Essay Allgemeine Geologie zur Geländeübung Thüringen, Sachsen, Böhmen 2009

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Transkript:

Essay Allgemeine Geologie zur Geländeübung Thüringen, Sachsen, Böhmen 2009 Abb. 1: Profilansicht Thüringer Becken, Quelle: VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig von Andrea Gaede-Köhler

- 2 - Allgemeine Geologie Thüringen, Sachsen, Böhmen Andrea Gaede-Köhler Inhaltsverzeichnis 1. Einführung... 3 2. Das sächsisch-thüringische Grundgebirge... 4 Geologische Entwicklung:...5 3. Das Thüringer Becken... 6 Geologische Entwicklung:...7 4. Böhmisch-Mährisches Moldanubikum... 7 5. Teplá-Barrandium... 9 6. Die Becken des Böhmischen Massivs... 9

- 3 - Allgemeine Geologie Thüringen, Sachsen, Böhmen Andrea Gaede-Köhler 1. Einführung Betrachtet man Europa als Ganzes, kann eine Gliederung in vier geologische Grundeinheiten vorgenommen werden. Im Norden und Osten liegt die Osteuropäische Plattform. Diese enthält den Baltischen und den Ukrainischen Schild sowie die russische Tafel. In den Schilden ist das präkambrische Plattformfundament zu finden, während die russische Tafel von überwiegend phanerozoischen Deckschichten überlagert ist. Da dieser Bereich seit dem Proterozoikum nicht mehr von orogenen Prozessen beeinflusst wurde, kann die osteuropäische Plattform als tektonischer Stabilisator Europas betrachtet werden. In Westeuropa ist die westeuropäische Plattform mit einem wesentlich umfassenderen tektonischen Aufbau anzutreffen. Es fanden umfangreiche Umstrukturierungen und Metamorphosen tektonischer Einheiten, zu denen auch die Kaledoniden gehören, statt. Abb. 2: Geotektonische Gliederung Europas Im Süden und Südosten liegt das alpidische System, das seine Entstehung der Öffnung und Schließung der Tethys verdankt. Maßgeblich für die Thematik des Essays sind als vierte Grundeinheit die west- und mitteleuropäischen Varisziden zu betrachten. Verantwortlich für dieses Orogen war der Zusammenschluss der Kontinente Laurussia und Gondwana. Da es auch hier zu einer unterschiedlichen Entwicklung im sedimentär-vulkanischen, tektonischen und metamorphen Bereich kam, wird das variszische Grundgebirge in Mitteleuropa nach einem Vorschlag von KOSSMATS in verschiedene Gebiete unterteilt. Das Rhenoherzynikum ist der am nördlichsten gelegene Teil der Varisziden. Hier enthalten sind die Ardennen, das rheinische Schiefergebirge und der Harz.

- 4 - Allgemeine Geologie Thüringen, Sachsen, Böhmen Andrea Gaede-Köhler Abb. 3: Die Gliederung der Varisziden Südlich an das Rhenoherzynikum ist das Saxothuringikum angeschlossen. Der als mitteldeutsche Kristallinschwelle bezeichnete nördlichste Teil des Saxothuringikums besteht neben variszischen Granitoiden auch aus metamorphen Sediment- und Vulkanitserien aus der Zeit des Jungproterozoikums Altpaläozoikums. Aufgeschlossen kann man Teile der Kristallinschwelle überwiegend im Odenwald, Spessart, Thüringer Wald bei Ruhla und im Kyffhäuser finden. Im zentralen und südlichen Teil des Saxothuringikums trifft man auf gefaltete und teilweise metamorphe Sedimente und Vulkanite des Kambriums bis Unterkarbon. Die meisten Aufschlüsse für diese Abfolgen sind am Nordwestrand des Böhmischens Massivs zu finden. und Zum Moldanubikum, mit seiner Lage zwischen dem Saxothuringikum und der Alpinen Front, gehören große Teile des Böhmischen Massivs, des Schwarzwaldes und der Vogesen. Bei den vorhandenen Gesteinsserien handelt es sich überwiegend um proterozoische bis variszische Kristallingesteine, oft auch hochgradig metamorph (Eklogite und Granulite). 2. Das sächsisch-thüringische Grundgebirge Das sächsisch-thüringische und nordostbayrische Grundgebirge formen den Nordwestrand des böhmischen Massivs. Zum Grundgebirge zählen unter anderem der Thüringer Wald, das Thüringische Schiefergebirge, das Erzgebirge und das Mittelsächsische Hügelland. Geologisch gehört dieser Bereich zur Saxothuringischen Zone der Varisziden. Der geologische Aufbau wird von variszisch gefalteten Sedimentserien ab dem Kambrium und hochmetamorphen kristallinen Gesteinen bestimmt. An manchen Stellen ist das Grundgebirge von Vulkaniten und Sedimenten der permischen Molasse bedeckt.

- 5 - Allgemeine Geologie Thüringen, Sachsen, Böhmen Andrea Gaede-Köhler Abb. 4: Sächsisches-Thüringisches Grundgebirge Begrenzt wird das Grundgebirge im Norden von der Antiform der Mitteldeutschen Kristallinschwelle, im Süden von der Nordböhmischen Störung (Ohre (Eger-)Graben), im Westen durch das Störungssystem der Fränkischen Linie und im Osten durch die Elbe-Zone (Nordwest-Südost ausgerichtetes Lineament). Mehrere von Südwest nach Nordost verlaufende Antiklinal (Sattel)- und Synklinalzonen (Mulde) verursachen die Gliederung des Saxothuringikums. Eine enge Faltung und Schieferung ist kennzeichnend für die Tektonik des Grundgebirges, ebenso eine nur anchizonale Metamorphose. Geologische Entwicklung: Proterozoikum: 3,4 1,75 Ga: Sedimente aus dem kratonischen Gebiet Nord-Gondwanas, meist Kambrium: Grauwacken. Die Ablagerungsräume sind vermutlich perigondwanidische back arc-becken. 540 Ma: Cadomischer Zusammenschub der Becken. Die Faltungsgebiete gliedern sich an Gondwana an. 540 535 Ma: Intrusion weit verbreiteter Granitoide (bedingt durch Aufheizung der Ordovizium: Faltungsbereiche). Bildung von Flachwassersedimenten. Krustenaufwölbungen im cadomischen Orogen verursachen Sedimentationsunterbrechungen Es herrschen marine, größtenteils flachneritisch-pelagische (Thüringische Fazies) Ablagerungsbedingungen. Stellenweise findet eine Ablagerung von Tiefwassersedimenten (Bayerische Fazies) statt. Die Thüringische Fazies beinhaltet Quarzite, Sandsteine, Tonschiefer, manchmal Konglomerate. Stellenweise sind saure Laven, granitoide Intrusionen, basische effusive Vulkanite und Gänge anzutreffen. Ihr Vorhandensein wird auf Riftbildungsvorgänge zurückgeführt, die für die endgültige Loslösung des Saxothuringikums von Gondwana verantwortlich sind.

