Was bedeutet Pränataldiagnostik für mich in der Praxis?

Ähnliche Dokumente
Pränataldiagnostik und Schwangerschaftsabbruch

Information zum Ultraschall in der Schwangerschaft

PraenaTest. Nicht-invasive Untersuchung auf Trisomien beim ungeborenen Kind. Qualität aus Deutschland JETZT NEU

Pränatale Analytik Informationen für die Eltern

Pränatales Screening auf Chromosomenstörungen

Untersuchungen am Erbmaterial hingegen setzen einen körperlichen Eingriff voraus, weshalb sie auch als invasive PND bezeichnet werden.

Vorgeburtliche Untersuchung aus dem Blut der Schwangeren zur Abklärung einer möglichen fetalen Trisomie 21, 18 und 13

LABOR ENDERS. Pränatales Screening auf Chromosomenstörungen. Leitfaden für werdende Mütter und Väter

Dr. med. Birgit Kirschey Dr. med. Peter Bernhard

Die Messung der kindlichen Nackenfalte Der neue Standard in der vorgeburtlichen Risikoberechnung

Qualität aus ärztlichen Händen. Nicht invasiver Pränataltest (NIPT) Information für werdende Mütter

Informationsbogen zum Aufklärungsgespräch

Unsere Patienten-Information. Pränatales Screening auf Chromosomenstörungen LABOR ENDERS. Leitfaden für werdende Mütter und Väter

Leistungsspektrum Pränataldiagnostik und -therapie

Methoden der invasiven Pränataldiagnostik. Methoden zur Beurteilung der fetalen Kondition

PATIENTENINFORMATION

Vorgeburtliche Untersuchungen

Ersttrimester- Screening Was wird untersucht? MUSTER

Praxis für pränatale Diagnostik Dr. med. Gundula Girschick, Dipl. med. Holger Janke, Dr. med. Markus Vogt Bergmannstr.

Warum überhaupt Kritik am neuen Test?

Aufklärung. Feindiagnostik oder Fehlbildungsultraschall

Praxis für pränatale Diagnostik Dr. med Gundula Girschick, Dipl. med. Holger Janke, Dr. med. Markus Vogt Bergmannstr.

PatienteninFormation. erst trimester untersuchung First trimester screening

Universitäts-Frauenklinik Essen. Chorionzottenbiopsie und Amniozentese

Psychosoziale Beratung im Kontext von pränataler Diagnostik

"Pränataldiagnostik Vorarlberger Modell der Schwangerenvorsorge wird Österreich-Standard"

Sabine Riße Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe Spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin, DEGUM II

Ersttrimestertest und Nicht-Invasiver Pränatal-Test Informationen für die Patientin

Patienteninformation von DR. MED. PETER BERNHARD DR. MED. BIRGIT KIRSCHEY

PatienteninFormation. erst trimester untersuchung First trimester screening

Pränataldiagnostik und Schwangerschaftsabbruch

prenatal Nicht invasiver pränataler Test

Merkblatt und Einverständniserklärung zur Fruchtwasserentnahme (Amniozentese)

numerischen Chromosomenstörungen bzw. von Fehlverteilungen der Chromosomen strukturelle Chromosomenstörungen Mosaike

Die Bedeutung der psychosozialen Beratung im Umfeld von Pränataldiagnostik

PATIENTINNENINFORMATION PRAENA TEST

Schwanger? Wir sind für Sie da.

Sabine Riße Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin DEGUM II

11. Berner Ultraschall und Perinatal Symposium Rechtliche Probleme in der Pränataldiagnostik. Dr. iur. Ursina Pally Hofmann, Rechtsanwältin

Das Alpha-Fetoprotein (AFP) ist ein Einweiß, das vom Kind während der Schwangerschaft gebildet wird.

Präimplantationsdiagnostik aus genetischer Sicht. P. Wieacker Institut für Humangenetik Münster

Schwangerschaftsuntersuchungen, Bluttests, Ultraschall und Punktionen Frauenklinik

Vorsorge durch Nackentransparenzmessung. Frühschwangerschaft. Patienteninformation. Entdeckungsraten für das Down-Syndrom

Später Kinderwunsch - Chancen und Risiken

Sehr geehrte Ratsuchende!

