Folge 3 Ereignisse aus der jüdischen Geschichte

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Exemplarische Ereignisse aus der jüdischen Geschichte finden Sie passend zu jeder Folge auf jeweils einer DIN-A-4 Seite. Die Ereignisblätter können zur Vertiefung oder Vergegenwärtigung der in den Folgen präsentierten Inhalte genutzt werden. Für die Folge 3»Halbmond und Kreuz«stehen folgende»ereignisse aus der jüdischen Geschichte«zur Verfügung: Chasdai Ibn Schaprut gründet Akademie in Andalusien Entstehung der Schum Gemeinden Erster Kreuzzug Entstehung der Kabbala Conversos und Kryptojuden Erster Druck auf Hebräisch Vertreibung aus Spanien Luther hetzt gegen die Juden http://www.url.de Link TIPP Unter www.geschichte-eines-volkes.de können Ihre Schüler/innen weitere Informationen recherchieren und Ausschnitte der Sendereihe online anschauen.

Jahreszahl (jüdisch): 4720 Jahreszahl (gregorianisch): 960-1141 Chasdai Ibn Schaprut gründet Akademie in Andalusien Die beispiellosen Erfolge der Juden und die Blüte der jüdischen Kultur auf der iberischen Halbinsel beginnen mit Chasdai ibn Schaprut. Er ist Arzt, Diplomat und Mäzen der Wissenschaften. Er schreibt Hebräisch, Arabisch und sogar Latein, eine damals noch sehr unbekannte Sprache im muslimischen Al-Andalus. Er wird zunächst Leibarzt des Kalifen von Cordoba und bald darauf sein Berater und Vertreter. Auch ohne den Titel Wesir, den nur Muslime tragen können, fungiert er als eine Art»Außenminister«und treibt Handel mit den christlichen Königsfamilien in Leon und Navarra. Gemeinsam mit einem griechischen Mönch übersetzt er die Schriften des Dioscrides über Botanik ins Arabische sie sind ein Geschenk der Delegation des byzantinischen Kaisers. Johannes Gorziensis, der Gesandte Ottos I., hält seine Bewunderung für Ibn Schaprut schriftlich fest:»nie sah ich einen Mann solchen feinsinnigen Intellekts wie den Juden Chasdeu.«Ibn Schaprut gründet 960 in Cordoba eine Bibliothek mit Büchern, die er aus dem Osten importiert. Die jüdisch-spanische Dichtung und die jüdische Grammatik hat hier ihren Ursprung. Zusätzlich gründet er für Mose ben Chanoch eine Akademie und macht das spanische Judentum unabhängig von den bislang hoch geschätzten Akademien in Babylon. Er korrespondiert mit dem jüdischen Königreich der Khazaren und mit der byzantinischen Kaiserin Helena, um dort religiöse Freiheit für die Juden zu erreichen.

Jahreszahl (jüdisch): 4730 Jahreszahl (gregorianisch): Ende 10. Jh. Entstehung der Schum Gemeinden Unter den Frankenkönigen der Karolinger entwickeln sich die jüdischen Gemeinden positiv und gewinnen nach innen und nach außen Bedeutung im ganzen Reich. Die jüdischen Händler und Kaufleute, die von den Königen an den Rhein eingeladen wurden, bilden in drei Gemeinden am Mittelrhein Zentren: Speyer (Hebräisch: Schapira), Worms (Uormaisa) und Mainz (Magenza). Zusammen stellen sie die bedeutendsten und gelehrtesten Gemeinden nördlich der Alpen. Aus den drei Anfangsbuchstaben der hebräischen Ortsnamen entsteht der Name für die drei Gemeinden: SchUM»Knoblauch«auf Hebräisch. Die Knolle wird Symbol des jüdischen Zentrums und dessen Wissens und Gelehrsamkeit. Die Juden leben geschützt vom König und Bischof in eigenen Stadtteilen, in denen sie unbehelligt ihren Bräuchen nachgehen können. Um 1050 erreicht Rabbi Schlomo Ben Isaac Worms. Er wird in die jüdische Geschichte als der größte mittelalterliche Gelehrte in Europa eingehen. Damit ist der Ruf der Stadt Worms und der SchUM-Gemeinden bis heute verbunden.

