Wirtschaftliche Fertigung mit Rapid-Technologien

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Transkript:

Wirtschaftliche Fertigung mit Rapid-Technologien Michael F. Zäh Anwender-Leitfaden zur Auswahl geeigneter Verfahren ISBN 3-446-22854-3 Leseprobe Weitere Informationen oder Bestellungen unter http://www.hanser.de/3-446-22854-3 sowie im Buchhandel

138 3 Wirtschaftlicher Einsatz 3.4 Abgrenzung zu konventionellen Verfahren hinsichtlich Wirtschaftlichkeit Im Abschnitt 3.4 wird die Wirtschaftlichkeit der generativen mit der des konventionellen Verfahrens verglichen. Dabei wird sowohl auf die Unterschiede bei der Herstellung einzelner gegenüber mehreren Metallbauteilen als auch auf die Herstellung von Kunststoffbauteilen für den Endkunden eingegangen. Die Wirtschaftlichkeit wird anhand konkreter Beispiele mit Kostenangaben dargestellt. Die dabei zu Grunde gelegten Werte für beispielsweise Maschinenbelegungszeiten oder Stundensätze können nur als Richtwert angesehen werden. 3.4.1 Anwendungsbeispiel Schwungrad 3.4.1.1 Einzelfertigung eines Schwungrades Erläuterungen des Beispielbauteils Im Rahmen dieses Abschnitts wird ein Vergleich hinsichtlich Herstellkosten und -dauer zwischen den generativen und den konventionellen Fertigungstechnologien für eine Einzelfertigung durchgeführt. Dazu wird exemplarisch das Beispielbauteil Schwungrad aus Kapitel 2 ausgewählt (Bild 3.13). Bild 3.13: Beispielbauteil Schwungrad

3.4 Abgrenzung zu konventionellen Verfahren hinsichtlich Wirtschaftlichkeit 139 Die Anforderungen an das Bauteil können nur von metallischen Werkstoffen erfüllt werden. Demnach muss ein Metallverfahren gewählt werden, wobei hier auf ein Einprozessverfahren, das Direkte-Metall-Lasersintern bzw. das Direkte-Metall-Laserschmelzen zurückgegriffen wird. Die für die Bauteilherstellung durch ein generatives Verfahren wesentlichen Abmessungen sind der Durchmesser mit 100 mm und die Dicke des Bauteils mit 20 mm, da dadurch sowohl der benötigte Bauraum als auch die Bauhöhe und somit die Belegungszeit der generativen Anlage bestimmt sind. Für die Herstellung des Bauteils durch konventionelle Prozesse wird zunächst davon ausgegangen, dass die Kanten der rechteckigen Durchbrüche des Schwungrades durch Radien angenähert werden können. Das Schwungrad ist demnach durch Fräsen und Drehen herstellbar. Kalkulation zur generativen und konventionellen Herstellung Zur wirtschaftlichen Herstellung durch generative Verfahren wird das Bauteil so in den Bauraum gelegt, dass die kleinste Abmessung in Baurichtung zeigt. Daher wird das Schwungrad sozusagen liegend gebaut. Diese Orientierung ist auch zur Vermeidung des Stufeneffektes zu bevorzugen. Den Zusammenhang zwischen Bauteilrichtung und Stufeneffekt wurde wir bereits in Kapitel 2 erwähnt, er soll im Folgenden detailliert erörtert werden. Die Materialkosten für die Herstellung des Schwungrades belaufen sich auf etwa 80, bei einem angenommenen Materialpreis von 80, /kg und unter Berücksichtung der Gegebenheit, dass während des Bauprozesses nicht verbrauchtes Pulver nur zu einem geringen Teil wiederverwendet werden kann. Zusätzlich zu den Materialkosten müssen die Kosten für die Belegung der Maschine und die Kosten für den Maschinenbediener bei der Ermittlung der Herstellkosten beachtet werden. Bei diesem Beispiel wird davon ausgegangen, dass ein Dienstleister mit der Fertigung des Bauteils beauftragt wird. Die Geometriedaten werden über das STL-Dateiformat vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt. Zuerst muss ein Mitarbeiter des Dienstleisters die STL-Datei begutachten und Vorbereitungen zum Bauprozess durchführen, z. B. die Pulverbeladung der Maschine. Dazu ist ca. 1 Stunde Arbeitszeit erforderlich, unabhängig von der beauftragten Stückzahl. Für diese Arbeiten benötigt der Mitarbeiter spezielle

