Hochtemperaturwollen. Chancen nutzen. Risken vermeiden. Prof. Dr. Herbert F. Bender, BASF SE, Ludwigshafen

Ähnliche Dokumente
Welche Risiken sind zumutbar?

Grundlagen. des. Risiko. Konzepts. Prof. Dr. Herbert F. Bender. BASF SE, Ludwigshafen

Dr. Peter Wardenbach Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Dortmund

Toxikologie von Faserstäuben aus Hochtemperaturfasern. H. Muhle Fraunhofer Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin, Hannover, Germany

Grenzwerte Ableitung und Bedeutung für den Arbeitsschutz

Fachkolloquium Hennef Hochtemperaturwolle. Chancen nutzen Risiken vermeiden. Heinz Wimmer DKFG/ECFIA. Hennef 16.

Risikobezogene Beurteilungsmaßstäbe für krebserzeugende Gefahrstoffe

Sankt Augustiner Expertentreff Gefahrstoffe

Das. Risiko. Konzept. des AGS. Prof. Dr. Herbert F. Bender. BASF SE, Ludwigshafen

Grenzwerte und ihre Auswirkungen

Informations- und Dialogveranstaltung Energiewende und REACH BAuA, Dortmund, Erfolgreich substituieren wann und wie geht das?

Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen. Anforderungen durch die TRGS 910 und die Gefahrstoffverordnung

Risikobezogene Maßnahmen bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen auf der Grundlage der TRGS 910. Torsten Wolf

Neuerungen im Regelwerk für Gefahrstoffe

ÖSBS Österreichische Staub-(Silikose-) Bekämpfungsstelle Technische Abteilung - Leoben Einödmayergasse Leoben

Prävention - Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Hochtemperaturwollen (HTW) Norbert Kluger Hennef, den 16. April 2008

Expositions-Risiko-Beziehungen für krebserzeugende Arbeitsstoffe nach TRGS 910: Datenquellen zur Beurteilung von Berufskrankheiten?

Risikokonzept für krebserzeugende Stoffe des AGS

Beurteilungsmaßstäbe nach TRGS 402

Absenkung der Akzeptanzkonzentration bei ERB Stoffen

Einordnung des Biomonitoring im Arbeitsschutz. Prof. Dr. med. H. Drexler

Asbest Anforderungen der Gefahrstoffverordnung. Dipl.-Ing. Andrea Bonner

Grundsatzthema: Risikobewertung von krebserzeugenden Stoffen

Expositions-Risiko-Beziehung: Was ist das? Dorothee Hecker, 22. September 2011

Neuer Staubgrenzwert - Absenkung für die A-Staubfraktion in der TRGS 900

DNEL DMEL. Nutzen für den Arbeitsschutz. Schlema VII Weimar, Mai Herbert F. Bender, Prof. Dr. BASF SE

Risikokonzept für krebserzeugende Gefahrstoffe (AGS) Eberhard Nies, Sankt Augustin

Innovationen mit Nanomaterialien - Sicht des Gesundheitsschutzes

Die neue Gefahrstoffverordnung - Quo vadis? Dr. Uwe Pucknat Abteilung Gesundheitsschutz

Äquivalenzwerte und Referenzwerte bei krebserzeugenden Arbeitsstoffen

Strategie der Ableitung von Exposition-Risiko- Beziehungen. Fokus: Metalle/Metallverbindungen

Die TRGS 910 und die Anforderungen der GefStoffV 2015 an krebserzeugende Gefahrstoffe aus Sicht der Länder

Neuerungen in der TRGS 900

Dieselmotoremissionen an Arbeitsplätzen vor dem Hintergrund des ERB-Konzepts

Folgt nach Arsen nun URAN?

A+A Kongress 2017 Kampf dem Berufskrebs. Die Gefahrstoffverordnung als Mittel zur Krebsprävention. Düsseldorf 18. Oktober 2017

Das Risikokonzept in der neuen GefStoffV

Asbest - unzerstörbar, unvergänglich, unauslöschlich

Integration von Schutzmaßnahmen und Grenzwerten

Neue Regelungen für krebserzeugende Stoffe

Das ERB-Konzept. Was hat die Erprobung gebracht?

