Erasmus-Erfahrungsbericht UNIVERSITY OF OULU: August Dezember 2012 Oulu: Oulu liegt mit 143.903 Einwohnern im nordwestlichsten Teil von Finnland direkt am Meer. Während zu früheren Zeiten Oulu berühmt war für Lachs und Holzteer, ist es heute die Stadt für IT und Wellness. Der Flughafen von Oulu ist der am zweitmeisten frequentierte des Landes. Die Universität ist die zweitgrößte des Landes und befindet sich etwas außerhalb des Stadtzentrums. Wer beschließt nach Oulu zu gehen, muss sich natürlich auch an die beiden Extreme des finnischen Sommers und Winters anpassen können. Der kalte Nordwind macht sich schon im September deutlich bemerkbar. Der Übergang von der Herbst- zur Winterzeit ist traumhaft schön. Selten habe ich den Jahreszyklus so inspirierend erlebt. Die Winterzeit, die ich ein wenig genießen konnte, ist für den Mitteleuropäer eher gewöhnungsbedürftig. Die Sonne ist ab Dezember nur mehr sehr selten zu sehen. Dunkelheit und eisige Kälte (-30 Grad) bestimmen den Tag. Im Sommer, wenn es mehr oder weniger den ganzen Tag hell ist, kann man wunderbar die Natur genießen und wenn es die Temperaturen zulassen, im Meer baden gehen. Leider bin ich erst Ende August nach Oulu gekommen, diesbezüglich habe ich die Sommerzeit nicht mehr wirklich miterlebt, aber laut Erfahrungsberichten sei diese Zeit besonders schön. Anreise: Ende August hat für mich das Abenteuer Erasmus gestartet. Ich bin von Zürich über Schweden nach Oulu geflogen (Flugdauer: ca. 3,5h). Die Flüge nach Oulu sind relativ teuer. Die günstigere Variante besteht darin, nach Helsinki zu fliegen (rund 608 km entfernt) und mit dem Zug innerhalb von 5h nach Oulu zu fahren. Der Ticketpreis für den Zug liegt bei Studenten zwischen 36 und 40 Euro. Die Busverbindungen in Oulu sind sehr gut, aber auch relativ teuer im Verhältnis zu Österreich. Für ein Busticket muss man tief in die Tasche greifen (3,20 für eine Fahrt). Deshalb gleich zu Beginn ein Monatsticket für 36 kaufen oder aufs Fahrrad umsteigen. 1
Wohnsituation: Ich habe mich schon einige Monate zuvor für eine Unterkunft über die Vermittlungsargentur PSOAS beworben. Ungefähr 1,5 Monate vor meinem Aufenthalt erhielt ich dann eine positive Zusage. Die meisten Austauschstudenten werden in Linnanmaa (Universitätscampus; 6 km entfernt vom Stadtzentrum) oder Alppila (zwischen Universität und Stadtzentrum) untergebracht. Ich habe in einer 3er-WG in Alppila gelebt. Alppila ist ein eher ruhigeres Wohnviertel. Die Wohnungen sind möbliert, räumlich großzügig und nett eingerichtet. Für einen kleinen Aufpreis, steht zu Beginn frisches Bettzeug und Geschirr bereit. Ich habe mich in den 4 Monaten in dieser Wohnung wirklich sehr wohl gefühlt. Die wichtigsten Busverbindungen befinden sich nur 5 Gehminuten von der Wohnung entfernt, ein wahrer Komfort. Fahrrad: Um meinen Aufenthaltskosten so gering wie möglich zu halten, habe ich mir gleich zu Beginn meines Aufenthaltes ein gebrauchtes Fahrrad angeschafft. Mein Fahrrad kaufte ich in einem nahe gelegenen Secondhand Shop. Es gibt aber auch viele Studenten, die für günstiges Geld gebrauchte Fahrräder verkaufen. Mit einem Fahrrad ist man deutlich flexibler und sparsamer unterwegs. Meinen Drahtesel konnte ich bis Ende November nutzen, bevor ich es wieder an eine andere Studentin weiterverkauft habe. Die Radwege sind sehr gut ausgebaut. Einkaufsmöglichkeiten: In der Nähe von Alppila befinden sich einige Supermärkte wie Sale (2 Gehminuten), Lidl (15 Gehminuten) oder SMarket (20 Gehminuten). Das Stadtzentrum ist in 10 min mit dem Bus erreichbar. Das größte Einkaufszentrum (Zeppelin) liegt ca. 30 min Fahrminuten entfernt. Die meisten Geschäfte haben auch sonntags geöffnet. Man kann auch in Finnland halbwegs günstig einkaufen. Preise vergleichen und auf das Geld achten haben mir sehr für mein Auskommen beigetragen. Alkohol ist ziemlich teuer, da kann ein lustiger Abend schon ganz schön ins Geld gehen. Auch Obst und Gemüse ist im Vergleich zu Österreich wirklich preisintensiv. Wer aufs Kochen verzichten will, kann 2
