Ausscheller Nummer 47. Berichte aus der Mittelheimer Chronik Erster Teil Der I Weltkrieg 1914 bis 1918 Transkription von.

Ähnliche Dokumente
Die Schlafwandler wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog. 3. Die wahren Motive

Ausscheller Nummer 48. Berichte aus der Mittelheimer Chronik Zweiter Teil Der I Weltkrieg 1914 bis 1918 Transkription von.

DER ERSTE WELTKRIEG - EIN VERNICHTUNGSKRIEG MIT INDUSTRIELLEN MITTELN

Feldpostkarten aus dem I. Weltkrieg

Inhalt. Vorwort 5 Didaktische Überlegungen 6

Die Schlafwandler - Wie Europa in den 1. Weltkrieg zog

ab abend Abend aber Aber acht AG Aktien alle Alle allein allen aller allerdings Allerdings alles als Als also alt alte alten am Am amerikanische

Wortformen des Deutschen nach fallender Häufigkeit:

Auswirkungen des Kriegs am Beispiel Dormagen

Gliederung Kindheit Regentschaft Reformen Konflikt zwischen Wilhelm und Bismarck Wirtschaftliche Blüte 1. Weltkrieg Abdankung Exil Tod Quellen

Inhalt. Gegners warten? (18)

über das Maß der Pflicht hinaus die Kräfte dem Vaterland zu widmen.

Gefallene und Vermisste aus Großholbach

Schule im Kaiserreich

C 3 - Geschichtstextinterpretation

Arbeitsblatt: Flucht in eine neue Heimat

Die Engel, die nicht singen wollten

Kultur im Postkartenbild Band 5. Otto May. Franz Schubert. Seine Zeit und seine Lieder im Postkartenbild

AM VORABEND DES ERSTEN WELTKRIEGS: STAATEN UND IHRE INTERESSEN

Gott schütz dich, deutscher Krieger, mit Gott wirst du zum Sieger. Kriegsgedichte aus dem Kinzigtäler 1914

[Bühnenbild]: Juli, 1914, Deutschland. Das Wohnzimmer einer bürgerlichen Familie, Abend.] Hans Heinrich Hans: Heinrich: Hans: Heinrich: Hans:

Dr. Aurelia Frick Ausstellungseröffnung. Prostor Oblik Abstrakte Kunst aus den Sammlungen der Nationalgalerie Bosnien-Herzegowina

Arbeitsblatt 1 Vorgeschichte und Gründe für den Ausbruch des Ersten Weltkrieges

Bibel für Kinder zeigt: David, Der König (Teil 1)

David, Der König (Teil 1)

Krieger des Lichts. Амелия Хайруллова (Amelia Khairullova) 8. Klasse Samarskaja Waldorfskaja Schkola

Listen der Gefallenen, Vermissten und Kriegsteilnehmer der beiden Weltkriege

OSTERNACHT A ERSTE LESUNG. DIE ERSCHAFFUNG DER WELT (Genesis 1,1-2,2)

Konfirmanden 2002 / 2003

Kriegsgräberliste Ehrenfriedhof Weiskirchen

Gott mehr vertrauen lernen!

Wilhelm I. ( )

Bibel für Kinder zeigt: Samuel, Gottes Kindlicher Diener

Der Erste Weltkrieg Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts. Kopfüber ins Desaster

Eine Geschichte in Einfacher Sprache zum Jahresende 2015 von Marion Döbert

Als der Sabbat vorbei ist, kommen die Frauen zum Grab. Sie wollen Jesus salben. Das Grab ist offen, Jesus ist nicht mehr da.

Kultur im Postkartenbild Band 2. Heine. Sein Werk im Spiegel von Postkarten f ranzbecker

Vorlesung Studium generale HTWK Auf Napoleons Spuren in Leipzig

Samuel, Gottes Kindlicher Diener

Wilhelm II. und das Ende des Kaiserreichs der Hohenzollern

Wolken schieben... bringt Durchblick Thema heute: Auch Dichter sind nicht immer gut... Die Kurzgeschichte Die Wölfe kommen zurück

GOTTESDIENST am Neujahr 2012 Thema: Vertraut dem neuen Weg ich bin bei dir auf allen deinen Wegen! Text: Josua 1,1-9 Inga Keller

Marvin, Dario. Zusammenfassungen. Prüfung Montag, 26. September Bündnispolitik Bismarck + Willhelm II. Ursachen des WWI

Auf Wiedersehen Pharao!

Bibel für Kinder zeigt: Auf Wiedersehen Pharao!

