Stiftung SPI. Clearingstelle Jugendhilfe/Polizei. Infoblatt Nr. 23. Identitätsfeststellung

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Transkript:

Stiftung SPI Clearingstelle Jugendhilfe/Polizei Infoblatt Nr. 23 Identitätsfeststellung Geschäftsbereich Soziale Räume und Projekte Clearingstelle Jugendhilfe/Polizei Kremmener Straße 9-11 10435 Berlin Telefon 030.449 01 54 Fax 030.449 01 67

Identitätsfeststellung Die Polizei ist dazu berechtigt, unter bestimmten Bedingungen Identitätsfeststellungen durchzuführen. Gerade in Verbindung mit der Erforschung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, mit Fahndungen oder mit der Abwehr einer Gefahr dürfen individuelle Daten einer Person ermittelt und aufgenommen werden. Die Ermächtigung der Polizei, Identitätsfeststellungen durchzuführen, lässt sich aus der Strafprozessordnung (StPO) und dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) herleiten. Bevor hierauf näher eingegangen wird, sei darauf hingewiesen, dass noch andere Rechtsvorschriften auf Identitätsfeststellungen Bezug nehmen. Dazu zählen das Landespersonalausweisgesetz, das Passgesetz sowie das Ausländergesetz 1 und das Asylverfahrensgesetz. Auf diese wird aber im Folgenden nicht weiter eingegangen. Personenbezogene Daten Nach 4 Berliner Datenschutzgesetz sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Nach 111 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) zählen zu den abfragbaren Personaldaten Vorname, Familienname, Geburtsname, Tag und Ort der Geburt, Familienstand, Beruf, Wohnort und Wohnung sowie Staatsangehörigkeit. Bei einer Identitätsfeststellung muss nicht immer die Angabe aller Personaldaten erforderlich sein. Der Umfang einer Identitätsfeststellung ist vom Einzelfall abhängig. In der Regel werden jedoch mindestens Vor- und Nachname sowie Geburtsdatum und Wohnanschrift erfragt. 21 ASOG-Bln. Identitätsfeststellung 21 Abs. 1 ASOG-Bln. bezieht sich konkret auf Identitätsfeststellungen. Danach können Mitarbeiter/innen von Ordnungsbehörden 2 Identitätsfeststellungen durchführen, wenn dies zur Abwehr einer Gefahr im Sinne von 17 ASOG-Bln. sowie zur Erfüllung der durch andere Rechtsvorschriften übertragenen Aufgaben erforderlich ist. Dies gilt entsprechend für Polizeibeamte/innen. 1 Das Ausländergesetz wird voraussichtlich ab 1.1.2003 durch das Zuwanderungsgesetz (ZuwG v. 20.06.02) ersetzt. 2 Zu den Ordnungsbehörden zählen oberste Landesbehörden (Senatsverwaltungen), Landesoberbehörden und Bezirksämter. Die Polizei ist eine Sonderbehörde, die auch Ordnungsaufgaben erfüllen muss. Infoblatt Nr. 23 Identitätsfeststellung S. 2

