ARTHROSKOPIE AKTUELL. Nachbehandlungsstrategie nach Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes

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Transkript:

8 ARTHROSKOPIE AKTUELL Nachbehandlungsstrategie nach Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes

Nachbehandlungsstrategie nach Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes Heinz-Jürgen Eichhorn 1 Michael Strobel 1 Klaus Eder 2 1) Orthopädische Gemeinschaftspraxis, Hebbelstr. 14 a, 94315 Straubing Belegabteilung des Elisabeth Krankenhauses II, Schulgasse, 94315 Straubing 2) Eden-Reha, Lessingstr. 39-41, 93093 Donaustauf

Von der orthopädischen Gemeinschaftspraxis Straubing werden jährlich stationär im Elisabeth-Krankenaus und ambulant im Operationszentrum Theresientor über 680 Rekonstruktionen des vorderen Kreuzbandes durchgeführt. Als Rekonstruktionsmaterial wird die Patellasehne (bone-tendon-bone) oder die Semitendinosussehne als Vierfachstrang (Quadrupeltechnik) jeweils mit proximaler Fixation durch Endo Button verwendet. Auswahl des Transplantates Die Auswahl des Rekonstruktionsmaterials erfolgt für jeden Patienten differenziert in Abhängigkeit der sportlichen Aktivität, des Berufes, von evtl. erfolgten Voroperationen und Begleitverletzungen. Die Vorteile des Patellasehnen-Transplantates liegen dabei in der konstanten Transplantatbreite, der primär festen Verankerung, dem Erhalt der aktiven Innenrotation, der Schwächung der Antagonisten und der gut erforschten, wenn auch langdauernden Ligamentisation. Die Nachteile bestehen in der Störung des Streckapparates, der traumatisierenden Transplantatentnahme, einem Quadrizepsdefizit von 15% nach 1 Jahr, möglichen Problemen beim Hinknien, sowie der Gefahr eines Cyclopssyndroms, einer Patellafraktur oder eines Restsehnenrisses. Zudem wird der Hautschnitt in einem sehr bewegten Gebiet plaziert. Demgegenüber bietet die arthroskopische Rekonstruktion mit der Semitendinosussehne (mindestens als Dreifachstrang, besser als Vierfachstrang) die Vorteile einer kosmetisch günstigeren Schnittführung; Tuberositas- und Patellaspitzenprobleme kommen nicht vor. Der Streckapparat bleibt bei dieser Technik unverletzt und der Hautschnitt wird in einem unbewegten Gebiet angelegt. Darüber hinaus entspricht das Elastizitätsmodul eines Drei- bzw. Vierfachstranges dem eines normalen vorderen Kreuzbandes, wie zahlreiche Untersuchungen zeigen. Die Nachteile liegen in der Störung der Innenrotation, in möglichen Weichteilhämatomen im Bereich der Entnahmestelle, in der Schwächung der Agonisten, der zeitaufwendigen Gewinnung sowie in der Präparation der Sehne. Manchmal ist die Sehne auch sehr schwierig zu identifizieren oder so dünn ausgeprägt, daß sie sich als Transplantat nicht eignet. Unter Berücksichtigung dieser Vor- und Nachteile wird die Wahl des Transplantates in Abhängigkeit der genannten Patientenparameter getroffen. Patienten mit einer kräftigen Muskulatur, Hallensportler, Sportler, die auf eine aktive Innenrotation angewiesen sind, wie z. B. Tänzer, aber auch Patienten mit einem straffen Bandapparat (geringes joint play) werden mit der Patellasehne versorgt. Patienten mit knieendem Beruf (Fliesenleger, Automechaniker, Pfarrer), Hobbysportler, oder einem laxen Bandapparat wird die Rekonstruktion mit der Semitendinosussehne empfohlen. Gleichfalls wird bei einer Patella infera, einem M. Osgood-Schlatter, oder wenn eine Rekonstruktion mit dem Lig. patellae schon auf der anderen Seite oder auf der gleichen Seite erfolgt ist, oder wenn ein möglichst günstiges kosmetisches Endergebnis angestrebt wird (Frauen, Fotomodell etc.), die Semitendinosussehne bevorzugt. läßt sich primär durch die Fixation mit Interferenzschrauben stabiler fixieren als die Semitendinosussehne. Zudem verläuft die Knochen-Knochen-Heilung wesentlich schneller als die Knochen-Sehnen-Einheilung. Demgegenüber scheint die Semitendinosussehne nicht dem Umbauprozeß der Patellasehne (Ligamentisation) zu unterliegen und ist somit zwischen der 8. und 16. Woche (Schwächephase der Patellasehne) stärker belastbar. Nachbehandlung Ein großer Teil unserer Patienten wird im Eden-Reha-Zentrum im Rahmen der erweiterten ambulanten Physiotherapie oder stationär 6 Wochen nach der Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes nachbehandelt. Durch die enge Zusammenarbeit von Operateur und Physiotherapeut hat sich im Laufe der Jahre ein bewährtes Nachbehandlungskonzept herauskristallisiert. Bei den einzelnen Phasen muß jedoch den individuellen Gegebenheiten, z. B. dem Patienten, der noch über Schmerzen oder sonstige Beschwerden klagt, Rechnung getragen werden. Selbstverständlich gilt es auch das Rekonstruktionsmaterial zu berücksichtigen. Nachbehandlungsphasen Wir unterscheiden vier Nachbehandlungsphasen: Phase I 1. - 2. Woche Phase II 3. - 6. Woche Phase III 7. - 12. Woche Phase IV 13. - 20. Woche Phase I: Das Ziel der Phase I ist die Schmerzlinderung, die Reduzierung der Schwellung und die Erhöhung der Beweglichkeit. In der ersten Woche nach der Operation wird mit Bewegungsübungen des Kniegelenkes begonnen, die Streckung sollte dabei im Vordergrund der therapeutischen Bemühungen stehen. Die meisten Patienten sind am Ende der ersten postoperativen Woche in der Lage, ihr Kniegelenk auf ca. 100-110 zu beugen. Noch vor 1 Jahr waren wir stolz darauf, das Bein auf der Motorschiene möglichst ausdauernd durchbewegen zu können. Dieses Vorgehen hat jedoch zu vermehrten Reizergüssen, mitunter auch zu Schmerzen geführt. Es hat sich herausgestellt, daß das operierte Kniegelenk in der ersten postoperativen Woche eher Ruhe, eine dosierte Mobilisation auf der Bewegungsschiene und den dosierten Einsatz von Krankengymnastik und Physiotherapie benötigt. Als wertvoll haben sich in dieser Phase eine kombinierte Kühlund Kompressionsbehandlung mit dem Cryo-Cuff (Fa. Aircast) sowie regelmäßige Lymphdrainagen herausgestellt (Abb.1) Neben der differenzierten Auswahl des Rekonstruktionsmaterials und einer atraumatischen arthroskopischen Operationstechnik, auf die hier nicht eingegangen werden soll, ist der Operationserfolg im wesentlichen von der gezielten, koordinierten und abgestimmten Nachbehandlung abhängig. Hierbei ist in der Frühphase der Nachbehandlung eine Differenzierung von Semitendinosussehne und Lig. patellae zu beachten. Das Lig. patellae (bone-tendon-bone) Abb. 1 Mobilisation des operierten Kniegelenkes auf der Bewegungsschiene. Postoperativ wurde bereits eine Kühl- Kompressionsbandage (Cyro-Cuff, Fa. Aircast) angelegt. 3

