Meditationskurs 1. Abend Yoga-Studio, 19. April 2013

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Transkript:

Meditationskurs 1. Abend Yoga-Studio, 19. April 2013 I. Ausblick auf die nächsten Wochen Niemand (oder fast niemand) zweifelt an den Naturgesetzen. Niemand weiß genau, warum die Gesetzte gelten. Wir können nur ihre Wirkungen betrachten, in der Umwelt oder in uns selbst (z.b. gesund oder krank sein, sowohl auf der körperlichen als auch auf der psychologischen Ebne). Doch: Diese Gesetze sind eherne Gesetze! Sie lassen keine Ausnahme zu. Wir brauchen nicht auf Gnade der Naturgesetze zu hoffen sie operieren gnadenlos! Diese Ausnahmslosigkeit gilt selbstverständlich ebenso für die körperlichen und geistigen Gesetze, da sie auch Naturgesetze sind. Was sind Naturgesetze auf der körperlichen und geistigen Ebene, wer erforscht sie? Im allgemeinen Ärzte, Psychologen, Hirnforscher etc, doch tatsächlich kannst du dich selber erforschen, die Gesetze erkennen, weitgehend verstehen und einsehen, was dich bewusst oder unbewußt leitet und lenkt und vielleicht auch was die Welt im innersten zusammenhält. Diese Verse kennen die meisten und Goethe gibt vielleicht im 2. Teil seiner großen Dichtung den Hinweis auf eine Antwort als er in der Morgendämmerung den Aufgang der Sonne erwartet und ihre Flammenüberfülle seine Augen so schmerzhaft trifft, daß er sich abwenden muß. Doch dieses Meer aus Feuer lässt in ihm eine Erkenntnis (Einsicht?) aufblitzen, die er in Fragen kleidet:... Ist s Lieb? Ist s Hass? Die glühend uns umwinden, Mit Schmerz und Freuden wechselnd ungeheuer, So daß wir wieder nach der Erde blicken, Zu bergen uns im jugendlichsten Schleier..... Es geht im Leben darum, dich selbst, deine eigene Natur zu verstehen! Wir möchten die Ereignisse in der äußeren Welt verstehen, doch unsere eigene Welt ist uns verborgen, häufig wollen wir unsere Innenwelt sogar vor uns selbst verbergen, sie nicht verstehen. Was wollen wir in diesem Kurs: In diesem Kurs wollen wir unsere Innenwelt ein klein wenig intellektuell und emotional erhellen. Wie wollen wir das in diesem Kurs: 1

Durch etwas tiefere Einsicht in die wahre Natur der Dinge bzw. in uns selbst mit Hilfe einer Meditation die zur Sammlung (Śamatha 1 ) führt und mit Hilfe einer anderen Meditation (Vipassanā), die die Dinge betrachtet, wie sie wirklich sind. Vipassanā (pali: Einsicht ) bezeichnet im Buddhismus die Einsicht in die Drei Daseinsmerkmale der menschlichen Existenz. Das sind Unbeständigkeit, daraus resultierende Unzufriedenheit (man kann auch Leidhaftigkeit sagen) und kein beständiges ICH oder SELBST. Auf der körperlichen Ebene erkennst du z.b. Unbeständigkeit an der Faltigkeit älterer Haut. Auf der intellektuell/emotionalen Ebene versuchen Menschen diesen drei Daseinsmerkmalen zu entkommen indem sie alles mögliche ansammeln, nur nicht Einsicht in das Wesen der eigenen Existenz und dessen, was zur Einsicht führt. Wir gehen davon aus, daß alle Leser wissen, was gemeint ist. Um Einsicht zu erlangen, bedarf es grundsätzlich keiner Religionszugehörigkeit. Sie kann manchmal sogar hinderlich sein auf Grund dogmatischer Strenge einiger Religionen. Wesentlicher Teil der verschiedenen meditativen Schulungsmethoden ist die Übung von Achtsamkeit. Wirkliche Einsicht geht weit über intellektuelles Verstehen hinaus - sie ist im Wesentlichen emotionaler Natur. Lama Govinda 2 schreibt in seinem Gedicht "Durchbruch":... Wir sind es selbst, die sich mit Ketten an die Dinge binden. Wir klammern uns an Formen und Phantasmen wie ein Ertrinkender an Rettungsplanken, die unrettbar vom Strudel mitgerissen. - Doch kommt in uns zum Durchbruch dieses Wissen, zerreißt die Dunkelheit und fällt die erste Schranke. 3 Diese Einsicht offenbart sich nur in einem ruhigen, stillen, friedlichen und gesammelten Geist! Dafür müssen wir eine zeitlang das Trommelfeuer der politischen, wirtschaftlichen und medialen Welt verlassen! In der Kursankündigung wird von Freiheit und Unsterblichkeit gesprochen, als Ziele 1 Sanskrit: Śamatha, Pali: samatha, bedeutet ruhiges Verweilen oder gelassenes, friedvolles Verweilen. Es ist eine buddhistische Meditationstechnik. 2 Lama Anagarika Govinda (* 1898 in Waldheim, Sachsen als Ernst Lothar Hoffmann; 14. Januar 1985 in Kalifornien) war ein moderner deutscher Interpret des Buddhismus und Daoismus, Schriftsteller, Kunstmaler und Gründer des Ordens Arya Maitreya Mandala. Er war Sohn eines deutschen Vaters und einer bolivianischen Mutter und befasste sich mit vergleichenden Studien zu den Weltreligionen Christentum, Islam und Buddhismus. Er studierte Philosophie und Archäologie an der Universität in Freiburg im Breisgau. 3 in seinem Gedichtband: "Mandala" 2