Jahreszahl (jüdisch): 4856 Jahreszahl (gregorianisch): 1096 Erster Kreuzzug Nachdem Papst Urban II. in Clermont zu einem Kreuzzug aufgerufen hat, sammeln sich Ritter, Soldaten und Freiwillige zu mehreren Scharen. Während die Kreuzritter sich versammeln und den Weg planen, kommen viele Menschen aus dem Pöbel hinzu. Um Köln sammeln sich Tausende in Lagern um die Stadt. Als ein paar Gruppen unter dem Eindruck des Aufrufs zum Kreuzzug die Juden in Frankreich bedrohen und angreifen, sind die Juden des Rheinlandes gewarnt. Kurz drauf machen der Papst, der Kaiser und die Bischöfe den Rittern klar, dass das Heilige Land das Ziel sei und die heimischen Juden geschützt werden müssten. Aber unter den Laien ist die Erlösungserwartung übermächtig. Sie gewähren den Juden zwei Optionen: konvertieren oder sterben! Hier wie auch in allen folgenden Kreuzzügen spielen zusätzlich Rache und wirtschaftliches Kalkül eine zentrale Rolle. In Mainz öffnen Bürger der Stadt dem Mob die Tore. Dieser greift alle Juden an: Männer, Frauen und Kinder. Obwohl sie sich bewaffnen und verteidigen, sind die Juden zahlenmäßig unterlegen. Der Bischof musste bereits flüchten, der Kaiser weilt im Ausland. Als das Ende naht, beschließen viele Juden, dem Mord durch Freitod zu entkommen. Ähnlich werden auf dem Weg nach Osten mehrere Gemeinden völlig ausgelöscht. Diese erste organisierte Verfolgung hinterlässt ihre Spuren bei den Juden. Sie schließen sich in ihren eigenen Vierteln ein und gehen der Außenwelt aus dem Weg: aus Angst und um sich ihrer Frömmigkeit zu widmen. Ihre Liturgie und Literatur sind von den Ereignissen, der Angst und der Erwartung der baldigen Erlösung gezeichnet.

Jahreszahl (jüdisch): 4860 Jahreszahl (gregorianisch): Anfang 12. Jh. Entstehung der Kabbala Im frühen 12. Jahrhundert entwickelte sich die Idee der Kabbala (»Überlieferung, die weitergegeben wird«) in Südfrankreich. Beeinflusst von nichtjüdischen Elementen, sollte dieser Mystizismus eine überrationale, tiefere Beziehung zum Glauben erzeugen. Die Idee verbreitete sich über die Provence nach Katalonien und von dort ins restliche Spanien. 1280 bis 1286 schrieb Moses de León das»sohar«, das mit seinen Interpretationen den Kanon der Kabbala bildet. Über Fes und Venedig wanderte die Beschäftigung mit der Idee nach Safed in Palästina bis heute»hauptstadt«der Kabbala. Dort institutionalisierten die Gelehrten das Studium der Kabbala, und im 1570 gründete Rabbi Luria, der»haari«, seine Schule. Dies beschreibt einen Eckpfeiler der jüdischen Mystik. Von Safed, Jerusalem und Damaskus, den Zentren im Osten, wanderten die gedruckten Bücher in die jüdischen Zentren Europas nach Saloniki, Venedig und Krakau. Viele falsche Messias haben versucht, sich auf Basis der Lehre der Kabbala zu legitimieren. Zuletzt hat die Kabbala die Entwicklung des Chassidismus in Osteuropa beeinflusst, die über Freude und Mystik Gottes universelle Präsenz erfahren möchte. Eine Grundidee der Kabbala sind die zehn Sefirot (Sphären), die Gottes Denken abbilden, und deshalb alles Weltliche durchdringen. Sie sind eine Verbindung und gleichzeitig Zwischenstadium zwischen Gott und der Schöpfung. Mit der Hilfe von Ritualen, Symbolen und langem Studium kann ein Gläubiger sie beeinflussen und damit die Welt und ihren Lauf verändern.

