www.pwc.de Vergabe von ÖPNV-Leistungen als strategischer Prozess Tagung der VDV-Landesgruppe Ost in Kooperation mit am 11. in Berlin Märkte gestalten Märkte verteidigen Dieter Marszalek
Agenda neuer Ordnungsrahmen im ÖPNV Gewerberecht und Daseinsvorsorge im ÖPNV Das neue PBefG ein Überblick Gestaltung des Marktzugangs durch die Aufgabenträger Marktzugang- und -sicherung aus Sicht der Verkehrsunternehmen 2
Abkürzungen ar AT av DAWI DLK GB gwv kvu MS NVP pvu öda VU Ausschließliches Recht Aufgabenträger Allgemeine Vorschriften Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse Dienstleistungskonzession Genehmigungsbehörde Gemeinwirtschaftliche Verpflichtung kommunale(s) Verkehrsunternehmen Mitgliedstaat Nahverkehrsplan private(s) Verkehrsunternehmen Öffentlicher Dienstleistungsauftrag Verkehrsunternehmen 3
Gewerberecht und Daseinsvorsorge im ÖPNV 4
Gesetzliches Leitbild des PBefG 2013 Die VO 1370/2007 zwingt zur Revision des Eigenwirtschaftlichkeitsbegriffes: Nur noch Verkehre, die ohne öda erbracht werden können, sind eigenwirtschaftlich Allgemeine öffentliche Ausgleichsleistungen dürfen zur Finanzierung der Eigenwirtschaftlichkeit herangezogen werden Der Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit und damit der Unternehmerinitiative gegenüber der (subsidiären) Aufgabenträgerinitiative bleibt erhalten 8
Gesetzliches Leitbild der VO 1370/2007 Die VO 1370/2007 anerkennt, dass öffentliche Personenverkehrsdienste mit hohen Qualitätsstandards vielfach nicht kommerziell erbracht werden können und als DAWI einen hohen Stellenwert genießen Sie gibt aber keine Standards vor und beachtet den Grundsatz der Subsidiarität Jeder MS (dazu zählen auch föderale und kommunale Untergliederungen) entscheidet, ob er in den Markt intervenieren will oder nicht Will er intervenieren, ist er an die Instrumente (Ausgleich, ar) und Handlungsformen (öda, av) der Verordnung gebunden Kommerzielle Verkehre fallen nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung 9
Inkurs: Fallen auch eigenwirtschaftliche Liniengenehmigungen in den Anwendungsbereich der VO 1370/2007? (1) Auch mit der eigenwirtschaftlichen Liniengenehmigung sind (über das übliche Gewerberecht hinausgehende) Rechte und Pflichten verbunden (Schutz)Rechte des VU: Verbot der Parallelbedienung Ausgestaltungsrecht Daraus wird vereinzelt gefolgert, dass diese Schutzrechte als ar im Sinne der VO 1370/2007 zu qualifizieren sind (VGH München, 16.08.2012, 11 CS 12.1607) Rechtsfolge wäre: Auch eigenwirtschaftliche Liniengenehmigungen sind ein öda Bewertung: Meines Erachtens eine offene Rechtsfrage. Da aber das eigenwirtschaftliche Genehmigungsverfahren den Grundsätzen der Fairness, Transparenz und Diskriminierungsfreiheit genügt, kann es als Vergabeverfahren gemäß Art. 5 Abs. 3 VO 1370/2007 gewürdigt werden 10
Auswahlverfahren Märkte und Marktzugangsverfahren Eigenwirtschaftliche Verkehre Gemeinwirtschaftliche Verkehre (SPNV und ÖSPV) Fernverkehr Bahn und Bus ÖPNV Wettbewerb Art. 5 Abs. 1, Abs. 3 VO 1370/2007, 8b PBefG Direkt Inhouse Art. 5 Abs. 2 VO 1370/2007, 8a Abs. 3PBefG Direkt Dritte VU Art. 5 Abs. 4 VO 1370/2007, 8a Abs. 3 PBefG, 4 Abs. 3 VgV (SPNV) Entfällt liberalisiert Genehmigungswettbewerb, 13 Abs. 2b PBefG VOL/A DLK/ Verhandlung entfällt Ggf. vorgeschalteter Wettbewerb 12
