Stellvertreters des Ministers, Rudi Mittig XXXIV 4.1 Aufgaben und Struktur XXXIV 4.2 Überlieferungslage und archivische Bearbeitung XXXVI 4.3 der überlieferten Unterlagen XXXVII 5 Sekretariat des Stellvertreters des Ministers, Wolfgang Schwanitz XXXVIII 5.1 Aufgaben und Struktur XXXVIII 5.2 Überlieferungslage und archivische Bearbeitung XL 6 Danksagung XL Sekretariat des Stellvertreters des Ministers, Gerhard Neiber Klassifikation und Aktenverzeichnis 1 Sekretariat des Stellvertreters des Ministers, Rudi Mittig, Klassifikation und Aktenverzeichnis 233 Sekretariat des Stellvertreters des Ministers, Wolfgang Schwanitz Klassifikation und Aktenverzeichnis 263

Sachregister 275 Ortsregister 291 Personenregister 297 Institutionenregister 301 Firmenregister 309 Decknamenregister 311 Konkordanz Sekretariat Neiber 313 Konkordanz Sekretariat Mittig 329 Konkordanz Sekretariat Schwanitz 333 Abkürzungsverzeichnis 335 Glossar zu den Strukturschemata 343 Verzeichnis der Tabellen, Tafeln und Strukturschemata 349 Ausgewählte Quellen, Untersuchungen und Darstellungen 351 Schema der Struktur des MfS 1989 356 Bestände und Ablagen des Staatsicherheitsdienstes der DDR 357

Vorbemerkungen 1 Überlieferung und Benutzung Dieses vorläufige Findbuch erschließt die überlieferten Unterlagen aus den Sekretariaten der bis 1989 tätigen Stellvertreter des Ministers für Staatssicherheit Generalleutnant Gerhard Neiber, Generaloberst Rudi Mittig und Generalleutnant Wolfgang Schwanitz. Aus dem Sekretariat des Stellvertreters des Ministers und Leiters der HV A, Generaloberst Werner Großmann, sind keine Unterlagen vorhanden; die HV A durfte sich nach einem Beschluss des Runden Tisches vom 23.02.1990 bis Ende Juni 1990 selbständig auflösen und hat dabei weitestgehend ihr Schriftgut vernichtet. 1 Sekretariat Dienstzeit Umfang Akten Neiber 1980-1989 35 lfm 1004 1958-1990 (davon 85% 1980-1989 und 10% 1970-1979) Mittig 1975-1989 8,7 lfm 239 1969-1990 (überwiegend 1980-1989) Schwanitz 1986-1989 1 lfm 86 1985-1989 Tabelle 1. Für jedes Sekretariat gibt es ein eigenes Aktenverzeichnis, dem jeweils eine Klassifikation vorangestellt ist und, wo notwendig, gibt es Konkordanzlisten, um nachzuweisen, auf welcher Seite die bei der Klassifikation aus der laufenden Nummernfolge gelöste Aktennummer steht. Für die Reihenfolge der Aktenverzeichnisse war der überlieferte Umfang maßgeblich, wie in Tabelle 1 verdeutlicht. Die Unterlagen in den Aktenverzeichnissen werden wie folgt zitiert: - BStU, MfS, Sekretariat (Sekr.) Neiber Nr. [Aktennummer]. - BStU, MfS, Sekr. Mittig Nr. [Aktennummer]. - BStU, MfS, Sekr. Schwanitz Nr. [Aktennummer]. In den Registern (nach Sachen, Orten, Personen ohne akademische Titel und militärische Grade, Institutionen, Firmen und Decknamen) am Ende des Findbuches sind Suchbegriffe (Stichworte wie Schlagworte, jedoch nicht die Klassifikationsbegriffe) aus allen drei Aktenverzeichnissen zusammengefasst. Verwie- 1 Siehe Anm. 14. VII

sen wird auf die Aktennummer der und Seite des Aktenverzeichnisses ohne Nennung des jeweiligen Sekretariates. Letzteres ist der Kopfzeile der angegebenen Findbuchseite zu entnehmen. Die Benutzung dieses Schriftgutes unterliegt dem Stasi-Unterlagen-Gesetz. Für das hier veröffentlichte Personenregister hat das die Auswirkung, dass lediglich hauptamtliche bzw. inoffizielle Mitarbeiter des MfS sowie Personen der Zeitgeschichte bei Erwähnung in einem offenkundigen Zusammenhang genannt werden können. Die jeweils aktuelle Fassung des Gesetzes, die Kostenordnung, Auskünfte über Nutzungsmöglichkeiten (z. B. über behördeninterne Dateien) und Musteranträge sind im Internet auf der Homepage der BStU: www.bstu.bund.de unter Akteneinsicht zu finden. Den Aktenverzeichnissen vorangestellt ist eine mit Tafeln und Strukturschemata versehene Einführung die Stellvertreter des Ministers für Staatssicherheit betreffend mit Erläuterungen über Struktur und Arbeitsweise der drei Sekretariate. 2 Über die Stellvertreter des Ministers Geschichte und Struktur Maßgeblich unter dem Druck der friedlichen Revolution im Herbst 1989 trat die Regierung der DDR am 7. November 1989 zurück. Die Minister blieben aber noch kommissarisch im Amt, so auch derjenige für Staatssicherheit, Armeegeneral Erich Mielke. Auf einer Parteiaktivtagung im MfS am 11. November 1989 gab der Sekretär für Sicherheitsfragen des SED-Zentralkomitees bekannt, dass nunmehr Mielkes langjähriger Stellvertreter Generaloberst Rudi Mittig als Minister amtieren würde. 2 Mit der am 17. November vorgestellten und einen Tag später bestätigten neuen Regierung wurde das Ministerium für Staatssicherheit in Amt für Nationale Sicherheit umbenannt. Amtsleiter wurde jedoch nicht, wie angekündigt, Mittig, sondern Generalleutnant Wolfgang Schwanitz, der jüngste von Mielkes ehemaligen Stellvertretern. Erich Mielke aber verlor nach seiner blamablen Rede am 13. November vor der Volkskammer auch innerhalb des MfS völlig seinen Nimbus und wurde von seinem Nachfolger Schwanitz am 18. November in den Altersruhestand versetzt. 3 Aufgrund der nicht nachlassenden öffentlichen Proteste beurlaubte Wolfgang Schwanitz am 6. Dezember 1989 weitere neunzehn Spitzenkader vom Dienst, darunter zwei bisherige Stellvertreter des Ministers, nämlich Generaloberst Rudi Mittig, der vier Wochen zuvor noch Mielke im Amt vertreten hatte, und Generalleutnant Gerhard Neiber. 4 Kurz darauf, am 14. Dezember 1989, gehörte das Amt für Nationale Sicherheit selbst 2 3 4 Walter Süß, Staatssicherheit am Ende. Warum es den Mächtigen nicht gelang, 1989 eine Revolution zu verhindern (Analysen und Dokumente. Wissenschaftliche Reihe des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR 15), Berlin 1999, S. 509. Ebenda, S. 511-514; BStU, MfS, KS 1262/90, S. 388 f.: Vermerk v. 24.11.1989. Ebenda, S. 638; BStU, MfS, BdL/Dok. Nr. 009033: Befehl K 4896/89 v. 06.12.1989. VIII