Arbeitsmedizinische Vorsorge

DN(M)ELs. Wo kommen sie her Die Relevanz für die Praxis

Der neue MAK-Wert für granuläre, biobeständige Stäube (GBS)

Granuläre biobeständige Stäube ein neues Paradigma?

TRGS 561 Tätigkeiten mit krebserzeugenden Metallen und ihren Verbindungen

Die Ratte am Arbeitsplatz

Die BAuA nimmt als Ressortforschungseinrichtung des Bundes eine Schlüsselstellung bei der Gestaltung einer sicheren und gesunden Arbeitswelt ein.

Gerhard Ott REFERAT 34 Chemikaliensicherheit, Technischer Arbeitsschutz

Rigips Mineralwolle - Randstreifen

Die Exposition-Risiko-Beziehungen (ERB) und das Maßnahmenkonzept der Bekanntmachung 910 als Elemente der Vollzugstätigkeit der Aufsichtsbehörden

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Bekanntmachung von Arbeitsmedizinischen Regeln

und jetzt nur noch dividieren!? Schritt 3: Anwendung von Extrapolationsfaktoren Dana Nitzsche Extrapolationsfaktoren

Persönliche Vorstellung: Andreas Lampe

The TTC approach for genotoxic impurities in pharmaceuticals

Ausgabe: Februar 2014 GMBl 2014 S v [Nr. 12] Zuletzt geändert und ergänzt: GMBl 2016 S v [Nr.

Umgang mit Gefahrstoffen Vorschriften im Wandel

JANUAR 2014 SICHERER UMGANG

Gesundheitsrisiken durch Stäube Aufwirbeln verboten!

ERB (Exposition-Risiko-Beziehung) zu Aluminiumsilikat-Fasern

Überwachungsprojekt Krebserzeugende Stoffe in Baden - Württemberg erste Erfahrungen. Dr. Friederike Ziethe,

Glaswolle-Dämmstoff (kunstharzgebunden)

Die TRGS 903: Wie valide sind biologische Grenzwerte? Prof. Dr. med. H. Drexler

Hochtemperaturwollen Arbeitsmedizinische Erkenntnisse aus BK-Verfahren

Staub aufwirbeln? Der (schon nicht mehr so ganz neue) Allgemeine Staubgrenzwert Ableitung und Trends. T. Gebel, BAuA FG 4.3

Regulatorische Umsetzung der Gemischbewertung in der Zulassung von Biozid-Produkten. Dorothee Hecker, 19. März 2012

Gefahrstoffverordnung Neufassung im Lichte von GHS und REACH. Dr. Heiner Wahl, BMAS Bonn

Die Ratte am Arbeitsplatz

PAK-Belastung der Arbeitnehmer beim Recycling von Asphalt

Bekanntmachung von Empfehlungen für Biomonitoring bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen

In drei Schritten zum DNEL Davor ist bereits mittendrin! Wiebke Prutner

Ausgabe: Februar 2014 GMBl 2014 S [Nr. 12] (v ) Zuletzt geändert und ergänzt: GMBl 2017 S [Nr. 20 ] (v. 8.6.

Gefährdungen durch Kohlenstoffverstärkte Kunststoffe (CFK)

Ausgabe: Februar 2014 GMBl 2014 S [Nr. 12] (v ) Zuletzt geändert und ergänzt: GMBl 2017 S v [Nr.

Allgemeine Unfallversicherung Hauptstelle Abteilung für Unfallverhütung und Berufskrankheitenbekämpfung

Neue Technische Regeln für Gefahrstoffe TRGS 400 Gefährdungsbeurteilung TRGS 500 Schutzmaßnahmen TRGS 526 Laboratorien

Berücksichtigung des Mode of Action bei Grenzwertvorschlägen des UA III. Gisela H. Degen

Zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse des Fragebogens

Lunge, Umwelt, Arbeitsmedizin. Linz, H. Greim Technische Universität München

Risikobezogenes Maßnahmenkonzept für Tätigkeiten mit krebserzeugenden

3. Symposium Gefahrstoffe am Arbeitsplatz 24./25. September 2012 in Dortmund

Bloß kein Staub aufwirbeln

Staub ein Problem in vielen Branchen

Fachkolloquium Hochtemperaturwolle (HTW)