9. Internationaler Tag der Seltenen Krankheiten in der Schweiz am 2. März «Aus der Isolation ins Netzwerk»

Sabine Riße Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin DEGUM II

Ultraschallpraxis in Geburtshilfe und Gynäkologie

MGZ DAS HUMANGENETISCHE BERATUNGSGESPRÄCH. Patienteninformation. Medizinisch Genetisches Zentrum

PRÄNATALDIAGNOSTIK. was Sie darüber wissen sollten

%&'" ()* & +,+-. #$ (/0 1) 50"#$ +567+! &

1.-Trimester-Test (1.-TT) Informationen für die Eltern

Pränatale array-cgh. Abklären und erkennen. Für eine erweiterte pränatale Vorsorge

Pränataldiagnostik Dr. med. Regina Rasenack Universitäts-Frauenklinik Freiburg

Chorionzottenbiopsie Punktion des Mutterkuchens

NIPT- konkret für die Praxis mit Fallbeispielen

Dr Jean-Luc Dourson. Screening auf Trisomie 21 und andere fötale Aneuploidien. Nicht-invasive pränatale Tests 1

Die meisten Kinder kommen gesund zur Welt und fast alle Schwangerschaften verlaufen normal.

Pränatale Diagnostik aus der Sicht des Gynäkologen

Sehr geehrte Schwangere, sehr geehrte werdenden Eltern,

Informationsblatt Weiterführende Ultraschalluntersuchung

Antrag auf Durchführung einer Präimplantationsdiagnostik (PID)

Inhaltsverzeichnis. Stand der Medizin. Florian Steger, Simone Ehm, Michael Tchirikov. Adam Gasiorek-Wiens. Michael Tchirikov VII. 1 Einleitung...

Ersttrimesterscreening

Schwangerenvorsorge. Sehr geehrte werdende Mutter,

Schwanger. vorgeburtlichen Untersuchungen zu bilden und mit einem guten Gefühl die eigenen Entscheidungen für sich und das Baby zu treffen.

INFORMATIONEN ZUR SCHWANGERSCHAFT

Weg-Weiser. Vorsorge in der Schwangerschaft. Hinweise in Leichter Sprache. Ein Rat-Geber für behinderte und chronisch kranke Eltern

Fetale Echokardiographie: Neue Trends und Entwicklungen bei der vorgeburtlichen Diagnostik angeborener Herzfehler

Neue Online-Prüfung für Frauenärzte anhand von Ultraschallbildern aus der realen Versorgung startet

Aufklärung. Ersttrimester-Ultraschall (Nackendickemessung)

Aufklärung zur Amniozentese (Fruchtwasseruntersuchung) Sehr geehrte Schwangere,

Humangenetische Beratung

Gynäkologische Gemeinschaftspraxis Brabanterstr Köln. M.v.Scherenberg C.Zirwes A.Moog

Psychosoziale Beratung und Begleitung von schwangeren Frauen und Paaren im Kontext von Pränataldiagnostik. Jahresbericht 2016

Nicht-invasive Untersuchung auf Chromosomenstörungen beim ungeborenen Kind

Spätabtreibung - Verfahren

Pränatale Diagnostik Amniozentese, Chorionbiopsie, Intrauterine Shuntanlage

Familie. Gesund schwanger. Gesund schwanger. Erweiterte Vorsorge für Mutter und Kind

SPÄTABBRUCH. Schwangerschaftsabbruch nach der Pränataldiagnostik. Psychosoziale Beratung zwischen Recht auf Leben und Recht auf Selbstbestimmung

Familie. Gesund schwanger. Gesund schwanger. Erweiterte Vorsorge für Mutter und Kind s

Die vorgeburtliche Diagnostik von Silvia Skolik, Geburtskanal, 2001 Selbstbestimmte Schwangerschaft oder Manipulation?