der Geschichte an: Der Ministerrat beugte sich der Forderung des Zentralen Runden Tisches vom 8. Dezember und beschloss am 14. Dezember, das Amt für Nationale Sicherheit aufzulösen. Die Hauptverwaltung Aufklärung (HV A) sollte allerdings als Nachrichtendienst der DDR weiterarbeiten und aus den anderen Strukturen das MfS/AfNS ein Verfassungsschutz der DDR aufgebaut werden. 5 Doch dazu kam es nicht mehr: Der Zentrale Runde Tisch rang der Regierung Modrow das Zugeständnis vom 12. Januar 1990 ab, vor den für März geplanten Volkskammerwahlen keine neuen Geheimdienste mehr zu errichten. 6 Der Staatssicherheitsdienst der DDR hörte offiziell auf zu existieren. Zurückblieben in den Räumen der Diensteinheiten kaum überschaubare Mengen an Schriftgut, Fotos, Tonbändern sowie Datenträgern und viele Säcke mit zerrissenem Material, ferner die Frage, was damit geschehen sollte. Noch in der Endphase der DDR verabschiedete am 24. August 1990 deren letzte, am 18. März 1990 erstmals frei gewählte Volksvertretung, die 10. Volkskammer, das Gesetz über die Sicherung und Nutzung der personenbezogenen Daten des ehemaligen MfS/AfNS. 7 Fünfzehn Monate nach der Vereinigung Deutschlands wurde gegen etliche Widerstände mit dem Stasi-Unterlagen-Gesetz 8 (StUG) vom 20. Dezember 1991 der Zugang zu den Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR geregelt. Damit konnte die Aufarbeitung der Rolle des DDR-Geheimdienstes im Gefüge des DDR-Herrschaftsapparates mit dessen eigenen Materialien beginnen. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) war seit seiner Bildung am 8. Februar 1950 9 ein wichtiger Teil des zentralistisch organisierten Staatswesens der DDR und verstand sich als Schild und Schwert der Partei, d. h. der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Neben seiner Einbindung in den Ministerrat unterstand es als Organ der Landesverteidigung dem Vorsitzenden des 5 6 7 8 9 Jens Gieseke, Das Ministerium für Staatssicherheit 1950 bis 1989/90. Ein kurzer historischer Abriss (BF informiert 21), Berlin 1998, S. 47 f.; BStU, MfS, Nr. 749, S. 12 f. Jens Gieseke, Die hauptamtlichen Mitarbeiter der Staatssicherheit. Personalstruktur und Lebenswelt 1950-1989/90 (Analysen und Dokumente. Wissenschaftliche Reihe des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR 20), Berlin 2000, S. 494-498. Gesetzblatt der DDR (Gbl.) T. I Nr. 58 v. 07.09.1990, S. 1419-1422; Hansjürgen Garstka, Freiheit für meine Akte. Die Öffnung der Archive. Das Gesetz der Volkskammer über die Sicherung der Nutzung der personenbezogenen Daten des ehemaligen MfS/AfNS, in: Dagmar Unverhau (Hrsg.), Das Stasi-Unterlagen-Gesetz im Lichte von Datenschutz und Archivgesetzgebung. Referate der Tagung des BStU vom 26.-28.11.1997 (Archiv zur DDR-Staatssicherheit 2), 2. durchgesehene Auflage, Münster 2003, S. 43 ff. und Anlage 1, S. 219; David Gill u. Ulrich Schröter: Das Ministerium für Staatssicherheit. Anatomie des Mielke-Imperiums, Berlin 1991, S. 285 ff. Gesetz über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (Stasi-Unterlagen-Gesetz, StUG) vom 20. Dezember 1991, Bundesgesetzblatt (BGbl.) T. I Nr. 67 v. 28.12.1991, S. 2272-2287. Gbl. T. I Nr. 15 v. 21.02.1950, S. 95. IX

1960 gebildeten Nationalen Verteidigungsrates 10 unmittelbar. Den Vorsitz hatte hierin immer der 1. Sekretär bzw. Generalsekretär des Zentralkomitees (ZK) der SED inne, der somit unmittelbare Kontrolle über das MfS ausüben konnte. Von Beginn an zählte der jeweilige Minister für Staatssicherheit zum ZK der SED, von 1950 bis 1953 bzw. von 1971 bis 1989 auch zum Politbüro als dem höchsten Parteigremium der SED. Der Minister war somit in die Hierarchie der Partei eingebunden. Zudem nahm das ZK der SED mit seiner Abteilung Sicherheitsfragen über die Parteiorganisation im MfS Einfluss bis auf dessen unterste Ebenen. 11 Nahezu die gesamte Geheimdiensttätigkeit der DDR konzentrierte sich im MfS. Unter dem Minister, seit 1957 war dies Erich Mielke, arbeiteten in der Regel drei bis vier Stellvertreter, die die Tätigkeit der ihnen unterstellten Diensteinheiten anleiteten, koordinierten, analysierten und die Zusammenarbeit mit anderen staatlichen Dienststellen organisierten, unter anderem mit Hilfe dienstrechtlicher Regulative, die in den Sekretariaten der Stellvertreter erarbeitet oder mitgezeichnet wurden. Leider sind Struktur und Aufgaben der Minister und Stellvertreter der Minister für Staatssicherheit seit 1950 noch nicht hinreichend untersucht worden. 12 Die hier beigegebenen Tafeln und Strukturübersichten erlauben einen ersten Überblick. Auffallend ist jedoch, dass es so gut wie keine Überlieferung aus der Tätigkeit der Stellvertreter gibt, die, aus welchen Gründen auch immer, in den 50er bis 70er Jahren aus dem Dienst ausgeschieden sind. 13 Die Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes war keiner Kontrolle durch die Volkskammer unterworfen. Überlieferungsbildung und Nachvollziehbarkeit des Handelns für eine spätere Geschichtsforschung waren nicht Ziel seiner Tätigkeit. Vielmehr ging es um die Erfüllung der von der Partei erteilten Aufträge und um Traditionspflege nach dem eigenen Selbstverständnis. Für die schriftliche Hinterlassenschaft der Sekretariate der letzten Stellvertreter des Ministers für Staatssicherheit, Gerhard Neiber, Rudi Mittig und Wolfgang Schwanitz, wird dieses vorläufige Findbuch vorgelegt. Der vierte Stellvertreter des Ministers, Werner Großmann, der Chef der Hauptverwaltung Aufklärung 10 11 12 13 Armin Wagner, Walter Ulbricht und die geheime Sicherheitspolitik der SED. Der Nationale Verteidigungsrat der DDR und seine Vorgeschichte (1953 bis 1971), 1. Aufl., Berlin 2002; ferner Otto Wenzel, Kriegsbereit. Der Nationale Verteidigungsrat der DDR 1960 bis 1989, Köln 1995. David Gill u. Ulrich Schröter, Das Ministerium für Staatssicherheit (wie Anm. 7), S. 17-26; Silke Schumann, Parteierziehung in der Geheimpolizei. Zur Rolle der SED im MfS der fünfziger Jahre (Analysen und Dokumente. Wissenschaftliche Reihe des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR 9), Berlin 1997, S. 7 ff. Der für die Reihe Anatomie der Staatssicherheit. Geschichte, Struktur, Methoden. MfS- Handbuch geplante Band V.3, Übersicht zur Entwicklung der Diensteinheiten 1950-1989, wird derzeit von Roland Wiedmann zur Publikation vorbereitet. Siehe auch in Abschnitt 3.3 den letzten Absatz. X

Amtszeiten der Minister* und der Stellvertreter des Ministers Jahr Minister 1. Stellv. Stellv. Stellv. Stellv. Stellv. 1990 1989 1988 1987 1986 1985 1984 1983 1982 1981 1980 1979 1978 1977 1976 1975 1974 1973 1972 1971 1970 1969 1968 1967 1966 1965 1964 1963 1962 1961 1960 1959 1958 1957 1956 1955 1954 1953 1952 1951 1950 Schwanitz Erich Mielke 1957-1989 Ernst Wollweber 1953-1957 Wilhelm Zaisser 1950-1953 Bruno Beater 1964-1982 Otto Walter 1957-1964 Erich Mielke 1950-1957 Rudi Mittig 1975-1989 (1974 amtierend) Fritz Schröder 1964-1975 Bruno Beater 1955-1964 Otto Last 1951-1957 Gerhard Neiber 1980-1989 (1979 amtierend) Alfred Scholz 1975-1978 (zuvor als Leiter AGM zunehmende Aufgabenfülle wie ein Stellv. d. Ministers) Otto Walter 1953-1957 Rudolf Menzel 1952-1953 Wolfgang Schwanitz 1986-1989 Martin Weikert 1952-1957 Leiter HV A Werner Großmann 1986-1990 Leiter HV A Markus Wolf 1953-1986 (Politkultur) Otto Walter 1951-1953 * Von 1953 1955 Staatssekretär. Für genaue Amtsbezeichnungen und Daten siehe Tafeln 2-4. Zusammengestellt von Roland Lucht, AG AwA; Quellen siehe in Tafeln 2-4 und Strukturschemata 1-3. Tafel 1: Die drei Stellvertreter des Ministers, deren Unterlagen das Aktenverzeichnis erschließt, sind dunkler hervorgehoben. XI

