Übersicht 13. Rheinland-Pfälzisch-Hessisches Umwelt- und Mobilfunksymposium 26. April 2014 Wilfried Kühling Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.v. (BUND) Alte und neue Defizite der 26. BImSchV die Novellierung und ihre Folgen die Novellierung und ihre Folgen 1. Vorbemerkung 2. Neuerungen Hochfrequenz 3. Neuerungen Niederfrequenz 4. Neuerungen Gleichstrom 5. Fortbestehende Defizite 6. Folgen 3 1. Die Novellierung der 26. BImSchV 1. Grobe Unterscheidung der Feldquellen: Umfangreiche BUND-Stellungnahme 2011/12 Öffentliche Anhörung am 27. Februar 2013 zum Entwurf im Deutschen Bundestag, Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Änderungen durch den Bundesrat Verordnung über elektromagnetische Felder in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. August 2013 (BGBl. I S. 3266) 4 Ungewünschte Abstrahlung: Quellen mit niederfrequenten Wechselfeldern, zum Beispiel Anlagen zur Hochspannungs- Wechselstromübertragung (HWÜ) als50hz 50-Hz- Hochspannungs-Freileitungen/ Haushaltsstrom; 16,7-Hz-Bahnstromleitungen, Hochspannungs-Gleichstromübertragung (HGÜ), Gezielte Abstrahlung (in die Aufenthaltsbereiche des Menschen): Quellen, die hochfrequente Felder ausstrahlen (z. B. Anlagen/Geräte des Mobil-/Kommunikationsfunks). 5
Unterscheidung Schutz/ Vorsorge 2. Neuerungen Hochfrequenz (Schutz I) Rechtliches Schutzprinzip: Schutz vor erheblichen Schäden für Mensch, Umwelt oder andere Schutzgüter, deren Eintritt mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann. Einklagbar/ Drittschutz. Rechtliches Vorsorgeprinzip: Vorsorgeprinzip: Bestandteil der Umweltpolitik betrifft den Umgang mit wenig bekannten oder schlecht einschätzbaren Risiken, mit Unsicherheiten in den Kenntnissen Greift Besorgnispotenziale/Verdachtsmomente auf rechtliche Grundlage für Maßnahmen ist gegeben! 6 2 Abs. 1: Grenzwerte einhalten auch unter Berücksichtigung von Immissionen i durch andere ortsfeste HF- sowie NF-Anlagen (Gesamtbelastung), t 2 Abs. 2: Kurzzeitige Überschreitungen der Grenzwerte aufgrund einer vorübergehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder zum Schutz der Sicherheit des Staates bleiben außer Betracht. 7 2. Neuerungen Hochfrequenz (Schutz II) 3. Neuerungen Niederfrequenz (Schutz I) 7a: Beteiligung der Kommunen Die Kommune wird bei der Auswahl von Standorten für Hochfrequenzanlagen (nach dem 22. August 2013 errichtet) durch die Betreiber gehört. Sie erhält rechtzeitig die Möglichkeit zur Stellungnahme und zur Erörterung der Baumaßnahme. Die Ergebnisse der Beteiligung sind zu berücksichtigen. 8 Frequenzbereich durchgängig geregelt: nun 200 µt für 50 Hz-Anlagen in Anhang 1a, 100 µt für 50 Hz-Anlagen (300 µt für Bahnstrom) als Grenzwert (speziell für Orte zum Aufenthalt) nicht geändert 3 Abs. 1: Bestehende Genehmigungen und Beschlüsse bleiben unberührt: vor dem 22. August 2013 errichtet: für Orte zum Aufenthalt dürfen Grenzwerte (50 Hz: 100 µt/ Bahn: 300 µt) nicht überschritten werden, Verdopplung <1:12 h/d erlaubt 9 Verdopplung außerhalb von Gebäuden erlaubt