AGENDA RUNDER TISCH. Folie 1 Fraunhofer UMSICHT Prof. Wichmann

Aktuelle Entwicklungen im Gefahrstoffrecht. Thorsten Reinecke Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft

Dieselmotoremissionen bei Feuerwehren

- Arbeitstagung Umweltmedizin/-hygiene des ÖGD NRW am Dr. Martin Kraft Umweltmedizin, Toxikologie, Epidemiologie

ansonsten: Zusatzbezeichnung Sh bleibt Krebserzeugend Kategorie 2 bleibt ansonsten: Krebserzeugend Kategorie 2 bleibt

Die neue Gefahrstoffverordnung

Steinwolle-Dämmstoff (kunstharzgebunden)

Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen (PSA) beim Umgang mit Nutzgeflügel

Human-Biomonitoring: Beurteilungswerte für die Praxis

Risikobezogenes Maßnahmenkonzept für Tätigkeiten mit krebserzeugenden

Nanomateralien Aktueller Kenntnisstand zu möglichen gesundheitlichen Gefährdungen

Stillförderung und Muttermilchuntersuchungist beides vereinbar? Dr. Ursula Schwegler 08. Dezember 2011 in Würzburg

Biologisches Monitoring Instrument der Überwachung oder Methode der Arbeitsmedizinischen Vorsorge?

Kontrolle und Dokumentation sinkender Grenzwerte für krebserregende Stoffe Eine wachsende Herausforderung für Unternehmen

Der neue Allgemeine Staubgrenzwert (ASGW)

Transkript:

Hochtemperaturwollen Chancen nutzen Risken vermeiden Prof. Dr. Herbert F. Bender, BASF SE, Ludwigshafen

Quo vadis, Germania? Nullrisiko am Arbeitsplatz Ziel staatlichen Handelns? Verantwortung des Kollektivverantwortung Individuums Eigenverantwortung gesellschaftliche Verantwortung für die Gesellschaft für den Einzelnen Pflichten des Staates Wahrung der Privatsphäre Pflichten des Individuums Gemeinschaftssinn? Partikularinteressen übergeordnete Aufgaben/Pflichten 2

Sind Risiken für den Einzelnen zumutbar? 300.000 Kinder verunglücken jährlich beim Rutschen, Spielen... Risiken Freizeit im Vergleich zum Arbeitsplatz: Statistik der BAuA 3

Grenzen der Verantwortlichkeit? 69 61 BASF SE 2007 Arbeitsunfälle/1.000 MA: 2,7 Quelle: BAuA 4

Risiken am Arbeitsplatz Können Risiken am Arbeitsplatz überhaupt ethisch zugemutet werden? Bestandsaufnahme: Welchen Risiken sind Arbeitnehmer am Arbeitsplatz ausgesetzt? Gibt es Gute und Schlechte Risiken? Ist der gleiche Arbeitsunfall in der Branche X anders zu bewerten wie in Branche Y? Wie sind chemische Risiken im Vergleich zu anderen Risiken mit gleichem Schweregrad einzuordnen? 5

Chemische Karzinogene Sind alle chemischen Karzinogene gleich zu behandeln? Kategorie 1, 2 Kategorie 3 Kategorie 4 Kategorie 5 mit Wirkschwelle! genotoxische Karzinogene haben grundsätzlich keine Wirkschwelle nicht-genotoxische Karzinogene haben eine Wirkschwelle 6

Beurteilung: Risiken der Allgemeinbevölkerung bezüglich krebserzeugender Stoffen LAI-Empfehlung 1992: Ausgangspunkt: Summe der 5 wichtigsten Umweltkarzinogene Stadtbevölkerung: 1: 1.000/Lz 1 : 70.000/a Landbevölkerung: 1 : 5.000/Lz 1 : 350.000/a Beziehung zwischen Lebenszeitrisiko für Allgemeinbevölkerung (Lz) und Arbeitslebenszeitrisiko (Alz) für exponierte Arbeitnehmer 70 a vs. 40 a, 24 h vs. 8 h, Populationsunterschiede f = 2-3 Gesamtfaktor: 11-16 7

