- Zusammenfassung - Vor diesem Hintergrund setzt sich die folgende Expertise zwei zentrale Ziele:

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Transkript:

Expertise Rechtsextremismus im Sport in Deutschland und im internationalen Vergleich März 2009 (Gunter A. Pilz, Sabine Behn, Erika Harzer, Heinz Lynen von Berg, Nicole Selmer) - Zusammenfassung - 1. Einleitung Da der Sport auch als Plattform genutzt wird, um rechtsextremistische Werte und Gedanken zu verbreiten, sollten präventive Maßnahmen gegen Rechtsextremismus entwickelt, umgesetzt und bei Vorfällen Erfolg versprechend interveniert werden. Vor diesem Hintergrund setzt sich die folgende Expertise zwei zentrale Ziele: 1) Situationsbeschreibung in Bezug auf rechtsextremistische Erscheinungsformen im Sport (bundesweit) 2) Darstellung von Präventions- und Interventionskonzepten. Thematisch werden dabei sowohl Rechtsextremismus im organisierten Sport und an seinen Rändern als auch rechtsextremistische Erscheinungsformen im Zuschauer- und Fanverhalten untersucht. Auf Basis der Ergebnisse der Expertise werden Daten- und Forschungslücken benannt sowie Hinweise für gelingende Prävention vor rechtsextremistischen Erscheinungsformen im Sport gegeben. 2. Rechtsextreme Erscheinungsformen im Sport: der Rechtsextremismus auf dem Weg in die gesellschaftliche Mitte? Nach Erkenntnissen einer wissenschaftlichen Studie 1 ist Rechtsextremismus (bezogen auf die Ebene der Einstellungen) ein politisches Problem in der Mitte der Gesellschaft. 1 Untersuchung der Friedrich-Ebert-Stiftung Rechtsextremistische Einstellungen in Deutschland 2008 aus dem Jahr 2008

Folglich soll zum Themenkomplex Rechtsextremismus der Blick vom Rand in die gesellschaftliche Mitte gelenkt werden. Wenn davon auszugehen ist, dass in Deutschland jeder Dritte innerhalb der Strukturen von Sportvereinen aktiv ist und dass rechtsextreme Einstellungen in allen gesellschaftlichen Gruppen anzutreffen sind, kann davon ausgegangen werden, dass diese Einstellungen auch innerhalb des organisierten Sports anzutreffen sind. Zu untersuchen ist, wie sich dies in den Sportvereinen widerspiegelt und wie intensiv und offensiv der Sportbereich als Plattform für rechtsextremistische Aktivitäten, Äußerungen und Agitationen genutzt wird. Es wird häufig festgestellt, dass rechtsextreme Gruppen versuchen, Sportvereine mit rechtsextremem Gedankengut zu unterwandern. Dies gelinge laut Ronny Blaschke, Journalist und Autor, auf Fußballplätzen einfacher, da Hemmungen in der Masse schneller fielen und Parolen auf neutrale Zuschauer überspringen könnten. In erster Linie seien die Amateurvereine verschiedener sportlicher Disziplinen betroffen. Der Bereich des organisierten Sports sei aufgrund seines hohen gesamtgesellschaftlichen Stellenwertes eine Zielgruppe für menschenverachtendes Gedankengut. Durch ihr Engagement versuchten Rechtsextremisten im Sport nicht nur die Sympathie der örtlichen Bevölkerung zu gewinnen, sondern auch ihre rassistische und menschenfeindliche Ideologie als eine ganz normale Meinung zu präsentieren. Besonders gefährlich sei es, wenn Rechtsextreme Ämter und Funktionen in den Sportvereinen bekleiden. In den letzten Jahren habe sich das Selbstverständnis und das Selbstbewusstsein der extremen Rechten stark geändert. Das Bedürfnis nach subkultureller Abgrenzung