Predigt: Gott hören Wer von Ihnen kennt den Film A Beautiful Mind mit Russel Crowe? Ich selber finde den Film sehr beeindruckend: Er handelt vom Aufstieg und Fall des Mathematik-Genies John Nash, der über seiner Arbeit als berühmter Professor und als Decodier-Experte des amerikanischen Geheimdienstes psychisch schwer krank wird. Die Ärzte diagnostizieren paranoide Schizophrenie. John Nash sieht Menschen und hört Stimmen, die nur in seinem Kopf existieren. Mit der Realität haben sie nichts zu tun. Immer wenn Nash auf diese Stimmen hört, verzerrt sich seine Wahrnehmung und er handelt wie ein Verrückter, Besessener. Zuerst verliert er seinen Job als Professor, wenig später drohen auch seine geliebte Frau und überhaupt sein Verstand für immer verloren zu gehen. Das Erstaunliche an seiner Geschichte ist nun, dass Nash im Laufe der Zeit lernt, die Stimmen in sich zu testen und zu merken, welche echt sind. Zwar lassen ihn die Stimmen in seinem Kopf bis zu seinem Tod nie mehr ganz los. Aber: Nash schafft es, auf die zerstörerischen Stimmen in seinem Kopf nicht mehr zu hören. Worauf ich nun hinaus will, ist ein Gespräch zwischen John Nash und einem Freund gegen Ende des Films. Nash sagt dort: Ich bin nicht so sehr anders als du. Wir alle hören Stimmen und müssen entscheiden, welchen wir Aufmerksamkeit schenken. Stimmt das? Wir alle hören Stimmen. Ich finde, das stimmt: Manche der Stimmen, die an mein Ohr dringen, sind irgendwie dunkel und abgründig. Sie bringen mich dazu, anderen Menschen Böses mit Bösem zu vergelten, sie flüstern mir Stolz oder Neid oder Angst ein. Manche Stimmen sind aber auch gut und hell: Sie sprechen von Liebe, von Freundlichkeit, von Großzügigkeit. Und nun gibt es ÜBER all diesen Stimmen gibt es nun noch eine, ganz spezielle Stimme. Im Johannes-Evangelium bezeichnet sich Jesus einmal als den Hirten, dem seine Schafe folgen, weil sie seine Stimme kennen. Jesus sagt: Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir.
Meine Schafe hören meine Stimme Quer durch die Menschheitsgeschichte haben Christen immer wieder behauptet, die Stimme Gottes hören zu können. Und wenn wir jetzt einfach mal davon ausgehen, dass all diese Menschen nicht schizophren oder paranoid waren, dann heißt das doch, dass diese Christen es irgendwie gelernt hatten, ihre Ohren und ihr Herz auf die Frequenz Gottes einzustellen. Das Schöne, aber auch das Schwierige an Gott ist nun, dass er auf ganz verschiedene Art und Weise mit uns redet. Ich möchte im Folgenden mal drei Redemöglichkeiten vorstellen, die Gott besonders gern benutzt (gibt noch viel mehr, aber für heute soll das mal reichen). 1. Erstens, und da erzähle ich Vielen von Ihnen vermutlich nichts Neues: Gott redet gerne durch die Bibel. Zumindest diese Behauptung wird fast jeder von Ihnen schon mal gehört haben ob Sie es selbst erlebt haben, ist dann nochmal etwas ganz anderes. Ich möchte Ihnen heute eine sehr fruchtbare Art vorstellen, die Bibel zu lesen und dabei auf Gottes Stimme zu hören, nämlich die Meditation. Jetzt ist Meditation ja ein großes Wort, aber im Prinzip meditiert jeder von uns: Und zwar immer dann, wenn wir uns Sorgen machen allerdings meditieren wir dann in negativer Art und Weise. Wenn wir uns Sorgen machen, dann kreisen wir in Gedanken immer wieder um eine Sache und überlegen uns, was alles schief gehen kann. Meditation über einem Text der Bibel ist also wie Sorgen machen, nur auf positive Art und Weise. Wenn ich so meditiere, dann bitte ich Gott, zu mir zu reden, nehme mir einen kleinen Text aus der Bibel vor und lasse meine Gedanken immer wieder um den Bibeltext kreisen: Ich lasse mich von den Bildern berühren, die im Text vorkommen, bei Geschichten versuche ich, die biblische Szene vor meinem Auge lebendig werden zu lassen, und wenn ich an bestimmten Formulierungen hängen bleibe, dann gebe ich diesen Formulierungen Raum in meinem Kopf. Diese Methode ist übrigens im Christentum schon seit vielen Jahrhunderten unter dem Stichwort lectio divina (göttliche Lesung) bekannt. Googlen Sie das einfach mal, es gibt ganz wunderbare Anleitungen dazu im Netz (interessanterweise: je katholischer, desto besser )
