Orientieren mit Karte, Kompass, GPS und an den Zeichen der Natur Wolfgang Heller www.taunusguide.de
Von den Tauben und wohl auch von Vögeln wissen wir, dass sie so eine Art Kompass in der Nase haben. Ob andere Tiere sich auch mit solch einer Art Kompass orientieren können, wird die Wissenschaft vielleicht noch herausfinden. Sollten wir Menschen über so eine Eigenschaft verfügen oder verfügt haben, ist sie sicherlich über die Jahrtausende verloren gegangen. Wie sonst müssten wir uns heute für jede kleine Autofahrt mit dem Navi orientieren. Hier in diesem E-Booklet, beschreibe ich, wie wir uns trotz unserer eingeschränkten Sinne orientieren können.
Unsere Vorfahren wussten sich an Hand vieler Zeichen in der Natur ziemlich gut zurechtzufinden. Ihre sicherste Hilfe war die Sonne. Sie beschreibt eine feste Bahn über dem Horizont, die zwar im Winter flacher als im Sommer verläuft, doch in ihrem Verlauf beständig ist. Was unsere Vorfahren wussten, haben wir für unsere Kinder in ein kleines Merk-Gedicht gefasst: Im Osten geht die Sonne auf, im Süden ist ihr Mittagslauf. Im Westen wird sie untergehn, im Norden ist sie nie zu sehn. Das kleine Gedicht legt die wichtigsten Erkenntnisse fest: 1. Die Sonne geht im Osten auf. 2. Die Sonne steht mittags im Süden. 3. Die Sonne geht im Westen unter. 4. Die Sonne ist im Norden nie zu sehen.
Die Aussagen 2 und 4 stimmen immer. Die Aussagen 1 und 3 stimmen nur an den beiden Tagen im Jahr, an denen Tag und Nach gleich lang sind. Also zum Frühlingsanfang und zum Herbstanfang. Im Hochsommer zur Sonnenwende geht die Sonne sehr früh und damit in Richtung Nord-Ost auf und im Nord-Westen unter. Zum Winteranfang geht die Sonne ziemlich spät in Richtung Süd-Ost auf und geht nachmittags schon früh im Südwesten unter. Der einzige Fixpunkt, auf den Verlass ist, ist deshalb die Mittagszeit. Da steht die Sonne immer am höchsten Punkt ihrer täglichen Bahn. Aber Vorsicht: Während der Sommerzeit stimmt das nicht. Mit der Sommerzeit tricksen wir den natürlichen Tagesverlauf aus. Deshalb steht die Sonne im Sommer erst um 1 an ihrem höchsten Punkt, weil es da eigentlich 12 Uhr natürlicher Zeit ist. Das müssen wir berücksichtigen, wenn wir im Sommer die Himmelsrichtungen mit der Uhr ermitteln wollen. Doch davon später.
Wie ermitteln wir aber den höchsten Stand der Sonne? Ganz einfach. Mit dem Schatten. Um den höchsten Standpunkt der Sonne zu finden, erinnern wir uns an die alten Ägypter. Wir stecken einen Stab in den Boden und markieren die Schattenlinie. Mittags um 12 ist der Schatten am kürzesten, liegt also am dichtesten am Fuß des Messstabes. Um zu jeder Zeit über die Zeit informiert zu sein, stellten die alten Ägypter Obelisken, also hohe spitze Steinsäulen auf und markierten deren Schatten über den Tag und übers Jahr. So hatten sie eine Sonnenuhr und zugleich einen Jahreskalender.
Es ist ja schön und gut, wenn wir wissen, dass um 12 die Sonne am höchsten und damit im Süden steht. Wie ist es aber mit den Zwischenzeiten? Die bestimmen wir mit der Uhr. Weil man die Sache an Hand einer größeren Uhr besser verstehen kann, habe ich einmal meine Wanduhr abgehängt, auf den Gartentisch gelegt und sie mit dem Stundenzeiger am Schatten eines Stabes ausgerichtet. Ihr seht den Schatten des Stabes und den Stundenzeiger, der entlang des Schattens zur Sonne zeigt. Wenn Ihr jetzt den Winkel, der sich aus dem Schatten und der gedachten 12-Uhr-Line halbiert, zeigt diese Linie exakt nach Süden. Die Regel gilt über den ganzen Tag: 1. Richte den Stundenzeiger auf die Sonne. 2. Denke dir eine Linie über die 12 hinaus. 3. Die Winkel-Halbierende zeigt nach Süden. Hätten wir eine Uhr mit 24-Stunden-Ziffernblatt, müssten wir den Winkel nicht halbieren. Dann zeigte die 12 nach Süden.