des menschlichen Lebens. Diese Wege scheinen uns eher nicht so hilfreich. Warum? 1. Freiheit (lateinisch: libertas) wird in der Regel verstanden als die Möglichkeit, ohne Zwang zwischen verschiedenen Möglichkeiten auswählen und entscheiden zu können. Freiheit wird dabei auf zwei Ebenen bezogen: zum einen geht es um Selbstbestimmung des Willens (Willensfreiheit) und zum anderen um die Selbstbestimmung des Handelns (Handlungsfreiheit). Libertas ist in der römischen Mythologie die Göttin der Freiheit (New York: Freiheitsstatue, amerikanisch Münze der Silberadler) Verlor im römischen Reich ein Mensch seine Freiheit, wurde er zum Sklaven erniedrigt und fortan als Sache betrachtet. Libertas wurde in dieser Zeit auf Münzen als schöne Frau dargestellt. Auch von Künstlern der Gegenwart ist sie dargestellt. Z. B. von: Böcklin 4 Die Freiheit Eugène Delacroix 5 - La liberté guidant le peuple Beim betrachter der Bilder wird man vielleicht zum Nachdenken über die eigene Vorstellung von Freiheit angeregt. An Freiheit des Menschen im philosophischen Sinne glaube ich keineswegs. Jeder handelt nicht nur unter äußerem Zwang, sondern auch gemäß innerer Notwendigkeit. Schopenhauers Spruch: Der Mensch kann zwar tun, was er will, aber nicht wollen, was er will, hat mich seit meiner Jugend lebendig erfüllt und ist mir beim Anblick und beim Erleiden der Härten meines Lebens immer ein Trost gewesen und eine unerschöpfliche Quelle der Toleranz. 4 Arnold Böcklin (* 1827 in Basel; 16. Januar 1901 in der Provinz Florenz) war Maler, Zeichner, Grafiker und Bildhauer. Er gilt als einer der bedeutendsten bildenden Künstler des 19. Jahrhunderts in Europa. 5 Ferdinand Victor Eugène Delacroix (* 26. April 1798 in Paris; 13. August1863 in Paris). Er war einer der bedeutendsten französischen Maler und gilt als Wegbereiter des Impressionismus. 3