Strukturschema 1: Staatssekretariat für Staatssicherheit (SfS) im Ministerium des Innern, August 1953* Staatssekretär Ernst Wollweber Stellvertreter und Leiter HA Politkultur** Generalmajor Otto Walter 1. Stellvertreter Generalleutnant Erich Mielke Stellvertreter Generalinspekteur Otto Last Stellvertreter und Leiter HA XV Markus Wolf Stellvertreter Oberst Martin Weikert Stellvertreter Oberst Rudolf Menzel*** Vertreter Generalmajor Joseph Gutsche Vertreter Oberst Martin Weikert Abt. II Abt. IV [1] Abt. V Abt. VI [1] Abt. VIb Abt. IIIa Abt. IIIb Abt. IIIc Abt. XIII [1] Abt. Trapo Abt. Kader Abt. Schulung Abt. Finanzen Abt. Information Abt. I Innerer Dienst und Koordination der Organisationsund Verwaltungsfragen in allen Stellvertreterbereichen Außenpolitischer Nachrichtendienst (APN) des MfAA, seit Juli 1953 als HA XV dem SfS unterstellt Abt. PS Abt. VII Abt. VIII Abt. X [1] Abt. XV Abt. IX Abt. XIV Abt. XI Abt. M * Im Nov. 1953 wurden zahlreiche Abteilungen in Hauptabteilungen zusammengefasst und ihre Unterstellung geändert. Näheres im Glossar hinten. Abt. XII Abt. S Bezirksverwaltungen / Verwaltungen ** Im 2. Halbjahr 1953 aufgelöst. *** Nov. 1953 abgelöst durch Generalmajor Otto Walter. Wachregiment Zusammengestellt von Roland Lucht, AG AwA, nach BStU, MfS, BdL/Dok. Nr. 3005: DA 24/53 v. 03.08.1953 (für den Hinweis auf diese Quelle danke ich Dr. Jens Gieseke und Dr. Roger Engelmann-Moock); BStU, MfS, SdM 1201, S. 177; MfS, AS 43/58, Bd. 9, S. 151 u. 365; MfS, HA KuSch Nr. 1358; MfS, BdL/Dok. Nrn. 000134, 000194, 000476, 000486 u. 005123.

Stellvertreter des Ministers bzw. Staatssekretärs, 50er Jahre Feb. 1950 Jun. 1953 Ministerium für Staatssicherheit (MfS), Jul. 1953 Nov. 1955 Staatssekretariat (SfS) im MdI, dann wieder Ministerium für Staatssicherheit (MfS). Mitarbeiter 1950: 2 700 1957: 16 887 Minister bzw. Staatssekretär Wilhelm Zaisser (1893 1958), Feb. 1950 Jul. 1953. Ernst Wollweber (1898 1967), Jul. 1953 Okt. 1957. Stellvertreter (sogen. Gründergeneration) Mielke, Erich (1907 2000), Feb.1950 Jul. 1953 Staatssekretär, dann bis Nov. 1955 1. Stellvertreter des Staatssekretärs und bis Okt. 1957 Stellvertreter des Ministers, seit Nov. 1957 Minister; Feb. 1953 Generalleutnant. Gartmann, Hermann (1906 1972), Mai 1952 Jun. 1953 u. Mai 1955 März 1957 als Chef der Deutschen Grenzpolizei (DGP) im MfS bzw. SfS Stellvertreter für militärische Einheiten, wechselte mit der Grenzpolizei zum MdI zurück [in der Struktur vernachlässigt]; 1953 Generalmajor. Last, Otto (1906 1990), Sep. 1951 Okt. 1957 Stellvertreter des Ministers, schied mit Wollweber aus, dann Leiter der Objektverwaltung Wismut; Mai 1952 Generalinspekteur, Feb. 1953 Generalmajor. Menzel, Rudolf (1910 1974), 1952 Okt. 1953 Stellvertreter für Finanzen und Verwaltung, dann zum MdI versetzt; Feb. 1953 Oberst, Nov. 1953 Generalmajor. Walter, Otto (1902 1983), Okt. 1951 Jul. 1953 Stellvertreter des Ministers und Leiter der HA Politkultur, Nov. 1953 Okt. 1957 Stellvertreter für Verwaltung und Wirtschaft, Nov. 1957 Jan. 1964 1. Stellvertreter des Ministers, dann pensioniert; 1951 Generalinspekteur, Feb. 1953 Generalmajor, Okt. 1959 Generalleutnant. Weikert, Martin (1914), Okt. 1952 Okt. 1957 Stellvertreter des Ministers, schied mit Wollweber aus, dann Leiter der BVfS Erfurt, Okt. 1982 Altersrente; Mai 1954 Generalmajor, Feb. 1976 Generalleutnant. Zusammengestellt von Roland Lucht, AG AwA, nach: BStU, MfS, HA KuSch/AKG-KA HM; BdL/Dok. Nrn. 000134, 000194, 000476, 000483, 004027, 7712; Jens Gieseke, Die hauptamtlichen Mitarbeiter (wie Anm. 6), S. 164-165, 265, 552-553; ders., Wer war wer (wie Anm. 16), S. 22, 44, 48, 49-50, 74, 75. Unterschriften aus: BStU, MfS, HA KuSch Nr. 1353, S. 108 u. 141; BStU, MfS, BdL/Dok. 003005, S. 2. Tafel 2. XIII

Strukturschema 2: Ministerium für Staatssicherheit (MfS), April 1974 Minister Generaloberst Erich Mielke KL SED* 1. Stellvertreter Generaloberst Bruno Beater Stellvertreter Generalleutnant Fritz Schröder Stellvertreter und Leiter HV A Generalleutnant Markus Wolf Leiter der AG des Ministers Generalmajor Alfred Scholz** Leiter der VRD Oberst Richard Brode AG Stellv. Min. HA II AG Stellv. Min. AG XVII SdM ZAIG OTS HA PS Hauptverwaltung Aufklärung (HV A) AG Minister Abt. IV [2] Abt. Planung Abt. Versorgung Abt. III [2] HA XVIII BdL HA I Abt. XI Abt. Bauwesen HA VI HA XIX BdL II HA IX Abt. XII Abt.. Liegenschaften HA VII HA XX RS Abt. X [2] Abt. 26 Abt. Finanzen HA VIII ZOS ZAGG AG E WR JHS Abt. XIII [2] Abt. XIV VEB IVB FFG Abt. E * Auflösungen im Glossar hinten. Abt. M Abt. PZF Schule Gransee Abt. Agitation Abt. XXI HA KuSch FAB Abt. BCD Abt. N ** Feb. 1975 Stellvertreter des Ministers. Abt. F Dr. Volpert ZMD AG ÖV Bezirksverwaltungen/Verwaltungen Med. HKH Zusammengestellt v. Roland Lucht, AG AwA, nach BStU, MfS, HA KuSch Nr. 22157, S. 17; MfS, HA KuSch /AKG KA HM.