Das neue PBefG ein Überblick 13
Was ist neu im PBefG mit Bedeutung für Verkehrsunternehmen und Aufgabenträger? Eine Übersicht nach Gesetzesabschnitten (1) I. Allgemeine Vorschriften 8 Abs. 3: Aufwertung der Stellung des AT und seines NVP Frühzeitige Beteiligung der vorhandenen Unternehmer bei der NVP-Aufstellung Barrierefreiheit bis zum 01.01.2022 (Zulässigkeit begründeter Ausnahmen im NVP) 8 Abs. 3a: Genehmigungsbehörde wirkt an der Erfüllung der AT-Aufgabe mit 8 Abs. 4: Neudefinition des Begriffes der Eigenwirtschaftlichkeit 8a Abs. 1: Vergabe von öda oder Erlass av zur Sicherung einer ausreichenden Verkehrsbedienung 8a Abs. 2: Vorabbekanntmachung einer Vergabeabsicht 8a Abs. 3: Direktvergabebefugnis der AT 8a Abs. 4: Mittelstandskomponente, Losaufteilung bei wettbewerblicher Vergabe 8a Abs. 7: Nachprüfungsverfahren nach allgemeinem Vergaberecht 8a Abs. 8: Befugnis der AT zur Gewährung ar zum Schutz vergebener Verkehre 14
Was ist neu im PBefG mit Bedeutung für Verkehrsunternehmen und Aufgabenträger? Eine Übersicht nach Gesetzesabschnitten (2) I. Allgemeine Vorschriften 8b: Anforderungen an eine wettbewerbliche Vergabe gemäß Art. 5 Abs. 3 VO 1370/2007 II. Genehmigung 12 Abs. 1a: Zusicherung von Standards im Genehmigungsantrag 12 Abs. 5: Ausschlussfrist für Antragstellung (Regelfrist 12 Monate); kein Nachbesserungsrecht 12 Abs. 6: Frist für eigenwirtschaftlichen Antrag bei Vergabeabsicht (3 Monate nach Vorabbekanntmachung) 12 Abs. 7: Antragsfrist für gemeinwirtschaftliche (öda-)verkehre (6 Monate vor Betriebsaufnahme) 13 Abs. 2 Nr. 2: Zwingende Versagung, wenn ein beantragter Verkehr ein ar verletzt 13 Abs. 2 Nr. 3 lit. d): Zwingende Versagung der Rosinenpickerei (Schutz von Verkehrsnetzen oder NVP-Linienbündel) 13 Abs. 2a: Zwingende Versagung, wenn eigenwirtschaftlicher Antrag hinter Anforderungen der Vorabbekanntmachung zurück bleibt 13 Abs. 2b: Auswahlkriterium beste Verkehrsbedienung (NVP) bei Genehmigungswettbewerb 15
Gestaltung des Marktzugangs durch die Aufgabenträger 18
Unternehmer- vs. Behördeninitiative Die Kollision zwischen dem Interesse an unternehmensinitiierten Verkehren und dem Anspruch von AT, den ÖPNV als Aufgabe der Daseinsvorsorge umfassend zu gestalten, wird durch das PBefG aufgelöst durch die im öffentlichen Interesse liegende ausreichende Verkehrsbedienung Nur solche eigenwirtschaftliche Verkehre, die dieser Anforderung gerecht werden, genießen den Vorrang vor der Vergabe von öda, anderenfalls rechtfertigt das Marktversagen die Intervention der AT Die weichenstellende Norm in 8a Abs. 1 definiert den unbestimmten Rechtsbegriff der ausreichenden Verkehrsbedienung nicht weiter 19