- 6 - Allgemeine Geologie Thüringen, Sachsen, Böhmen Andrea Gaede-Köhler Silur: Devon: Karbon: Perm: Kreide Tertiär: Es herrschen weitläufig anoxische Sedimentationsbedingungen. Dies wird durch schwarze Graptolithenschiefer und Kieselschiefer untermauert. Gegen Ende des Silur folgt eine kurze Periode mit der Bildung pelagischer Kalke. Pelagische Bedingungen mit Bildung dunkler Tonschiefer und pelagischen Kalken (Knollenkalke). Im weiteren Verlauf des Devon Eindringung von Basalten und Entstehung roter und grüner pelagischer Tonschiefer. Weitere Ablagerungen von Schiefer, gefolgt von Flysch aus Turbiditen, die durch einzelne Konglomeratlagen gekennzeichnet sind. Molassebecken entstehen durch tektonische Vorgänge des saxothuringischen Faltengürtels. Intensive vulkanische Aktivitäten treten auf. Ansammlung von mächtigen Molasse-Schüttungen. Seine Krustenstabilität erreicht das sächsisch-thüringische Grundgebirge gegen Ende des Perm zurück. Die alpine Orogenese verursacht eine Aktivierung der spätvariszischen Störungssysteme und eine Anhebung des thüringischen Schiefergebirges, des Thüringer Waldes und der Fichtelgebirgs-Erzgebirgs-Antiklinalzone. 3. Das Thüringer Becken Das Thüringer Becken liegt zwischen dem Harz im Norden, dem Thüringer Wald im Südwesten, dem Thüringischen Schiefergebirge im Südosten, einer Buntsandstein- Aufwölbung (Eichsfeld-Scholle) im Nordwesten und einem Buntsandsteingebiet (Hermundurische Scholle) im Nordosten. Im Thüringer Becken ist hauptsächlich Zechstein, Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper aufgeschlossen. Die Struktur des Beckens zeichnet sich durch mehrere NW-SE eingeregelte Schollen aus, deren Ränder durch schmale Störungszonen gekennzeichnet sind. Abb. 5: Profil des Thüringer Beckens

- 7 - Allgemeine Geologie Thüringen, Sachsen, Böhmen Andrea Gaede-Köhler Geologische Entwicklung: Perm: Mit der Transgression des Zechstein (Perm) begann die geologische Trias: Jura: Entwicklung des Deckgebirgsstockwerks der Thüringischen Senke. Die dazugehörigen Sedimente sind am Südwest- und Südostrand der Senke, am Kyffhäuser und am Harzsüdrand zu finden. Trias-Sedimente bilden den größten Teil der Thüringischen Senke. Der Buntsandstein besteht aus fluviatilen und limnischen Sedimentbildungen, die einen Wechsel von Überflutung und Trockenfallen anzeigen. Der Untere Muschelkalk besteht einheitlich aus Mergelkalken mit dem Vorkommen von teilweise massiven Kalkbankzonen. Im Mittleren Muschelkalk bildeten sich teilweise mächtige Sulfat- und Steinsalzlager im Zentralbereich der Thüringischen Senke. In manchen Randbereichen der Senke herrschen dagegen Dolomite oder Ton- und Mergelsteine vor. Der Obere Muschelkalk ist durch Ausbildung von Trochitenkalk und Ceratitenschichten gekennzeichnet. Keuper tritt ebenfalls nur im Zentralteil der Thüringischen Senke auf. Der Keuper zeichnet sich durch eine sandig-tonige Schichtenfolge im Unteren Keuper, durch bunte, hauptsächlich tonig-mergelige Sedimente im Mittleren Keuper und Schilfsandstein im Oberen Keuper aus. Jura ist nur örtlich enthalten (Eichenberg-Gotha-Saalfelder Störungszone, Netra-Graben). Stellenweise findet man Rhät, wechselnde Ton-Sand-Folgen oder Posidonienschiefer des Unterjura. Jüngere Sedimentablagerungen sind nicht vorhanden. 4. Böhmisch-Mährisches Moldanubikum Ursprünglich war mit der moldanubischen Region das komplette Kerngebiet des Böhmischen Massivs gemeint. Heute gilt die Bezeichnung Moldanubikum nur noch für die hochmetamorphen Gebiete im Südosten, Süden und Südwesten. Abb. 6: Kerngebiet des Böhmischen Massivs

- 8 - Allgemeine Geologie Thüringen, Sachsen, Böhmen Andrea Gaede-Köhler Der weniger metamorphe Teil im Zentrum und im Norden des Böhmischen Kerngebietes wird heute als Teplá-Barrandium oder Bohemikum bezeichnet und im nächsten Abschnitt behandelt. Das Moldanubikum Südböhmens und der Böhmisch-Mährischen Höhe birgt den nach Norden abtauchenden Südböhmischen Batholith. Dieser wird von den Gesteinsverbänden der Drosendorf-Einheit und der Gföhl-Decke umhüllt. Abb. 7: Profilansicht des Moldanubikum Der Südböhmische Batholith besteht in diesem Gebiet in seiner Intrusionsfolge überwiegend aus Graniten. Seine zeitliche Zuordnung ist bei 330 bis 340 Ma. anzusiedeln. Die Drosendorf-Einheit besteht aus pelitischen Metasedimenten (Glimmerschiefer, Gneise), Graphitschiefer, Marmor, Kalksilikaten. Die zeitliche Einordnung der Ausgangsgesteine liegt zwischen dem Alt- und Jungpaläozoikum. Die Gföhl-Einheit besteht aus hauptsächlich hochdruckmetamorphen, stellenweise sogar anatektischen Ortho- und Paragneisen, Amphiboliten und Metagabbros. Hier ist die zeitliche Einordnung der Ausgangsgesteine im Altpaläozoikum anzusiedeln. An der Nordwestgrenze des Moldanubischen Kristallins intrudierte der Zentralböhmische Pluton zur gleichen Zeit wie der Südböhmische Batholith. Allerdings ist sein Aufbau und seine Intrusionsfolge im Vergleich wesentlich komplexer. In der direkten Übergangszone zum moldanubischen Kristallin sind überwiegend Migmatite der umgebenden Paragneise anzutreffen. In Nordostteil des Plutons treten Gabbros, Diorite, Hornblendegranite, Pyroxengranite, Monzogranite und leukokrate Aplitgranite auf. Im Plutonzentrum überwiegen Granodiorite und Tonalite. Im Nordwesten finden sich hauptsächlich teilweise porphyrische Biotit- und Zweiglimmergranite und Granodiorite. Zusätzlich verläuft hier die Nordost- Südwest verlaufende Zentralböhmische Störungszone. Es handelt sich hierbei um eine

- 9 - Allgemeine Geologie Thüringen, Sachsen, Böhmen Andrea Gaede-Köhler spätvariszische Abschiebungszone die für die Nachbarschaft des hochmetamorphen Moldanubikums und geringmetamorphen Barrandiums verantwortlich ist. 5. Teplá-Barrandium Beim Teplá-Barrandium handelt es sich um ein weniger metamorphes Gebiet im Zentralbereich Böhmens, wobei die Bezeichnung Barrandium ein Muldensystem im Zentrum der Moldanubischen Zone beschreibt. Die Grenzen des Teplá-Barrandium werden überwiegend von bedeutenden Scherzonen gebildet, wie die bereits erwähnte Zentralböhmische Störungszone die nordöstlich verläuft. Von Süden bis Westen markiert die Westböhmische Scherzone die Grenze. Während das Barrandium-Synklinorium hauptsächlich aus kambrischen bis mitteldevonischen Sedimentfolgen, teilweise sehr fossilreich, aufgebaut ist, sind in anderen Faltungsgebieten auch niedrigmetamorphe sedimentär-vulkanische Abfolgen des Jungproterozoikums häufig. Diese gliedern sich in eine Präspilitische, mittlere Spilitische und Postspilitische Gruppe. Während die Präspilitische Gruppe aus Tonschiefer-Grauwacken- Folgen besteht, enthält die mittlere Spilitische Gruppe Schwarzschiefer, Kieselschiefer, Spilite und Keratophyre. Die Postspilitische Gruppe ist durch mächtige flyschartige Tonschiefer-Grauwacken-Wechselfolgen mit Konglomerateinschaltungen gekennzeichnet. 6. Die Becken des Böhmischen Massivs Verursacht durch eine spätvariszische Dehnungstektonik kam es bereits während des Karbons und des Perm zur Einsenkung verschiedener Molassebecken. Zu diesen Becken gehören das Zentrale Böhmische Becken, das südliche Riesengebirgsvorland (Krkonose- Piedmont-Becken), das Innersudetische Becken, der Blanice-Graben, das Orlice-Piedmont- Becken und der Boskovice-Graben. Das böhmische Massiv von der Trias bis zum Jura als Hochgebiet erhalten. Neben kleineren Senken entwickelte sich bis zur Kreide die heute rund 80 km breite und 200 km lange Nordböhmische Kreidesenke. Bei ihr handelt es sich um ein Dehnungsbecken zwischen der im Nordosten liegenden Lausitzer Störungszone und der im Südwesten liegenden Elbe (Labe)-Störung. Die Basis des Kreidebeckens besteht aus unterschiedlichen Gesteinseinheiten. Der größte Teil besteht aber aus proterozoischen evtl. auch jüngeren Phylliten und Kristallingesteinen. Die sedimentäre Auflagerung auf den Untergrund begann