Pränatale Diagnostik. Methoden:

Voll versammlung der Menschen mit Behinderung

Die Chorionzottenbiopsie

Nicht-invasive Untersuchung auf Chromosomenstörungen beim ungeborenen Kind. Information für Schwangere

Nicht-invasive Untersuchung auf Chromosomenstörungen beim ungeborenen Kind

Schwanger? GEHT DAS? Neun Antworten zum Thema Schwangerschaft bei entzündlichen Gelenkserkrankungen. RA, PsA und axspa

Inhalt Trimesterscreening/Nackenfaltenmessung... 1 Feindiagnostik/Organschall... 3

Designerbaby. Projektwoche:

Grundkurs Strafrecht II PD Dr. Luís Greco Teil 3: Straftaten gegen das werdende Leben. Teil 3: Straftaten gegen das werdende Leben

Transkript:

Was bedeutet Pränataldiagnostik für mich in der Praxis? 1

Dr. Johannes Hovhannesian Zukunftsweg 15, 1210 Wien Mitarbeiter des Ultraschallteams in der Semmelweisfrauenklinik Wien 2

Was ist Pränataldiagnostik? Unter dem Begriff pränatale Diagnostik (PND) werden verschiedene Verfahren der vorgeburtlichen Diagnostik zusammengefasst. Mithilfe der pränatalen Diagnostik sollen Risikoschwangerschaften und -geburten frühzeitig erkannt sowie Gefahren für Leben und Gesundheit von Mutter und Kind abgewendet werden. Zu den Techniken der pränatalen Diagnostik gehören nicht nur bildgebende Verfahren wie der Ultraschall, sondern auch Methoden, die nach Entnahme und Vermehrung fetalen Gewebes eine genetische Untersuchung des Ungeborenen ermöglichen (z. B. Chorionzottenbiopsie, Amniozentese). In der Bundesrepublik Deutschland werden derzeit ca. 70 000 pränatale genetische Untersuchungen durchgeführt. Werden im Rahmen der pränatalen Diagnostik genetische oder chromosomale Störungen identifiziert, kann ein Schwangerschaftsabbruch nach geltendem Recht auf Grund einer medizinischen Indikation unbefristet und ohne Pflicht zur Beratung vorgenommen werden. Die medizinische Indikation setzt voraus, dass die Fortsetzung der Schwangerschaft nach ärztlicher Erkenntnis die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren bedeuten würde, die nicht auf eine andere für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann. Hinsichtlich der ethischen und sozialen Probleme im Zusammenhang mit pränataler Diagnostik - dies betrifft auch den Umgang der Gesellschaft mit Behinderung - kommt der Praxis der Schwangerenberatung vor und nach der Durchführung der PND eine besondere Bedeutung zu. 3

Pränatale Diagnostik was kann sie leisten und wo sind ihre Grenzen? Sie kann eine intakte Schwangerschaft bestätigen. Es lässt sich auch eine begrenzte Anzahl von Erkrankungen und Behinderungen feststellen. In Einzelfällen ist es möglich, schon während der Schwangerschaft Erkrankungen zu behandeln. Meist ist es jedoch nicht möglich. Unter Umständen bedeutet das Konsequenzen für eine bestimmte Art zu gebären, z.b. mit einem beplanten Kaiserschnitt. Trotz unauffälligen Ergebnis gibt es keine 100%ige Sicherheit für ein gesundes Kind. 4

Welche Untersuchungen gehören dazu? Ultraschall (Dopplersonografie) Humangenetische Beratung Chorionzottenbiopsie Amniozentese Einige spezielle Blutuntersuchungen (Combined Test, Sequentialtest, Triple Test, Quardruple Test, Integrated Test) Nackentransparenzmessung 5