Lokale Schmerzpunkte können vorsichtig mit Ultraschall angegangen werden. Im Laufe der Physiotherapie wird auf die Patellamobilisation geachtet und mit PNF-Techniken begonnen (Abb. 2). In den ersten 10 Tagen nach der Operation erhält der Patient bei Fehlen von Kontraindikationen ein nichtsteroidales Antiphlogistikum (z.b. Diclofenac 3 x 50 mg). Abb. 2 PNF-Technik im Overflow Phase I Ziele: Training: Elektrotherapie: 1. - 2. Woche Krankenymnastik: Medikamentös: Schmerzlinderung Ödemreduktion Erhöhung der Beweglichkeit Irradiation (PNF) nicht operiertes Bein obere Extremitäten Beginn mit propriorezeptivem Training koaktivierte Bewegungen (Skifahrerübung, Abb. 3) Elektrotherapie bei Metallimplantaten nur Hochvolt-Therapie Elektrostimulation (M. vastus medialis) Verbesserung des Gelenkstoffwechsels durch MF 100 bis 200 Hz Traktion, Mobilisation Mobilisation nicht in die Hyperextension (Abb. 4) Traktionen in aktueller Ruhestellung (Abb. 5) Patellamobilisation (forciert nach medial) Gangschule manuelle Lymphdrainage NSAR für 10 Tage Schmerzmedikation bei Bedarf Abb. 3 Skifahrerübung als koaktive Bewegung Abb. 4 Abb. 5 Mobilisation in die Streckung Traktion und Mobilisation des Gelenkes 4