- 10 - Allgemeine Geologie Thüringen, Sachsen, Böhmen Andrea Gaede-Köhler während der Kreidezeit durch Umlagerung von Verwitterungsbildungen und anschließend Delta- und litoralen Sedimenten. Später kamen mergelige Beckenablagerungen und Schelfsande dazu. Zusammengefasst wurden in dieser Zeit Sandsteine, Mergel, Tonmergel und tonige Kalke abgelagert. Später im Tertiär bildete sich der Eger(Ohre)-Graben. Da dem Eger(Ohre)-Graben ein eigenes Essay gewidmet ist, bleibt es bei der Erwähnung seiner Existenz. In der Kreide kam es in Südböhmen zur Bildung der Becken von Böhmisch-Budweis und Trebon. In diesen wurden linmische Sandsteine, Konglomerate und Tonsteine abgelagert. Mit der Zeit entwickelten sich diese Becken zu NW-SE streichenden tektonischen Gräben. Als tektonische Gräben wurden sie mit neogenen Süßwassersedimenten verfüllt. Quellen: Geologie von Mitteleuropa, Roland Walter, 2007, 7. Auflage, E. Schweizerbart sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart Geologische Streifzüge, Wagenbreth/Steiner, 1989, 3. Auflage, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig

Das kambrisch-paläozoische Normalprofil des Saxothuringikums Sven Forke 1. Einleitung Die Saxothuringische Zone (Kurzform Saxothuringikum) bildet eine der signifikantesten Krustensegmente im varistischen Gebirge Europas. Definiert wurde sie 1927 durch KOSSMAT und wird seitdem Regionen Zentral- und Westeuropas mit gleichen geologischen, sedimentologischen und tektonomorphen Charakteristika wie die der Typlokalitäten in Sachsen und Thüringen zugewiesen. Das Saxothuringikum stellt das mittlere der drei varistischen Gebirgsbögen dar und liegt zwischen dem nördlichen Rhenoherzynikum und dem südlichen Moldanubikum. Es umschließt die Sudeten, das Erzgebirge, den Frankenwald, den Thüringer Wald, das Spessart, den Odenwald, den Nordschwarzwald sowie die Nordvogesen. Die Saxothuringische Zone umfasst Gesteinsabfolgen zweier Orogenesen: 1. Die Cadomische Orogenese im späten Neoproterozoikum bis zum frühen Kambrium (Alter von ~570 bis 540 Ma) 2. Die Varistische Orogenese vom Oberen Devon bis Unteres Karbon (Alter ~375 bis 330 Ma) Relativ einheitliches cadomisches Basement wird von einem diversen marinen Paläozoikum überlagert. Der NW des Saxothuringikums (ST) wird vor allem durch strukturell einfache magmatische und vulkano-sedimentäre Komplexe charakteriesiert, die varistisch nur relativ schwachmetamorph überprägt wurden. Der SE des ST hingegen weist komplexe varistische Strukturen mit Überschiebungen und Gneiskuppeln auf, die varistisch hochmetamorph überprägt sind. Dieses komplexe Strukturmuster reflektiert vor allem lokal unterschiedliche Raum-Zeit-Pfade von Gesteinen, die durch die gleichen großskaligen geologischen Prozesse beeinflusst wurden. Lokal unterschiedliche Entwicklungen kommen besonders spektakulär zum Ausdruck, wenn man sich vor Augen führt, dass einige Segmente des ST ungestörte marine Segmente aufweist, während andere zeitgleich bis zur Diamanten-Stabilitäts-Zone subduziert wurden. Die gesamte Evolution des ST konnte durch das Zusammenführen verschiedener Segmente aus weniger überprägten (epizonalen) Regionen rekonstruiert werden. Stratigrafische Einstufungen sind vor allem biostratigrafisch an gut erhaltenen Gesteinkomplexen (Leitfossilien) sowie geochronologisch anhand von im Sediment eingelagerten Tuffen möglich. Besonders gute Erhaltungsbedingungen der Normalabfolge finden sich an der Südostflanke des Schwarzburg- Antiklinoriums, im Ziegenrück-Teuschnitz-Synklinorium und im Lausitz-Antiklinorium. Partiell verwertbare Teilprofile sind im Berga-Antiklinorium, im Vogtland, im Frankenwald sowie in der Elbzone zu finden. Die Ältesten Gesteine des ST stammen aus dem Neoproterozoikum und haben alter um 570 Ma. Die Abfolge endet mit der Zechsteintransgression im Oberen Perm. Das Normalprofil des Saxothuringikums mit seinen Sedimentgesteinen, magmatischen Gesteinen und tektonischen Ereignissen ist in der folgenden Grafik unter Berücksichtigung von WALTER (1995,) LINNEMANN et al. (2003) und PÄLCHEN & WALTER (2008) zusammengefasst. Angegebene Profilgrößen beruhen größtenteils auf Werten der Südostflanke des Schwarzburg-Antiklinoriums.