kostengünstig in der Universität essen. Jeden Tag wird ein ausgewogenes Menü für 2,70 angeboten. Finnisch Mission (Im)possible? Zur Beruhigung sei gesagt, dass man in Finnland auch ohne finnische Sprachkenntnisse überleben kann. Die meisten Finnen können sehr gut Englisch. Trotzdem finde ich es wichtig, dass man sich mit der Sprache des Landes ein wenig auseinandersetzt. Die Universität bietet diesbezüglich einen Finish Survival Course an, um Alltagsfloskeln kennenzulernen und auch später anwenden zu können. Der Kurs dauert 5 Wochen und wird mit einer Prüfung abgeschlossen. Kummi-Family: Eine weitere Möglichkeit für einen interkulturellen Austausch bietet das Kummi- Family Programm, das von der Universität Oulu angeboten wird. Die Universität vermittelt finnische Familien an Erasmus Studenten. Ich habe mich gleich zu Beginn für eine Familie beworben und wurde binnen weniger Wochen via Mail kontaktiert. Ich habe sehr davon profitiert und konnte eine tolle Beziehung mit meiner Familie aufbauen. Wir haben einige Ausflüge zusammen unternommen und vieles erlebt. Mir war wichtig, dass ich den finnischen Lebensstil näher kennenlerne. Dies wurde mir anhand des Kummi-Family Programms ermöglicht. Organisation und Studium: Die erste Woche des Semesters beginnt mit einem gut organisierten Orientierungsprogramm für alle Austauschstudenten. In der Orientierungswoche erhält man alle nötigen Information über die Universität, Netzwerkgruppen (NISO, ESN), Freizeitund Ausflugsmöglichkeiten etc. Jeder Austauschstudent hat ein persönlicher Kummi (Pate). Antti, mein persönlicher Kummi, hat mich bei meiner Ankunft von der Bushaltestelle abgeholt und zur Wohnung geführt. Jeder Austauschstudent bekommt bei der Ankunft eine finnische Sim- Karte (inkl. 7 Guthaben) überreicht. Da Antti ebenfalls an der Faculty of Education studiert, konnte er mir bei der Auswahl von Lehrveranstaltungen und Seminaren weiterhelfen. Auch während meines Aufenthaltes konnte ich seine Hilfe immer wieder in Anspruch nehmen. Die Organisation der Universität ist wirklich lobenswert. 3
Mein persönliches Fazit: Mein Austausch in Finnland war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte. Da ich angehende Lehrerin bin, hat mich das Land v.a. aber auch dessen Schulsystem schon immer sehr interessiert. Durch die Möglichkeit einer Praxisschule und den direkten Austausch mit finnischen Schulkindern konnte ich viele neue Eindrücke sammeln. Mein Wunsch, Lehrerin zu werden, wurde durch diesen Aufenthalt bestätigt bzw. bestärkt. Die finnischen Lehrmaßnahmen waren für mich sehr prägend. Die ausgezeichnete Organisation der Universität hat das Ganze zusätzlich gestärkt. Das Verhältnis zwischen Lehrperson und Student basiert auf einer ganz anderen Ebene, die ich bis dato gewohnt war. Das Interesse und die Wertschätzung der Lehrperson gegenüber dem Student war für mich eine vollkommen neue Erfahrung. Die Reise nach Finnland war nicht nur in schulischer Hinsicht prägend für mich. Ich habe viele tolle Menschen kennengelernt. Der internationale Austausch mit anderen Studenten, die Freundschaften, die während dieser Zeit geknüpft werden, sind sehr wertvoll auch für das spätere Leben. Durch die Ausflugsmöglichkeiten, die Organisationen wie ESN angeboten haben, konnte ich auch meinen kulturellen Horizont erweitern. Ich bin mit dem Schiff nach Stockholm und St. Petersburg gereist und habe Länder wie Estland und Lettland kennengelernt. Ich kann einen Auslandsaufenthalt in Finnland nur wärmstens weiterempfehlen. 4
Impressionen: Ausblick aus meinen Zimmer (7. Stock) Markthalle Oulu Beach Marktpolizist (Toripolliisi) Linnansaari 5