Polizeibeamte/innen dürfen zusätzlich Identitätsfeststellungen vornehmen an gefährlichen Orten 3, an gefährdeten Objekten oder in unmittelbarer Nähe, an einer Kontrollstelle, zum Schutz privater Rechte, Maßnahmen zur Leistung der Vollzugshilfe. Nach dem ASOG-Bln. sind folgende Maßnahmen zulässig: Mitarbeiter/innen von Ordnungsbehörden und der Polizei dürfen Personen anhalten und befragen sowie die Aushändigung mitgeführter Personalpapiere (z. B. Personalausweis, Pass, Schülerausweis, Führerschein) verlangen. Polizeibeamte/innen dürfen zusätzlich Personen festhalten, mitnehmen und durchsuchen. Außerdem können sie nach dem Gefahrenabwehrrecht, zur Identitätsfeststellung oder zur Anlage einer Datei zur Prävention erkennungsdienstliche Maßnahmen durchführen. Erkennungsdienstliche Maßnahmen Unter der Voraussetzung, dass die Polizei die Identität einer Person in der o. g. ( 23 ASOG-Bln.) Form nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten feststellen kann, ist sie befugt, erkennungsdienstliche Maßnahmen durchzuführen. Gemäß 23 Abs. 1 Nr. 1 ASOG-Bln. können erkennungsdienstliche Maßnahmen Teil einer Identitätsfeststellung sein. Hervorgehoben wird im 23 ASOG-Bln. jedoch, dass die Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen stets als letztes Mittel zur Identitätsfeststellung anzuwenden ist. Zu erkennungsdienstlichen Maßnahmen zählen das Abnehmen der Fingerabdrücke, das Erstellen von Lichtbildern, Messungen und ähnliche Maßnahmen wie die Feststellung besonderer Körpermerkmale (Tätowierungen, Narben), die Abnahme von Fußabdrücken und Gegenüberstellungen. Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit sind unzulässig (z. B. Blutprobenentnahme). 163 b Abs. 1, 2 StPO Im Zuge der Strafverfolgung kann die Polizei gemäß der StPO eine Identitätsfeststellung bei Verdächtigen ( 163 b Abs. 1 StPO) und bei Unverdächtigen wie z. B. Zeugen, Geschädigten oder Kindern ( 163 b Abs. 2 StPO) durchführen 4. Auch hier gilt, dass auf Verlangen der Vor- und Zuname sowie die Wohnanschrift angegeben oder mitgeführte Ausweispapiere ausgehändigt werden müssen. Sollte eine Identitätsfeststellung sonst nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich sein, so sind folgende 3 An einem sogenannten gefährlichen Ort können verdachtsunabhängige Kontrollen durchgeführt werden. Weiteres zu diesem Thema siehe Infoblatt Nr. 18 Gefährliche Orte. 4 Da Kinder normalerweise keine Personalpapiere bzw. eher selten einen Kinderausweis besitzen, wird ihre Identität über ihre Befragung oder über Angaben Dritter festgestellt. Infoblatt Nr. 23 Identitätsfeststellung S. 3

Maßnahmen zulässig: bei Verdächtigen: das Festhalten einer Person zur Überprüfung der gemachten Angaben über Telefon/Funk, die Durchsuchung der Person und ggf. der von ihr mitgeführten Sachen nach Legitimationspapieren, Mitnahme zur Dienststelle bzw. Einsichtnahme in den Ausweis oder Pass am Wohnort, erkennungsdienstliche Behandlung (sofern sonstige Möglichkeiten der Identifizierung fehlen); bei Unverdächtigen: Festhalten der Person, 1) soweit das zur Aufklärung der Straftat geboten ist und 2) wenn es zur Bedeutung der Sache nicht außer Verhältnis steht 5, Durchsuchung nur mit Einwilligung, erkennungsdienstliche Behandlung nur mit Einwilligung. Angaben durch Dritte Es kann vorkommen, dass Polizeibeamte/innen einen verdächtigen Jugendlichen in einem Jugendclub vermuten und vor diesem Hintergrund eine Identitätsfeststellung durchführen möchten. Auf ihre Frage an den/die Dienst habende/n Sozialarbeiter/in, ob sich der betreffende Jugendliche im Jugendclub aufhält, muss der/die Sozialarbeiter/in nicht antworten. Grund hierfür ist die Schweige- und ggf. Obhutspflicht, der Sozialarbeiter unterliegen ( 203 Strafgesetzbuch). Formvorschriften Polizeibeamte/innen müssen sich bei der Durchführung einer Identitätsfeststellung als solche zu erkennen geben. Sie sind nicht dazu verpflichtet, ihren Namen anzugeben, müssen aber auf Verlangen ihren Dienstausweis vorzeigen. Bei Beamten/innen der Kriminalpolizei ist es die Dienstmarke (notfalls zusätzlich der Dienstausweis). Eine Dienstkarte, auf der ihre Dienstnummer vermerkt ist, ist auf Verlangen auszuhändigen. Dies kann jede/r, d.h. sowohl Beschuldigte/r als auch Unverdächtige/r, verlangen. Bei der Identitätsfeststellung nach 163 b Abs. 1 StPO ist die Polizei dazu verpflichtet den Verdächtigen mitzuteilen, was ihnen zur Last gelegt wird ( 163 a Abs. 4, Belehrungspflicht). Gemäß 163 b Abs. 2 StPO muss auch eine Belehrung des Unverdächtigen erfolgen. Ihm muss der Gegenstand der Untersuchung und die Person des Beschuldigten (sofern vorhanden) bezeichnet 5 Beispielsweise kann ein Kind einziger Zeuge einer Straftat sein. Für eine spätere Vernehmung bedarf es der Identitätsfeststellung. Infoblatt Nr. 23 Identitätsfeststellung S. 4