2 Große Geländeübung 2009: Thüringen-Sachsen-Böhmen Normalprofil des Saxothuringikums

Sven Forke: Das kambrisch-paläozoische Normalprofil des Saxothuringikums 3 2. Beschreibung der Profileinheiten 2.1 Neoproterozoische bis frühkambrische Abfolge (570 bis 540 Ma) Das cadomische Basement setzt sich aus vulkano-sedimentären Komplexen mit großen postdeformativen Plutonen zusammen und wird in der Literatur als Katzhütter Schichten bezeichnet. Die Sedimente des Neoproterozoikums bis zum frühen Kambrium haben eine Ausdehnung vom Schwarzburg-Antiklinorium bis zum Lausitz-Antiklinorium und setzen sich vor allem aus Grauwacken, Tonschiefern, Quarziten und Kieselgesteinen zusammen, die im Becken zwischen Inselbögen und dem West-Afrikanischen Kraton im Norden Gondwanas zur Ablagerung kamen. Es handelt sich hierbei größtenteils um Ablagerungen aus Trübeströmen (Turbiditen) und Schlammströmen ( debris flows ); Kieselgesteine sind auschließlich hydrothermal gebildet (Hydrothermalite). Die Sedimentquelle der Grauwacken liegt im Süden, auf dem alten West-Afrika-Kraton Nord-Gondwanas. Zirkonalter in den Grauwacken liegen zwischen 3,4 und 1,75 Ga, das Alter von Hellglimmern beträgt gemittelt 600 Ma. Erste große Granitoide und Granodiorit-Plutone sind vor rund 540 Ma mit der Kollision des magmatischen Bogens mit dem West-Afrikanischen Kraton intrudiert. Anzutreffen sind sie u.a. in der Lausitz- und der Schwarzburg-Antiklinale. Synsedimentäre Vulkanite bestehen zumeist aus basischen Laven und Gängen und treten mit der Deformation der im back arc -Becken abgelagerten Grauwacken auf. Die Stellung der sauren Vulkanite ist derzeit noch stark umstritten, weil sie geochemisch oft identisch mit ordovizischen Magmatiten auftreten. Der geotektonische Rahmen sowie geochemische Kriterien der vulkano-sedimentären Gesteinsabfolgen sprechen für Randbeckenfüllungen hinter einem Inselbogen (aus einem Inselbogensystem) auf ausgedünnter kontinentaler Kruste. Dabei setzen sich die einzelnen Relikte der Cadomiden vermutlich aus mehreren Beckenfragmenten zusammen. Weil die Grenze des Präkambriums zum Kambrium auf 544 ± 1 Ma datiert wird, wurden die cadomischen Grauwacken wahrscheinlich bis ins frühe Unterkambrium abgelagert. Ab 540 Ma findet keine Subduktion mehr statt, so dass sich ein Transform-Regime zwischen ozeanischer Kruste und kontinentaler Platte bilden kann. Folgende Denudation und tiefe Erosion erzeugen lokal stratigrafische Lücken zwischen 540 und 530 Ma. Die Typuslokalität für die cadomische Diskordanz liegt nach LINNEMANN & BUSCHMANN (1995) im Aufschlusskomplex am Monumentenberg (Hohe Dubrau) bei Groß-Radisch (Lausitz-Antiklinorium). 2.2 Kambrium (530 bis 490 Ma) Die nördlichen Splitter Gondwanas bilden in Sachsen die einzigen faunenführenden Gesteine Mitteleuropas im Unterkambrium. Zu finden sind sie nördlich von Görlitz an der deutsch-polnischen Grenze (Görlitz-Synklinorium) und im Umland von Leipzig (Synklinale von Delitzsch-Torgau-Doberlug). An der Oberfläche anstehend sind sie allerdings nur bei Görlitz zu finden. Die unterkambrische Abfolge des ST findet sich in nur wenigen auflässigen Steinbrüchen und setzt sich vor allem aus Dolomiten, Kalk- und Tonsteinen (untergeordnet auch Sand- und Siltsteine) zusammen. Sie erreicht Mächtigkeiten zwischen 300 (Görlitz) und 1000 m (Leipzig), ist jedoch nirgends vollständig anstehend und weist bedeutende stratigrafische Lücken auf. Die Basis bildet ein massiger Dolomitkörper (Untere Ludwigsdorf-Subformation), der von einem geschichteten Kalkstein (Obere Ludwigsdorf-Subformation) überlagert wird. Abgeschlossen wird die Abfolge von der siliziklastischen Lusatiops-Subformation. Das stratigrafisch Liegende ist nicht bekannt; Bohrungen lassen auf eine überschobene Schichtenfolge über das Oberkarbon (Westfal B) oder einen Ostiolthen in einer Wildflysch-Matrix schließen. Es lässte sich jedoch eine stratigrafische Lücke von 5 bis 10 Ma zum Neoproterozoikum extrapolieren. Ebenso unbekannt ist das stratigrafisch Hangende, weil eine beträchtliche Schichtlücke von etwa 10 Ma zwischen dem Unterkambrium (Charlottenhof-Formation) und dem siliziklastischen Ordovizium besteht. Lokal finden sich konglomeratische Schlammstrom-Schüttungen an der Basis sowie geringmächtige Diabase, die z.t. syngenetisch sind (vor allem bei Leipzig). Auch Evaporationen können lokal auftreten. Die Karbonate bieten ein reiches Inventar an Sedimentstrukturen und einen bemerkenswerten Faunengehalt. Während die Lusiatops-Subformation in Hinsicht auf biogene Komponenten lediglich Trilobiten, Brachiopoden und gelegentlich Hyolithen beinhaltet, weisen die Karbonate der Ludwigsdorf-Subformation eine reiche Schalenfaune auf. Neben den dominierenden small shelly fossils (SSFs) sind vor allem Eocrinoiden, Schwammnadeln, Chancellorien und Hyolithe anzutreffen. Hinzu kommen in geringerer Zahl Trilobiten, Muscheln, Gastropoden, Monoplacophoren, Brachiopoden, Cyanobakterien sowie eine Reihe von Mikroproblematika. Mithilfe von Trilobiten und SSFs konnte die Charlottenhof-Formation (Görlitz) dem höheren Mariani und die Zwethau-Formation (Leipzig) dem unteren bis mittleren Ovetum zugeordnet werden.

4 Große Geländeübung 2009: Thüringen-Sachsen-Böhmen Aufgrund komplexer Lagerungsverhältnisse ist es jedoch schwer, eine regional gültige lithostratigraphische Gliederung zu entwerfen. Das Mittelkambrium (Tröblitz- und Delitzsch-Formation) findet sich mit einer Mächtigkeit von etwa 600 m (evtl. bis 1000 m) im Umland von Leipzig. Es setzt sich ausschließlich aus Ton-, Silt- und Sandsteinen zusammen und birgt Trilobiten, Brachiopoden sowie Hyolithe und Echinodermenreste. Untergeordnet finden sich einige Karbonat-Bänkchen. Generell handelt es sich beim sächsischen Kambrium des ST um offenmarine und lagunäre Ablagerungen (z.t. auch erhöhte salinare Bedingungen) des subtidalen bis intertidalen Bereichs. Allerdings bestehen regionale Unterschiede: Die karbonatischen und siliziklastischen Sedimente der Charlottenburg-Formation (Görlitz) zeigen im Unterkambrium einen grundlegenden Entwicklungstrend von einer flachen Kabonatrampe über einen flachen Karbonatschelf (Ludwigsdorf-Subformation) zu einem tieferen Ablagerungsmilieu (Lusiatops-Subformation). Die sedimentäre Entwicklung der Zwethau-Formation (Leipzig) hingegen zeigt einen Trend von einer flachmarinen, tiefer subtidalen Karbonatrampe unter niedrigenergetischen Bedingungen über höherenergetische flachsubtidale Bedingungen zu einer subtidalen gemischt siliziklastisch-karbonatischen Rampe unter zeitweise intertidalen Einfluss mit vorgelagerten oolithischen Barren. Eine stratigraphische Lücke in der Sedimentaufzeichnung des Oberkambriums ist möglicherweise auf das asymmetrische Rifting Gondwanas zurückzuführen, bei dem es auf Seiten Peri-Gondwanas zu asthenosphärisch basisches Upwelling kam. 2.3 Ordovizium (495 bis 443 Ma) Das Gesamte untere und mittlere Ordivizium ist charakterisiert durch Krustenverdünnung und submarine Segmentation der Becken. Sedimente dieses Zeitraums repräsentieren den riftdominierten südlichen passiven Rand des Rheischen Ozeans. Das Ordovizium des ST transgrediert ab dem Tremadocium über weite Flächen auf cadomisches Basement und lokal auf vorhandenes unter- bis mittelkambrische Abfolgen. Dies geschah unter Aufarbeitung einer chemischen Verwitterungskruste, die vermutlich im Oberkambrium unter humiden Bedingungen entstand. Außerdem möglich ist Aufarbeitung chemischer Verwitterungskruste aus größflächiger Erosion des Unter- und Mittelkambriums. Das Ordovizium ist am vollständigsten in der SE-Flanke des Schwarzburg-Antiklinoriums in Thüringen anzutreffen. Seit der Beschreibung durch VON GAERTNER (1944) dient diese Abfolge als Richtprofil. Dominiert wird die Abfolge durch Psammite und Pelite des inneren und mittleren Schelfs. Das Alter des ältesten Profilteils (Goldisthaler Schichten) ist bisher noch nicht eindeutig bestimmt, weil sich die Biostratigraphie hier als problematisch erweist. Die nur lokal anzutreffenden Goldisthaler Schichten, die zunächst als kambrisch angesehen wurden, konnten durch Einzelzirkone an ihrer Basis auf ein Alter von etwa 490 Ma datiert werden. Laut ICS (2008) beginnt das Ordovizium bei 488,3 ± 1,7 Ma, wodurch die Goldisthaler Schichten sich mit Rücksicht auf den Fehlerwert nur schwer einordnen lassen. Sie setzen sich vor allem aus Tonschiefern und Karbonaten zusammen. Während des Tremadocium lagerten sich über den Goldisthaler Schichten die Frauenbach-Schichten mit ihrer Tonschiefer-Quarzit-Wechsellagerung sowie die Tonschiefer und Quarzite der Phycodenschichten ab. Durch schnelle Absenkung des Riftbeckens, in dem sich die Schichten des Tremadociums ablagerten, entstanden Ablagerungen mit einer Gesamtmächtigkeit von bis zu 3000 m (vorausgesetzt die Goldisthlaer Schichten werden dazugerechnet!). Sie beinhalten 3 komplette sequenzstratigraphische Meeresspiegel-Sequenzen, die allesamt riftgesteuert sind. Sandsteine und Konglomerate der Tremadocium-Transgression enthalten vor allem das Spurenfossil Skolithos sp., seltener Schalenpflaster aus Brachiopodenschill, sehr selten Ruhespuren von Trilobiten (rusophycoide Cruziana sp.). Die Phycodenschichten sind nach dem seltenen Spurenfossil Phycodes cirinantum benannt, die in den sandig-siltigen Lagen, die mit pelitischen in Wechsellagerung stehen, auftreten. An ihrer Basis finden sich die Dachschiefer, die mithilfe des Graptolithen Araneograptus cf. murrayi auf das Tremadocium datiert werden konnten. Über den eigentlichen Phycodenschichten folgt schließlich der Phycodenquarzit. Das Top des Ordoviziums bilden die Gräfenthaler Schichten. Sie beginnen an ihrer Basis mit der Ablagerung von Griffelschiefern, die sich leicht in stiftartige Fragmente spalten lassen. Sie enthalten selten Trilobiten oder Graptolithen, außerdem treten zuweilen bis zu drei Erzhorizonte an Basis, mittig sowie am Top auf, die sich aus chamositisch sedimentären Eisenerzen zusammensetzen. Es folgt der bräunliche bis zu 250 m mächtige Lederschiefer, der zunächst als etwa 8 m mächtiger gebänderter Lederschiefer in Form von Turbiditen auftritt. Der darauf folgende eigentliche Lederschiefer besteht aus glaziomarinen Dimiktit und lagerte sich u.a. in Form von unsortierten Geröllen, Ton- und Sandpartikeln als Frachtablagerung von verdrifteten Eisbergen während der sogenannten Sahara-