Stellvertreter des Ministers, Mitte der 50er bis Mitte der 70er Jahre Ministerium für Staatssicherheit (MfS). Minister Mielke, Erich (1907 2000), seit Nov. 1957; Okt. 1959 Generaloberst. Mitarbeiter 1958: 18 776 1966: 30 717 1974: 55 766 Stellvertreter (sogen. 2. Generation) Wolf, Markus (1923 2006), Jul. 1953 Nov. 1986 Stellvertreter des Ministers und Leiter der Hauptverwaltung Aufklärung (HV A); war im Aug. 1951 an der Gründung des Außenpolitischen Nachrichtendienstes (APN) im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten beteiligt, wurde im Dez. 1952 Nachfolger von Anton Ackermann als Leiter dieses Dienstes; im Frühjahr 1953 bereits unter die politische Aufsicht Wilhelm Zaissers gestellt, wurde der APN im Jul. 1953 als HA XV in das MfS eingegliedert; schied 1986 auf eigenen Wunsch hin aus; 1954 Generalmajor, 1965 Generalleutnant, 1980 Generaloberst. Beater, Bruno (1914 1982), Jul. 1955 Dez. 1963 Stellvertreter des Ministers, Jan. 1964 Apr.1982 1. Stellvertreter des Ministers; zuvor Leiter der HA V (Vorgänger der HA XX); Okt. 1959 Generalmajor, Feb. 1965 Generalleutnant, Feb. 1980 Generaloberst. Schröder, Fritz (1915), Jan. 1964 Jan. 1975 Stellvertreter des Ministers; zuvor nach Beater Leiter der HA V (seit März 1964 HA XX); aus gesundheitlichen Gründen ausgeschieden; Feb. 1958 Oberst, Okt. 1964 Generalmajor, Okt. 1972 Generalleutnant. Scholz, Alfred (1921 1978), Feb. 1975 Aug. 1978 Stellvertreter des Ministers, seit 1958 Leiter der Arbeitsgruppe des Ministers (AGM) war Scholz aber zunehmend für andere Diensteinheiten mit zuständig und trug schließlich weitreichende Verantwortung wie ein Stellvertreter des Ministers; Okt. 1964 Generalmajor, Feb. 1975 Generalleutnant. Zusammengestellt von Roland Lucht, AG AwA, nach: BStU, MfS, HA KuSch/AKG-KA HM; BdL/Dok. Nrn. 002251, 004027, 004656, 006571, 007478; Jens Gieseke, Die hauptamtlichen Mitarbeiter (wie Anm. 6), S. 164-165 u. 265, 552-556; ders., Wer war wer (wie Anm. 16), S. 7, 64, 65, 77-78. Unterschriften aus: BStU, MfS, HA XVIII Nr. 4586, S. 18; MfS, SdM Nr. 1013, S. 240 u. Nr. 1897, S. 335; MfS, BdL/Dok. Nr. 001417, S. 2. Tafel 3. XV

Strukturschema 3: Ministerium für Staatssicherheit (MfS), November 1986 BdZL SV Dynamo Minister Armeegeneral Erich Mielke KL SED* Stellvertreter Generalleutnant Gerhard Neiber Stellvertreter Generalleutnant Rudi Mittig SdM Stellvertreter und Leiter HV A** Generalleutnant Werner Großmann Leiter der AG des Ministers Generalleutnant Otto Geisler*** Stellvertreter Generalleutnant Wolfgang Schwanitz Sekretariat HA I HA VI Sekretariat VRD HA XVIII BdL Abt. XIV Abt. 26 Hauptverwaltung Aufklärung (HV A) AG Minister AGM/S AGM/B Sekretariat HA III [2] OTS HA VII HA XIX Abt. Finanzen Abt. IV [2] Abt. N HA VIII HA XX ZAIG Abt. XII FFG Abt. XI AG XVII AG BKK HA IX Abt. XIII [2] WR Abt. BCD Abt. XXII ZAGG HA PS RS * Auflösungen siehe im Glossar hinten. ZKG ZOS HA II Abt. M ** Am 15. Nov. 1986 schied Markus Wolf aus, sein 1. Stellvertreter Werner Großmann wurde zum Leiter ernannt. AG E HA KuSch Abt. X [2] JHS ZMD *** Am 1. Aug. 1987 schied Otto Geisler aus; die unterstellten Diensteinheiten gingen 1987/88 weitgehend in andere strukturelle Anbindungen über. Bezirksverwaltungen Zusammengestellt von Roland Lucht, AG AwA, nach Befehl 20/86 vom 14. Nov. 1986, GVS-o008 34/86, BStU, MfS, BdL/Dok. Nr. 008387; MfS, HA KuSch/AKG-KAHM.

Stellvertreter des Ministers, Mitte der 70er Jahre bis 1989/90 Bis 17. Nov. 1989 Ministerium für Staatssicherheit (MfS), 18. Nov. 14. Dez. 1989 Amt für Nationale Sicherheit (AfNS), 14. Dez. 1989 Verfassungsschutz der DDR (bis 13. Jan. 1990) und Nachrichtendienst der DDR (bis 23. Feb.1990) bzw. AfNS in Auflösung (bis Juni 1990). Mitarbeiter 1979: 72 227 1984: 83 460 1989: 91 015 Minister Mielke, Erich (1907 2000), bis 7. Nov. 1989; Armeegeneral. Schwanitz, Wolfgang (1930), 18. Nov. 14. Dez. 1989 (s. u.). Stellvertreter (sogen. 3. Generation) Mittig, Rudi (1925 1994), Febr. 1975 Dez. 1989 Stellvertreter des Ministers; vertrat seit Jan. 1974 Fritz Schröder, wurde dessen Nachfolger; war zuvor seit Sep. 1963 Leiter der HA XVIII; Okt. 1969 Generalmajor, Okt. 1979 Generalleutnant, Feb. 1987 Generaloberst. Neiber, Gerhard (1929), Jan. 1980 Dez. 1989 Stellvertreter des Ministers; seit Feb. 1979 mit der Wahrnehmung der Aufgaben des verstorbenen Alfred Scholz beauftragt; zuvor seit 1961 Leiter der BVfS Frankfurt / Oder; Febr. 1970 Generalmajor, Okt. 1982 Generalleutnant. Großmann, Werner (1929), Nov. 1986 Feb. 1990 Stellvertreter des Ministers und Leiter der HV A; zuvor seit Nov. 1975 Stellvertreter des Leiters der HV A, Okt. 1983 1. Stellvertreter des Leiters der HV A; Feb. 1978 Generalmajor, Feb. 1985 Generalleutnant, Okt. 1989 Generaloberst. Schwanitz, Wolfgang (1930), Nov. 1986 Nov. 1989 Stellvertreter des Ministers; zuvor seit Mrz. 1974 Leiter der BVfS Berlin; Nov. 1989 als Leiter des AfNS Nachfolger von Erich Mielke; Feb. 1978 Generalmajor, Okt. 1984 Generalleutnant. Im AfNS waren am 08.12.1989 als Stellvertreter des Leiters vorgesehen: Generalmajor Heinz Engelhard, Generaloberst Werner Großmann, Generalmajor Gerhard Niebling u. Oberst Erich Schwager. Doch schon am 14.12.1989 wurde Heinz Engelhard als Leiter des Verfassungsschutzes mit der Auflösung des AfNS beauftragt. Zusammengestellt von Roland Lucht, AG AwA, nach: BStU, MfS, HA KuSch/AKG-KA HM; MfS, BdL/Dok. Nrn. 002251, 004656, 008387, 008994; Jens Gieseke, Die hauptamtlichen Mitarbeiter (wie Anm. 6), S. 265, 485, 552-556; ders., Wer war wer (wie Anm. 16), S. 24-25, 51, 54, 67. Unterschriften aus: BStU, MfS, SdM Nr. 1013, S. 317; MfS, Nr. 188, S. 16; MfS, KS 1262/90, S. 179 u. 388; MfS, HV A Nr. 1195, S. 57. Tafel 4. XVII