Unternehmer- vs. Behördeninitiative Weitere Bestimmungen zeigen, dass die Definitionskompetenz beim AT liegt: In der Vorabbekanntmachung der Vergabeabsicht sind die Anforderungen für die für eine Vergabe vorgesehenen Verkehrsleistungen vom AT zu definieren, auch z. B. durch Verweis auf einen NVP An diese Anforderungen ist die Genehmigungsbehörde bei der Prüfung des neuen Versagungsgrundes des 13 Abs. 2a gebunden Die Vorabbekanntmachung ist somit das entscheidende Mittel für den AT, sich eine Vergabeoption für die von ihm gewollte Verkehrsbedienung zu eröffnen 20
Marktzugangsmodelle (1) Die AT verfügen de jure über einen breiten Spielraum, ein lokales oder regionales ÖSPV-Marktzugangsmodell zu definieren Für die Marktauswahlentscheidung müssen im Vorfeld Kriterien (ÖPNV-Ziele) und Rahmenbedingungen festgelegt werden, wie Qualitätsstandards Nachhaltig verfügbare Ausgleichsmittel Schutz des eigenen kvu Schutz regionaler pvu Steuerungsinteresse 21
Marktzugangsmodelle (2) Bestimmte Kriterienausprägungen determinieren bereits ein Marktzugangsverfahren: Schutz des eigenen VU Direktvergabe an den internen Betreiber Keine Mittelverfügbarkeit Genehmigungswettbewerb (ggf. hinter NVP zurück bleibend) Schutz regionaler pvu und Vergabebereitschaft Direktvergabe unter Schwellenwerten Steuerungsinteresse und geringste Ausgleichsleistung Wettbewerbliches Auswahlverfahren mit Vergabe eines öda Es können auch unterschiedliche Marktzugangsmodelle nebeneinander etabliert werden 22
Regelungsfelder der AT im Überblick Die AT lenken den Marktzugang entscheidend durch: Festlegung der Qualitätsstandards im NVP Festlegung von Losgrößen (Netz, Teilnetz, Linienbündel, Einzellinien) Erlass av zum Ausgleich von Höchsttarifen 23
Regelungsfelder der AT NVP (1) Im NVP legen die AT fest, welche Anforderungen sie an eine ausreichende Verkehrsbedienung stellen; sie können diese sehr detailliert in Bezug auf Umfang Qualität Umweltstandards Integration definieren Wegen der Bedeutung der Anforderungen bei einer Vergabeabsicht ist zu empfehlen, ein umfassendes Anforderungsprofil der ausreichenden Verkehrsbedienung in den NVP oder einen Nachtrag zum NVP aufzunehmen 24
Regelungsfelder der AT NVP (2) Die Vorabbekanntmachung ( 8a Abs. 2) verlangt zwar keine Verankerung der Anforderungen im NVP, doch spricht die (Selbst)Bindungswirkung des NVP und die durch Verfahrensvorschriften abgesicherte hohe Planungsqualität eindeutig für die Aufnahme in den NVP (Adressat: Genehmigungsbehörde) Insbesondere, wenn Qualitätsstandards abgesichert werden sollen, die das Gesetz als grundsätzlich nicht wesentlich ansieht (wesentlich: Linienweg, Haltestellen, Bedienungshäufigkeit, Bedienungszeitraum, Abstimmung von Fahrplänen, Barrierefreiheit) empfiehlt sich eine Aufnahme in den NVP 25
Regelungsfelder der AT NVP (3) Betroffen sind davon Qualitätsstandards, die aus Sicht des AT für die ausreichende Verkehrsbedienung auch wesentlich sind, wie Fahrzeugstandards (Emissionswerte, Fahrzeuggrößen/Auslastung, Ausstattung wie Klimatisierung, Fahrgastinformation, Videoüberwachung) Fahrgastinformation (Printmedien, Hotline, Internet, Handy, Dynamische Fahrgastinformation an Haltestellen) Fahrgastrechte und Beschwerdemanagement Vertriebswege (Fahrerverkauf, Kundencenter, Agenturen, Automaten, Internet, Handyticket, Abocenter) Fahrerqualifikation Betriebsstabilität (Leitstelle, Betriebsfunk, Fahrer- und Fahrzeugreserve) Haltestellenausstattung 26