Strahlenschutzkommission Zulässig nach Strahlenschutzverordnung Strahlenbelastung 20 ms/a Zusätzliches Krebsrisiko: 4: 100/ALz 1 : 1.000/a Natürliche Strahlenbelastung Strahlenbelastung 1 ms/a Zusätzliches Krebsrisiko: 4: 1.000/Lz 5 : 100.000/a 8

Todesfallrisiken in bestimmten Wirtschaftszweigen Landwirtschaft 1 : 811 /ALz 1 : 12.984/a Bauwirtschaft 1: 1.340/ALz 1 : 21.438/a Bergbau 1 : 910/ALz 1 : 14.564/a Einzelhandel 1 : 6.250/ALz 1: 100.000/a Quelle: DGUV 9

Risiken im täglichen Leben Arsen im Trinkwasser (10 µg/l) 5 : 10.000/Lz Dioxin in Lebensmittel (2 pg Teq/kg) 3 : 10.000/Lz Dieselruß (5 ng BaP/m3) 2 : 10.000/Lz Cadmium im Schwebstaub 0,6 : 10.000)Lz Quelle: BMU 10

Röntgenuntersuchungen Art der Untersuchung Hand, Zahn, Knochendichtemessung Ellenbogen, Knie Risiko 1 : 10 Millionen 1 : 1 Million Lunge, Halswirbelsäule, Schädel 1 : 100 000 Brustwirbelsäule, Hüfte, Mammographie 1 : 40 000 Lendenwirbelsäule, Bauchraum (Übersicht), Venendarstellung, Harntrakt, Computertomographie (CT) des Kopfes 1 : 10 000 Magen und Dünndarm (mehrere Aufnahmen + Durchleuchtungen, CT der Wirbelsäule 1 : 2 000 Dickdarm und Schlagader (mehrere Aufnahmen + Durchleuchtungen), CT-Brustkorb, CT-Bauchraum 1 : 1 000 Zusätzliches Mortalitätsrisiko bei einmaliger Röntgenuntersuchungen Quelle: Prof. Jung, Uni Hamburg 11

Allgemeinbevölkerung Für Allgemeinbevölkerung akzeptiert: u. a. DECOS 1: 1.000.000/Lz 1 : 70.000.000/a umgerechnet auf Arbeitsplatzsituation (70 a vs. 40 a, 24 h vs. 8 h, Populationsunterschiede f = 2-3) 2,4 : 100.000/ALz 1 : 5.000.000/a 12

Maßnahmenkonzepte Festlegung unterschiedlicher Maßnahmenkonzepte oberhalb Toleranzgrenze Toleranzrisiko: Schwelle, bis zu der Risiken toleriert werden und oberhalb derer Arbeitnehmer nicht exponiert werden sollen zwischen Akzeptanz- und Toleranzschwelle zunehmender Druck zur Durchführung der Maßnahmen bei abnehmendem Abstand zur Toleranzschwelle unterhalb Akzeptanzgrenze Akzeptanzrisiko: Risiko am Arbeitsplatz, bei dem aufgrund des verbleibenden niedrigen stofflich-assoziierten zusätzlichen Krebsrisikos keine weiteren zusätzlichen Schutzmaßnahmen von staatlicher Seite zu fordern sind. 13

Risikogrenzen Toleranzgrenze: 4 : 1.000 ALz 1 : 250 Akzeptanzgrenze längstens bis 2017: 4 : 10.000 ALz 1 : 2.500 frühestens ab 2013, spätestens ab 2018: 4 : 100.000 ALz 1 : 25.000 14

Maßnahmenkonzept Einteilung in 3 Risikobereiche: Hohes Risiko: oberhalb Toleranzgrenze Mittleres Risiko: zwischen Akzeptanz- und Toleranzgrenze Niedriges Risiko: unterhalb Akzeptanzgrenze 15