Wenn Sie so Bibel lesen, dann werden Sie Gott früher oder später hören. Und dass Gott redet, merken Sie daran, dass irgendetwas aus dem Text Sie berührt, trifft, ermutigt oder tröstet. Wenn Sie merken: Dieses Wort, dieser Satz, diese Geschichte ist nicht mehr nur ein trockener Text, sondern wirkt wie für mich geschrieben. Die Worte sprechen mich an. Wenn Sie das merken, dann redet gerade Gott zu Ihnen. 2. Ein anderer Weg, den Gott gerne nutzt, um mit uns zu reden, ist die christliche Gemeinschaft. Gott gebraucht oft andere Menschen, am liebsten Christen, um zu uns zu sprechen. Wenn meine Frau mir durch die Blume klar macht, dass ich mich mal wieder egoistisch verhalten habe, wenn mir ein Gemeindemitglied von einem Mann erzählt, der einsam ist und sich nach Besuch sehnt, wenn ich im Gespräch mit einem guten Freund eine neue oder vergessene Seite an Gott entdecke, immer dann und noch viel öfter lässt Gott seine Stimme durch andere Menschen laut werden. Wir brauchen andere Menschen, wir brauchen ihr Lob und ihre Kritik, weil wir sonst anfangen, uns nur noch um uns selbst zu drehen. Ich möchte an dieser Stelle Werbung machen für etwas, das ich persönlich nur ganz schlecht kann: Das Kritisiert-Werden. Was ich NICHT meine, dass ist ein liebloses Ich drück s dem anderen mal so richtig rein!. (Was ich meine, dass ist ein Hey, ich mag dich. Und ich hab das Gefühl, dass dies und das gerade irgendwie ungut läuft bei dir. Kann das sein?.) Denn wenn ich mich selbst angucke, dann stelle ich immer wieder fest: Obwohl ich es eigentlich meistens gut meine und versuche, die Dinge richtig und gut zu machen, passiert es mir trotzdem so unglaublich schnell, dass ich irgendeinen Menschen übersehe, dass ich einen anderen Menschen mit einem unbedachten Wort verletze oder dass sich Gewohnheiten in meinem Leben einschleichen, die für mich und für andere ungut sind. Und gerade weil das so ist, dann ist es zumindest in der Theorie ein unglaubliches Geschenk, wenn mir ein Mensch, der mich gern hat, sagt: He, Aufpassen, dies und das scheint bei dir falsch zu laufen => Ich habe mir angewöhnt, Kritik immer daraufhin zu prüfen, ob hier nicht
tatsächlich Gott selber mich auf etwas Bestimmtes aufmerksam machen will (leider läuft das meistens so, dass ich zuerst auf die Kritik und ihren Überbringer innerlich einprügle und denke: Schwachsinn! Sackgesicht! Ich bin gut! Ich habe Recht! Aber dann, so nach ein paar Minuten oder Stunden habe ich dann meist die innere Reife, der Kritik nochmal nachzuspüren und sie offen zu hören und zu prüfen erschreckend oft finde ich in der Kritik leider Wahres ) 3. Die Gemeinschaft mit anderen Christen ist also ein zweiter Weg, den Gott gerne benutzt, um mit uns zu reden. Ich möchte unseren Blick jetzt noch auf einen dritten Weg lenken: Gott kann auch direkt zu unseren Gedanken sprechen. Er hat sozusagen auch eine direkte Standleitung: Er kann einen Gedanken einfach so mitten in unsere Überlegungen hineinplatzieren jederzeit und überall. Wir können uns das mit den Gedanken vielleicht so vorstellen: In unserem Kopf gibt es