Regelungsfelder der AT NVP (4) Eine Linienbündelung mit gewollter Abwehrwirkung gegen Rosinenpicken muss im NVP verankert sein ( 13 Abs. 2 Nr. 3 lit. d) Sie muss fachlichen und mit dem PBefG zu vereinbarenden Zielen dienen, wie verkehrliche betriebliche wirtschaftliche Integration der zusammen gefassten Verkehre (Adressat: Genehmigungsbehörde) Die Begründung beugt auch einem Missbrauchsverdacht vor, wenn Unterschwellenwertlose gebildet werden Gesamtleistungen im Sinne von 8a Abs. 2 ( Netz, Teilnetz, Linienbündel, Linie ) sollten im NVP als Linienbündel deklariert werden 27
Regelungsfelder der AT av (1) Ausgleichsmittel aufgrund einer av dürfen eigenwirtschaftlich vereinnahmt werden Nur auferlegte gemeinwirtschaftliche Höchsttarife dürfen aufgrund einer av ausgeglichen werden Die Höchsttarife dürfen für den Tarif insgesamt festgesetzt werden (Verbundtarif) oder für einzelne Fahrgastgruppen (Auszubildende, Transferleistungsempfänger, Alte) Ein weiterer Spielraum entsteht durch die Festlegung des Referenztarifes ( Unternehmertarif ) mit dem der Höchsttarif zu vergleichen ist, um den Ausgleichsbedarf zu bemessen Haustarif ( Alteinnahmengarantie, streitig) Jedermann-Standardtarif Neu kalkulierter Unternehmertarif ( 39 PBefG) 28
Regelungsfelder der AT av (2) Ausgehend von einem kostendeckenden Unternehmertarif kann die Aussage getroffen werden, dass jeglicher Ausgleichsbedarf der VU über eine av finanziert werden kann: Kostenkalkulation für die gewollte Verkehrsleistung (NVP) nach 39 Abs. 1 PBefG (LSP) + angemessener Gewinn z. B. analog Nr. 6 Anhang VO 1370/2007 = Erlösbedarf aus Tarif./. Erlös aus Höchsttarif = Ausgleich 29
Regelungsfelder der AT av (3) Durch eine Höchsttariffestlegung in einer av können AT entscheidend die Weichen für den Marktzugang oder - anders gewendet - zwischen Eigen- oder Gemeinwirtschaftlichkeit stellen Den einen Pol bildet der Gesamtausgleich zur Auffüllung bis zum Unternehmertarif Alle Verkehre werden eigenwirtschaftlich gestellt Den anderen Pol bildet der Verzicht auf av bei bestehender Vergabeabsicht Alle Verkehre werden gemeinwirtschaftlich gestellt Dazwischen liegt meist der Spielraum für die Verwendung von Landesmitteln in Ersetzung von 45a, die nur global ÖPNVzweckgebunden sind und deren Einsatz im Regionalverkehr je nach Wahl der Handlungsform (öda oder av) darüber entscheidet, ob Raum für eigenwirtschaftliche Verkehre verbleibt 30
Regelungsfelder der AT av (4) Der BDO bestreitet die Wahlfreiheit der AT, durch Erlass einer auskömmlich dotierten av oder deren Verweigerung, den Spielraum für eigenwirtschaftliche Verkehre zu schaffen, einzuengen oder zu beseitigen Die Argumentation: - Der Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit gebietet, einem ansonsten genehmigungsfähigen Antrag stattzugeben, auch wenn er einen Haustarif vorsieht, anstatt die Anwendung eines bestehenden Verbundtarifs - Eine Auflage, den Verbundtarif anzuwenden ist nur statthaft, wenn der AT eine av erlassen hat oder erlassen wird, die einen angemessenen Ausgleich gewährt (Vermerk Ipsen v. 27.07.2013 im Auftrag des BDO) 31