140 3 Wirtschaftlicher Einsatz Kenntnisse der Maschine und der Datenaufbereitung. Es ist somit ein besonders qualifizierter Mitarbeiter notwendig, weshalb in der folgenden Kalkulation ein Stundensatz von 60, angesetzt wird. Zwar kann die Aufbereitung der Daten in der Arbeitsvorbereitung durchgeführt werden, für die Vorbereitung des Bauprozesses ist aber auch die Anlage miteinzubeziehen. Der dabei zu beachtende Stundensatz für die Anlage wird ebenfalls mit 60, angenommen. Wird davon ausgegangen, dass der Auftrag nur ein Bauteil beinhaltet, ist für die Berechnung der Maschinenzeit, also der Herstellzeit ohne Nacharbeit und Vorbereitung, die Dicke des Schwungrades das zeit- und kostenbestimmende Kriterium. Die Bauteildicke beträgt 20 mm. Bei einer Schichtdicke von 0,1 mm sind 200 Schichten notwendig. Für den Aufbau einer Schicht müssen ca. 90 Sekunden veranschlagt werden. Für den Aufbau des Bauteils sind somit ca. 5 Stunden anzusetzen. Nach dem Fertigungsprozess ist das Bauteil dem Pulverkuchen zu entnehmen und es sind weitere Tätigkeiten zur Nachbereitung der Anlage durchzuführen. Hierbei wird ebenfalls davon ausgegangen, dass der Mitarbeiter und die Anlage ca. 1 Stunde beschäftigt bzw. belegt sind. Des Weiteren muss eine Nachbearbeitung des Bauteils (ca. 0,5 Stunden) erfolgen, da beispielsweise überschüssiges Pulver zu entfernen ist. Hierbei sind Werkstattkapazitäten für die Metallbearbeitung zu kalkulieren und somit ebenfalls wieder ein Stundensatz von 60, für Mitarbeiter inkl. Anlagen (Metallbearbeitung) anzunehmen. Eine Zusammenfassung dieser Kalkulation von Zeiten und Kosten für die Mitarbeiter und die Anlage zeigt Tabelle 3.1. Tab. 3.1: Kalkulation der Zeiten und Kosten zur generativen Herstellung des Schwungrades Prozessschritt Dauer Stundensatz Kosten Vorbereitung und Nachbereitung der Anlage, Datenaufbereitung 1 Stunde Anlage 60, Mitarbeiter 60, 120, Herstelldauer 5 Stunden Anlage 60, 300, Nachbereitung Anlage 1 Stunde Anlage 60, 120, Mitarbeiter 60, Nachbearbeitung Bauteil 0,5 Stunden 60, 30, Materialkosten 80, Gesamte Herstellkosten 650,

3.4 Abgrenzung zu konventionellen Verfahren hinsichtlich Wirtschaftlichkeit 141 Kalkulatorisch ergeben sich somit folgende Herstellkosten für das Bauteil bei Anwendung des generativen Verfahrens: Herstellkosten = 1 h (60, /h + 60, /h) + 5 h 60, /h + 1 h (60, /h + 60 /h) + 0,5 h 60, /h + 80, = 650, Bei der konventionellen Herstellung des Schwungrades ist der Einsatz von spanenden Verfahren aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll. Dabei wird sowohl für die Fräs- als auch Drehbearbeitung ein einheitlicher Stundensatz von 35, angenommen (Maschine und Bearbeiter). Die Bearbeitungszeit liegt bei drei Stunden. Bei Einsatz eines herkömmlichen Halbzeugs als Ausgangsmaterial kann von einem Betrag von 5, Materialkosten ausgegangen werden. Die Herstellkosten des Bauteils durch Drehen und Fräsen auf manuell bedienten Maschinen ergeben sich damit wie folgt: Herstellkosten = 3 h 35, /h+ 5, = 110, Bewertung und Resümee Anhand dieser Kostenbeträge wird deutlich, dass diesbezüglich die generativen Verfahren bei einem einfachen Bauteil wie dem Schwungrad nicht mit den konventionellen Verfahren konkurrieren können. Daraus leitet sich auch ab, dass ein sinnvoller Einsatz nur bei sehr komplexen Geometrien stattfinden kann. Wie bereits erläutert, verhalten sich die Herstellkosten der konventionellen Verfahren nahezu proportional zur Komplexität der Bauteile. Bei den generativen Verfahren sind die Herstellkosten nahezu unabhängig von der Komplexität. Dieser Umstand wird im weiteren Verlauf des Abschnitts 3.3 weiter erörtert. 3.4.1.2 Mengeneffekt bei generativen Verfahren Gleichzeitige Herstellung von 2 Schwungrädern Interessant wird die eben durchgeführte Betrachtung bei der Herstellung von mehreren Schwungrädern. Die Materialkosten pro Bauteil bleiben identisch und können also weiterhin mit 80, /Stück angesetzt werden. Anders verhält sich der Kostenanteil, der für die Herstelldauer zu kalkulieren ist.