einen endlosen Strom von Gedanken. Unsere Gedanken schweigen nie. Ständig jagen sich Gedanken, Beobachtungen, Annahmen und Ideen in so schneller Folge, dass wir uns an viele gar nicht mehr erinnern können. Jetzt gibt es dabei ein paar wenige Gedanken, die kommen direkt von Gott. Wenn ich z.b. zufällig die Idee habe, einen Freund anzurufen, mit dem ich schon lang nicht mehr gesprochen habe und dann erwische ich den Freund genau in einem Moment von Verzweiflung und unser Gespräch baut ihn auf und tut ihm gut. Oder wenn ich in irgendeinem Gespräch gerade etwas Unbedachtes sagen will und eine Millisekunde vorher fährt mir der Gedanke durch den Kopf: Sag es nicht!. Solche Gedanken kommen direkt von Gott. Solche Gedanken sind die außergewöhnlichen Gedanken. Die meisten Gedanken sind jedoch die normalen Gedanken. Und ich behaupte nun: Fast jeder von diesen normalen Gedanken hat eine gewisse geistliche Macht. Ein Gedanke ist entweder hilfreich und zieht uns zu Gott hin dann hat Gott seine Hände mit im Spiel. Oder aber ein Gedanke zieht uns von Gott weg mit diesem Gedanken hat Gott nichts zu tun. Gedanken, die von Gott wegführen, schaden uns und den Menschen um uns herum.
Wie erkenne ich aber jetzt, welche Gedanken direkt von Gott stammen bzw bei welchen Gedanken Gott zumindest seine Finger im Spiel hat und bei welchen eben auch nicht? Eine todsichere Methode dafür gibt es leider nicht. Was es aber sehr wohl gibt, das sind drei Hilfsmittel: Das erste Hilfsmittel ist der Blick auf das, was Paulus einmal die Früchte des Geistes nennt. Die Gedanken, die von Gott kommen, bewegen uns normalerweise hin zu mehr Liebe, mehr Freude, mehr Friede und mehr Güte. Wenn unsere Gedanken das Gegenteil bewirken, stammen sie mit großer Sicherheit nicht von Gott. Ein zweites Hilfsmittel, und vielleicht das wichtigste Hilfsmittel, das uns dabei hilft, Gottes Stimme von den vielen anderen Stimmen in unserem Kopf zu unterscheiden, ist Folgendes: Wann immer wir den Eindruck haben, dass Gott zu uns spricht, ist es unsere Aufgabe, Ja zu dem Gehörten zu sagen und das zu tun, was wir gehört haben. Denn jedes Mal, wenn wir das tun, werden wir ein wenig sensibler für die Stimme Gottes. Unsere Gedanken werden ein bisschen aufnahmebereiter, unser Empfänger stellt sich ein bisschen mehr auf Gottes Sender ein. Und schließlich gibt es noch ein drittes, sehr wichtiges Hilfsmittel: Wenn wir einmal unsicher sind, ob wir die Stimme Jesu gehört haben oder ob es eine ganz andere Stimme war, dann können wir von John Nash lernen. In einer Szene am Schluss des Films A Beautiful Mind kommt nach der Vorlesung ein Mann auf Nash zu und sagt: Das Auswahl-Komitee für den Nobelpreis hat mich geschickt. Sie wurden nominiert! Nash schweigt einen Moment lang, weil er nicht wieder auf die Stimmen hereinfallen will, die ihm beinahe sein Leben zerstört haben. Dann hält er eine von seinen Studentinnen an und sagt: Entschuldigen Sie sehen Sie vor mir einen Mann stehen? Ist er real? Die Studentin nickt, und Nash wendet sich dem Mann wieder zu: Okay, ich werde Ihnen zuhören!
So wie Nash gelernt hatte, sich von anderen Menschen helfen zu lassen, um die Stimmen zu unterscheiden, so können auch uns vertrauenswürdige Menschen helfen, Gottes Stimme von anderen zu unterscheiden. Und das ist wichtig. Denn eines ist sicher: Gott spricht. Ob durch die Bibel, ob durch andere Menschen, ob direkt in unsere Gedanken hinein, oder über noch ganz andere Wege dieses eine steht fest: Gott spricht. Jeden Tag. Und zu jedem von uns. Jesus spricht: Ich bin der gute Hirte Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir. Amen.