weiche immer mehr dem Bedürfnis und dem damit verbundenen Selbstverständnis, Teil der Gesellschaft zu sein; die Verortung in einer Subkultur träfe für den Großteil der extrem rechten Szenen nicht mehr zu. Dies führt zu der Einschätzung, dass gerade Sportvereine durch ihre Struktur und Organisationsform eine Plattform für rechtsextreme Agitation und Aktion bieten. Zum Abbau von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus erscheint es sinnvoll, die Wertschätzung demokratischer Prinzipien zu fördern. Der Sport sollte daher seine demokratische Verfasstheit in der eigenen Arbeit transparent machen. Da auch die Homophobie im (männlichen) Sport stark ausgeprägt ist und sich in soziologischen Untersuchungen eine enge Korrelation von Homophobie mit anderen Diskriminierungsformen zeige, sollte auch diese aktiv bekämpft werden. 3. Rechtsextremistische Erscheinungsformen im organisierten Sport und an seinen Rändern in Deutschland

Im Gegensatz zum Fußballfanbereich gestaltet sich die Recherche im Bereich der ehrenamtlichen Tätigkeiten, der Sponsoren und der sonstigen Unterstützer von Vereinen und von möglicher Infiltration aktiver Sportler in Vereinen deutlich schwieriger. Um einen bundesweiten Überblick zu Erscheinungsformen von Rechtsextremismus im organisierten Sport zu erhalten, wurden der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), die 16 Landessportbünde (LSB), einzelne Landesverbände der Deutschen Sportjugend (dsj) und die Bundesverbände der im DOSB organisierten Sportdisziplinen um Beantwortung eines Fragenkatalogs gebeten. Seitens der Landessportbünde kamen sehr unterschiedliche Rückmeldungen im Hinblick auf Vorkommnisse mit rechtsextremem Hintergrund. Einige Landessportbünde schließen Rechtsextremismus im Sport in ihrem Bundesland gar vollkommen aus. Ebenso einige Verbände, von welchen nur acht von 26 angeschriebenen den Fragebogen beantwortet haben. Auch die Erkenntnisse des Bundesprogramms kompetent. für Demokratie Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus, das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert wird, lässt darauf schließen, dass aufgrund der Beliebigkeit der Erfassung der konkreten Fälle und der quantitativ als gering einzuordnenden Anzahl der Fälle keine Aussage darüber getroffen werden kann, wie intensiv sich die tatsächliche Einflussnahme rechtsextremistischer Gruppen oder Personen im Sport darstellt bzw. wie gefährlich die Tendenzen eingeschätzt werden müssen. Einzelne Beispiele von publik gewordenen Vorkommnissen lassen darauf schließen, dass von rechtsextremen Personen oder Gruppierungen aktive Vereinsmitgliedschaften und aktive Vereinstätigkeiten als geeignete Möglichkeiten für Agitation und Einflussnahme gesehen werden. Es kam vereinzelt zu neuen Vereinsgründungen durch Rechtsextremisten. All dies sagt allerdings noch nicht viel über die tatsächlich vorhandene Gefahr aus und ebenso wenig über die bundesweite Dimension. Sofern solche Aktivitäten (insbesondere Vereinsgründungen durch Rechtsextremisten) bekannt werden, gibt es verschiedene Möglichkeiten, die betroffenen Vereine auszugrenzen: keine Vergabe von Hallenzeiten, keine Aufnahme in den Landessportbund (evtl. sogar öffentlichwirksame Nicht-Aufnahme ) des Vereins: Durch diese Ausschlussmaßnahme können rechtsextreme Vereine nicht in das geregelte Wettbewerbssportsystem der organisierten Sportdisziplinen vordringen. Des Weiteren wurden ehrenamtliche Tätigkeiten und Funktionsbesetzungen (Vereinsfunktionäre) durch Rechtsextreme festgestellt. Die Beispiele rechtsextremer Personen in ehrenamtlichen Funktionen in Vereinen machen deutlich, in welcher