Sven Forke: Das kambrisch-paläozoische Normalprofil des Saxothuringikums 5 Eiszeit ab. Seine bräunliche Farbe erhält der Lederschiefer durch FeOOH aus der Verwitterung von Pyriten. Regional tritt weiter östlich im Berga-Antiklinorium anstatt des Lederschiefers der Hauptquarzit auf, der als Fan-Delta-Ablagerung interpretiert wird. Mikropaläontologische Befunde decken für das mittlere und obere Ordovizium echte Sedimentationslücken auf. 2.4 Silur (443 bis 417 Ma) Die Sedimente des Silurs im ST sind stark kondensiert. Ihre Mächtigkeit schwankt zwischen 50 und 90 m und wurde biostratigraphisch vor allem durch Graptolithen gegliedert. Den unteren Teil des Silurs bildet der Untere Graptolithenschiefer, den oberen macht zum allergrößten Teil der Ockerkalk aus. Das Top bildet jedoch der untere Teil des Oberen Graptolithenschiefers. Der untere Bereich des Unteren Graptolithenschiefers wird vor allem durch Kieselschiefer mit Bankdicken zwischen 2 und 20 cm dominiert. Diese werden durch Schwarzschiefer mit hohen C org - Gehalten unterbrochen. Teilweise treten schwarze Phosphoritkonkretionen auf, die sich lagenweise bei Taubeneigröße konzentrieren. Das regionale Auftreten von Tuffiten im Unteren Graptolithenschiefer spricht für tiefsilurischen Vulkanismus. Der obere Bereich des Unteren Graptolithenschiefers dominieren Schwarzschiefer sowie dunkelgraue Tonschiefer. Selten treten noch kieselige Lagen auf, lokal liegen auch dünne Dolomitlagen vor. Beim darauffolgenden Ockerkalk handelt es sich um massige mikritische Kalkbänke mit Mächtigkeiten von wenigen Zentimetern bis mehreren Metern. Die Verwitterung von primären Pyriten unter Bildung von FeOOH führt zu ockerfarbenen Flecken im Kalk, die Namen gebend sind für diese Abfolge. Es sind Graptolithenschieferlagen eingebaut, die besonders im oberen Bereich anzutreffen sind und mehrere Dezimeter groß sein können. Im obersten Teil des Ockerkalks kommt es außerdem z. T. zur lagenweisen Anreicherung von Crinoiden der Gattung Scyphocrinus, die als Schillkalke zur Unteren Schillbank zusammengefasst werden. Dunkle Sandsteinlinsen treten lokal im oberen Silur auf, am häufigsten jedoch im Oberen Graptolithenschiefer (besonders im devonischen Teil der Schiefer). 2.5 Devon (417 bis 358 Ma) Das Devon weist Ablagerungen des distalen äußeren Schelfs mit eher relativ geringen Mächtigkeiten im ST auf. Dunkle Pelite, geringe Faziesdifferenzen sowie Fossilarmut sind typische Eigenschaften des etwa 200 m mächtigen Unter- und des stark kondensierten etwa 50 m mächtigen Mitteldevons. Ab dem Oberdevon setzt eine gravierende Zergliederung des Sedimentationsraums ein, die im E und SE des ST vulkano-sedimentäre Komplexe mit dominierend mafischen Gesteinen zur Folge hat. Die 200 bis 250 m mächtigen Ablagerungen weisen eine weitaus reichhaltigere Makrofauna auf als die vorigen beschriebenen devonischen Zeitabschnitte. Das Devon des ST wurde vor allem biostratigraphisch mithilfe von Graptoliten, Conodonten, Tentakuliten, Ostrakoden, Cephalopoden sowie Trilobiten gegliedert. Der Wechsel Silur-Devon findet ohne Fazieskontrast im unteren Teil des Oberen Graptolithenschiefers statt. Es folgt der Tentakulitenkalk, eine Wechsellagerung aus Knollenkalken und dunklen Schiefern. Der Kalk weist 2 Turbidite auf, die an der Basis als Untere und am Top als Obere Kalksandsteinbank bezeichnet werden. Darauffolgend findet sich der dunkle Tentakulitenschiefer, der lagenweise mit Tentakuliten angereichert ist und selten auch Trilobiten aufweist. Unterbrochen wird dieser Tonschiefer mehrmals von Nereitenquarziten mit Mächtigkeiten im Zentimeter- bis Dezimeterbereich. Diese sind häufig vom zopfartigen Spurenfossil Nereites thuringiacus durchzogen und sind somit in eine Tiefschelf-Fazies einzuordnen. Die Mehrzahl der Nereitenquarzite sind Contourite bzw. Mischformen aus Turbiditen und Contouriten. Einzelne lagerten sich partiell als Tempestit ab, was für teilweise Ablagerung innerhalb der Wellenbasis spricht. Das RICHTERsche Konglomerat beinhaltet eine umgelagerte Flachwasserfauna und lagerte sich wahrscheinlich während eines Meeresspiegeltiefstands in der Tentakulitenschiefer-Serie des ST ab. Die gesamte Abfolge erreicht eine Gesamtmächtigkeit von bis zu 150 m. Bei den folgenden Schwärzschiefer-Ablagerungen des Mitteldevons handelt es sich um Schwarzschiefer mit eingelagerten Knollenkalken im unteren, und Lyditlagen im oberen Teil. Das gesamte Mitteldevon ist, wie eingangs bereits erwähnt, extrem kondensiert und erreicht gerade mal eine Mächtigkeit von 50 m. Der Diabasvulkanismus des Oberdevons beginnt initial mit Rhyolithen und Pyroklastiten. Zirkonalter datieren zurück auf ein Alter von 375 ± 4 Ma, was der Grenze Givet-Frasnium entspricht. Neben