Überlegungen bevor man Pränataldiagnostik in Anspruch nimmt 1. Welche Vorstellung von Behinderung und Krankheit habe ich, welche von Gesundheit und Normalität und wie stehe ich dazu? 2. Was würde es für mich bedeuten, ein krankes oder behindertes Kind zu bekommen? Bekomme ich Unterstützung von meiner Familie oder meinen Freunden? Wo bekomme ich ausreichend Information über Hilfe von außen (Selbsthilfegruppen, finanzielle Unterstützung, öffentliche oder/und private Organisationen)? 3. Welches Eingriffsrisiko bin ich bereit einzugehen, um Informationen über mögliche Erkrankungen meines Kindes zu erhalten? 4. Kann ich mir vorstellen, auf pränatale Diagnostik zu verzichten, um damit ein gewisses Risiko einzugehen, ein krankes oder behindertes Kind zu bekommen, von dem ich vor der Geburt nichts weiß? Von 100 Frauen, die bei der Geburt 40 Jahre alt sind, erwartet laut Statistik nur eine ein Kind mit Down Syndrom. Die Natur selbst lässt viele schwerwiegende Erkrankungen nicht zu, was eine natürliche Fehlgeburtenrate von 10% bedeutet. 95-97% aller Kinder kommen bei der Geburt völlig gesund zur Welt. 6

Ablauf der Schwangerenbetreuung in Bezug auf Pränataldiagnostik in der Ordination Erstvorstellung meist 6.-7. Schwangerschaftswoche (positive Herzaktion) 2. Besuch: 10. Schwangerschaftswoche (erste Erwähnung der Pränataldiagnostik, Aborte finden häufig in dieser Schwangerschaftswoche statt) 3. Kontrolle: 12.-13. Schwangerschaftswoche Nackentransparenzmessung, eventuell Combined Test 20.-22. Schwangerschaftswoche: Organscreening 4wöchige Abstände bis zur 38. Schwangerschaftswoche 7

Welche Probleme gibt es mit der Pränataldiagnostik in der Praxis? Gutes Ultraschallgerät notwendig Unangenehmes Thema Verunsicherung der Patientin (Schwangerschaft auf Probe) Zeitaufwendig Wie finde ich die richtige Wortwahl? Manchmal Sprachbarriere Zeitweise zu große Erwarungshaltung Was mache ich, wenn die Patientin zum ersten Mal in einer Schwangerschaftswoche kommt, wo keine nicht invasive Pränataldiagnostik mehr möglich und im Vorfeld auch keine Aufklärung erfolgt ist? Was passiert, wenn das Kind einer solchen Patientin auffällig ist? Was passiert, wenn in der Spätschwangerschaft plötzlich der Verdacht auf ein Syndrom besteht? Wie funktioniert die psychologische Betreuung? Wer bildet einen Arzt/Ärztin psychologisch aus, um die Beratung so einfühlsam wie möglich zu gestalten? Wie steht es mit einer Supervision für Ärzte? Wie gehe ich mit Auffälligkeiten um, die ich selbst nicht genau einschätzen kann? Forensik! (Reverse, Klagenfurter Urteil, Salzburger Urteil) 8

Beispiele aus der Praxis: 42jährige Erstgebärende mit Diagnose Down Syndrom Austragen der Schwangerschaft Religionslehrerin mit Diagnose Down Syndrom - Schwangerschaftsabbruch Rechtzeitige Plazenta praevia Diagnostik geplante primäre Sectio Rechtzeitige Erkennung einer progredienten Cervixsuffizienz Frühgeburtsvermeidung Rechtzeitige Diagnose eines kritischen Herzfehlers geplante Entbindung in einem spezialisierten Zentrum Diagnose eines Abdominaltumors beim Kind in der Spätschwangerschaft Erklärung für einen nachfolgenden intrauterinen Fruchttod Entdeckung eines sehr seltenen Syndroms in der Spätschwangerschaft Vorbereitung der Eltern auf die Zeit nach der Geburt 9

Zukunftsaussichten: Weitere Verbesserung der Ausbildung der Ärzteschaft, auch in psychologischer Gesprächsführung Durch die rasante technische Weiterentwicklung der Geräte wird die Pränataldiagnostik bald im späten ersten und frühen zweiten Trimenon erfolgen. Eventuelle Konsequenzen könnten früher gezogen werden. Information der Patientinnen weiter verbessern, schon vor Durchführung von Pränataldiagnostik. 10

Danke für Ihre Aufmerksamkeit! 11