Zwickmühle sich die Vereine befinden (angewiesen auf die wenigen ehrenamtlichen, freiwilligen Mitarbeiter/innen). Im Konfliktfall berufen sich die Vereine zunächst auf ihren unpolitischen Status und versuchen, eine klare Trennung zu ziehen zwischen Verein und möglichen privat -politischen Interessen ihrer Trainer/innen oder sonstigen Ehrenamtlichen. Werden Verbindungen zum organisierten rechtsextremen Spektrum bekannt, wird dies zunächst meist bagatellisiert bis dies aufgrund eines entstandenen öffentlichen/medialen Interesses nicht mehr möglich ist. Wichtig ist in solchen Fällen die intensive Beratung durch kompetente Experten und Expertinnen, um sich gemeinsam deutlich gegen Rechtsextremismus zu positionieren. Diese Maßnahmen können jedoch nur mit dem betroffenen Verein durchgeführt werden und setzen daher die Bereitschaft des Vereinsvorstands und seiner Mitglieder voraus, vereinsintern oder im Bündnis mit anderen Organisationen nach Lösungen zu suchen. Bei Vereinen, in denen die Vorstände bzw. die Entscheidungsträger rechtsextremistische Vorfälle nicht thematisieren wollen, ist vor allem das unmittelbare soziale Umfeld gefragt, allen voran die Eltern der im Verein aktiven Kinder und Jugendlichen, die Debatte innerhalb des Vereins anzuschieben. Ein weiteres Problem ist die aktive Vereinsmitgliedschaft von Kindern rechtsextremer Personen. In solchen Fällen stehen die Vereine vor einer besonders großen Herausforderung: einerseits den Kindern eine Teilnahme an den vom Verein angebotenen Sportdisziplinen zu ermöglichen, andererseits den Eltern keine Plattform innerhalb des Vereins zu bieten (ggf. Mitgliedschaft verweigern und Haus- oder Platzverbot erteilen). Für den Bereich der Sponsoren, Förderer und Unterstützer konnten bisher keine konkreten Beispiele gefunden werden, die mögliche finanzielle Unterstützung durch rechtsextremistische Vereinigungen bzw. Personen zum Zweck von Trikotkauf, Vereinszeitschriftenherausgabe etc. wäre jedoch weiter zu untersuchen. Darüber hinaus ist die gezielte, schleichende Infiltration von aktiven Sportlern in bestehenden Vereinen bzw. der Versuch aktiver Teilnahme an Wettbewerben festzustellen. Öffentliche Veranstaltungen - egal ob Laufwettbewerbe, Fußballspiele, Radrennen oder Schwimmwettkämpfe versprechen größere Zuschauergruppen und ggf. auch mediales Interesse für Rechtsextreme, die diese durch ihre Teilnahme für propagandistische Zwecke nutzen. Aufgrund von offenen Ausschreibungen und lediglich vereinzelten Kontrollen bieten diese Wettbewerbe bei geringem Aufwand ein hervorragendes Agitationsfeld für rechtsextreme Teilnehmer/innen. Viele Veranstaltungsleiter können zudem die vorhandenen Codes u.ä. politisch nicht entsprechend einordnen. Den Rechtsextremisten diese Plattform zu entziehen, erfordert von den Veranstaltern der Wettbewerbe schon in den Ausschreibungen und Teilnahmebedingungen klare Positionierungen gegen Rechtsextremismus. Ein Bündnis mit verschiedenen zivilgesellschaftlichen Gruppierungen kann hier sehr hilfreich sein.

