"DIE MISTEL": "Die Mistel": Die Mistel -Mehr als nur weihnachtliches Glückssymbol: Botanisches:

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Transkript:

"DIE MISTEL": "Die Mistel": Die Mistel -Mehr als nur weihnachtliches Glückssymbol: Botanisches: Die Mistel gehört hinsichtlich der Lebensweise zu den parasitischen Blütenpflanzen. 1

Parasitische Blütenpflanzen gibt es nur in wenigen Verwandtschaftskreisen. Sie fehlen bei den Nacktsamern und den Einkeimblättrigen ganz, bei den zweikeimblättrigen Blütenpflanzen sind sie auf die Sandelholzartigen und Röhrenblütigen (Tubiflora) konzentriert. Die Mistel -Viscum album -gehört zur Familie Viscaceae in der Ordnung der Sandelholzartigen. Als weitere bekannte halbparasitische Vertreter gehören dieser Ordnung an: Loranthus europaeus (Riemenblume oder Eichenmistel), ein sommergrüner, 2

etwa halbmeterhoher Strauch der Eichenmischwälder des südöstlichen Europa, und die Wacholdermistel Arceuthobium oxycedrus (Südeuropa). Das Verbreitungsgebiet der Mistel selbst umfaßt Südskandinavien, Mittel-und Südengland, südl. bis NW-Afrika, östlich bis SW- und Zentralasien bis in die Mandschurei und Japan. Innerhalb der Art Viscum album unterscheidet man nach der Wirtsspezifität 3 Unterarten: Viscum album ssp. album - Laubholzmistel 3

Viscum album ssp. abietis - Tannenmistel, nur auf Tanne Viscum album ssp austriacum (V. laxum) -Kiefernmistel, mit kleineren, gelblichen Beeren. Die aktuelle Verbreitung ist außer von klimatischen Grenzen (Winterkälte) sehr von der Verbreitung der Wirtsbäume abhängig, wobei nach neueren Beobachtungen in Gebieten mit starken Waldschäden eine starke Zunahme des Mistelbefalles zu beobachten ist, so besonders in den letzten 20 Jahren bei der Weißtanne. Bei dem Wirtsbaum vermindert die Mistel die Vitalität und den Ertrag 4

und kann zum vorzeitigen Absterben führen. Auch bei den Laubgehölzen sind es bestimmte Arten, die von Misteln befallen werden: häufig: Apfel, Pappel, Linde, Weide, Vogelbeere, Birke selten: Eiche, Esche, Hainbuche, Birne, Kirsche mistelfrei: Rotbuche, Faulbaum, Traubenkirsche, Walnuß, Ulme, Holunder. Die Kiefernmistel kommt neben der Föhre auf anderen zweinadeligen Kiefern (Latsche, Schwarzkiefer), seltener auf Fichte vor. Verbreitet werden die Früchte der Mistel 5

meist durch Vögel, entweder durch Ausscheiden der gefressenen Samen oder indem sie am Gefieder oder Schnabel haften und auf anderen Ästen Halt finden. Die Mistel in der bildenden Kunst: Als Motiv erscheint die Mistel meist in der angewandten Kunst, wenig in der Malerei. Die große Zeit der Misteldekore im europäischen Kunsthandwerk ist die Phase des Jugendstiles. Dieser überdeckte den vorher herrschenden Historismus mit neuen Prinzipien, vor allem Linie und 6

Fläche betonende Ornamentik wurde gebraucht. Zur Erneuerung der Motive bediente man sich in Deutschland besonders der Naturbeobachtung. Daß gerade die Mistel in ganz Europa als Ornament häufig gebraucht wird, hängt sicher mit der Neubelebung der mythischen und legendären Bedeutung dieser Pflanze zusammen, für die man in dieser Zeit sehr aufgeschlossen war. Die Mistel in der Mythologie und dem Brauchtum Wegen ihrer eigentümlichen Lebensweise gehört die Mistel seit 7

frühesten Zeiten zu den viel beachteten Gewächsen - der Ausdruck Wundermistel weist auf ihre heilenden, abwehrenden, bannenden oder glückbringenden Eigenschaften hin, die man ihr nachsagte. Aber nicht immer soll sie das Geschehen positiv beeinflussen. Im Naturmythos der Kelten und Germanen kommt ihnen eine zentrale Bedeutung zu, so auch in der jüngeren Edda-Sage, wo sie eine unheilvolle Entwicklung einleitet. Nach Plinius galt die Mistel auch als Abwehrschutz gegen böse Geister. 8