Im Original veränderbare Word-Dateien

Ein Referat von: Christina Schmidt Klasse:7a Schule: SGO Fach: Geschichte Thema: Hundertjähriger Krieg England gegen Frankreich Koordination: Der

Inhaltsverzeichnis Ulanen allgemein 1. Garde-Ulanen-Regiment 2. Garde-Ulanen-Regiment 3. Garde-Ulanen-Regiment

Matthäus 20,1-16. Jesus erzählt in einer Geschichte, dass Gott gerecht und gütig ist.

Märchen vom heiligen Berg von Wolfgang Wiebecke

Der Ausbruch des I. Weltkriegs

Auf Wiedersehen Pharao!

Ägypten Heute! Sprecher 1: Herzlich Willkommen zu Ägypten Heute mit und. Nur auf Pyramiden TV.

Erledige die Dinge bevor sie geschehen. Chinesische Weisheit

Ich heiße Maria und möchte dir heute erzählen, wie meine Geschichte und Ostern zusammengehören

Ökumenisches Friedensgebet

Es ist ein Ros entsprungen

4. Sonntag im Jahreskreis C Jesus in Nazareth 2. Teil. an den beiden vergangenen Sonntag hörten wir davon, wie Jesus erstmalig öffentlich

1 Lukas 2, Weihnachtstag 2000 Der Anfang der Weihnachtsgeschichte ist uns sehr geläufig und fast jeder von könnte ihn zitieren.

Inhaltsverzeichnis Kürassiere allgemein Regiment der Gardes du Corps Garde-Kürassier-Regiment

Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form. Auszug aus: Alltag im Ersten Weltkrieg - An der Front und zuhause

Aus: Inge Auerbacher, Ich bin ein Stern, 1990, Weinheim Basel: Beltz & Gelberg

Johannes 18,1-19,2. Leichte Sprache

Die. Ostergeschichte. Nacherzählt von Dörte Beutler Illustriert von Marc-Alexander Schulze

Geschichte. Mario zur Löwen. Die Julikrise Studienarbeit

Mein Beitrag zum Thema,,Vorbilder des step21

Predigt: Jesaja 9,1-6 Ein Kind schreit. Es ist dunkel. Plötzlich geht die Tür auf. Sie schiebt sich sanft über den Teppich. Ein Licht scheint in den

Ausstellung Que reste t il de la Grande Guerre? Was bleibt vom Ersten Weltkrieg?

Prof. Dr. Herfried Münkler. Die Deutschen und ihre Mythen

DIRK ROSE. Zwischen Frieden und Krieg - Kriegserklärungen

Jesus kommt zur Welt

Rede zum Volkstrauertag Dieter Thoms

Wie lange dauerte der Erste Weltkrieg?

Maria, Maria, weißt Du was ich gerade auf der Straße gehört habe? Weißt, Du der Kaiser hat beschlossen, dass sich jeder in eine Liste eintragen muss.

Dass er mich nie verlassen wird, herfürtritt - um mich aus meinen Ängsten zu reißen! - Kraft Seiner Angst und Pein!

So wählte Eppelheim in der Weimarer Republik: Die Ergebnisse der Gemeinderatswahlen von 1919 bis 1933

Yury und Sonya Winterberg Kleine Hände im Großen Krieg

Gegenwart wird Zukunft

Treu der Heimat. Kriegerdenkmal. Chiara, Julia G, Julia S

WIR ROLLEN ÖSTERREICHS GESCHICHTE AUF

Bibel für Kinder zeigt: Geschichte 24 von 60.

Peterswald und der erste Weltkrieg

Auf Wiedersehen Pharao!

Bei den Gottesbegegnungen die wir in der Bibel finden, ist es nicht geblieben. Gottesbegegnung bringt manchmal zur Ruhe, was unruhig und

Vor 100 Jahren begann die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts - der 1. Weltkrieg

Predigt am Ewigkeitssonntag, den 22. November 2009 in der Kreuzkirche in Reutlingen

(Ideen: Familienkreis Schollene, Ausarbeitung: Kerstin Kutsche, Schollene)

Rede Volkstrauertag Gedenkfeiern Sarrod, Steinau. Bürgermeister Malte Jörg Uffeln