6 Große Geländeübung 2009: Thüringen-Sachsen-Böhmen diesen kontinentalen Vulkaniten entstanden während des beginnenden Kollisionsprozesses des ST mit Avalonia auch submarine Vulkanbauten, die im Berga-Antiklinorium erhalten sind. Es bildeten sich zeitgleich Tiefschwellenkarbonate auf diesen Vulkanbauten, die Kalkdetritus in Verbindung mit siliziklastischen und pyroklastischen Schüttungen in tiefere Beckenteile lieferten. Diese sind als oberdevonische Braunwacken, Braunschiefer, Trimerocephalisschiefer und verschiedene Knollenkalke im Schwarzburg-Antiklinorium erhalten. Oberhalb der vulkano-sedimentären Komplexe lagerten sich schließlich im Frasnium Karbonate, Knollenkalke und Schluffsteine des Flachschelfbereichs ab, die oft Makrofossilien wie Seelilien, Cephalopoden und Trilobiten enthalten. Das Liefergebiet für die eventartigen siliziklastischen Schüttungen zum Ende des Devons ist derzeit noch unbekannt. 2.6 Unterkarbon (375 bis 326 Ma) Das Unterkarbon im ST ist dominiert durch Flysch- und Molasse-Ablagerungen der varistischen Kollisionsphase. Das Hauptliefergebiet sind wahrscheinlich silurische und devonische Gesteinskomplexe im NE des ST mit Schüttungsrichtung nach SW. Der Hauptgrund für die Aufarbeitung dieser Region ist eine Ankippung des ST während der varistischen Kollision, was eine flächenmäßige Ausdünnung von SW nach NE zur Folge hatte. Gleichzeitig fand ein von E nach W gerichteter Kannibalismus statt, d.h. eine Aufarbeitung älterer Flyschsedimente. Das einzige komplett erhaltene Profil mit Übergang Devon-Karbon befindet sich am NW-Rand des Schwarzburg-Antiklinoriums. Zunächst lagerten sich an der Basis des Unterkarbons die Gattendorfia- Kalke ab, die von den sapropelitischen Rußschiefern mit in temporären Aufschlüssen spektakulären Pflanzen-Fossilien überlagert werden. Weil das Liefergebiet der Pflanzenreste nicht allzu weit entfernt gewesen sein kann, geht man von einer relativ proximalen Ablagerung aus. Es folgen die etwa 30 m mächtigen Dachschiefer mit distalen Turbiditen. Diese läuten den Beginn des varistischen Flyschstadiums im ST am Grenzbereich Tournai/Visé bei etwa 343 Ma ein. Die nun folgenden Ablagerungen zeigen einen Trend hin zu proximaleren, d.h. liefergebietsnaheren und mächtigeren Flyschablagerungen im Zuge des Näherrückens der Orogenfront. Die auf die Dachschiefer folgenden Turbidite des Bordenschiefers weisen teilweise slumping - Strukturen auf, die auf seismische Erschütterungen zurückzuführen sind. Die proximalen und mehrere Meter mächtigen Turbidite der Ziegenrücker Schichten sedimentierten einhergehend mit dem Kollaps einer Karbonatplattform im Liefergebiet ab. An der Basis dieser sogenannten Kohlenkalke des Visé treten oft detritische Kalke (zumeist Turbidite) auf (z.b. Wilhelmsdorfer Kalkgrauwacke ). Die ersten Olistolithe sind am SE-Rand des Ziegenrück-Teuschnitz-Synklinoriums in der Ziegenrück- Formation anzutreffen. Der Trend hin zu deplatzierten Gesteinspaketen verstärkt sich dabei in östlicher Richtung. Sie setzen sich vor allem aus silurischen und devonischen Lyditen, Kalken und Diabasen sowie aus großen bei seismischer Aktivität zerbrochenen Fragmenten der kollabierten Kohlenkalk-Karbonatplattform zusammen. Eine tendenzielle Zunahme von Metamorphiten (Gneisvarietäten) im Geröllbestand gen Osten stammt sehr wahrscheinlich aus den herannahenden varistischen Deckenfronten Peri-Gondwanas, die das Flysch allmählich überfahren. Reliktisch sind diese in einigen sächsischen Zwischengebirgen erhalten. Die Einsetzende Ablagerung von Frühmolassen markiert das Ende der varistischen Flyschsedimentation im oberen Visé des ST. Es handelt sich bei diesen ersten Molassen der Varisziden meistens um klastische, flachmarine, fluviatile und lakustrische Sedimente, die sich bereits ablagerten, als zeitgleich nördlich des ST noch marine Turbiditsequenzen abgelagert wurden. Regional begrenzt treten in den Wildflysch-Ablagerungen in der Umrandung der Münchberg-Masse, der sächsischen Zwischengebirge von Wildenfels sowie Frankenberg und partiell im Vogtland sowie den Schiefergebirgen der Elbzone und im Görlitz-Synklinorium Olistolithe, große Gleitmassen und konglomeratische Ablagerungen auf, die sich wahrscheinlich vor der varistischen Kollision im Nordosten befanden. Sie setzen sich aus diversen mittelkambrischen bis unterkarbonischen Ablagerungen zusammen und werden als Bayerische Faziesreihe zusammengefasst. 2.7 Oberkarbon bis Perm (326 bis 258 Ma) Einhergehend mit der Heraushebung der Varisziden des ST vom Oberkarbon bis zum Rotliegenden des Perms ist eine Zunahme der Molassen und der vulkanischen Aktivität zu beobachten. Im Rotliegenden (Perm) kommt es zu Ablagerungen von klastischen Sedimentfolgen wie Sandstein, Tonstein und Konglomerate. Varistische Aktivitäten und damit verbunden die Entstehungsgeschichte des ST enden mit der Transgression des Zechsteinmeeres und damit verbundenen Ablagerungen von Riffkalken und Gipsen vor etwa 258 Ma.

Sven Forke: Das kambrisch-paläozoische Normalprofil des Saxothuringikums 7 Literatur GAERTNER, H. R. VON (1944): Die Schichtgliederung der Phyllitgebiete in Thüringen und Nordbayern und ihre Einordnung in das stratigraphische Schema. Jb. Reichsanstalt Bodenforschung. 62, 54-80. KOSSMAT, F. (1927): Die Gliederung des varistischen Gebirges. Abhandlung Sächsisches Geol. Landesamt, 1, 1-39 LINNEMANN, U & Buschmann, U. (1995): Die cadomische Diskordanz im Saxothuringikum (oberkambrisch-tremadocische overlap-sequenzen. Z. geol. Wiss. 23 (5/6): 707-727. LINNEMANN, U.; ELICKI, O. & GAITZSCH, B. (2003): Die Stratigraphie des Saxothuringikums. Geologica Saxonica 48/49 (2003) 29-70. PÄLCHEN, W. & WALTER, H. (2008): Geologie von Sachsen: Geologischer Bau und Entwicklungsgeschichte. E.Schweizerbart sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller). SEIDEL, G. (1995): Geologie von Thüringen. E.Schweizerbart sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller) 1. WALTER, R. (1995): Geologie von Mitteleuropa. E.Schweizerbart sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller) 6.