Jahreszahl (jüdisch): 5151 Jahreszahl (gregorianisch): 1391-1550 Conversos und Kryptojuden Nach Ausschreitungen auf fast der ganzen iberischen Halbinsel konvertiert mehr als die Hälfte der spanischen Juden entweder»freiwillig«zum Christentum oder wird zwangsgetauft. Diese Neuchristen werden Conversos oder Marranos (Schweine) genannt. Allerdings hält ein Teil der Conversos insgeheim zu ihrer alten Religion. Diese sogenannten Kryptojuden halten ihr Doppelleben aufrecht und gewinnen Erkenntnisse, die später sowohl auf das Christentum als auch aufs Judentum großen Einfluss nehmen werden. Viele Conversos, die sich jetzt frei entwickeln können, sind erfolgreich als Hofberater, Bankiers und sogar in der Kirche. Sie werden gleichzeitig beneidet und gefürchtet. Weil ihnen unterstellt wird, sie seien nur Scheinchristen, beschließt ein Konzil in Toledo die erste de facto rassistische, antijüdische Verordnung. Sie heißt»limpieza del sangre«(»reinheit des Blutes«) und bedeutet, nur wer»kein jüdisches Blut«hat, dürfe künftig öffentliche Ämter bekleiden. Ferner ist es den Neuchristen verboten, eigene Verwandte zu heiraten. Auch ist es untersagt, die alten Riten abzuhalten. Das geht jedoch den Gegnern der Conversos noch nicht weit genug. Um politische Unruhen zu vermeiden, wird 1478 die Inquisition in Kastilien eingeführt, kurz darauf in ganz Spanien. Unter den berüchtigten Großinquisitoren wie Torquemada und Diego Deza werden tausende Juden verfolgt, gefoltert und getötet.

Jahreszahl (jüdisch): 5235 Jahreszahl (gregorianisch): 1475 Erster Druck auf Hebräisch Im Jahr 1475 erscheint das erste gedruckte jüdische Werk. In Reggio Calabria werden Raschis Thorakommentare in Buchform veröffentlicht. Mit großer Begeisterung nehmen Juden die neue Technik an. Für die Schriftenreligion vereinfacht der Druck die Lehre und das Studium der heiligen Texte. Als Bücher erreichen die Schriften mehr Juden. Damit steht das Studium der Texte auch mehr Menschen offen, als je zuvor. Zum Studium und Gebet sind diese Schriften geeigneter. Für den rituellen Gebrauch der heiligen Schriften allerdings sind sie nicht brauchbar. Der Thora bleibt die Anfertigung per Hand vorbehalten bis heute.

Jahreszahl (jüdisch): 5252 Jahreszahl (gregorianisch): 1492 Vertreibung aus Spanien Die katholischen Könige Ferdinand und Isabella erobern die letzte muslimische Bastion in Grenada. Eine religiöse Hochstimmung herrscht im Lande. Die zwölf Jahre zuvor eingerichtete Inquisition ist sicher, das Problem der»judaisierenden«neuchristen - Conversos nur auf eine Art lösen zu können. Die Juden müssen aus Spanien verschwinden. Sie fälscht Beweise einer Conversos-jüdischen Verschwörung. Die Könige beschließen auf Anraten des Großinquisitors Torquemada die Vertreibung aller Juden aus dem Land. Drei Monate nach der Vervollständigung der Reconquista (Zurück-Eroberung) wird das entsprechende Edikt verbreitet. Damit endet die glorreiche, länger als 1000 Jahre währende Epoche der Sephardim, des Judentums in Spanien. Die meisten Juden flüchten nach Portugal, andere machen sich auf dem Seeweg in die neuen Kolonien auf, gehen nach Antwerpen oder ins osmanische Reich. Die Sephardim, die spanischen Juden, errichten neue, angesehene Gemeinden überall auf der Welt. Nur in ihrer Heimat Spanien nicht mehr.

Jahreszahl (jüdisch): 5296 Jahreszahl (gregorianisch): 1536-1546 Luther hetzt gegen die Juden Luther, der Mönch aus Wittenberg, war zu Anfang seiner Reformationsaktivitäten gegenüber den Juden noch positiv eingestellt. In seinen Bemühungen, die Kirche zu reformieren, griff er auf die Anfänge des Christentums zurück, als führende Christen dem Judentum noch sehr nahe standen. Vielleicht dachte er, sie mit seinem neuen Christentum für eine Bekehrung gewinnen zu können. Er schrieb,»dass Jesus ein Jude war«und dass das Verhältnis zu den Juden unchristlich sei. Vermutlich aus Enttäuschung darüber, dass die Juden ihn nicht unterstützen, beginnt Luther, in seinen Predigten gegen sie zu hetzen. Er veröffentlicht das Pamphlet»Von den Juden und ihren Lügen«und ruft zu deren Entrechtung, Enteignung und Auslöschung auf. Die Einstellung Luthers wird heftig unter seinen Anhängern und Mitstreitern diskutiert - eine antijüdische Tendenz ist bei den Reformern durchaus zu erkennen. Die Wirkung dieser Hetze schwelt lange Zeit und wird zur Nazizeit ihren schlimmsten Höhepunkt erreichen.