Man hängte sie in Haus und Stall und steckte sie auch gegen Blitzgefahr unter das Dach. So findet sich auch in den altgermanischen Siedlungsgebieten Norddeutschlands an Giebeln alter Bauernhöfe der sog. "Donneroder Hexenbesen", wie die Mistel im Volksmund bezeichnet wurde. Auch hier steht das Motiv in der Überlieferung des alten Abwehrzaubers. Prähistorische Siedlungsfunde weisen die Mistel seit dem 5. Jh. v. Chr. in Europa bis nach Skandinavien nach. Um ihre Wirksamkeit zu behalten, mußte sie mit einem Pfeil 9

abgeschossen oder mit Steinen heruntergeworfen und mit der linken Hand oder einem Mantel aufgefangen werden, ohne die Erde berührt zu haben. Die heidnische Verehrung der Mistel im Jahreslauf deckte sich auch mit den christlichen Feiern der Weihnachts-und Neujahrszeit. Als "immergrünes" pflanzliches Symbol der Wintersonnenwende und des Jahreswechsels ist sie sehr viel älter als der Tannenzweig und Tannenbaum, deren Vorkommen zu Weihnachten sich erst seit dem 16. bzw. 18. Jh. nachweisen läßt und im 19. Jh. 10

durchzusetzen begann. Zusammen mit den Tannenzweigen fällt die Mistel im Elsaß seit dem 16. Jh. auch mancherorts unter das hauptsächlich kirchliche Verbot "dannwedel und mistelzweig" zur Weihnachtszeit anzuheften. Wie vom Elsaß aus der geschmückte Christbaum zur Weihnachtszeit in Frankreich, England, ja, in aller Welt seinen Einzug hält, so läßt sich dies umgekehrt für die Mistel feststellen, die in jüngerer Zeit von Frankreich, England und Skandinavien aus nach Deutschland, in andere europäische Länder und bis 11

Amerika vorgedrungen ist. Die Mistel in alten Kräuterbüchern und als Heilpflanze Als Heilpflanze hat die Mistel eine lange Tradition. So empfiehlt sie bereits der griechische Arzt Hippokrates (460 377 v. Chr.) gegen Milzsucht, auch Theophrastos (371-285 v. Chr.) und Plinius erwähnen sie. Während des ganzen Mittelalters galt die Mistel vor allem als heilkräftig gegen Epilepsie. Vom Mittelalter bis ins 18. Jh. fehlte die Mistel als Heilmittel gegen die verschiedensten 12

Krankheiten in keinem der bekannten Kräuterbücher. Heutige arzneiliche Verwendung In Deutschland gibt es zahlreiche Fertigarzneien mit Mistel, die bei Bluthochdruck, Altersbeschwerden und Arteriosklerose eingesetzt werden. Sie sind dabei durchweg mit anderen Drogenauszügen kombiniert. Misteltee wird, besonders in der Volksmedizin, bei Schwindelanfällen und Gelenkerkrankungen verwendet. In der Homöopathie soll eine Mistel-Therapie folgende Wirkungen zeigen: 13

Auf das Zentrale Nervensystem, z. B. bei Melancholie, auf das Gefäßsystem, Wirkung auf Muskeln, Gelenke und periphere Nerven. Auf Anregung von R. Steiner (1920) finden in der anthroposophisch orientierten Medizin einige unterschiedliche Mistelpräparate Verwendung in der Tumortherapie. Klinische Untersuchungen der Wirksamkeit dieser Medikamente wurden seit Jahren durchgeführt, es fehlen noch molekularbiologische Bewertungen der verschiedenen, biologisch aktiven Komponenten wie Viscotoxine, Lektine, Alkaloide, 14

Polysaccharide u. a. Aus "Mistel", A II. Arzneiliche Verwendung, 1986, Wiss. Verlagsges. Stuttgart. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) rät: Keine Mistelzweige zu Weihnachten: Mistelzweige über den Hauseingang zu hängen, ist eine alte heidnische Tradition, die böse Hexen und Geister abwehren soll. Die Tradition besagt 15

auch, dass jeder, der unter einem Mistelzweig steht, geküsst werden darf. Küssen ist allerdings auch ohne Mistelzweig möglich. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland rät, zum Schutz der Pflanze auf den Brauch zu verzichten und keine Mistelzweige aufzuhängen. Da Mistelzweige hauptsächlich in der Weihnachtszeit nachgefragt werden, lohnt sich der kommerzielle Anbau nicht. Nach Angaben des BUND führt dies dazu, dass die Bestände in der freien 16

Natur ausgebeutet werden. Die negative Folge dieser alten Tradition ist die Gefährdung der Pflanzenart. In Deutschland haben einige Bundesländer bereits darauf reagiert und die Mistel unter Naturschutz gestellt. Weil die Pflanze bisher aber nicht international geschützt ist, werden die Mistelzweige vor allem aus Billiglohnländern eingeführt. Ein europaweiter Rückgang ist die Folge, vor allem auch deswegen, weil die Pflanze sehr langsam wächst: Eine Mistel von 50 Zentimetern Durchmesser hat bereits ein Alter von 30 Jahren. Die Mistel hat eine lange Tradition als 17

anerkannte Heilpflanze und ist auch aus diesem Grund erhaltenswert. Tee aus Mistelblättern kann beispielsweise blutdrucksenkend sein. Zudem bietet die Mistel in der Winterzeit eine wertvolle Nahrungsquelle für Vögel. 18