Hausarbeit des Studiengangs Geowissenschaften M. Sc. Die variszische Orogenese Kurs: Betreuer: Bearbeiter: Geländeübung Thüringen/Sachsen/Böhmen Prof. Dr. Cornelia Spiegel PD Dr. Frank Lisker Johannes Brock

Unter der variszischen Orogenese versteht man im Allgemeinen die Einengung des ozeanischen Beckens zwischen den Großkontinenten Laurussia im Norden und Gondwana im Süden und die anschließende Kontinentkonvergenz beider, die zum Superkontinet Pangäa im mittleren bis späten Paläozoikum führte. In Millionen Jahren ausgedrückt überspannt sie damit etwa den Bereich von 400 300 Ma vor heute. Die variszische Orogenese war eines der bedeutendsten tektonomorphologischen Ereignisse der geologischen Geschichte Mitteleuropas. (KRONER et al. 2008) Die Rheische Suturzone, die als Nahtstelle zwischen Laurussia und Gondwana bezeichnet werden kann, zieht sich mit den angrenzenden Orogenresten von Osteuropa quer durch Mitteleuropa und Nordfrankreich durch den Ärmelkanal und setzt sich in Nordamerika fort. In Abbildung 1 ist die Kontinentkonfiguration vor der Kollision dargestellt. Abb. 1: Kontinentkonfiguration vor der Kollision nach Kroner et al. (2008) Auch paläozoischen Gesteine der nordamerikanischen und kanadischen Appalachen gehören in den Komplex der variszischen Orogenese. Im Süden wurde das Variszikum stark alpidisch überprägt was die Zuordnung erschwert, aber auch hier können viele Kristallinmassive in diesen Zeitraum eingeordnet werden. Somit ist es nicht möglich ein einheitliches variszisches Gebirge zu benennen. Für Mitteleuropa werden von Norden nach Süden nach KOSSMAT (1927) drei variszische Gebirgsbögen unterschieden: Das Rhenoherzynikum (Rhein/Harz), das Saxothuringikum (Sachsen/Thüringen) sowie das Moldanubikum (Moldau/Donau) welche in Abb. 1 ebenfalls abgegrenzt sind. Für unser Arbeitsgebiet ist das Saxothuringikum mit Sudeten, Erzgebirge und Thüringer Wald ausschlaggebend. Die Geologie des Saxothuringikums ist in Abbildung 2 detailliert abgebildet.

Abb. 2: Geologie des Saxothuringikums in Mitteldeutschland zwischen Mitteldeutscher Kristallinschwelle und Eger Rift Der Ablauf der variszischen Orogenese ist nicht im Einzelnen abschließend geklärt. Im Folgenden möchte ich zunächst einen groben Überblick über die Ereignisse in ihrem Zusammenhang geben um danach verschiedene Hypothesen vorstellen zu können. Die variszische Orogenese beginnt mit der Einengung des ozeanischen Beckens zwischen Laurussia und Gondwana im Devon. Die Sedimentblagerungen im Ozeanbecken werden durch die Annäherungen an den Schelfbereich und tektonische Bewegungen, die Vulkanismus auslösen bunter. (SEBASTIAN, 2002) Die Karbonatproduktion ist auf einem Höhepunkt, was nach BELKA et al. (2008) auf ein vorherrschendes Treibhausklima und eustatische Meeresspiegelhochstände zurückzuführen ist. Am Ende des Devon zeigen anoxische schwarze Sedimente in Shelfgebieten ein starkes Absterben von organischem Material an. Mindestens eine Subduktionszone bildet sich aus, die Material unter den Kontinent Laurussia subduziert und damit vorwiegend ozeanisches Material metamorph überprägt; zum Beispiel ozeanische Basalte zu Eklogiten, die heute als älteste variszische Metamorphite in Sachsen anstehen.

Im Unterkarbon werden verschiedene Mikroplatten bzw. Terranes zusammengeschoben, was zur komplexen Interaktionen mit Auswirkungen in Form von kleineren Rifts, Kollisionen, Inselbögen und ähnlichem führte. (KRONER et al., 2008) Extensionsbecken bilden sich, die sich im Norden vor allem mit siliziklastischen Sedimenten füllen während im Süden noch Karbonate dominieren. Vorlandbecken im inneren des Kontinents füllen sich mit fluviatilen und lakustrinen klastischen Sedimenten sowie Kohle und Torf. (McCann et al., 2008) Die Variszische Orogenese ist auf ihrem Höhepunkt an der Wende vom Unter zum Oberkarbon. Die massive Konvergenz kontinentaler Kruste führt zu mächtigen Höhenzügen, die unreife Sedimente nach Norden schütten und zu erheblicher Krustenverdickung führen. Spuren dieser Vorgänge sind metamorphe Überprägungen in unterschiedlichsten Graden bis hin zur Anatexis. So wurden beispielsweise spätkambrische Magmatite hochmetamorph zu Eklogiten mit Coesit und Mikrodiamantanteilen überprägt und altpaläozoische Meeressedimente zu den Schiefern des Sächsisch-Thüringischen Schiefergebirges verfaltet und geschiefert. (SEBASTIAN, 2002) Im Karbon sowie im Perm ist der vorherrschende Mechanismus der gravitative Kollaps des Orogenkomplexes mit isostatischer Gegenbewegung der Erdkruste wobei die konvergente Plattenbewegung noch nicht abgeschlossen ist. Bildlich kann von einem Zergleiten des Gebirges (SEBASTIAN, 2002) unter seinem eigenen Gewicht gesprochen werden. Tief versenktes Gestein kommt an die Oberfläche, was die heutigen Aufschlüsse der Hochmetamorphite erst ermöglicht. Vulkanismus und Hochtemperaturmetamorphose sind die Folge. Granite und Rhyolite nehmen sich Platz. Strukturell ist diese Phase von einer komplexen Kombination aus Kollisionstektonik und Abschiebungen geprägt. Typisch sind zentrale Kernstrukturen hochmetamorpher Kristallingesteine, die nach außen ummantelt sind mit tektonisch abgescherten niedriger metamorphen Einheiten. Beispiele für solche Kernkomplexe oder Gneisdome sind nach KRONER et al. das Montagne Noir im Massif Central, der Odenwald in der Mitteldeutschen Kristallinschwelle, der Nordwesten der Böhmischen Masse, wie auch die Gneisdome des Erzgebirges. Am Ende der spätvariszischen Extensionsphase, wie dieser gravitative Kollaps genannt wird entstehen große Grabenbrüche, die zum Akkomodationsraum für die Schüttungen der umliegenden jungen Gebirge werden und die variszische Molasse in Form von Sanden, Kiesen, Tonen, aber auch Kohlen aufnehmen. Die Ozeane zwischen Laurussia und Gondwana sind endgültig geschlossen was zu hochkontinentalen fluviatilen bis äolischen Ablagerungsbedingungen im Megakontinent Pangäa führt. Dünenfelder und Salzseen bilden sich bis Subsi-

