Bankenwelt 2020 Aufsichts-Infrastruktur Bankenunion Stufe 1 von Peter Scherer, LL.M. (IU) Frankfurt, den 7. November 2014
Bankenunion (1) Ziele: - Ergänzung der Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) = - Verbesserte Krisenprävention, Frühintervention und effizienteres Krisenmanagement Teilnehmer: - Staaten der Euro-Zone - Optional: Nicht-Euro-Staaten Quelle: EY 2
Bankenunion Einheitlicher Bankenaufsichtsmechanismus Einheitlicher Bankenrestrukturierungs und -abwicklungsmechanismus Einlagensicherung SSM (Single Supervisory Mechanism) SRM (Single Resolution Mechanism) + BRRD (Bank Recovery and Resolution Directive) 3
SSM - Struktur JSTs EZB Regeln EBA Indirekte Aufsicht Regeln Direkte Aufsicht NCAs zb BaFin und Bundesbank Direkte Aufsicht Bedeutende Banken Andere Banken 4
SSM - bedeutende Institute Banken mit einer Bilanzsumme von mehr als EUR 30 Mrd. Banken mit einer Bilanzsumme von mehr als 20 % der Wirtschaftsleistung ihres Landes, mindestens aber einer Bilanzsumme von EUR 5 Mrd. Banken, die direkte öffentliche Finanzhilfen aus der EFSF oder dem ESM erhalten oder beantragt haben Drei größten Banken in jedem teilnehmenden Staat Auf Antrag der zuständigen nationalen Behörden Direkte Aufsicht von der EZB als notwendig erachtet Konkretisierung in der EZB-Rahmenverordnung EZB-Einstufungsbeschluss Jährliche Überprüfung der Klassifizierung 5
SSM - Rechtsgrundlagen SSM- Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 1024/2013) EZB-Rahmenverordnung (Verordnung (EU) Nr. 468/2014) Von EZB erlassene Rechtsgrundlagen: 6 Geschäftsordnung des Aufsichtsgremiums Geänderte Geschäftsordnung der EZB Verfahrensordnung des Aufsichtsgremiums Einrichtung eines administrativen Überprüfungsausschusses und Festlegung seiner Arbeitsweise Absichtserklärung bezüglich der Zusammenarbeit im SSM Interne Regelungen zu beruflichen Geheimhaltungspflichten Vereinbarung über Rechenschaftspflichten Interne Regelungen zum Informationsaustausch zwischen Geldpolitik- und Aufsichtsfunktion Sanktionsverordnung Supervisory Manual Gebührenverordnung
EZB - Aufsichtsaufgaben Zulassung und Entzug von Kreditinstituten Beurteilung der Anzeige über den Erwerb od. Veräußerung von qualifizierten Beteiligungen Rechtskontrolle bzgl. Eigenmittelanforderungen, Liquidität, Verschuldungsgrad, Meldungen, Veröffentlichung, etc. Kontrolle der Unternehmensführung Kontrolle von Stresstests Aufsicht in Bezug auf Sanierungspläne etc. 7
SSM - Organisation JST Arbeitsergebnisse Aufsichtsgremium inkl. Lenkungsausschuss Administrativer Überprüfungsausschuss Schlichtungsstelle bei Uneinigkeit mit Aufsichtsgremium EZB-Rat Beschlussvorlage Entscheidung Bedeutende Banken Rechtsweg EuGH 8
SSM - interne Organisation 4 Generaldirektionen, die die EZB- Aufsichtsaufgaben wahrnehmen Mikroprudenzielle Aufsicht I und II direkte Aufsicht Mikroprudenzielle Aufsicht III indirekte Aufsicht Mikroprudenzielle Aufsicht IV spezialisierte Aufgaben und Fachwissen 9
SSM - JSTs Aufgabe: Laufende Aufsicht über bedeutende Institute Zusammensetzung: Mitarbeiter der EZB und NCAs Für jedes bedeutende Institut wird ein JST eingerichtet JST-Koordinator kommt aus EZB und stammt aus einem anderen Staat als das bedeutende Institut Unterstützung: Durch 10 horizontale Abteilungen 10
SSM - Rolle der EBA Die EZB unterliegt den technischen Standards der EBA (Europäisches Aufsichtshandbuch der EBA) EBA-Vorgaben bilden eine die Grundlage für die Regulierung, Überwachung, Steuerung und das Risikomanagement Weiterentwicklung des EBA-Regelwerks wird durch SSM unterstützt und gefördert EZB muss die Einhaltung der EBA-Verordnung sicherstellen Der SSM muss seine Aufgaben gemäß den Bestimmungen der EBA wahrnehmen 11