Regelungsfelder der AT av (4) Bewertung: Pro: 8 Abs. 4 i. V. m. 39 Abs. 2 (Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit und Auskömmlichkeit des Beförderungstarifs) könnte das Auswahlermessen der AT zwischen av und öda einschränken (z. B. wenn das bisherige, NVP-konforme Verkehrsangebot eigenwirtschaftlich erbracht werden konnte) Contra: eine av deckt nur eine punktuelle gwv ab; die AT sind frei, öda zu vergeben, wenn sie eine hochwertige Systemqualität gewährleisten wollen und hierfür eine vertragliche Steuerung für geboten erachten Unterstützend: die Vergabe eines öda nach der VO 1370/2007 ist der Regelfall der Marktintervention (Rangverhältnis zwischen Art. 3 Abs. 1 und Abs. 2) 32
Marktzugang- und -sicherung aus Sicht der Verkehrsunternehmen 33
Marktzugang- und -sicherung aus Sicht der VU (1) In dem regulierten Markt für ÖPNV-Linienverkehre nach dem PBefG (Wettbewerb um den Markt) sind die Spielräume für die Unternehmen mit Wachstumsstrategie begrenzt Im eigenwirtschaftlichen Marktsegment müssen die Vorgaben im NVP (Qualitätsstandards, ggf. Linienbündelung) und ggf. ein Verbundtarif bei der Antragstellung berücksichtigt werden Das Parallelbedienungsverbot und das Ausgestaltungsrecht des Bestandsunternehmers machen den Markteintritt außerhalb von Nischen (Neuverkehre) während der Laufzeit von Genehmigungen in Bestandsnetzen fast unmöglich Im Ausschreibungsmarkt sind nur große Lose für eine Expansion in neue Bedienungsgebiete lukrativ; kleine Lose initiieren nur einen regional begrenzten Wettbewerb 34
Marktzugang- und -sicherung aus Sicht der VU (2) Die VU sind in Bezug auf die Märkte mit Bestandsverkehren bei rechtlicher Betrachtung in einer reaktiven Rolle: Reaktion auf Genehmigungswettbewerb Reaktion auf Ausschreibung Reaktion auf Direktvergabeabsicht Allerdings können die Entscheidungen der AT über Marktzugangsmodelle beeinflusst werden in geordneten Verfahren (z. B. NVP-Fortschreibung oder freiwillige Konsultationsverfahren) durch Lobbyarbeit durch attraktive Initiativangebote (z. B. Unterschwellenwertverkehre) 35
Marktzugang- und -sicherung aus Sicht der VU (3) Die kvu sind prima vista in einer komfortablen Ausgangssituation für eine Direktvergabe Hohe Identifikation des AT mit seinem VU Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen derzeit keine ernsthafte kommunalpolitische Handlungsoption Starkes Lobbygewicht in der lokalen Politik Ggf. exklusiver Finanzierungsvorteil aufgrund steuerlichen Querverbunds Hohe bis unüberwindbare Markteintrittshürden für Wettbewerber Aber: Alle Aussagen gelten kumulativ nur uneingeschränkt für große kvu, insbesondere Schienenbetriebe 36
