www..hamburg.de/medizinprodukte/ Sicherheitsrisiken bei Kranken- und Pflegebetten Infolge von Bränden an elektrisch verstellbaren Pflegebetten und aufgrund von Unfällen in Verbindung mit mangelhaften Seitengittern an Krankenhaus- und Pflegebetten sind in Deutschland mehrere pflegebedürftige Menschen zu Tode gekommen. Problem und Ursache Ein Großteil der Brände wird auf konstruktive Mängel an elektrisch verstellbaren Pflegebetten zurückgeführt und die Unfälle i.v.m. Seitengittern (z.b. Einklemmungen) darauf, dass bei Seitengittern vieler Krankenhaus- und Pflegebetten die sicherheitstechnisch erforderlichen Maße nicht eingehalten werden. In Einzelfällen wurden die Vorkommnisse auch durch Handhabungsfehler und fehlende bzw. unzureichende Wartung begünstigt. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) legte Empfehlungen zur Risikoreduzierung vor. In Bezug auf die elektrische Sicherheit müssen Pflegebetten die in Anlage 1 aufgeführten Anforderungen erfüllen. Hinsichtlich möglicher Gefahren i.v.m. mangelhaften Seitengittern müssen sowohl Pflege- als auch Krankenhausbetten die in Anlage 2 aufgeführten Anforderungen einhalten. Verpflichtung der Hersteller Die Hersteller waren aufgefordert worden, gegenüber den zuständigen Behörden zu belegen, dass die von ihnen in Verkehr gebrachten Pflegebetten die Anforderungen der Medizinprodukte-Richtlinie erfüllen. Andernfalls waren sie verpflichtet worden, ihre Kunden zu informieren und aufzufordern, bis zu einer Nach-/Umrüstung der betroffenen Pflegebetten
diese nur noch eingeschränkt zu betreiben (generelle Trennung vom Netz, ggf. nur für die Dauer von elektrischen Verstellungen Anschluss ans Netz). Trotzdem besteht noch ein verbleibendes Risiko für Brände elektrisch betriebener Pflegebetten. Auch im Hinblick auf die weiterhin mit mangelhaften Seitengittern verbundenen Gefahren ist es erforderlich, geeignete unmittelbar wirksame Maßnahmen zum Schutz von Patienten, Anwendern und Dritten zu treffen. Verpflichtung der Betreiber Der Betreiber ist verantwortlich dafür, dass die Betten bzw. Pflegebetten nur nach den Vorschriften des Medizinproduktegesetzes (MPG), hierzu erlassener Rechtsverordnungen, den allgemeinen Regeln der Technik sowie den Arbeitsschutz und Unfallverhütungsvorschriften errichtet, betrieben und angewendet werden und dass sie nicht betrieben werden, wenn sie Mängel aufweisen, durch die Patienten, Beschäftigte oder Dritte gefährdet werden können (s. 14 S. 2 MPG). Ein Verstoß hiergegen ist nach 40 Abs. 1 Nr. 4 MPG strafbewehrt. In der Regel sind Betreiber stationärer Pflegebetten die jeweiligen Pflegeeinrichtungen, im Bereich der häuslichen Pflege muss die Betreiberfrage im Einzellfall geklärt werden. Vorgehen zur Risikominimierung Im Fall von Neubeschaffungen elektrisch verstellbarer Pflegebetten sollten diese - bei ordnungsgemäßem Inverkehrbringen nach 8 bis 11 MPG mit CE-Kennzeichnung - zwar den grundlegenden Anforderungen der Medizinprodukte-Richtlinie entsprechen. Dem Betreiber wird dennoch empfohlen, sich die Einhaltung der in der Checkliste (Anlage 1) aufgeführten Forderungen für diese Betten bereits bei Angebotseinholung bestätigen zu lassen. Bestand Erfassung Wie alle aktiven Medizinprodukte sind elektrisch verstellbare Kranken- und Pflegebetten vom Betreiber in einem Bestandsverzeichnis nach 8 Medizinprodukte- Betreiberverordnung (MPBetreibV) zu erfassen. Überprüfung Elektrische Sicherheit Sämtliche Pflegebetten sind auf etwaige Mängel entsprechend der beigefügten Checkliste (Anlage 1) zu überprüfen und ggf. fachgerecht um-, nachrüsten oder reparieren zu lassen. Bis zum Abschluss erforderlicher Um-, Nachrüstungs- oder Reparaturmaßnahmen dürfen entsprechende Betten nur noch eingeschränkt betrieben werden. Seitengitter Die Betreiber haben die in Ihrem Bestand befindlichen Kranken- und Pflegebetten hinsichtlich der korrekten Funktion der Seitengitter zu überprüfen und ggf. festgestellte Mängel (z.b. verschlissene, beschädigte Aufhängungen und Verriegelungen) zu beseitigen. 2
