Vom Sternenfeuer zum Fusionskraftwerk Günther Hasinger

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Transkript:

Standort Greifswald EURATOM Max-Planck-Institut für Plasmaphysik Vom Sternenfeuer zum Fusionskraftwerk Günther Hasinger Standort Garching Tag der Unternehmerschaft 2010 Düsseldorf 10. Juni 2010 Hotel NIKKO Düsseldorf

Inhalt Astrophysikalische Randbedingungen Stand der Fusionskraft Beitrag zur Energie der Zukunft Hasinger Urania 18.2.2010 2

Der kosmologische Zeitplan Quantenfluktuationen des Raumes Urknall Heute 13.7 Mrd Jahre Hasinger Urania 18.2.2010 4

Planck-Zeit Kosmische Temperatur Quark-Gluonen-Suppe Inflation Unterkühlung LHC Genf Protonen frieren aus Alter des Universums Heute Hasinger Urania 18.2.2010 5

Ausfrieren von Quarks und Gluonen Animation: Marias Chatzikos, Charlottesville Fast die gesamte Masse der Baryonen steckt in der Energie, die die Quarks zusammenhält: Kernenergie Hasinger Urania 18.2.2010 6

Planck-Zeit Kosmische Temperatur Quark-Gluonen-Suppe Inflation Unterkühlung Protonen frieren aus Kernfusion Alter des Universums Heute Hasinger Urania 18.2.2010 7

Primordiale Fusion: Rettung der Elemente Die Lebensdauer freier Neutronen ist 11 Minuten. Aufgrund einer glücklichen Fügung hat das Universum in seinen ersten drei Minuten alle freien Neutronen in Elemente eingebaut und für die Nachwelt konserviert! Hasinger Urania 18.2.2010 8

Entstehung und Entwicklung von Sternen Hasinger Urania 18.2.2010 9

Energie aus der Bindung der Atomkerne Gebundene Nukleonen sind 'leichter' als freie Nukleonen Masse wird in Bindungs- Energie umgesetzt, nach Einsteins Formel: ΔE = Δm c 2 Energiegewinn aus Kernverschmelzung: Sterne D T n n He n U Kernspaltung: Atomreaktor Hasinger Lange Nacht Garching 15.5.2010 10

Das Sonnenfeuer auf der Erde Fusionskraftwerk Wirkungsquerschnitt 24 Größenordnungen Sonne Energie Etwa eine Million Mal mehr Energie als bei der Knallgasreaktion! Hasinger Lange Nacht Garching 15.5.2010 11

Inhalt Astrophysikalische Randbedingungen Stand der Fusionskraft Beitrag zur Energie der Zukunft Hasinger Urania 18.2.2010 12

Plasmaphysik: Magnetischer Einschluss SOHO/ESA TRACE/NASA Hasinger Urania 18.2.2010 13

Magnetischer Einschluss IV: Tokamak und Stellarator Tokamak Stellarator ASDEX Upgrade, Garching Wendelstein 2-A, Deutsches Museum Hasinger Urania 18.2.2010 14

ASDEX Upgrade und sein Team Hasinger Urania 18.2.2010 15

Der ASDEX Upgrade Tokamak in Garching Röntgenstrahlung (200 Mio. Kelvin) 16 Hasinger Urania 18.2.2010

Wendelstein 7-X: Idee - Design - Konstruktion Hasinger Urania 18.2.2010 18

Aufbau von Wendelstein 7-X in Greifswald Hasinger, Bochumer Physikalisches Kolloquium, 7.6.2010 19

Besuch der Bundeskanzlerin am 1.2.2010 in Greifswald Hasinger Urania 18.2.2010 20

Wo steht die Fusion? Energie Hasinger, HGF-Pressegespräch, Berlin, 20..5.2010 21

IITER @ Cadarache ( 1999; 2003) (2003) (2005) (2003) Joint work sites: Garching, Naka, San Diego ITER-Standort: Cadarache >50% der Weltbevölkerung und >80% des GDP Größtes und komplexestes Wissenschaftsprojekt Deutliche Kosten-Erhöhung: ca. 7 Mrd. für EU ITER ist DAS Schlüsselexperiment auf dem Weg zur Fusion: Forschung für Frieden! Hasinger Urania 18.2.2010 23

Funktionsprinzip eines Fusionskraftwerkes Hasinger Lange Nacht Garching 15.5.2010 24