denzprozesse im späten Perm zur Überflutung des Arbeitsgebietes durch das Zechsteinmeer führen. Ein vereinfachtes Modell für die Auffaltung und den Kollaps des variszischen Orogens ist in Abbildung 3 nachzuvollziehen. Abb. 3: Evolution des Variszikums in Mitteldeutschland nach Belka et al. (2008) Auf der Basis der Gesteine Mitteldeutschlands interpretiert FRANKE (2000) (aus KRONER et al., 2008) den Ablauf der variszischen Orogenese folgendermaßen: Bis ins späte Devon existiert demnach der Rheische Ozean bevor die ATA mit Laurussia zum ersten Mal leicht kollidierte. Daraufhin öffnete sich die Rheische Suturzone erneut zum Rhenoherzynischen Ozean. Der Saxothuringische wie auch der Moldanubische Ozean werden etwa gleichzeitig und beidseitig subduziert unter das Teplá-Barandium, bevor auch der Rhenoherzynische Ozean unter die Saxothuringische Zone subduziert wird. Der magmatische Bogen der mitteldeutschen Kristallinschwelle wird hier als vorderste Kante der Ansammlung von Mikrokontinenten angesehen, die Gondwana eventuell vor sich her schob. Im Detail wird allerdings an vielen Fragen noch gearbeitet, die Referenzen im folgenden Absatz sind alle der Quelle KRONER et al. (2008) entnommen. Eine wichtige grundlegende, aber ungeklärte, Frage ist die nach der Anzahl der beteiligten Platten. Eine Version ist eine Lösung mit drei Platten. Laurussia läge im Norden, Gondwana im Süden und dazwischen trennte ein dritter Kontinent namens Armorika zwei Ozeanbecken. Die erste primäre Subduktion erfolgte in diesem Modell nach MATTE et al. (1986, 2001) unter Armorika, welcher dementsprechend die Interniden bzw. das Material für das Zentrum der Variszischen Orogene, das Saxothuringikum stellen würde. Ein Problem dieser Lösung stellen ab-

weichende Symmetrien von Faltengürtel am Rand der variszischen Zone dar, welche hier durch die Bildung von Vorlandbecken erklärt werden müssen. Eine zweite Version nach FRANKE (2000) zweifelt die Einheit eines beteiligten Armorika aufgrund von Paläomagnetikdaten an und zerteilt den Kontinent in ein Mosaik von Terranen, die zusammen als Armorika Terrane Assamblage (ATA) bezeichnet werden. ROBARDET (2002, 2003) favorisiert aufgrund von starken Gemeinsamkeiten in Isotopenchemie, Geochemie und Geochronologie der autochtonen Teile (siehe Abb. 2) des Saxothuringikums ein einfaches Zweiplattenmodell, das einzig den Rheischen Ozean als Trennung beinhaltet. Allerdings muss auch dieses Modell die tiefe Versenkung von Bestandteilen der Interniden Erklären, was nur durch einen gewissen Anteil von Subduktion innerhalb der ATA möglich ist. Mit der strittigen Anzahl der beteiligten Kontinente oder Terrane ist auch die Anzahl der Subduktionen nicht geklärt. Abschließend kann festgehalten werden, dass die komplexen, sehr weitläufigen Strukturen und spätere Überprägungsvorgänge eine genaue Rekonstruktion der Vorgänge der variszischen Orogenese schwierig machen. Sicher ist, dass die Kollision von Laurussia und Gondwana im Mittleren bis späten Paläozoikum bis heute einen großen Einfluss auf viele Strukturen unserer Umgebung und im Besonderen auf das Gebiet dieser Exkursion hat. Quellen: Belka, Z.; Narkiewicz, M. (2008): Devonian. In: The Geology of Central Europe, Vol 1: Precambrian and Paleozoic, S. 384-410 Kroner, U.; Mansy, J.-L.; Mazur, S.; Aleksandrowiski P., Hann, H. P.; Huckriede, H.; Lacquement, F.; Lamarche, J.; Ledru, P.; Pharaoh, T. C.; Zedler, H.; Zeh, A.; Zulauf, G. (2008): Variscan Tectonics. In: The Geology of Central Europe, Vol 1: Pecambrian and Paleozoic, S. 599-664 McCann, T.; Kiersnowsky, H.; Krainer, K.; Vozárová, A.; Peryt, T. M.; Oplustil, S.; Sollhofen, H.; Schneider, J.; Wetzel, A.; Boulvain, F.; Dusar, M,; Török, Á.; Haas, J.; Tait, J.; Körner, F. (2008): Permian. In: The Geology of Central Europe, Vol 1: Precambrian and Paleozoic, S. 532-598 McCann, T.; Skompski, S.; Poty, E.; Dusar, M.; Vozárová, A.; Schneider, J.; Wetzel, A.; Krainer, K.; Kornpihl, K.; Schäfer, A.; Krings, M.; Oplustil, S.; Tait, J. (2008): Carboniferous. In: The Geology of Central Europe, Vol 1: Precambrian and Paleozoic, S. 411-529 Sebastian, U. (2001): Mittelsachsen: Geologische Exkursionen. Klett-Perthes http://de.wikipedia.org/wiki/variszische_orogenese (25.06.2009)

Hannes Mersmeyer Thüringen-Sachsen-Böhmen (VAK-Nummer: 05-08-2-M9-2) Essay von Hannes Mersmeyer (MN: 2044694) Thema: Zechstein, Stratigraphie und Halokinese Allgemeines Als Zechstein wird in Mitteleuropa die lithostratigraphische Gruppe des oberen Perms bezeichnet. Das Perm ist das letzte System des Paläozoikums und umfasst die Zeit zwischen 296Ma und 251Ma (DSK, 2002). Das obere Perm wird in Deutschland in Rotliegend (5,5Ma) und Zechstein (4Ma) unterteilt (260-251Ma). Diese Begriffe, Zechstein und Rotliegenden, beziehen sich jedoch nur auf Mitteleuropa. Nach internationaler Stratigraphie wird die gesamte Epoche des ober-perms als Lopingium (Changhsingium/Wuchiapingium) bezeichnet (DSK, 2002). Begrenzt wird der Zechstein durch den überliegenden Buntsandstein. Der Zechstein wird heutzutage nur noch als lithologische Gesteinseinheit angesehen und nicht wie früher als eine stratigraphische Einheit. Es handelt sich bei dem Zechstein um marine Ablagerungen, hauptsächlich Salze, die durch das Zechsteinmeer entstanden. An der Oberfläche aufgeschlossen sind die Schichten des Zechsteins im Bereich des südlichen Harzes (Rothe 2005). Das Zechsteinmeer Das Zechsteinmeer war ein Randmeer, das sich mit einer Erstreckung von ca. 600.000m 2 aus dem Norden über große Teile Europas ausdehnte. Es war über sogenannte Barren (Schwellen) mit dem offenen Ozean verbunden (Ziegler 1990). Die plattentektonische Konfiguration für das späte Perm sowie die Lage des Zechsteinmeeres sind in Abb.6 im Anhang zu sehen. Durch sich wiederholende Regressionen und Transgressionen im Zechstein, hervorgerufen durch Änderungen des tektonischen Settings und klimatischen Veränderungen, bildeten sich typische Ablagerungszyklen (Serien) von Sedimenten. Gemäß der sogenannten Barrentheorie (Ochsenius 1877) kam es zu einem verminderten Meerwasseraustausch mit dem offenen Ozean. Durch eine erhöhte Verdunstung im Randmeer und dem fehlenden Wassserzufluss kam es zu Konzentrationserhöhungen der im Meerwasser gelösten Minerale. In Abhängigkeit ihrer Sättigungskonzentrationen und Löslichkeitsprodukte fielen diese bei fortschreitender Verdunstung aus und bildeten typische Evaporitserien und große Salzlagerstätten (siehe Abb.5, Anhang). Reihenfolge der Mineralfällungen: Karbonate (Kalk,Dolomit) Sulfate (Gips/Anhydit) Salze (Tone) terrestrisch 1