Daneben ist die Einhaltung der Seitengittermaße anhand der beigefügten Checkliste (s. Anlage 2) zu überprüfen. Seitengitter, deren Maße die angegebenen um 10% oder mehr überschreiten, dürfen bis zur Beseitigung der Mängel nicht mehr verwendet werden und müssen ausgetauscht oder nachgerüstet werden. Im Fall von Überschreitungen unter 10% ist die Anwendung solcher Seitengitter bei kleinen oder untergewichtigen Patienten zu vermeiden oder deren Einklemmen oder ein Hindurchrutschen durch zusätzliche Maßnahmen zu verhindern. Regelmäßige Wartung und Kontrolle Die Betreiber haben die notwendigen und vom Hersteller klar zu beschreibenden Wartungs- und Kontrollarbeiten regelmäßig durchzuführen. Daneben sind die für sog. ortsbewegliche Betriebsmittel (u.a. elektrisch verstellbare Pflegebetten) erforderlichen regelmäßigen Überprüfungen nach den Unfallverhütungsvorschriften der Unfallversicherungsträger zu beachten. Anlage1: Checkliste elektrische Sicherheit 1. Netzanschlusskabel muss ein sog. EPR-Kabel (besonders widerstandsfähig gegen einen Kabelbruch) oder ein Kabel vergleichbarer Qualität (z.b. H05 BQ-F nach VDE 0282-10) sein. 2. Ausreichende Zugentlastung und Knickschutz an der Netzanschlussleitung muss vorhanden sein. 3. Netzanschlussleitung sowie sonstige elektrische Verbindungsleitungen müssen sicher verlegt sein, so dass eine Scherung, Quetschung oder eine sonstige mechanische Schädigung unwahrscheinlich ist. 4. Antriebssystem hat Feuchtigkeitsschutzklasse IP X4 oder mindestens einen Tropfschutz gegenüber von oben eindringenden Flüssigkeiten. Sind die o.g. Anforderungen unter Nr. 1 bis 4 nicht erfüllt, ist das Pflegebett um- bzw. nachzurüsten. Bis zur Umrüstung sind die Betten nur eingeschränkt zu betreiben (z.b. Anschluss ans Netz nur für die Dauer elektrischer Verstellungen). Ist durch den Betreiber gewährleistet, dass die Netzanschlussleitungen sowie die Antriebssysteme täglich mindestens visuell von einer Elektrofachkraft oder einer unterwiesenen Person überprüft werden, können die Pflegebetten in der Zeit bis zur Umrüstung weiter betrieben werden. Die Durchführung der nachstehenden Maßnahmen 5 bis 7 wird aus Gründen der Sicherheit dringend empfohlen: 5. Vorhandensein einer Vorrichtung, die beim Transport des Bettes gewährleistet, dass die Netzanschlussleitung nicht auf den Boden fällt und überrollt werden kann. 6. Ausreichende Wartungs- und Pflegemaßnahmen müssen beschrieben sein (Hinweis auf BGV A 3 bzw. GUV-V A3 reicht i. d. R. nicht aus!). 7. Primärsicherung am Transformator: Nachrüstung ist sinnvoll und zu empfehlen. 3
Anlage 2: Checkliste Seitengitter Neben der Überprüfung anhand der folgenden Punkte ist die volle Funktionsfähigkeit (Einrastungen, Befestigungselemente) des Seitengitters zu prüfen und festgestellte Mängel müssen beseitigt werden. Einhaltung der Maße der Seitengitterkomponenten gemäß der beiliegenden Skizze. Maximale Abstände dürfen sich durch zu erwartende mechanische Belastungen nicht wesentlich vergrößern. Bezeichnung Maße Anforderung in mm A Der Abstand zwischen Elementen innerhalb des Umfangs <= 120 des Seitengitters in seiner aufgerichte- ten/eingerasteten Position oder des Bereiches, der durch das Seitengitter und festen Teilen des Bettes gebildet wird. B Dicke der Matratze des bestimmungsgemäßen Gebrauchs. durch den Hersteller festgelegt C Höhe der oberen Kante des Seitengitters über der >= 220 Matratze (siehe B ) ohne Kompression D Abstand zwischen Kopf- oder Fußteil und dem Seitengitter <= 60 oder >= 235* E Abstand zwischen geteilten Seitengittern mit der Liegefläche in flacher Lage <= 60 oder >= 235** F G Kleinste Abmessung aller zugänglichen Öffnungen zwischen Seitengitter und Liegefläche Gesamtlänge des Seitengitters oder Summe der Längen der geteilten Seitengitter auf einer Seite des Bettes wenn D oder E >= 235* dann F <= 60, wenn D oder E <= 60 dann F <= 120. G >= ½ der Länge der Liegefläche H*** 4
Achtung: Bei verstellbaren Betten für behinderte Menschen nach DIN EN 1970 vom Dezember 2000 * beträgt das Maß 250 mm, ** beträgt das Maß E 60 mm oder > 250 mm bis max. 400 mm, *** beträgt die Gesamtlänge G = 2/3 H, wobei H der Abstand zwischen Kopf- und Fußteil ohne Erweiterungen dieser Teile ist. Impressum Herausgeber: Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz (BSG) Amt für Gesundheit und Verbraucherschutz, Referat Medizinprodukte, Billstraße 80, 20539 Hamburg http://www.hamburg.de/medizinprodukte/ Stand: 19. August 2009 Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Quelle: Verbraucherinformationssystem Bayern 5