Marktzugang- und -sicherung aus Sicht der VU (4) Kleinere kvu im Stadt- und Regionalverkehr mit Bussen haben andere Rahmenbedingungen, die angreifbar machen: Der erreichte Kostendeckungsgrad könnte ausreichen, das Fahrplanangebot mit Gewinn zu fahren, wenn kostentreibende Standards außerhalb des Fahrbetriebs von einem Wettbewerber gestrichen werden (z. B. Kundencenter, RBL, Leitstelle, HSt-Betreuung); Vergütungstarifvorteile können zugunsten eines Wettbewerbers hinzutreten Im räumlichen Umfeld sind häufig potentielle Wettbewerber tätig, die mit den verkehrlichen Verhältnissen vertraut sind, in bestehenden Kooperationen mitwirken und über ausreichende Ressourcen verfügen (z. B. Betriebshof) bzw. diese aufbauen können Deswegen ist die Absicherung des Gesamtstandards im NVP und in einer Vorabbekanntmachung essentiell, will man keine böse Überraschung erleben 37
Marktsicherung - Wiedererteilung von Genehmigungen während der Laufzeit eines öda (1) Die Bestandsbetrauungen kvu enden spätestens am 02.12.2019 (kvu mit überwiegendem Schienenanteil ggf. später) Während der Restlaufzeit stehen häufig sukzessiv endende Liniengenehmigungen zur Wiedererteilung an Im Ausgangspunkt der Vergabe des öda handelte es sich nach dem alten PBefG um eigenwirtschaftliche Genehmigungen Der Wiedererteilungsfall während der Laufzeit eines öda (gilt für Vergabe nach Inkrafttreten der VO 1370/2007 als auch für eine Bestandsbetrauung) ist im neuen PBefG nicht ausdrücklich geregelt Es gelten die allgemeinen Bestimmungen der 8 ff. PBefG 38
Marktsicherung - Wiedererteilung von Genehmigungen während der Laufzeit eines öda (2) Einschlägige Bestimmungen: Betraute Verkehre sind gemeinwirtschaftlich, weil Ausgleichsleistungen aufgrund eines öda gewährt werden ( 8 Abs. 4) Keine Vorabbekanntmachung durch den AT erforderlich (weil er keinen öda vergeben will) Hinweis auf Auslaufen der Genehmigung durch die Genehmigungsbehörde in ihrer jährlichen Bekanntmachung ( 18 Abs. 1) Beantragung der Geltungsdauer nur bis zum Laufzeitende des öda ( 12 Abs. 1 Nr. 1 lit. d, 16 Abs. 2 Satz 4) Nachweis des öda bei Antragstellung ( 12 Abs. 1 Nr. 1 lit. e) Bescheinigung des AT reicht aus, keine Vorlage des ÖDLA erforderlich Antragsfrist von mindestens sechs Monaten vor Beginn der Geltungsdauer (12 Monate für eigenwirtschaftlichen Konkurrenzantrag) 39
Marktsicherung - Wiedererteilung von Genehmigungen während der Laufzeit eines öda (3) Die Wiedererteilung erfolgt nicht ipso jure an das betraute VU, weil dieses betraut ist die GB ist an die Betrauung nicht gebunden! Zur Sicherung der Wiederteilung ist deswegen die Instrumentalisierung von Versagungsgründen essentiell Zwingende Versagungsgründe: Verletzung eines ar, dass der AT zum Schutz der ÖDLA-Verkehre gewährt hat? Auf der Grundlage einer Bestandsbetrauung wird ein ar wohl nicht erteilt werden dürfen. Herauslösung einzelner ertragreicher Linien oder eines Teilnetzes aus einem vorhanden Verkehrsnetz oder aus NVP-Linienbündel Zum Schutz der Verkehre einer Bestandsbetrauung gewinnt der Netzoder Bündelnachweis entscheidende Bedeutung 40
Direktvergaben 175 Direktvergaben nehmen Fahrt auf Vergabewelle rollt an! 41