Dieses Bewusstsein mildert in wohltuender Weise das leicht lähmend wirkende Verantwortungsgefühl und macht, dass wir uns selbst und die andern nicht gar zu ernst nehmen; es führt zu einer Lebensauffassung, die auch besonders dem Humor sein Recht lässt." 6 2. Unsterblichkeit Goethe sagt in seinen Gesprächen mit Eckermann (1824): Die Beschäftigung mit Unsterblichkeit ist für vornehme Stände und besonders für Frauenzimmer, die nichts zu tun haben. Ein tüchtiger Mensch aber, der schon hier etwas Ordentliches zu sein gedenkt, und der daher täglich zu streben, zu kämpfen und zu wirken hat, lässt die künftige Welt auf sich beruhen und ist tätig und nützlich in dieser.... Und am Schlusse seines Faust sagt er: Der Erdenkreis ist mir genug bekannt, Nach drüben ist die Aussicht uns verrannt; Tor, wer dorthin die Augen blinzend richtet, Sich über Wolken seinesgleichen dichtet. Er stehe fest und sehe sich hier um, Dem Tüchtigen ist diese Welt nicht stumm, Was braucht er in die Ewigkeit zu schweifen! Was er erkennt, lässt sich ergreifen. 7 Das sind die 2 wesentlichen Argumente, die die Entwicklung von Einsicht sinnvoller erscheinen lassen. Und darüber hinaus: Wenn jemand Einsicht hat in die Dinge wie sie wirklich sind, dann ist er frei und muß sich auch nicht mehr um Unsterblichkeit kümmern! II. Einsicht Verzerrte Einsicht in die Dinge wie sie wirklich sind wird am anschaulichsten in Platons Höhlengleichnis als sehr ausdrucksvolles Bild gezeichnet: Höhlengleichnis: Platon beschreibt einige Menschen, die in einer unterirdischen Höhle von Kindheit an so festgebunden sind, dass sie weder ihre Köpfe noch ihre Körper bewegen und deshalb immer nur auf die ihnen gegenüber liegende Höhlenwand blicken können. Licht haben sie von einem Feuer, das hinter ihnen brennt. Zwischen dem Feuer und ihren Rücken befindet sich eine Mauer. Hinter dieser Mauer werden Bilder und Gegenstände vorbeigetragen, die die Mauer überragen und Schatten an die Wand werfen. Die Gefangenen können nur diese Schatten der Gegenstände wahrnehmen. Wenn die Träger der Gegenstände sprechen, hallt es von der Wand so zurück, als ob die Schatten selber sprächen. Da sich die Welt der Gefangenen 6 In: Albert Einstein: Mein Weltbild 7 Faust: Der Tragödie zweiter Teil ; Mitternacht 4

ausschließlich um diese Schatten dreht, deuten und benennen sie diese, als handelte es sich bei ihnen um die wahre Welt. Platon fragt nun, was passieren würde, wenn man einen Gefangenen befreien und ihn dann zwingen würde, sich umzudrehen. Zunächst würden seine Augen wohl schmerzlich vom Feuer geblendet werden, und die Figuren würden zunächst weniger real erscheinen als zuvor die Schatten an der Wand. Der Gefangene würde wieder zurück an seinen angestammten Platz wollen, an dem er deutlicher sehen kann. Weiter fragt Platon, was geschehen würde, wenn man den Befreiten nun mit Gewalt, die man jetzt wohl anwenden müsste, an das Sonnenlicht brächte. Er würde auch hier zuerst von der Sonne geblendet werden und könnte im ersten Moment nichts erkennen. Während sich seine Augen aber langsam an das Sonnenlicht gewöhnten, würden zuerst dunkle Formen wie Schatten und nach und nach auch hellere Objekte bis hin zur Sonne selbst erkennbar werden. Der Mensch würde letztlich auch erkennen, dass Schatten durch die Sonne geworfen werden. Erleuchtet würde er um keinen Preis sein altes Leben in der Höhle wiederaufnehmen wollen und wenn er es doch täte, über seine Erkenntnisse berichten. Da sich seine Augen jedoch nun umgekehrt erst wieder an die Dunkelheit gewöhnen müssten, könnte er (zumindest anfangs) die Schattenbilder nicht erkennen und gemeinsam mit den anderen deuten. Aber nachdem er die Wahrheit erkannt habe, würde er das auch nicht mehr wollen. Seine Mitgefangenen würden ihn als Geblendeten wahrnehmen und ihm keinen Glauben schenken: Man würde ihn auslachen und von ihm sagen, er sei mit verdorbenen Augen von oben zurückgekommen. Damit ihnen nicht dasselbe Schicksal zukäme, würden sie von nun an jeden umbringen, der sie lösen und hinaufbringen wollte. 8 Beschäftigung mit Unsterblichkeit führt oft nur zu: Spekulationen Angst, Unsicherheit, Verzagtheit Ohnmacht Ähnlich wie die Beschäftigung mit der Vergangenheit oft nur zu Trauer... ach hätte ich doch und zum Geschichten erzählen über die eigenen großen Taten der Vergangenheit Wenige benutzen Ihre Vergangenheit kreativ, um daraus zu lernen! 8 aus dem siebten Buch seines Hauptwerkes Politeia 5