Phase II: Das wesentliche Ziel der zweiten Nachbehandlungsphase ist die Erreichung der vollen Beweglichkeit mit Übergang zur Vollbelastung des Gelenkes bei gleichzeitiger Verbesserung der propriorezeptiven Funktionen (Abb. 6). Es wird die volle Beweglichkeit des Kniegelenkes speziell unter Weichteilmobilisationsformen angestrebt. Besondere Massageformen und Dehnungstechniken kommen hier zur Anwendung. Da der M. vastus medialis krankengymnastisch in dieser Phase schwer zu beüben ist, versorgen wir die Patienten für 8 Wochen mit einem Elektrostimulator, um speziell den M. vastus medialis zu stärken. Nach Abschluß der Wundheilung beginnt der Patient in brusthohem Wasser mit Gehund Bewegungsübungen und kann auch schon mit dem sog. Aqua-Jogging beginnen. Kraftübungen werden grundsätzlich koaktiviert oder im Overflow von der Kontralateralseite oder als Diagonalbeübung durchgeführt. Radfahren mit adaptiertem Pedalwiderstand ist erlaubt. In dieser Phase beginnen auch schon koordinative Übungen zur Erhaltung der Propriorezeption. Über Training an der Leg-press-Maschine wird der Patient an die Vollbelastung herangeführt (Abb. 7). Am Ende der Phase II können Patienten mit einer hauptsächlich sitzenden Tätigkeit ihre Arbeit wieder aufnehmen. Abb. 7 Kontrollierte Belastungssteigerung in der leg-press- Maschine. Druckkontrolle durch unterlegte Waage. Phase II 3. - 6. Woche Abb. 6 Propriozeptive Übung auf instabilem Untergrund mit Seilzügen Ziel: Training: Erreichung der vollen Beweglichkeit Vollbelastung Verbesserung der koordinativen Fähigkeiten Übergang zum Alltags- und berufsspezifischen Training Propriorezeptives Training (Kippbrett; Therapiekreisel, weiche Bodenmatte etc.) Standstabilisation an Seilzügen auf unterschiedlichen Untergründen (Abb. 6) Auxotonisches Krafttraining Bewegungsbad, wenn Wundheilung abgeschlossen Kraftausdauertraining, insbesondere der Ischiocruralmuskulatur Leg-press-Beinachsentraining mit axialem Druck 5

Elektrotherapie: Krankengymnastik: Dehnungen: Medikamentös: ggf. Lasertherapie an Insertionsbzw. Inzisionsstellen Elektrostimulation (30 Hz) [M. vastus medialis] Verbesserung des intraartikuären Gelenkstoffwechsels (MF 100 bis 200 Hz) Patellamobilisation aus unterschiedlichen Gelenkstellungen Mobilisation in die volle Extension (Cave: Hyperextension) manuelle Lymphdrainage ggf. Massage mit Fango myofasziale Techniken (Verhinderungen von Verklebungen im Narbenbereich) Arbeit mit reziproker Hemmung Ischiocruralmuskulatur M. rectus femoris über Hüftgelenk (Abb. 8) M. gastrocnemius, M. iliopsoas Tractus iliotibialis PNF Erlernen Automobilisation (Abb. 9) Salbenverbände ggf. Antiphlogistika ggf. Elektrolytsalbe Bei persistierenden Ergüssen einmalige intraartikuläre Injektion mit Triamcinolon 40 mg Phase III: Ziel der dritten Phase ist die Wiedererlangung der vollen Gebrauchsfähigkeit des Beines. Es sind ein komplexes Koordinationstraining, reaktive Stabilisationsschulung (Abb. 10) sowie medizinische Trainingstherapie und der Beginn des Ausdauertrainings angezeigt. Abb. 10 Reaktive Stabilisationsschulung Sollten zu Beginn der Phase III noch Bewegungseinschränkungen oder Restreizungen vorliegen, empfehlen wir den Patienten eine stationäre Rehabilitation für 2 bis 3 Wochen, um eine möglichst intensive Rehabilitation durchführen zu können. Sollten in dieser Phase noch therapieresistente Bewegungseinschränkungen bestehen oder die krankengymnastische Übungstherapie frustran verlaufen, wird die Indikation zur Rearthroskopie gegebenenfalls mit Entfernung der Implantate (Schrauben) diskutiert. Im Rahmen der medizinischen Trainingstherapie ist unbedingt darauf zu achten, im geschlossenen System zu arbeiten. Ein Quadrizepstraining ist im offenen System nur zwischen 60 und 90 erlaubt. Besonderer Wert wird auf die gute Ausprägung der Reaktionsfähigkeit der ischiocruralen Muskulatur gelegt. Muskuläre Defizite im Sinne von Verkürzungen werden durch spezielle Dehnungstechniken beseitigt. Am Ende der Phase III sind über 90% der Patienten wieder an ihrem Arbeitsplatz tätig. Abb. 8 Abb. 9 Dehnung des M. quadrizeps Automobilisation in die volle Streckung 6