Brutblanket: Kritisches Element eines Fusionskraftwerkes pol. rad. EU Power Plant Conceptual Design Study (PPCS) Brut-Blanket muss selbstständig für die Tritium-Erzeugung sorgen Brüt-Verhältnis > 1 benötigt (1 Neutron pro Fusionsreaktion) Das Blanket ist auch essentiell für die nötige Hitze (je heißer desto besser) tor. Dual Coolant He-PbLi LM Blanket Design T max 650 C, 80-150 dpa in DEMO Hasinger, Bochumer Physikalisches Kolloquium, 7.6.2010 25

Der Weg zu einem Fusionskraftwerk Plasmaphysics Tokamak Physics Stellarator-Physics (Wendelstein 7-X) Facilities ITER 14 MeV Neutron Source DEMO First Power Production First commercial fusion power station Technologies ITER-relevant technologies DEMO-relevant technologies 2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 Hasinger Urania 18.2.2010 26

Vorteile der Fusionsenergie Brennstoffvorrat fast unbeschränkt und für alle Nationen verfügbar Deuterium (D aus Wasser) und Lithium (Li aus Steinen und Meerwasser) Eine Badewanne Wasser und eine Laptop-Batterie = Familie Strom für 50 Jahre Praktisch unbegrenzte Vorräte Vorteile für die Umwelt: Clean Energy! Keinerlei CO 2 Emissionen Mittlere bis niedrige radioaktive Belastung, kein Endlagerproblem Unfall- und Verunreinigungsrisiko minimal Keine Explosionsgefahr, keine Kernschmelze <5 Minuten Brennstoff im Plasma Niedriges Proliferationsrisiko nuklearer Materialien Keine spaltbaren Materialien Extrem hohe Energie-Konzentration Minimale Landnutzung im Vergleich zu Solar-, Wind- und Wasserkraft Unabhängig von Tages-, Jahres- oder Regionalen Variationen Ideal für Ballungsräume und Grundlastversorgung Deutliche Vorteile im Vergleich zu Spalteaktoren und Brütern Hasinger Urania 18.2.2010 27

Inhalt Astrophysikalische Randbedingungen Stand der Fusionskraft Beitrag zur Energie der Zukunft Hasinger Urania 18.2.2010 28

Globales Bevölkerungswachstum Millionen Menschen Wachstum in Entwicklungsländern Stagnation oder Rückgang in entwickelten Ländern 10 Milliarden Menschen mit 3 kw/kopf benötigen 30 TW Primärenergie! Hasinger Urania 18.2.2010 29

Weltweiter Strombedarf steigt um einen Faktor sechs an Energy-Modeling-Forum 22: 100 Modelle von insgesamt 15 verschiedenen Forschergruppen, mit und ohne CO 2 -Reduktion stimmen alle darin überein, dass die globale Stromnachfrage um etwa den Faktor 6 ansteigt, die Hälfte davon kommt nach 2050 (Clarke et al., 2009). Hasinger, HGF-Pressegespräch, Berlin, 20..5.2010 30

Zuwächse der regenerativen Energien reichen nicht aus In den Anfangsjahren steigen Solar- und Windstrom dramatische exponentielle Zuwachsraten, die aber inzwischen bereits in die Sättigung gehen. Auch aus anderen Gründen (Speicher, Logistik etc.) sind mehr als 30% regenerativ global unrealistisch. Benötigtes jährliches Wachstum Elektrizität Hasinger, HGF-Pressegespräch, Berlin, 20..5.2010 31

Solarthermische Kraftwerke Pro Kraftwerk: Fläche ca. 2 km 2, Spiegel ca. 0.5 km 2 Elektrische Leistung ca. 50 MW Spitze, 14 MW im Mittel 100% Welt benötigte 850 000 solcher Kraftwerke, ca. 25 pro Tag bis 2100!!! Hasinger, HGF-Pressegespräch, Berlin, 20..5.2010 32 Quelle: SolarMillenium

Energie-Szenarien Pessimistisches (Late admission, late technology) Szenario 450ppmv Overshoot Szenario: +2 C in 2100 Renewable Hydro Nuclear Bio CCS Biomass Gas CCS Gas Oil Coal Erneuerbare Nuklear Fusion (> 2050) bio-ccs CCS Maximaler Ausbau von Erneuerbaren & Biomasse (sehr optimistisch), verbraucht alle CCS-Speicher und alles Uran, benötigt >4000 neue Kernkraftwerke (ab 2050 hoffentlich Fusionskraftwerke) EMF-22: Krey, V. & Riahi, K.; Energy Economics 31, S94 (2009) Hasinger, HGF-Pressegespräch, Berlin, 20..5.2010 33

Meine Vision der Energie der Zukunft Deutschland bräuchte etwa 25-50 Fusionskraftwerke (½-1 pro Jahr ab 2050) Hasinger, HGF-Pressegespräch, Berlin, 20..5.2010 34