(HV A), der Markus Wolf nachgefolgt war, konnte mit Beschluss des Zentralen Runden Tisches vom 23. Februar 1990 14 seinen Bereich selbst auflösen und hat keine Unterlagen für sein Sekretariat überliefert. Dieses Repertorium gewährt einen Einblick in die Führungsstruktur des MfS seit 1974, als der dienstälteste Stellvertreter des Ministers, Rudi Mittig, seine Arbeit aufnahm, beziehungsweise seit 1979 ausgerichtet an der umfangreichsten Überlieferung, als Gerhard Neiber ernannt wurde. liche wie praktische Gründe strukturelle Parallelität auf der einen Seite, unterschiedliche Überlieferungsmengen auf der anderen Seite gaben den Ausschlag, die Aktenverzeichnisse der drei Stellvertreter in einem Bande zusammengefasst herauszugeben. Es hat verschiedene Ursachen, weshalb das vorliegende Findbuch als vorläufig bezeichnet werden muss. Es ist nicht auszuschließen, dass sich in den unerschlossenen Unterlagen der Diensteinheiten des MfS noch Material aus einem der genannten Sekretariate befindet. Möglicherweise wird Zugehöriges, das aus dem MfS-Schriftgut während der Wende und Auflösungsphase entfremdet wurde, noch zurückgeführt. Außerdem konnten jene zumeist personenbezogenen Vorgänge, die bereits vor Auflösung des MfS von den Sekretariaten in der Abteilung XII (Zentrale Auskunft/Speicher) unter Vernachlässigung ihrer Provenienz abgelegt wurden, in dieser Publikation wegen des zur Zeit nicht zu verantwortenden großen Arbeitsaufwandes nicht berücksichtigt werden. Einer späteren Zeit bleibt es vorbehalten, ein endgültiges Findbuch zu erstellen. Neben jenen achtzehn Diensteinheiten, die Minister Mielke 1989 unmittelbar unterstanden, und neben der Hauptverwaltung Aufklärung (HV A), die sich selbst aufgelöst hat, trugen die hier in Rede stehenden drei Stellvertreter die Verantwortung für Diensteinheiten des MfS, die wichtige Bereiche des gesellschaftlichen Lebens in der DDR überwachten, die sämtliche nach militärischen Strukturen organisierten Bereiche der DDR bearbeiteten und ferner die technische Dienste im MfS erbrachten. Was den Umfang der einzelnen Überlieferungen angeht, so sind beträchtliche Unterschiede festzustellen (siehe Tabelle 1). Hinsichtlich ihres Aussagewertes trifft das genauso zu. Den 35 laufenden Meter (lfm) Unterlagen aus dem Sekretariat Neiber mit relativ hohem Aussagewert für Neibers 10jährige Tätigkeit stehen lediglich 8,7 lfm aus dem Sekretariat von Rudi Mittig gegenüber, die relativ wenig Aufschluss über dessen fast 14jährige Tätigkeit als Stellvertreter des Ministers bieten. Noch deutlicher unterrepräsentiert ist das Sekretariat von Wolfgang Schwanitz mit 0,9 lfm Unterlagen. Diese waren ursprünglich bereits zur Vernichtung vorbereitet, das heißt, von Hand zerrissen worden, und mussten mühsam wieder wie in einem Puzzle zusammengesetzt werden. Die Mühe lohn- 14 David Gill u. Ulrich Schröter, Das Ministerium für Staatssicherheit (wie Anm. 7), S. 213 f.; Walter Süß, Staatssicherheit am Ende (wie Anm. 2), S. 739 u. 788. XVIII

te sich, da sich darin Schwanitz Arbeit seit 1986 spiegelt. Ergänzt wird diese geringe Menge durch Unterlagen, die aus dem Sekretariat Schwanitz in Folge von dessen letzter Funktion als Leiter des Amtes für Nationale Sicherheit in das Sekretariat des Ministers 15 geraten sind und nunmehr dort recherchiert werden müssen. 3 Sekretariat des Stellvertreters des Ministers, Gerhard Neiber 3.1 Aufgaben und Struktur Gerhard Neiber, 16 zuletzt Generalleutnant, wurde am 16. Februar 1979, nach dem Tod von Alfred Scholz, einem der Stellvertreter des Ministers, von seiner Funktion als Leiter der Bezirksverwaltung Frankfurt/Oder entbunden und nach Berlin zur weiteren Verwendung kommandiert. Ihm wurde die unmittelbare Anleitung, Kontrolle und Koordinierung folgender Diensteinheiten übertragen: Abteilung III (Funkaufklärung), Abteilung XII (Zentrale Karteien, Archiv, Auskunft), Abteilung XXII (Terrorabwehr), Abteilung 26 (Telefonüberwachung, technische Kontrollmaßnahmen), Arbeitsgruppe Öffentliche Verbindungen (AÖV), Abteilung E (Herstellung operativer Dokumente), Abteilung F (Funkaufklärung und -abwehr) und Abteilung Zentrale Koordinierungsgruppe (ZKG: Flucht, Übersiedlungen). 17 (Siehe Tabelle 2!) Knapp ein Jahr später ernannte ihn der Nationale Verteidigungsrat der DDR mit Beschluss vom 9. Januar 1980 zum Stellvertreter des Ministers für Staatssicherheit, im MfS wurde die Ernennung umgesetzt mit dem Befehl K 945/80. 18 Die Aufgaben änderten sich nicht. Bereits am 10. Oktober 1979 lag für die personelle Besetzung ein bestätigter Stellenplan vor, der neben dem Leiter des Sekretariats (Dienstgrad Oberst) sechs Offiziere für Sonderaufgaben (Dienstgrad Oberst/Oberstleutnant), zwei Hauptsachbearbeiter und drei Sekretärinnen (Dienstgrad Hauptmann/Oberleutnant) und zwei Kraftfahrer (Dienstgrad Unterleutnant) auswies. 19 Im Juli 1984 waren neben dem Leiter des Sekretariats ein Bereichsleiter und neun Offiziere für Sonderaufgaben tätig, weiterhin eine Hauptsachbearbeiterin, drei Sekretärinnen im Vorzimmer des Ministers und drei allein für die Belange der Offiziere für Sonderaufgaben zuständige Sekretärinnen sowie zwei Kraftfah- 15 16 17 18 19 Die Bestandsbeschreibung Sekretariat des Ministers ist unter www.bstu.bund.de über die Menüfelder Archiv, Bestandsinformationen, Unterlagen der Diensteinheiten (nach Struktur) zu finden. Jens Gieseke, Wer war wer im Ministerium für Staatssicherheit. Kurzbiographien des MfS-Leitungspersonals 1950-1989 (Anatomie der Staatssicherheit. Geschichte, Struktur und Methoden. MfS-Handbuch V.4), Berlin 1998, S. 54 über Gerhard Neiber; die Kurzbiographien sind unter demselben Titel im Internet unter www.bstu.bund.de als Datenbank über die Menüfelder MfS-/DDR-Geschichte, Grundwissen verfügbar. BStU, MfS, KS 100/90, Nebenakte Teil V, S. 20 f. BStU, MfS, KS 100/90, S. 119. BStU, MfS, Nr. 188, S. 16 f. XIX