SSM Makroprudenzielle Aufsicht (1) - ESFS Das Konzept des Europäischen Systems der Finanzaufsicht (ESFS) basiert auf 2 Säulen Makroprudenzielle Aufsicht durch den ESRB Mikroprudenzielle Aufsicht durch ein Netzwerk bestehend aus den europäischen und nationalen Aufsichtsbehörden Mikroprudenzielle Aufsicht EBA EIOPA ESFS Makroprudenzielle Aufsicht ESRB Europäischer Ausschuss für Systemrisiken ESMA Gemeinsamer Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden Nationale Mikroprudenzielle Aufsichtsbehörden EZB Nationale Makroprudenzielle Aufsichtsbehörden 12
SSM Makroprudenzielle Aufsicht (2) - ESRB Der Europäischer Ausschuss für Systemrisiken (ESRB), als Teil des ESFS, überwacht bei der makroprudenziellen Aufsicht die Stabilität des Finanzsystems als Ganzes Die EZB agiert teilweise neben und teilweise anstelle der nationalen Aufsichtsbehörden und wird als zuständige Behörde in den ESFS eingegliedert Es findet eine enge Zusammenarbeit zwischen EZB und ESRB zum Informationsaustausch statt ESRB kann dadurch effektiver EU-weite Systemrisiken identifizieren, analysieren und überwachen SSM erhält Fachwissen über das gesamte Finanzsystem Verwendet die EZB makroprudenzielle Instrumente, die in der CRD 4-RL und CRR-VO festgelegt sind, muss die EZB die Empfehlungen des ESRB berücksichtigen Die Risikoanalysen der JSTs stützt sich u.a. auf makroprudenziellen Analysen der EZB 13
SSM Makroprudenzielle Aufsicht (3) Maßnahmen: Kapitalpuffer (Art. 5 SSM-VO) National zuständigen Behörden oder EZB legen die Anforderungen für Kapitalpuffer fest EZB darf makroprudenzielle Maßnahmen eines Mitgliedslandes des SSM verschärfen, besitzt aber nicht die Möglichkeit, die makroprudenziellen Vorgaben unter die von der nationalen Instanz gesetzten Anforderungen abzuschwächen 14
SSM Überprüfungs- und Bewertungsprozess (1) Die gemeinsamen Methoden und Standards umfassen Inhalte wie die Details des Überprüfungs- und Bewertungsprozesses (SREP - Supervisory Review Evaluation Process) (SSM-Eingangstest) und der Verfahren für Anzeigen und Anträge beaufsichtigter Unternehmen Die Aufseher müssen während des Überprüfungs- und Bewertungsprozesses die von den Kreditinstituten angewandten Regeln, Strategien, Prozesse und Mechanismen überprüfen und eine Bewertung in Bezug auf die nachfolgenden Aspekte durchführen: Risiken, denen Institute ausgesetzt sind oder sein können Risiken, die ein Institut für das Finanzsystem insgesamt darstellt Risiken, die anhand von Stresstests ermittelt wurden 15
SSM - Überprüfungs- und Bewertungsprozess (2) 1. RBS/RAS Risikobewertungssystem 2. ICCP und ILAAP Überprüfung Kapital- und Liquiditätsausstattung 3. Qualifizierungsprozess Einschätzung Kapital- und Liquiditätsbedarfs anhand der Risikobewertung 16
SSM - Methodik Aufsichtsrechtliche Beurteilung, die angeblich auf beiden basiert, quantitativen und qualitativen Analysen Spektrum von vergangenheits- und zukunftsorientierten Informationen (z.b. Ausfallwahrscheinlichkeit, Verlust bei Ausfall, Stresstests) Risiken werden anhand von Risikoniveaus eingeschätzt Vereinheitlichung der europäischen Bankdatenerhebung Wachsende Bedeutung der quantitativen Aufsicht Bruder Computer beaufsichtigt mit 17
EZB-Aufsichtsverfahren (1) - Art. 25 ff. EZB- Rahmenverordnung Parteien Antragsteller (des Aufsichtsverfahren) Adressat (an die sich ein EZB-Aufsichtsbeschluss richten soll oder gerichtet ist) Vertretungsmöglichkeit Einleitung: Von Amts wegen Auf Antrag Beweismittel: EZB zieht diejenigen heran, die sie nach sorgfältiger Prüfung für angebracht hält, z.b. Zeugen, Sachverständige 18