Und so findet ihr die Himmelsrichtungen mit der Uhr: Richtet den kleinen Zeiger, also den Stundenzeiger, in Richtung der Sonne. Denkt euch eine Linie vom Mittelpunkt eurer Uhr weg. So entsteht ein Winkel. Die Linie mitten durch den Winkel, die Winkelhalbierende, zeigt in dann nach Süden. Und wer weiß, wo Süden ist, findet dann auch jede andere Himmelsrichtung heraus. Ich habe zur besseren Veranschaulichung meine Armbanduhr abgenommen und die störrischen Armbänder mit Steinen beschwert. Das müsst ihr nicht. Hebt euren Arm, richtet den Zeiger auf die Sonne aus, indem ihr den Arm oder euch selbst ein
wenig dreht und sucht dann den halben Winkel zur Bestimmung der Südrichtung. Dann habt ihr Süden gefunden.
Navigieren mit dem Handy Als ich mein I-Phone bekam, lud ich mir auch bald die Kompass-App herunter. Stolz machte ich mich wenige Tage später auf den Weg, um eine meiner bekannten Touren mit Handy und App abzulaufen. Am Anfang klappte alles wunderbar. Der Kompass zeigte mir exakt alle Himmelsrichtungen und am unteren Rand auch meine geografische Position. Aber was für eine Enttäuschung. Kaum gelangte ich in ein enges Seitental, war die App am Ende.
Anders als GPS-Geräte, die sich mit Hilfe von Satelliten orientieren. Geht der Empfang verloren ist es auch vorbei mit der Kompass-App. Ansonsten ist das Navigieren mit dem Handy schon eine großartige Sache. Mein Schwiegersohn erfasst mit einer weiteren App alle seine Jogging- und Radtouren und kann sie später genau nachvolliehen. Mehr zur Orientierung mit Handy und Kompass-Apps später.
Navigieren mit dem Kompass Die Unterrichtseinheit Kompass beginnen wir in der Schule meist mit einem kleinen Versuch. Wir fetten eine Nadel ein und legen sie vorsichtig auf die eine möglichst glatte und ruhige Wasserfläche. Z.B. in einem Glas oder einer Schüssel. Verblüfft sehen die Kids dann zu, wie sich die Nadel ganz langsam in Nord-Süd-Richtung ausrichtet. Ihre Lage wird vom Magnet-Feld der Erde bestimmt. Ihr könnt diesen Versuch ganz einfach zu Hause nachstellen. Würden wir das Glas jetzt oben verschließen und ganz ruhig transportieren, hätten wir schon so etwas wie einen transportablen Kompass.
Richtige Kompasse sind nach eben diesem Prinzip konstruiert. Ein Gefäß mit Deckel, eine Nadel und dazu eine 360 -Skala. Zum besseren Handling ist liegt die Nadel auf einem spitzen Lager. Die Kapsel ist nicht mit Wasser sondern mit Öl gefüllt, weil dieses die sonst sehr zittrige Nadel einbremst und stabilisiert. Gleich wie und woraus ein Kompass konstruiert ist, das Prinzip ist immer das Gleiche: Kapsel, Lage, Nadel, Skala und Öl. Übrigens: Richtige Outdoorer verwenden gerne das Navi, haben aber stets als sichere Reserve einen guten Kompass dabei. Mehr dazu demnächst.
Orientieren mit den Zeichen der Natur Die längste Zeit der Menschheitsgeschichte mussten Menschen ohne einen Kompass auskommen. Sie richteten sich nach der Sonne, nach den Sternen und nach vielen kleinen Zeichen in der Natur. Das Thema nehmen wir uns demnächst vor.