Beratende Unterstützung bieten hierfür die mobilen Beratungsnetzwerke in der konkreten Auseinandersetzung mit den Spielern und bei der Überarbeitung der vereinsrechtlichen Grundlagen. Um eigens organisierte Turniere von Rechtsextremisten zu verhindern, sollten bei entsprechenden Verdachtsmomenten keine Vereinssportplätze zur Verfügung gestellt werden. Es sind mittlerweile entsprechende Muster-Nutzungsverträge u.a. für solche Fälle entwickelt worden. Bezüglich der relevanten Sportarten zeigt sich eine deutliche Dominanz des Fußballs, die jedoch auch mit der öffentlichen Wahrnehmung zusammenhängt, die beim Fußball deutlich höher ist, als bei anderen Sportarten. Auch wenn es um die Aufgeschlossenheit gegenüber Präventionsmaßnahmen geht, zeigt sich der Fußball z. B. auf Ebene der Landesverbände sensibilisierter für die Problematik von Rechtsextremismus im Sport. Was die regionale Dominanz rechtsextremistischer Erscheinungsformen im Sport in Deutschland angeht, so ist festzuhalten, dass Rechtsextremismus kein spezifisch ostdeutsches Problem ist, sondern ein gesamtdeutsches, wobei in bestimmten ostdeutschen Regionen, insbesondere im ländlichen Raum, Rechtsextremismus stärker als eine normale politische Strömung im Alltag wahrgenommen wird als dies in den alten Bundesländern der Fall ist. Die meisten der hier aufgelisteten und damit öffentlichen Beispiele rechtsextremistischer Einflussversuche im Sport sind zwar den Ländern Thüringen, Hessen, Brandenburg und Sachsen zuzuordnen. Hieraus kann jedoch kein aussagekräftiges Ergebnis abgeleitet werden. Dass diese Beispiele öffentlich sind und dass zum Teil auch interveniert wurde, könnte vielmehr auch darin begründet liegen, dass in diesen Ländern das Themenfeld intensiver bearbeitet wird (Landessportbünde; Landeskoordinierungsstellen; vor Ort aktive Antifa-Gruppen; Stellen, die zum Themenfeld Rechtsextremismus mit den Sportvereinen arbeiten etc.). Die erhöhte Sensibilität könnte auch die Zahl der publik gewordenen Fälle steigern. Nur in wenigen Antworten ist auf den Aspekt der regionalen und sozialstrukturellen Rahmenbedingungen eingegangen worden, der darüber Aufschluss geben könnte, ob und inwiefern ein Gefährdungsgefälle zwischen ländlichem Raum, Klein-, Mittel- und Großstädten vorhanden ist. Auch bleibt offen, ob eher Vereine im unmittelbaren Wohnumfeld und damit im bekannten nachbarschaftlichen Umfeld aufgesucht werden oder ob eher auf räumliche Entfernung im anonymen Raum geachtet wird. Auch auf den Aspekt Charakterisierung der Akteure nach Alter und Geschlecht sind die Interviewpartner/innen und Befragten nicht dezidiert eingegangen. Die wenigen öffentlich publik gewordenen Beispiele bieten keine Anhaltspunkte für Schlussfolgerungen. Es kann lediglich vermutet werden sollten die angeführten Beispiele eine tatsächliche Tendenz widerspiegeln, was allerdings einer eingehenderen Untersuchung bedürfte, dass unter

den Akteuren deutlich mehr Männer vorzufinden sind als Frauen. Beispiele dafür sind Fußball, Kampfsport und Wettbewerbe. Als Fazit kann daher festgehalten werden, dass spezifische und eingehende Untersuchungen explizit zum Themenfeld Rechtsextremismus und Sport bisher nicht durchgeführt worden sind. Auch die vorgefundene Medienberichterstattung im Rahmen von Internet-Recherchen erlaubt keine Schlussfolgerungen zu rechtsextremistischen Erscheinungsformen im Sport, insbesondere zur Häufigkeit und Dominanz von Sportdisziplinen, zu Alters- und Geschlechtsstrukturen oder zu regionalen Dominanzen. Allerdings zeigen die Ergebnisse, dass dort, wo die erforderliche Sensibilität für das Thema