3. Neuerungen Niederfrequenz (Schutz II) 3 Abs. 2: Anlagen nach 22. August 2013 errichtet: t Grenzwerte (50 Hz: 100 µt/ Bahn: 300 µt) dürfen nicht mehr überschritten werden (keine Ausnahme mehr erlaubt) Aber: Wie umgehen mit kurzfristigen Spitzen bei Umschaltvorgängen? Fehlende zeitliche Regelung! 10 3. Neuerungen Niederfrequenz (Vorsorge I) 4 Abs. 1: Wesentliche Änderung von bestehenden Anlagen in Nähe von Wohnungen, Krankenhäusern, Schulen, Kindergärten etc. nur, wenn auch maximale Effektivwerte der elektrischen Feldstärke und magnetischen Flussdichte eingehalten werden (nach dem 16. Dezember 1996 errichtete Anlagen: alte Bestimmungen gelten weiter fort) 4 Abs. 2: Errichtung und wesentliche Änderung von HGÜ/ HWÜ: Möglichkeiten it zur Minimierung i i sind auszuschöpfen (Stand der Technik unter Berücksichtigung von Gegebenheiten im Einwirkungsbereich ), neue Verwaltungsvorschrift hierzu vorgesehen. 11 3. Neuerungen Niederfrequenz (Vorsorge II) Neue Trasse: HWÜ mit 50 Hz und >220 kv dürfen Gebäude (für Aufenthalt) nicht iht überspannen (ausgenommen: Bestehende Genehmigungen/ Beschlüsse und bis zum 22. August 2013 beantragte Verfahren) Bahnstrom/Gleichstrom dürfen überspannen? 4. Neuerungen Gleichstrom Neuer 3a: Gleichstromanlagen Grenzwerte magnetische Flussdichte Anlage 1a dürfen nicht überschritten werden Wirkungen wie Funkenentladungen zwischen Personen und leitfähigen Objekten, die zu erheblichen Belästigungen oder Schäden führen können, müssen vermieden werden Dabei sind alle relevanten Immissionen zu berücksichtigen (Ionisation der Luft: Ozon, Stickstoffoxide: I-Prognose!) 12 13
Ansatz zur Beurteilung HGÜ Wesentlich: Elektrische Gleichfelder HGÜ: zur Vorsorge Abstände wie HWÜ Hybridleitungen (gemeinsam HGÜ und HWÜ) Einwirkungen durch Luftschadstoffe in Abhängigkeit von meteorologischen Bedingungen (Ausbreitungsrechnung) SSK: Minimierung/ Begrenzung Magnetische Gleichfelder ld Gleichfelder mit Flussdichten im Variationsbereich des Erdmagnetfelds (SSK 2013) 5. Fortbestehende Defizite der 26. BImSchV Keine Vorsorge HF! Begriff findet sich zwar ausdrücklich düklihi in 1Ab Abs. 1(Anwendungsbereich), bei HF-Anlagen wird bislang von Anforderungen zur Vorsorge gänzlich abgesehen Begrenzung zur Vorsorge lediglich bei NF- Anlagen in der Nähe von empfindlichen Einrichtungen (elektrische Feldstärke und magnetische Flussdichte), verbietet die Überspannung von Gebäuden bei neuen Trassen (ohne Schutzabstand!) 15 16 Fortbestehende Defizite II Mehrfachbelastungen Realität/Dilemma: Mehrfachbelastungen/ Kombinationswirkungen i Nachweis eines kausalen Bezugs zwischen Ursache und Wirkung bei einzelner Noxe? unwissenschaftlich (Bsp. NF, KiKK-Studie) Wer definiert die Validität von Studien? Wer bestimmt das Maß der "Adversität? 17 Darstellung möglicher Kombinationswirkungen, die zu additiven und synergistischen DNA-Schädigungen führen, darunter auch elektromagnetische Felder (WITTE 2012)