EZB-Aufsichtsverfahren (2) - Art. 25 ff. EZB- Rahmenverordnung Art. 31 Recht auf rechtliches Gehör Grds. schriftliche Anhörung der Partei vor EZB-Aufsichtsbeschluss (AUSNAHME: Mündliche Anhörung) Grds. 2 Wochenfrist Art. 32 Akteneinsichtsrecht Nach Eröffnung eines EZB-Aufsichtsverfahrens Umfasst sämtliche Dokumente, die im EZB-Aufsichtsverfahrens erlangt, erstellt od. zusammengestellt wurden (AUSNAHME: Vertrauliche Informationen) 19
EZB-Aufsichtsverfahren (3) - Aufsichtsbeschluss Begründungspflicht bzgl. wesentlicher Tatsachen und Rechtsgründe (Art. 33) Bekanntgabe (Art. 35) Überprüfungsantrag hat grds. aufschiebende Wirkung (Art. 34) Ausnahme: Anordnung der Vollzugsaussetzung im Aufsichtsbeschluss Auf Antrag des Adressaten, in anderen Fällen als einem Antrag auf Überprüfung durch den administrativen Überprüfungsausschuss 20
EZB-Aufsichtsverfahren (4) Meldung von Verstößen Jeder kann Meldungen bei EZB einreichen, die Verstöße gegen die in Art. 4 Abs. 3 der EZB-Rahmenverordnung genannten Rechtsakte durch Finanzinstitute aufdecken bzgl. bedeutender beaufsichtigter Unternehmen EZB prüft Meldungen von Verstößen bzgl. weniger bedeutender beaufsichtigter Unternehmen nur bzgl. eines Verstoßes gegen Vorschriften oder Beschlüsse der EZB 21
EZB-Aufsichtsverfahren (5) - Rechtsweg Art. 47 EU-Grundrechtecharta Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht Keine Regelung in der SSM-VO, EZB-Rahmenverordnung Art. 263 AEUV Individualklage 22
SSM-Bankenwelt 2020 Bankenunion mit drei Säulen fertiggestellt Europäische Bankenaufsicht läuft Bedeutung der NCAs schwindet Bankenaufsicht zunehmend quantitativ Europäisches Verwaltungsrecht Erfahrungen mit dem Rechtsweg zu europäischen Gerichten Massiv erhöhter Aufwand und Kosten 23
Ansprechpartner Peter Scherer, LL.M. Taunusanlage 21 60325 Frankfurt am Main FRANKFURT Tel +49 69 710003-0 Fax +49 69 710003-144 Mail peter.scherer@gsk.de
Lebenslauf Peter Scherer, LL.M. Beruf und Position Ausbildung und beruflicher Werdegang Tätigkeitsschwerpunkte Mitgliedschaften Rechtsanwalt, zugelassen seit 1990 Partner im Sinne des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes Studium an der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main sowie an der Indiana University, Bloomington, USA (LL.M.) Lehrgänge an der Georgetown University, Washington D.C., USA und dem Institut Monétaire, Luxemburg Bankkaufmann mit Berufserfahrung im Wertpapierhandel und im Back Office von renommierten Banken in Frankfurt und London Diverse Nebentätigkeiten am Institut für Rechtsvergleichung der Johann Wolfgang Goethe-Universität sowie verschiedenen Banken, Wertpapierhändlern und Unternehmen Drei Jahre Associate-Tätigkeit im Brüsseler Büro einer deutschen Großkanzlei, anschließend 25 Jahre in deren Frankfurter Büro (nach einer Fusion im Jahre 2000 als internationale Großkanzlei); von 1995-2013 als Partner Bank- und Kapitalmarktrecht, insbesondere Finanzaufsichtsrecht, Recht der Derivate und anderer Finanzinnovationen, Verbriefungen, Treuhänderfragen und Wertpapierverwahrrecht sowie Zentralbank- und Währungsrecht Bankrechtliche Vereinigung e.v. International Swaps and Derivatives Association (ISDA) Fremdsprachen Englisch, Französisch Publikationen Zahlreiche Aufsätze, Beiträge und Bücher zu bank- und kapitalmarktrechtlichen Themen (einschließlich Kommentaren zum DepotG und den deutschen Investmentgesetzen sowie ein englischsprachiges Buch zum deutschen Bankaufsichtsrecht)