Zunehmende Notwendigkeit von Risikominderungsmaßnahmen Hintergrundkonzentration Priorisierung der Maßnahmenoptionen im Risikokontinuum Gewicht der sozio-öknom. Faktoren Akzeptanzrisiko Toleranzrisiko C=0 Grundmaßnahmen Maßnahmenbereich Gefahrenbereich C C = Konzentration in der Luft am Arbeitsplatz 16

Problemstellung: Krebsrisiken von Faserstäuben erfüllen die Fasern die WHO-Definition? Anteil besonders kritischer Fasern: Länge > 20 µm Durchmesser deutlich kleiner 1 µm Konzentration granulärer Partikel Overload? (Konzentration > 10 mg/m 3 ) Übertragbarkeit der Ergebnisse unterschiedlich biopersistenter Fasern von Tier auf Mensch Relevanz tierexperimenteller Expositionswege intraperitoneal? intratrachial? Instillation? Inhalation 17

Krebsrisiko von Asbest Berechnungsbasis: Unit-Risk-Model der US-EPA 2,3 x 10-1 F/ml = 230 F/m 3 bei kontinuierlicher 70jähriger Exposition Umgerechnet auf Arbeitsplatzsituation nach Wardenbach: Expositionsdauer: 35 Jahre 220 Tage pro Jahr täglich 8 Stunden Zusätzliches Krebsrisiko bei 15.000 F/m 3 5 x 10-4 18

Untersuchungen zur Wirkung von RCF - Inhalationstest - Tierexperimentelle Studien mit RCF1: Signifikante erhöhte Tumorrate ab ~ 187.000.000 F/m 3 Aber: Konzentration granulärer Partikel ~ 30 mg/m 3 Resultat: signifikanter Overload der Lunge! Tumorbildung resultiert in erheblichem Ausmaß zusätzlich aus Partikelexposition 19

Inhalationstests bei RCF-Stäuben Ergebnisse bei gleicher Faserkonzentration, aber niedrigerer Konzentration an granulären Partikeln (RCF1a) Keine Blockade der Clearance Tumorrisiko bei arbeittäglicher Exposition über gesamtes Arbeitsleben bei 1 F/ml = 1 Mio F/m 3 = 1.000.000 F/m 3 Zusätzliches Krebsrisiko: 1 : 5 x 10-5 (1 Person von 20.000) Quelle: Brown, Bellmann, Muhle, Davis in Annals of Occupational Hygiene Advance Acess, Jan. 2005 20

Einfluss der Biopersistenz Das krebserzeugende Potential wird wesentlich von der Biopersistenz bestimmt! Mittlere Lebensdauer unterschiedlicher Fasern bei intratrachealer Applikation: Krokydolith Chrysotil Mineralwolle Mineralwolle Aluminiumsilikatwolle (RCF1a) Mineralwolle Glaswolle Quelle: Hesterberg et al., 1998 Glaswolle Glaswolle MMVF34 Halbwertszeit in Tagen 200 400 600 800 21

Übertragbarkeit Tierversuche auf Menschen Berry 1999 (Inhalationsversuche) Eine Faser mit einer biologischen Halbwertszeit von 2 Jahren würde in der Rattenlunge über die ganze Lebenszeit resident sein, aber nur zu einem kleinen Teil beim Menschen! Konsequenz: Ratte ist mindestens 17 mal empfindlicher als der Mensch 22

Halbwertszeiten von RCF Einfluss der Halbwertszeiten auf das Tumorrisiko bei Inhalationstests Ergebnis: Quelle: Rödelsperger Bei einer 17fach längeren Halbwertszeit resultiert ein mehr als tausendfach niedrigeres Tumorrisiko! 23