rer. 20 Im November 1989 zeichneten 19 Mitarbeiter einschließlich dreier Sekretärinnen einen Umlauf im Sekretariat ab, 21 obwohl nach einer Kaderbestandsmeldung der Hauptabteilung Kader und Schulung (HA KuSch) fünfundzwanzig Mitarbeiter während des Jahres 1989 dort tätig gewesen sein sollten. 22 Der Abschlußbericht über die Auflösung des ehemaligen Sekretariats des Stellvertreters des Ministers Neiber vom 11. April 1990, erarbeitet von Gerhard Plomann, dem mit der Auflösung beauftragten Offizier für Sonderaufgaben, listet insgesamt zwanzig Mitarbeiter auf, darunter zehn Offiziere für Sonderaufgaben sowie zwei Mitarbeiter für finanzielle und materielle Sicherstellung, vier Sekretärinnen, zwei Kraftfahrer und einen persönlichen Referenten. Hier werden auch die Zuständigkeiten der einzelnen Offiziere beschrieben. 23 Über die fachliche Zuständigkeit nach 1982 gibt eine Politisch-operative Aufgabenstellung im Anleitungsbereich des Stellvertreters des Ministers Neiber Auskunft. Als Diensteinheiten des Anleitungsbereichs werden hier die Hauptabteilungen VI (Zollverwaltung, Passkontrolle und Tourismus), VII (Sicherung des Ministeriums des Inneren und seiner nachgeordneten Organe), VIII (Beobachtung und Ermittlung), die Abteilungen III, XII, XXII, 26, E und F sowie die AÖV und die ZKG genannt. 24 Nach der letzten umfassenden Strukturveränderung im MfS im Zusammenhang mit dem Ausscheiden von Markus Wolf als Leiter der HV A im Jahr 1986 25 war das Sekretariat Neiber zuständig für die Hauptabteilung (HA) I (Sicherung der Nationalen Volksarmee, der Grenztruppen, des Ministeriums für Nationale Verteidigung und nachgeordneter Einrichtungen), HA VI, HA VII, HA VIII, die Abteilung XXII, die ZKG und die Arbeitsgruppe (AG) XVII (Sicherung der Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten der DDR in West-Berlin). Im Jahr 1989 zählten zum Anleitungsbereich des Stellvertreters des Ministers Neiber neben den oben erwähnten Diensteinheiten dann auch noch die 1989 neu gebildete HA XXII. (Siehe Tabelle 2.) 20 21 22 23 24 25 BStU, MfS, Nr. 182: Protokoll der HA KuSch über die Erfassung der Tätigkeiten im Sekretariat beim Stellvertreter des Ministers, Generalleutnant Neiber vom 02.07.1984, S. 26-28. BStU, MfS, Nr. 749, S. 25: als Umlauf quittiertes Schreiben des Leiters des Amtes für Nationale Sicherheit vom 24.11.1989. Jens Gieseke, Die hauptamtlichen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (Anatomie der Staatssicherheit. Geschichte, Struktur, Methoden. MfS-Handbuch IV.1), Berlin 1995, Beilage Mitarbeiterstatistik. BStU, Staatliche Überlieferung zum MfS/AfNS in Auflösung Nr. 9 u. 10. BStU, MfS, Nr. 197, S. 2 ff. Die Übersicht ist ohne Datum und Unterschrift überliefert, aber mit handschriftlichen Korrekturen von Falk Rüdiger, Persönlicher Referent von Neiber, versehen. BStU, MfS, BdL/Dok. Nr. 002251: Auszug aus den Befehlen Nr. K 5157/86, K 5159/86 u. K 5160/86 v. 07.11.1986. XX

Die Aufgaben im Verantwortungsbereich des Sekretariats Neiber, die einzelnen Diensteinheiten und deren Zusammenwirken, sollen hier im Überblick dargestellt sowie die ermittelten zuständigen Offiziere für Sonderaufgaben benannt werden. Zuerst wären jene Diensteinheiten zu nennen, die mit den so genannten bewaffneten Organen : der Nationalen Volksarmee (NVA), den Grenztruppen, der Volkspolizei, befasst waren. Neben der HA I 26 waren das die HA VI 27 sowie die HA VII. Alle diese Diensteinheiten hatten in irgendeiner Form mit dem Grenzregime zu tun, nämlich mit der direkten Sicherung der Staatsgrenze, mit dem grenzüberschreitenden Verkehr und ebensolcher Kommunikation, z. B. in der Gemeinsamen Grenzkommission DDR/BRD, oder mit der Kontrolle der Grenzpassage bzw. der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Innern der DDR. Die westliche Grenze 28 zur Bundesrepublik und nach West-Berlin hin verlief an der Nahtstelle zweier Weltsysteme und stand deshalb besonders im Fokus des Sekretariats Neiber. Um diese Grenze zu überwachen, war stets die Arbeit der Diensteinheiten zu perfektionieren und mit Verantwortlichen außerhalb des MfS zu verzahnen. Diese Aufgabenstellung schlug sich in entsprechenden dienstlichen Bestimmungen und Vereinbarungen über das so genannte Politisch-operative Zusammenwirken (POZW) mit anderen Organen nieder, die einmal mehr wie ohnehin schon die übrigen überlieferten Unterlagen im Sekretariat Neiber das übersteigerte Sicherheitsverständnis des MfS dokumentieren. Für die HA I waren die Offiziere für Sonderaufgaben Oberst Siegfried Weiße (Grenzsicherheit und Grenztruppen) und Oberstleutnant Uwe Giersch (Nationale Volksarmee) tätig. 29 Wann genau die HA I dem Anleitungsbereich Neiber zugefügt wurde, ist unklar, nachgewiesen ist sie zweifelsfrei mit der letzten großen Umstrukturierung des MfS im Jahr 1986. 30 Als Vertreter des MfS in der Gemeinsamen Grenzkommission DDR / BRD wirkte Oberst Werner Kretzschmar, seit 1987 dem Sekretariat Neiber zugehörig. 31 Für die Überwa- 26 27 28 29 30 31 Stephan Wolf, Hauptabteilung I. NVA und Grenztruppen (Anatomie der Staatssicherheit. Geschichte, Struktur und Methoden. MfS-Handbuch III.13), Berlin 2005. Monika Tantzscher, Hauptabteilung VI. Grenzkontrollen, Reise- und Touristenverkehr (Anatomie der Staatssicherheit. Geschichte, Struktur und Methoden. MfS-Handbuch III.14), Berlin 2005. Jürgen Ritter. Peter Joachim Lapp u. Ulrich Schacht, Die Grenze. Ein deutsches Bauwerk, 5., aktualisierte u. erweiterte Auflage, Berlin 2006; Grenzlandmuseum Eichsfeld e. V. (Hrsg.), Grenze mitten in Deutschland. Begleitband zur ständigen Ausstellung im Grenzlandmuseum Eichsfeld (Schriftenreihe der Bildungsstätte und des Grenzlandmuseums Eichsfeld 2), 1. Aufl., Heiligenstadt 2002; siehe auch die edierten einschlägigen Dokumente bei Helmut Müller-Enbergs, Garanten äußerer und innerer Sicherheit, in: Matthias Judt (Hrsg.), DDR-Geschichte in Dokumenten. Beschlüsse, Berichte, interne Materialien und Alltagszeugnisse (Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung 350), Bonn 1998, S. 431-492, insbes. S. 468-473, Nachdruck der 1. Auflage, Berlin 1997. BStU, MfS, Nr. 197, S. 57 f.; Stephan Wolf, Hauptabteilung I (wie Anm. 26), S. 17f. BStU, MfS, BdL/Dok. Nr. 008387: Befehl 20/86, Qualifizierung der Führungs- und Leitungstätigkeit im MfS, v. 14.11.1986. BStU, MfS, HA KuSch Nr. 1456, S. 1a; BStU, MfS, Nr. 197, S. 50. XXI