Direktvergabevoraussetzungen kritisch prüfen und ggf. schaffen 0. Erfüllen der allgemeinen Inhousekriterien (Wesentlichkeit, Kontrolle), str. (dagegen OLG München v. 22.06.2011, Verg 6/11; dafür OLG Düsseldorf v. 02.03.2011, Verg 48/10, obiter dictum), Praxis: Drittumsätze prüfen (10 % EuGH, < 7,5 % OLG Celle) 1. Nichtuntersagung der Direktvergabe nach nationalem Recht (erfolgt in 8a Abs. 3) 2. Direktvergabebeschluss der zuständigen örtlichen Behörde (oder Gruppe von Behörden, die integrierte öffentliche Personenverkehrsdienste anbietet) 3. Rechtlich getrennte Einheit, über die die zuständige örtliche Behörde (oder eine Behörde aus einer Gruppe) eine Kontrolle ausübt, die der über ihre eigenen Dienststellen entspricht ( Kontrollkriterium) Praxis: Prüfung der gesellschaftsrechtlichen Durchgriffsrechte gegenüber Eigengesellschaft, ggf. durch eine Holdinggesellschaft; Änderung der Rechtsform (AG in GmbH) oder Zwischenschaltung einer Holding mit Beherrschungsvertrag zum VU 4. Erbringung der Personenverkehrsdienste durch den internen Betreiber oder jede andere von ihm auch nur geringfügig beeinflusste Einheit auf dem Gebiet der zuständigen örtlichen Behörde ( Gebietskriterium) Praxis: Prüfung ggf. ausbrechender Verkehr auf die Gebiete benachbarter AT daraufhin, ob der verkehrliche Schwerpunkt im Stammgebiet liegt 42
Direktvergabevoraussetzungen kritisch prüfen und ggf. schaffen 5. Keine Teilnahme des internen Betreibers oder jeder anderen von ihm auch nur geringfügig beeinflussten Einheit an wettbewerblichen Vergabeverfahren für die Erbringung von öffentlichen Personenverkehrsdiensten außerhalb des Gebietes der zuständigen örtlichen Behörde ( wettbewerbliche Reziprozität) Praxis: Aufnahme des Verbots in den öda und ggf. den Gesellschaftsvertrag des kvu; zusätzlich Bestimmung, ob kvu an wettbewerblichen Verfahren des eigenen AT teilnehmen darf oder muss Praxis: Prüfung, ob schädliche Verflechtungen mit anderen VU bestehen und ggf. Entflechtung Ggf. Erweiterung des zulässigen Betätigungsgebietes (Nrn. 4 und 5) durch eine Behördengruppe 6. Erbringung des überwiegenden Teils der Personenverkehrsdienste durch den internen Betreiber ( überwiegendes Selbsterbringen) Maßnahme: Prüfung der Vergabequote (h. M.: 51 % Selbsterbringung ausreichend, Kommission im Entwurf der Auslegungsleitlinien zur VO 1370/2007: Zwei Drittel); Vorgabe des überwiegenden Selbsterbringens im öda 7. Veröffentlichung der angestrebten Direktvergabe ein Jahr zuvor im EU-Amtsblatt 43
Strategische Alternativen kvu zur Direktvergabe? Der interne Betreiber ist auf seinen geschützten Markt beschränkt Damit können wirtschaftliche Nachteile verbunden sein: Lukrative, unternehmerische Beteiligungen an Wettbewerbsunternehmen (z. B. EVU) müssen aufgegeben werden Gute Wettbewerbschancen im unmittelbaren Umfeld, die positive Deckungsbeiträge versprechen, wie Linienverkehre im Genehmigungsoder Ausschreibungswettbewerb oder freigestellte Schülerverkehre dürfen nicht wahrgenommen werden Das wirtschaftliche Optimum unter solchen Rahmenbedingungen könnte in einer Wettbewerbsstrategie (Eigenwirtschaftlichkeit, Ausschreibung) liegen, die aber zwangsläufig auch zum Wettbewerb um den Heimatmarkt führen muss (Risiko Totalverlust!) 44