Risikomodelle auf Basis i.p-tests Fasertyp TD25 i.p. [10 9 Fasern] Faktor relativ zu Krokydolith Risiko relativ zu Krokydolith Risiko pro 1 F/mL (35 J. Arbeitsplatz) Krokydolith, S.A. (1995) 0,011 0,9 1,0909 4 : 100 Krokydolith, S.A. (1987) 0,015 1,3 0,8000 3 : 100 Silicon carbide 0,031 2,6 0,3871 1 : 100 Glass M 104/475 0,12 10,0 0,1000 4 : 1.000 Potassium titanate 0,165 13,8 0,0727 3 : 1.000 Ceramic, Fiberfrax II 0,0093 0,8 1,2903 5 : 100 Ceramic, Fiberfrax I 0,015 1,3 0,8000 3 : 100 Ceramic, Manville 0,019 1,6 0,6316 2 : 100 Ceramic, Fiberfrax 0,031 2,6 0,3871 1 : 100 Rockwool, Sweden 0,014 1,2 0,8571 3 : 100 Basalt, G+H 0,016 1,3 0,7500 3 : 100 MMVF-21 (stone) 0,032 2,7 0,3750 1 : 100 MMVF-11 (glass) 0,28 23,3 0,0429 2 : 1.000 M-stone 0,31 25,8 0,0387 1 : 1.000 MMVF-22 (slag) 0,82 68,3 0,0146 1 : 1.000 Glass B-01-0.9 11 916,7 0,0011 nicht eingestuft 24

Einfluss der Faserdurchmesser Die alveolare Penetration ist umgekehrt proportional zum Faserdurchmesser Fasern mit einem Durchmesser > 1,5 µm erreichen nur noch zu einem kleinen Bruchteil die Alveolen Nur bei Fasern mit einem vernachlässigbarem Anteil > 1 µm kann dieser Effekt vernachlässigt werden 120 100 Fibre respirability curve (ACGIH) WHO fibres % penetration 80 60 40 20 0 0.00 1.00 2.00 3.00 4.00 5.00 6.00 Fibre diameter 25

Einfluss der Faserdurchmesser Actual amount of (alveolar) fibre dust contained in the airborne dust reaching the deep lung 40 Crocidolite(Both curves are overlapping) 35 30 25 ASW/RCF PCW % 20 15 10 5 0 0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 Diameter µm PCW dust actually penetrating the deep lung RCF dust actually penetrating the deep lung Crocidolite dust actually penetrating the deep lung PCW airborne dust distribution ASW/RCF airborne dust distribution 26

Arbeitsplatzexpositionen TWA [F/m 3 ] 10.000.000 1.000.0001 TWA (f/ml) 500.000 100.000 0.1 10.000 0.01 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Data set: First- and sixth-year CARE data, customer plants 100 90 80 70 60 50 40 30 20 0 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 100 90 80 70 60 50 40 30 20 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 100 50 Perzentil 0Alle 1 Alle 2 Stanzen 3 Montagen 4 Bedienen 5 6Ofenbetrieb 7 Messungen Messungen Functional Job Category CARE CARE Daten Assembly Auxiliary Finishing Installation BG en 1st year in red 6th year in blue Schneiden 90 Perzentil 90 80 70 60 50 40 30 20 10 Beschicken 0 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 Max. 10 1 0.1 0.01 27

Risiko von Krokydolith Risiken von Faserstäuben Risiko bei 1.000.000 F/m 3 1 : 250 1.000.000 F/m 3 : 1:25 Steinw.: 1:25 (ip) RCF 1 : 2.500 1 : 25.000 15.000 F/m 3 : 1:2.000 vermuteter Risikobereich von RCF / ASW bei 500.000 F/m 3 Glasw.: 1:500 (ip) 1.000 F/m 3 : 1:30.000 Steinw.: 1:25.000 (inh.) 28

Schlussfolgerungen die kanzerogene Potenz von HTW wird wesentlich von der Biopersistenz und der Fasergeometrie (Länge, Durchmesser) bestimmt bei der Übertragbarkeit Ratte Mensch in Inhalationsversuchen zeigt sich die Ratte als sehr empfindlich bei Faserstäuben mit langen Halbwertszeiten das resultierende Krebsrisiko unterscheidet sich nach dem derzeitigen Stand der Erkenntnisse bei Inhalationsstudien signifikant von Asbest ip-untersuchungen können nicht direkt zur Ableitung eines Arbeitsplatzrisikos verwendet werden. adäquate Arbeitsschutzmaßnahmen sind zum Schutz der Arbeitnehmer notwendig 29

Vielen Dank für f r Ihre Aufmerksamkeit! Ich hoffe, dieses komplexe Thema verständlich, aber nicht zu stark vereinfacht, dargestellt zu haben. Für r Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung! 30