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit werden. Soweit ein Festhalten (z. B. eine Mitnahme zur Dienststelle) zwecks Identitätsfeststellung unerlässlich ist, darf dieses nicht länger als max. 12 Stunden dauern. Außerdem besteht eine Verpflichtung zur unverzüglichen Vorführung beim örtlich zuständigen Amtsrichter, es sei denn, die Vorführung würde länger dauern als die Identitätsfeststellung selber. Die Rechte auf unverzügliche Benachrichtigung einer Vertrauensperson oder auf Gestattung, selber eine Vertrauensperson zu benachrichtigen (es sei denn, die Person ist Verdächtiger und der Untersuchungszweck wäre gefährdet), gelten als sonstige Formvorschriften und sind nicht zwingend ( 163 c StPO). Wie bei allen anderen Maßnahmen müssen Polizeibeamte/innen auch bei Identitätsfeststellungen verhältnismäßig und erforderlich handeln bzw. das mildeste Mittel anwenden. Sie sind zur Erfüllung dieser Kriterien verpflichtet. Mitführen des Personalausweises Laut Landespersonalausweisgesetz besteht in Berlin keine Mitführungspflicht des Personalausweises. Wer aber einen Personalausweis mit sich führt, muss ihn auf Verlangen unverzüglich vorzeigen. Eine Weigerung in diesem Fall ist eine Ordnungswidrigkeit und kann mit einer Geldbuße belegt werden. Will die Polizei einen nicht mitgeführten Ausweis sehen, so kann sie die zu identifizierende Person mit nach Hause begleiten und sich dort das Dokument zeigen lassen. Sie kann die Person aber auch auffordern, den Personalausweis innerhalb einer bestimmten Zeit auf einer bestimmten Dienststelle vorzuzeigen. Ist eine sofortige Identifizierung notwendig und anders nicht möglich, so kann die betreffende Person auch mit in die polizeiliche Dienststelle genommen werden. Auch nach dem Passgesetz und dem Ausländergesetz muss ein Pass nicht immer mitgeführt werden. Dennoch muss der/die Betroffene die oben erwähnten Angaben gemäß 111 OWiG machen. 68 StPO Vernehmung einer Person Rechtliche Einschränkung 68 StPO regelt die Vernehmung einer Person und bezieht sich auf Zeugen. Dort ist vermerkt, dass im Falle der Gefährdung die Angabe der Wohnanschrift auch verweigert werden kann. Da sich diese Vorgabe auf das gesamte Ermittlungsverfahren bezieht und die Identitätsfeststellung den Beginn desselben darstellt, kann ein/e Zeuge/in also unabhängig von der Meinung der Polizeibeamten/innen unter Anführung seiner/ihrer Gefährdung Angaben zu ihrem Wohnort verweigern. Dennoch muss die Erreichbarkeit gewährleistet sein (z. B. über einen Rechtsanwalt oder über Verwandte). Identitätsfeststellungen stellen aufgrund des Anhalte- und Festhalterechts der Polizei eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit nach Art. 2 GG dar. Daneben wird das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingeschränkt. Infoblatt Nr. 23 Identitätsfeststellung S. 5