Versagungsgrund: Ausschließliches Recht Das PBefG gibt den AT das von der VO 1370/2007 eingeräumte Recht an die Hand, ihre in einem öda vergebenen Verkehre wirtschaftlich vor Konkurrenzbedienung rechtlich durchgreifend zu schützen (zwingender Versagungsgrund) Die Ermächtigungsgrundlage im 8a im Wortlaut: 45
Ausschließliches Recht Beispiel aus einem öda 4 Gewährung eines ausschließlichen Rechts Die gewähren der zur Sicherung einer verkehrlichen, betrieblichen und wirtschaftlichen Integration der betrauten Personenverkehrsdienste, sofern rechtlich möglich, mit Wirkung zum 01.01.2011 das ausschließliche Recht, auf dem durch die Anlage 2 nachgewiesenen Liniennetz Personenbeförderung im Linienverkehr durchzuführen. Die Ausschließlichkeit beinhaltet das Verbot für andere Verkehrsunternehmen, Linienverkehre im ÖPNV als Genehmigungsinhaber oder Betriebsführer durchzuführen. Von dem Verbot ausgenommen sind Linienverkehre anderer Verkehrsunternehmen, die das Liniennetz gemäß Anlage 2 berühren und Bestandteil eines Nahverkehrsplans eines sind, mit der dort vorgesehenen Bedienungsfunktion (z. B. Takt) oder Verkehre gemäß 43 PBefG, die im Jahr 2010 regelmäßig erbracht werden. Von dem Verbot ausgenommen sind ebenfalls Linienverkehre anderer Verkehrsunternehmen, die in Kooperation auf personenbeförderungsrechtlicher Grundlage mit der im Liniennetz gemäß Anlage 2 erbracht werden. Diese Linienverkehre sind in der Anlage 2 auszuweisen; die kann den Änderungen zu den Kooperationsverkehren vorschlagen. Die teilen der Genehmigungsbehörde und den betroffenen anderen Verkehrsunternehmen das gewährte ausschließliche Recht und die Ausnahmen vom Verbot mit. Die erlassen Verwaltungsakte, wenn dies zur Wirksamkeit der Erteilung des ausschließlichen Rechts erforderlich ist. 46
Versagungsgrund: Ausschließliches Recht Maßnahmen zum Vollzug des beispielhaften öda: Definition des ar Räumlich (Netz, Teilnetze, Korridore) Zeitlich (Regelfahrplan +/- Abstand, z. B. 60 Minuten) Verkehrsart (Linienverkehre 42, 43?, Sonderformen wie AST, Bürgerbusse, Spezialthema Nachtlinien) Ausnahmen zugunsten anderer VU (NVP-Besitzstand, Kooperationen) Abstimmung mit GB (prüft Gesetzeskonformität des gewährten ar!) Materiell (Definition) Formell (VA, Bekanntgabe) Erlass durch AT (Vollzugsmaßnahme) 47
Fazit Der gesetzliche Rahmen aus PBefG und VO 1370/2007 gibt den AT einen großen Spielraum, lokale und regionale ÖSPV-Märkte zu organisieren Sie können die Weiche zwischen Eigen- und Gemeinwirtschaftlichkeit stellen Eine Gestaltungsaufgabe, die klare Zielvorstellungen über den gewollten ÖPNV und intelligentes Handeln erfordert 48
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Dieter Marszalek Rechtsanwalt Partner Moskauer Straße 19 40227 Düsseldorf Tel.: 0211 981 4240 dieter.marszalek@de.pwc.com 2013 PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Alle Rechte vorbehalten. In diesem Dokument bezieht sich "" auf die PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Frankfurt am Main, die eine Mitgliedsgesellschaft der PricewaterhouseCoopers International Limited (IL) ist. Jede der Mitgliedsgesellschaften der IL ist eine rechtlich und wirtschaftlich selbständige Gesellschaft.