chung des Reiseverkehrs, des Tourismus und der Transitwege sowie für die Fahndung (HA VI) wurde im September 1988 Oberstleutnant Manfred Treichel als verantwortlicher Offizier im Sekretariat Neiber aufgeführt. 32 Die Sicherung sämtlicher Arbeitsprozesse im Ministerium des Innern unter Einschluss der nachgeordneten Organe wie der Volkspolizei, der Feuerwehr, dem Strafvollzug, den Kampfgruppen der Arbeiterklasse und der Zivilverteidigung sowie die Bearbeitung der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland (GSSD) koordinierte Oberstleutnant Rolf Brennecke mit der HA VII. Im Mittelpunkt stand, das ungesetzliche Verlassen der DDR, die so genannte Republikflucht nach 213 StGB der DDR, beziehungsweise so genannte Rechtswidrige Übersiedlungsersuchen (RWÜ) zu verhindern. Demgemäß koordinierte das Sekretariat Neiber die Zusammenarbeit der oben beschriebenen Diensteinheiten mit der ebenfalls Neiber unterstehenden ZKG, der Abteilung Zentrale Koordinierungsgruppe, 33 welche über die Anträge auf ständige Ausreise aus der DDR zu entscheiden, jedwede Form von Fluchthilfe zu unterbinden sowie Fluchthilfegruppen und -organisationen in der BRD zu überwachen und auszuschalten hatte. Zwei Offiziere für Sonderaufgaben koordinierten die Anleitung der ZKG, Oberstleutnant Günter Ziesche (seit 1979) und Oberstleutnant Dieter Dreyer (seit 1985). 34 Die Arbeitsgruppe (AG) XVII, seit 1986 Neiber und vorher Mittig unterstellt, 35 regelte den Reise- und Besucherverkehr aus West-Berlin in die DDR. Die in den West-Berliner Besucherbüros tätigen Mitarbeiter aus der DDR waren hauptamtliche Mitarbeiter der AG XVII und hatten somit optimale Möglichkeiten, ihren Auftrag zu erfüllen, indem sie beispielsweise missliebigen Personen aus West- Berlin die Einreise verweigerten. Ein zuständiger Offizier für Sonderaufgaben, der sich hauptsächlich mit der Arbeitsgruppe (AG) XVII befasste, konnte in der Überlieferung nicht namhaft gemacht werden; dem Abschlussprotokoll zur Auflösung des Sekretariats Neiber 36 zufolge war dies das Aufgabengebiet von Oberstleutnant Hans Seufert. 32 33 34 35 36 BStU, MfS, Nr. 209, S. 122 ff.: Vorläufige Festlegungen zu den Schwerpunkten der Tätigkeiten der Offiziere für Sonderaufgaben auf dem Gebiet der vorbeugenden Verhinderung, Zurückdrängung und Unterbindung des Verlassens der DDR sowie der Bekämpfung in dieser Richtung wirkender feindlicher Kräfte v. September 1988.; ebenda Nr. 197, S. 72 f.: Aufgabenstellung für die Offiziere für Sonderaufgaben v. November 1982. BStU, MfS, BdL/Dok. Nr. 004806: Befehl Nr. 1/75, Bildung der Zentralen Koordinierungsgruppe, v. 15.12.1975; weiterführend siehe: Bernd Eisenfeld, Die Zentrale Koordinierungsgruppe. Bekämpfung von Flucht und Übersiedlung, (Anatomie der Staatssicherheit. Geschichte, Struktur und Methoden. MfS-Handbuch III.17), 2. Aufl., Berlin 1996. BStU, MfS, Nr. 197, S. 50 ff.: Aufgabenstellung für die Offiziere für Sonderaufgaben v. November 1982. Nach Auskunft von Roland Wiedmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter der BStU/BF 1. BStU, Staatliche Überlieferung zum MfS/AfNS in Auflösung Nr. 10, S. 8. XXII

Dem Stellvertreter des Ministers Neiber unterstellte Diensteinheiten 37 1979 38 1982 39 1986 40 Veränderungen Abt. III Abt. III Seit 1983 HA III; 1986 Schwanitz unterstellt. Abt. XII Abt. XII 1986 Mielke direkt unterstellt. Abt. XXII Abt. XXII Abt. XXII 1989 Fusion mit der Abt. XXIII zur HA XXII. Abt. 26 Abt. 26 1986 Mielke direkt unterstellt. AÖV Abt. E Abt. F AÖV Abt. E Abt. F 1985 zur ZAIG; 1986 Mielke direkt unterstellt. 1985 zum OTS; 1986 Schwanitz unterstellt. 1983 zur HA III; 1986 Schwanitz unterstellt. ZKG ZKG ZKG HA VI HA VII HA VIII HA VI HA VII HA VIII HA I AG XVII 1982 übernommen nach dem Tod des 1. Stellvertreters Beater. 1982 übernommen nach dem Tod des 1. Stellvertreters Beater. 1982 übernommen nach dem Tod des 1. Stellvertreters Beater. 1986 von Mielke übernommen. 1986 von Mittig übernommen. Tabelle 2. (1988) Abt. XXIII 1988 41 aus AGM/S gebildet und von Mielke übernommen, 1989 in HA XXII. Eine wichtige Diensteinheit im Anleitungsbereich war die HA XXII, Terrorabwehr, beziehungsweise deren beide Vorläufer, die Abteilung XXII und die 37 38 39 40 41 Zur Auflösung der Abkürzungen siehe das Glossar am Ende des Bandes. BStU, MfS, KS 100/90, Nebenakte Teil V, S. 20f. BStU, MfS, Nr. 197, S. 2 ff.: Politisch-operative Aufgabenstellung im Anleitungsbereich des Stellvertreters des Ministers Neiber. BStU, MfS, BdL/Dok. Nr. 002251. BStU, MfS, BdL/Dok. Nr. 008516: Befehl 4/88 v. 13.04.1988. XXIII

Abteilung XXIII, die erst 1989 zusammengelegt wurden. Die Abteilung XXIII wiederum war laut Befehl Nr. 4/88 vom 13. April 1988 aus der AGM/S, der speziell ausgebildeten Einsatz- und Kampfgruppe des MfS für Spannungsperioden und den Ernstfall, unter Generalmajor Stöcker entstanden. 42 Aufgabe der HA XXII war neben der Terrorabwehr vor allem die Terrorismusbekämpfung sowie die Beobachtung und Abwehr des internationalen Links- und Rechtsextremismus. Der zuständige Offizier für Sonderaufgaben im Sekretariat war seit 1980 Oberstleutnant Gerhard Plomann. Als Dienstleister oder hauptsächlich auftragnehmende operative Diensteinheit zählte die HA VIII zum Anleitungsbereich Neiber. Sie war im MfS zum einen für die Beobachtung, Ermittlung und Festnahme von Personen im Zusammenhang mit der Bearbeitung konspirativer Ermittlungsverfahren, sogenannter Operativer Vorgänge und zentraler operativer Maßnahmen, sogenannter Aktionen für alle Diensteinheiten zuständig. Zum anderen überwachte sie neben dem so genannten Polit-Tourismus, den Reisen prominenter Politiker der Bundesrepublik in die DDR, die Angehörigen der Militärinspektionen sowie die bevorrechteten Personen und Korrespondenten, außerdem die Transitstrecken durch die DDR. Ein verantwortlicher Offizier für Sonderaufgaben konnte bislang nicht ermittelt werden. Häufig taucht jedoch der Name Rolf Brennecke in den Unterlagen auf. Das Abschlussprotokoll vom 28. Februar 1990 zur Auflösung des Sekretariats 43 nennt indes Manfred Treichel. Funkabwehr, Funkaufklärung und funkelektronischer Kampf oblagen der mit Befehl Nr. 1/83 44 aus der Abteilung III und der Abteilung F gebildeten HA III. Telefon- und Raumüberwachung waren Aufgaben der Abteilung 26. Für beide Diensteinheiten war Hans Seufert als Offizier für Sonderaufgaben zuständig, bis im Jahr 1986 beide Diensteinheiten abgegeben wurden: Die HA III kam zum neu gebildeten Stellvertreterbereich Operative Technik unter Wolfgang Schwanitz, die Abteilung 26 zunächst zum Minister Mielke, wurde aber wenig später ebenfalls Schwanitz zugeordnet. 45 Erhalten geblieben vor allem was die Tätigkeit der HA III anbelangt ist wenig Schriftliches. Seit 1980 wirkte Hans Seufert außerdem als Koordinator des MfS für die Suche nach dem Bernsteinzimmer und anderem verschollenen Kulturgut. 46 Oberst Falk Rüdiger, ein promovierter Jurist, war seit 1979 im Sekretariat Neiber tätig. 1989 leitete er das Sekretariat und war der persönliche Referent von 42 43 44 45 46 Zur Entstehung der HA XXII siehe BStU, MfS, Nr. 7, 8 u. 9; weiterführend Tobias Wunschik, Die Hauptabteilung XXII. Terrorabwehr (Anatomie der Staatssicherheit. Geschichte, Struktur und Methoden. MfS-Handbuch III.16), Berlin 1995. BStU, Staatliche Überlieferung zum MfS/AfNS in Auflösung Nr. 10, S. 7. BStU, MfS BdL/Dok. Nr. 007694: Befehl v. 15.01.1983. Siehe darüber in Abschnitt 5.1. BStU, MfS, Nr. 1064, S. 1; Über Unterlagen zum Bernsteinzimmer siehe weiter in Abschnitt 3.4. XXIV