VDI-Modell zur Begrifflichkeit der Adversität VDI 2308 Bl. 1 Abschätzung des gesundheitlichen Risikos im Immissionsschutz (Juni 2009) gesellschaftlich determiniert Lage der Grenze? evident unerwünscht schädlich h = advers (internationaler Sprachgebrauch; WHO-Definition = advers (VDI) Weitere Hinweise Art. 2 der EU-Richtlinie 2013/35/EU zum Schutz der Arbeitnehmer vor elektromagnetischen ti Feldern zählt die nichtthermischen Wirkungen inzwischen i zu den "direkten biophysikalischen ik h Wirkungen Langzeitwirkungen: Zusammenhang zwischen der Nutzung von mobilen Telefonen und bösartigen Hirntumoren bei Nutzungszeiten >20 Jahren konnte inzwischen untersucht und hergestellt werden (Hardell et al. 2013). 21 23 Wirkungen NF Magnetfelder Signifikant erhöhtes Risikos für Kinder, unter HWÜ an einer bestimmten t Form von Leukämie zu erkranken Plausible Erklärung für den kausalen Wirkungsbezug bei Magnetfeldern (Luukkonen et al. 2014): im 50 Hz-Magnetfeld wird das oxidative/antioxidative Gleichgewicht gestört und könnte eine genomische Instabilität bei den Nachkommen der exponierten Zellen hervorrufen Wirkungen NF-Magnetfelder Könnte einen rechtlich verbindlichen Sht Schutzstandard t d<0,2 02µT Tbegründen üd WHO (bereits 2002): möglicherweise krebserregend Ausreichende Hinweise auf krebserregende Wirkung im Bereich sehr niedriger Flussdichten, die seitens IARC kausale Interpretation zulässt p 24 25
Leukämie bei Kindern an Hochspannungsleitungen Quelle: Schriftenreihe 214 BUWAL 1993 4-fach bei 03 0.3 µt 27 Herkunft/ Grundlage Magnet. Flussdichte in µt Horizont. Abstand v. Trassenmitte Geltungsbereich, Verbindlichkeit 26. BImSchV 100 Grenzwert (neue Anlagen mit 50 Hz) für Orte, die zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind LAI 2012 0,1 470 m Vorsorge gemäß zivilisatorischer Hintergrundbelastung Planungsziel LEP NRW, Entwurf 0,15 400 m Abstand zu Wohngebäuden (unbeplanter Innenbereich) für neu zu errichtende 2013 Trassen ab 220 kv Schweiz 1 Anlagegrenzwert, Vorsorgeprinzip, Langzeitwirkungen, biologische Wirkungen UVP-Leitlinie <0,01 >600 m Vorschlag wirksame Umweltvorsorge für dem Aufenthalt dienende Orte (Abstand für Freileitung 380 kv) UVP-Leitlinie 001 0,01 30-150 m Vorschlag wirksame Umweltvorsorge für 28 dem Aufenthalt dienende Orte (Abstand Wilfried Kühling Wissenschaftlicher Beirat des BUND/ Bundesarbeitskreis Immissionsschutz, für Erdkabel AG EMF 110 kv - 380 kv) 6. Fazit: Mangelnde Rechtsgrundlage HF 6. Fazit: Mangelnde Rechtsgrundlage NF Gezielte und erzwungene 24-Stunden-Dauer- Einstrahlung verschiedener Funknetze in die dem Aufenthalt dienenden Räume: kein gesellschaftlich abgewogener Interessenausgleich zwischen möglichen Gefahren und Nutzen der Mobilfunktechnik (BfS 2005) ohne ausreichende Rechtsgrundlage (bislang ungeregelter Eingriff in das Menschenrecht auf Achtung der Wohnung - Art. 8 Abs. 1 EMRK) Kommunikationstechnologien (Anwendungen, Geräte): Schutzpflicht des Staates? Baurecht: funkfreie Gebiete? 30 Hochspannung: neue Argumente zur Verschärfung Grenzwert (0,0101 statt tt 100 µt?). Widerstand? EU-Beschwerde? Verbandsklagen? Verfahren BBedarfsplan bis Planfeststellung: fehlender Bedarfsnachweis, mangelnde Alternativenprüfung, ungenügende Trassenbreite etc. 31