und Wachsamkeit vorhanden ist, das Problem auch im Sport durchaus erkennund bearbeitbar ist. 4. Zuschauerverhalten beim Fußball Auf die Frage, weshalb der Sport bzw. sportliche (Groß-) Ereignisse für Rechtsextremisten interessant sind und weshalb der Sport und Sportereignisse für rechte Parolen anfällig sind, verweist Prof. Heytmeyer, Soziologe an der Universität Bielefeld, auf folgende fußballspezifische Aspekte, die Gewalt und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit begünstigen können: Motivationsstruktur (Durchsetzung, Aggression als gesellschaftlich prämierter Wert) männerdominierte Milieustruktur (Wert der Körperlichkeit) homogenes Kollektiv verdichteter Ort (Bahnfahrt, Stadion) Verfügbarkeit von Feindbildern (klare Wir-sie-Dichotomie, Ab- und Aufwertungsprozesse) Eine Vermischung von Rechtsextremismus und Gewalt ist jedoch auch wenn im Fußballbereich stärkere Gewaltaffinität festgestellt werden kann - problematisch, da es durchaus zu Ausschreitungen ohne rechstextremen Hintergrund kommt. Zudem kann eine Verschiebung des Rechtsextremismus in den Amateurfußball bzw. in die unteren Ligen nicht bestätigt werden. 5. Empfehlungen Die Studie bietet eine Vielzahl von Empfehlungen konkreter Maßnahmen zur Bekämpfung rechtsextremistischer Bestrebungen im Sport, sowohl für den Vereinssport als auch für Fußballfans und -zuschauer, die hier nur auszugsweise aufgeführt werden:

Sensibilisieren, Blick für Erscheinungsformen des Rechtsextremismus schärfen (Wahrnehmen und Erkennen spielen eine wesentliche Rolle) Aufklären (Schulungen von Vereinsfunktionären und Mitgliedern, ggfs. Eltern, Medien) i. Demokratische Werte vermitteln, zivilgesellschaftliche Courage und Engagement fördern ii. Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus soll im Sport selbstverständlich werden Fachtagungen und Fachkongresse bzw. Lehrgänge und initiierte Kampagnen gegen Rassismus. Dies soll auch zu höherer medialer Aufmerksamkeit führen Deutliche Positionierung des Vereins (Klare Regeln, Satzungen, Klärung von Verfahrensweisen bei Verstößen; Überprüfung der aktuellen Satzungen oder Vereinsordnungen, Ziel- und Zweckformulierungen und Ausschlussmöglichkeiten für Mitglieder; Sportanlagennutzungsvorschriften: Muster-Nutzungsverträge; Hilfe z.b. durch Internetportale oder Broschüren, Anti-Diskriminierungsbeauftragte; Bekenntnis gegen Rechtsextremismus auf der Rückseite jeder Eintrittskarte zu Spielen) Etablierung einer Unterstützungs- und Beratungsinfrastruktur, (Situationsbezogene Unterstützung, Einführung eines Meldesystems für rechtsextremistische Vorfälle) Klare Regeln bei Nutzung von Fanprojekten und Stadien (ggf. Sanktionen wie Stadionverbote) Präsenz von Polizei- und Ordnungskräften mindert rechtsextremistische Erscheinungsformen (könnte allerdings nur zu einer Verlagerung führen) Im Rahmen der in der Expertise getätigten Ausführungen ist deutlich geworden, dass der Sport mit seinen Grundgedanken von Fair Play, Partizipation und Anerkennung demokratische Grundwerte vermitteln und wichtige soziale Integrationsfunktionen übernehmen kann. Beste Prävention gegen Rechtsextremismus wären unter dieser Perspektive eine glaubhafte Jugendarbeit und das Leben der im Sport angelegten sozialen Werte sowie des in den Sportverbands- und -vereinsstrukturen angelegten Demokratieverständnisses. Die Expertise von Prof. Gunter Pilz und seinen Mitarbeitern diente als eine Grundlage für die Entwicklung des Handlungskonzepts Verein(t) gegen Rechtsextremismus - Handlungskonzept von Sport und Politik zur Förderung von Toleranz, Respekt und Achtung der Menschenwürde.