Neiber. Bis 1986 koordinierte er zusätzlich die Arbeit der Abteilung XII (Archiv und Informationsspeicher des MfS), die dann dienstrechtlich dem Leiter der ZAIG und damit Minister Mielke persönlich unterstellt wurde. Von jenem Unterstellungsverhältnis der Abteilung XII zeugen nur noch die im Sekretariat bebzw. erarbeiteten Dienstlichen Bestimmungen zur Organisierung der Arbeit in der Abteilung XII. 47 Wie in allen Diensteinheiten im MfS war die Parteiarbeit der SED auch im Sekretariat Neiber eng mit den dienstlichen Aufgaben verwoben. Sie wurde in der SED-Grundorganisation des Sekretariats, GO 24, konzentriert, deren Sekretär 1989 Oberstleutnant Günter Ziesche war; für Agitation und Propaganda zeichnete Oberstleutnant Harry Eichhorn verantwortlich. 48 3.2 Überlieferungslage und archivische Bearbeitung Aus den Räumen des Sekretariats Neiber wurden bei der Auflösung des MfS bzw. AfNS 1990 gebündelte Unterlagen in einem Umfang von 34,5 laufenden Metern in das spätere Archiv der Zentralstelle des BStU verbracht. In dem Auflösungsprotokoll 49 beschreibt Gerhard Plomann, der zuständige Offizier für Sonderaufgaben, die materiellen Hinterlassenschaften und deren Verbleib. Er erwähnt auch das Personal, das zum 1. März 1990 entweder berentet oder entlassen wurde. Die auf der Suche nach dem Bernsteinzimmer 50 angefallenen Unterlagen sind in diesem Protokoll lediglich aufgeführt. Vorhanden waren sie nicht, da sie im Frühjahr 1990 an die Hauptabteilung K des Ministeriums für Innere Angelegenheiten (MfIA), zuvor Ministerium des Innern (MdI), übergeben worden waren und erst 1993 an den Bundesbeauftragten zurückgegeben und als Akzession dem Teilbestand eingegliedert wurden. 51 Weiterhin sind zerrissene, vorvernichtete Unterlagen protokolliert. Bisher konnten sie allerdings nicht in den ursprünglich 17 200 Säcken in der ehemaligen Zentrale des MfS in Berlin-Lichtenberg aufgefunden werden. 52 Nach der Übergabeliste vom 13. Februar 1990 nahm das Auflösungskomitee 184 Bündel mit Schriftgut entgegen, unterschieden in Quellenmaterial, übrige Vorgänge und sonstiges Schriftgut, 53 wobei letzteres das umfangreichste ist. Da die in der Übergabeliste aufge- 47 48 49 50 51 52 53 BStU, MfS, Nr. 197, S. 2 ff. Roland Wiedmann (Bearb.), Die Organisationsstruktur des Ministeriums für Staatssicherheit 1989 (Anatomie der Staatssicherheit. Geschichte, Struktur und Methoden. MfS- Handbuch V.1), Berlin 1995, S. 216. BStU, Staatliche Überlieferung zum MfS/AfNS in Auflösung Nr. 10, S. 3 ff.; siehe auch bei Anm. 23. Ausführlich in Abschnitt 3.4. Akzession Nr. 31/93 vom Gemeinsamen Landeskriminalamt der neuen Länder (zukünftig: GLKA). Erster Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik 1993, Berlin 1993, S. 38 ff. Es gibt unterschiedliche Angaben über die Kategorien, nach denen das Schriftgut getrennt XXV

führten Titel der Bündel (beispielsweise GVS, Geheime Verschlußsache, oder Grenze ) wenig aussagefähig waren, musste der später durch Archivare erschlossen und Aktensignaturen dafür vergeben werden. Auf einen Nachweis über eine Konkordanz, welche Bündel- Titel in welchen Aktensignaturen aufgegangen sind, konnte verzichtet werden, da die Bündel nicht von Forschern u. a. benutzt worden waren. Die Schriftgutbündel bestanden in der Mehrzahl der Fälle nicht aus formierten Akten, sondern aus losen Blättern, die willkürlich den Ordnern entnommen worden waren. Außerdem waren nach Auflösung des MfS/AfNS augenscheinlich im Zusammenhang mit den unter anderem gegen Neiber eingeleiteten Ermittlungsverfahren 66 Akten, vornehmlich Terrorismus und Grenzsicherung betr., von einem namentlich nicht bekannten Bearbeiter zusammengestellt und über ein Verzeichnis der Stichworte benutzbar gemacht worden. Weitere 70 Akten über Vorkommnisse an der Grenze sie stammen aus der Arbeit des Offiziers für Sonderaufgaben Siegfried Weiße, deren Bearbeitung abgeschlossen war, wurden nach den offenbar im Sekretariat Neiber entwickelten Festlegungen zur Archivierung von politisch-operativem Schriftgut im Sekretariat des Stellvertreters des Ministers 54 vom September 1983 ablegt. Archivierung ist hierbei als Ablage des laufend nicht mehr benötigten Schriftgutes in einer sekretariatseigenen Altregistratur zu verstehen. Es sollte zur Erhöhung der Ordnung im Umgang mit politisch-operativem Schriftgut, der Zugriffsbereitschaft sowie der Ordnung in den Panzerschränken nach Entscheidung der bearbeitenden Offiziere für Sonderaufgaben von den Sekretärinnen in Mappen gelegt und einem mit einheitlichem Deckblatt versehen werden, ferner war es in einer Problemkartei und, wenn notwendig, einer Personenkartei zu erfassen und fortlaufend zu nummerieren. Die Archivnummer bestand aus einer römischen Zahl (I bis VIII) für den jeweiligen Stahlblechschrank, einer arabischen Zahl zwischen 1 und 40 als der Nummer des Archivkartons und einer Ordnungsziffer zwischen 1 bis 10 000 für das Archivmaterial (z. B. bedeutet I/34/300-302, die Vorgänge 300 bis 302 befinden sich in Karton 34 im Stahlschrank Nr. I). Diese Ablageordnung im Sekretariat beschränkte sich allerdings auf die 70 Akten über Grenzvorkommnisse. Der Handapparat des Sekretariats enthält Rechtsvorschriften und einschlägige innerdienstliche Bestimmungen, aber auch daraus resultierende Schreiben mit Weisungscharakter. Obwohl innerdienstliche Bestimmungen in der Dokumentenstelle des Büros der Leitung des MfS gesammelt wurden und heute über die 54 wurde, siehe Roland Lucht, Ablagen liquidieren,spezifische Vorgänge tragfähig gestalten. Schriftgutvernichtungen des MfS während der Wende und der Auflösungsphase der Staatssicherheit, in: Dagmar Unverhau (Hrsg.), Hatte Janus eine Chance? Das Ende der DDR und die Sicherung einer Zukunft der Vergangenheit (Archiv zur DDR- Staatssicherheit 6), Münster 2003, S. 85. BStU, MfS, Nr. 343, S. 4 ff. XXVI