Rechtsbehelfe Fühlt sich eine Person ungerecht behandelt, so hat sie die Möglichkeit, im Nachhinein Beschwerde gegen die strafprozessuale polizeiliche Maßnahme einzulegen. Im Bereich des ASOG gibt es u.a. das Recht des Widerspruchs und bei bereits erfolgten Maßnahmen die Fortsetzungs- und Feststellungsklage gemäß 113 Verwaltungsgerichtsordnung. Zudem besteht die Möglichkeit, eine formlose Dienstaufsichtsbeschwerde einzureichen. Wie bei allen polizeilichen Maßnahmen kann bei Straftaten von Beamten/innen parallel dazu auch eine Anzeige gestellt werden (z. B. wegen Körperverletzung oder Beleidigung im Amt). Private Wachdienste Private Wachdienste einschließlich die der BVG und Warenhäuser sind nicht dazu berechtigt, Identitätsfeststellungen vorzunehmen. Sollten sie dennoch zu einem Vorzeigen bspw. des Personalausweises auffordern, so steht es der angesprochenen Person frei, dem nachzukommen. Jedoch sollte man deren Selbsthilferecht nach 229, 230 BGB beachten. Danach ist ein Festhalten bis zum Eintreffen hoheitlicher Hilfe (Polizei) zulässig. Haben sie eine Person bei der Begehung einer Straftat auf frischer Tat getroffen, dürfen sie - wie jedermann - diese Person vorläufig festnehmen, wenn die Identität nicht sofort festgestellt werden kann oder Fluchtverdacht besteht ( 127 Abs. 1 StPO). Dieser Text wurde erstellt nach einem Vortrag von Herrn Gerd Rennert. Herr Rennert ist Erster Polizeihauptkommissar und Fachbereichsleiter an der Landespolizeischule Berlin im Bereich Recht. Darüber hinaus ist er als Lehrbeauftragter an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege in Berlin tätig. Zur Diskussion Die folgende Kurzdarstellung entspricht Erfahrungen, die die Clearingstelle Jugendhilfe/Polizei im Laufe ihrer Arbeit gemacht hat. Sie besitzt rein deskriptiven Charakter und ist wertungsfrei. Die Erfahrungen der Clearingstelle Jugendhilfe/Polizei haben gezeigt, dass Identitätsfeststellungen für Mitarbeiter/innen der Jugendhilfe unter Umständen ein Problem darstellen können. Gerade häufige, in den Räumen einer Einrichtung der Jugendhilfe stattfindende polizeiliche Maßnahmen können dazu führen, dass Jugendliche die Einrichtung nicht mehr aufsuchen, weil sie diese nicht mehr als ihren Ort betrachten, an dem sie relativ ungestört sind. Die auf Langfristigkeit und Freiwilligkeit ausgerichtete Arbeit der Sozialarbeiter/innen ist in solchen Fällen stark beeinträchtigt. Pädagogische Interventionen sind aufgrund der fehlenden Kontakte nicht mehr möglich. Aus diesem Grunde ist es sinnvoll, dass Infoblatt Nr. 23 Identitätsfeststellung S. 6

Polizeibeamte/innen Identitätskontrollen bei Jugendlichen außerhalb der Einrichtung durchführen. Auch im Bereich der Straßensozialarbeit können sich Probleme ergeben. Streetworker arbeiten hauptsächlich mit sozial benachteiligten, stigmatisierten oder kriminalisierten Zielgruppen. Sie suchen ihre Klientel auf, d. h. sie begeben sich zu deren Treffpunkten wie Bahnhöfen und anderen öffentlichen Plätzen. Wenn sie beispielsweise an einem gefährlichen Ort Beratungsgespräche führen und Polizeibeamte/innen eine Identitätskontrolle durchführen, so kann es dazu kommen, dass sie sich in der Ausübung ihrer Arbeit behindert fühlen. Die Straße bzw. der öffentliche Raum stellen für Streetworker oft den einzig möglichen Ort der Beratung dar, da beispielsweise Trebegänger/innen oder Obdachlose dort vorrangig zu erreichen sind. Darüber hinaus können sich Streetworker in einem solchen Fall auch in der heiklen Situation befinden, ihre private Wohnanschrift in Anwesenheit eines Klienten kund tun zu müssen und damit die Wahrung ihrer Privatsphäre und ihres persönlichen Schutzes preiszugeben. Viele Sozialarbeiter/innen halten deshalb eine Anerkennung ihrer Dienstausweise für wünschenswert, da die Angabe der Dienstadresse als ladungsfähige Adresse ihren Privatbereich nicht berührt. Thema der nächsten Ausgabe: Infoblatt Nr. 24: Aufenthaltsverbot Infoblatt Nr. 23 Identitätsfeststellung S. 7

Impressum Infoblatt Nr. 23 Dezember 2002 Herausgeber Stiftung SPI Sozialpädagogisches Institut Berlin Clearingstelle Jugendhilfe/Polizei Kremmener Str. 9-11 10435 Berlin Tel: 030/ 449 01 54 Fax: 030/ 449 01 67 Redaktion/Text Irina Klave Nach einem Vortrag sowie unter fachlicher Beratung von Gerd Rennert Das Infoblatt erscheint mindestens viermal im Jahr als Lose-Blatt-Sammlung zu Themen aus den Bereichen Recht, Pädagogik, Verwaltungsstrukturen und Polizeiaufgaben. Die Vervielfältigung unter Angabe der Quelle ist ausdrücklich erwünscht. Infoblatt Nr. 23 Identitätsfeststellung S. 8