Phase III Ziel: Training: 7. - 12. Woche Krankengymnastik: Verbesserung der Alltagsmotorik Übergang zu sportartspezifischem Training Koordinationstraining Leg-press-Belastungssteigerung Übergang/Beginn Reaktionstraining (Side-Steps und Sprünge) Verbesserung, besonders der Kraft und Ausdauer isokinetisches Krafttraining (geschlossenes System) (Abb. 11) - konzentrisch - exzentrisch - Kombination Beginn Lauftraining ebenes Gelände extensives Intervalltraining ggf. Mobilisation/Traktion Stretching-Techniken Erlernen von Methoden des Autostretching (Abb. 12) Mobilisation benachbarter Gelenke Phase IV: Ziel ist die Wiedererlangung der Sportfähigkeit. Mit sportartspezifischen Trainingsformen wird begonnen (Abb. 13). Komplexes Koordinationstraining wie auch Anleitung zum Selbstüben, insbesondere zum selbst Dehnen werden gegeben. Die Steuerung der Sportfunktion erfolgt nach der Funktionsdiagnostik mit Laufbandanalysen, Bodenreaktionskräften und computerunterstützten Balancesytemen. Abb. 13 Sportartspezifisches Training Der Patient steht auf einem instabilen Untergrund und muß mit dem gesunden Bein den zugeworfenen Ball annehmen Abb. 11 Isokinetische Übungen im geschlossenen System Zur Durchführung einer intensiven Trainingstherapie ist die volle Beweglichkeit des Kniegelenkes notwendig, da sonst pathologische Bewegungsmuster eintrainiert werden. Im bisherigen Nachbehandlungskonzept wurde bisher sehr wenig Wert auf den Muskelquerschnitt gelegt. Das Hauptziel lag nach Erlangung der Beweglichkeit im Training der Propriorezeptoren und der Schnellkraft. In der Phase IV kommen Übungen zur Erhöhung des Muskelquerschnittes hinzu. Der Sportler, wie auch der sporttreibende Patient, beginnt wieder mit seinem Sportgerät zu trainieren. Die Freigabe für die sportliche Betätigung und Wettkampfsportart wird durch die Funktionsdiagnostik unterstützt, wobei hier der Isokinetik nur eine geringere Bedeutung zukommt. Bewährt hat sich die Steuerung in Abhängigkeit des Ergebnisses von Laufbandanalysen, von Bodenreaktionskräften und von computergestützten Balancesystemen. Die Aufnahme der sportlichen Aktivität hängt nicht nur vom Leistungsgrad des Patienten (Berufssportler, nationaler Spitzensportler, Freizeitsportler oder Hobbysportler) und der erzielten Stabilität (KT-1000 maximal manueller Test), sondern auch von den vorliegenden intraartikulären Veränderungen (z.b. Knorpelschäden, Meniskusläsionen etc.) ab. Abschließend ist zu betonen, daß gute Ergebnisse nach Rekonstruktionen des vorderen Kreuzbandes nur durch die intensive Zusammenarbeit und regelmäßige Absprache zwischen Operateur und Physiotherapeut zu erzielen sind. Abb. 12 Autostretching der ischiocruralen Muskulatur und des M. gastrocnemius 7

Autoren: Dr. med. Heinz-Jürgen Eichhorn Priv.-Doz. Dr. med. Michael Strobel Orthopädische Gemeinschaftspraxis Orthopädische Gemeinschaftspraxis Hebbelstr. 14 a Hebbelstr. 14 a 94315 Straubing 94315 Straubing Klaus Eder (Krankengymnast) Eden-Reha Lessingstr. 39-41 93093 Donaustauf