Grundwissen Geschichte an der RsaJ

Beutler, Dörte: Die Geschichte von Sankt Martin ISBN

Krippenspiel zu Weihnachen Weihnachtsgeschichte

Ein Land mit einem einzigen Begriff abzustempeln ist ziemlich gefährlich

Grußwort des Bevollmächtigten des Landes Baden-Württemberg beim Bund 13

Auferstehung Aufstand gegen den Tod

2. Der Dreißigjährige Krieg:

August Macke: Mädchen unter Bäumen, Franz Marc: Blaues Pferd

Kieler Zarenbriefe. Beiträge zur Geschichte und Kultur des Ostseeraumes Ausgabe No

Transkript:

Ausscheller Nummer 47 Berichte aus der Mittelheimer Chronik Erster Teil Der I Weltkrieg 1914 bis 1918 Transkription von Jürgen Eisenbach Friedlich wurde das Jahr 1914 eingeleutet. Die Herrscher in Europa versicherten in gewohnter Weise ihre Friedensliebe. Aber trotz dieser hergebrachten Friedensversicherungen lag schon längere Zeit über allen Völkern eine tiefe Schwüle. In allen Ländern wurde mit großen Aufwendungen zum Kriege gerüstet und es war das allgemeine Empfinden, daß wenn der Kriegsbrand entzündet, dieser zum furchtbaren Toben kommen müsse. Deutschland, unser Vaterland, hatte sich in den ununterbrochenen Friedenszeiten seit dem Jahre 1871 kulturell ganz ungemein herangearbeitet. Industrie und Handel, Kunst und Wissenschaft hatten sich zu einer Höhe gearbeitet, die den Neid und die Missgunst aller übrigen Länder, insbesondere aber Englands in ungemein starkem Maße hervorriefen. Bei diesem Aufblühen unseres Vaterlandes stieg auch der Wohlstand und leider hiermit die Lust an Genüssen, Freuden und Festen und im Zusammenhange hiermit Neid und Missgunst. Die Parteien, die sich in dem Volke bildeten standen sich mit einem solch fanatischen Hasse gegenüber, daß bei ruhigen Menschen der Gedanke auftrat, was wohl besser sei, ein Krieg nach Außen, oder ein Volkskampf im Innern. Voller Zuversicht blickte nun alles nach dem Herrscher unseres Vaterlandes, Kaiser Wilhelm II, obwohl auch er nicht von Angriffen frei war. Aber er verstand es, bei aller friedlichen Arbeit, ununterbrochen zum Krieg zu rüsten. Neben der Vermehrung des Landesheeres mit Einführung der modernsten Waffen, suchte er auch insbesondere eine tüchtige, starke Wasserflotte zu schaffen. Auch die neueste Errungenschaft, die Luftschiffahrt und das Flugwesen wurden von ihm in weitesten Maße gefördert. Hoch und erhaben stellte sich der Kaiser über die Parteien, unbeirrt bestrebt, bei friedlicher Arbeit zum Kriege zu rüsten. Um die Wehrmacht zu fördern, war zu Anfang des Jahres eine Sondersteuer, genannt Wehrsteuer, gesetzlich festgelegt, die nur die Leistungsfähigen traf und die für das Reich eine Milliarde Mark erbrachte. So lief alles im Frieden zum Kriege gerüstet.

Da kam mitten im Jahre ein Ereignis. Am 28. Juni wurde in Sarajewo in Bosnien das Österreichische Thronfolgerpaar, Erzherzog Franz Ferdinand und Gemahlin durch Bombenwürfe ermordet. Der Mörder war ein Serbe. Es wurde festgestellt, daß der Mord von der Regierung Serbiens angestiftet war. Oesterreich forderte Genugtuung von Serbien, aber da stand Russland dem Mördervolke Serbien bei und der Konflikt Oesterreich - Russland war da. Deutschland, mit Oesterreich eng verbündet musste diesem beistehen und die Neider und Hasser kamen von allen Seiten und glaubten sich mächtig genug, unser Vaterland in Stücke zu zerreißen. Kaiser Wilhelm war unablässig bemüht, den angefachten Kriegsbrand zurückzuhalten, es war alles Bemühen vergeblich, der Völkerhaß war zu groß, die Feindesländer glaubten, bei dem Parteienhaß in Deutschland, die Zeit für gekommen zuzuschlagen und dieses Land zu vernichten. Aber es kam anders; es kam ein Wunder. Wie mit einem Blitzschlage war der grimmigste Parteihaß verschwunden, alle Herzen waren mit einem Beben für das Vaterland erfüllt, wie es in den größten Zeiten nicht anders sein konnte. Und so kam dann das Unausbleibliche. Am 31. Juli wurde der Kriegszustand proklamiert. Die Bekanntgabe geschah für die hiesige Gemeinde in der Nacht zum 1. August um 2 Uhr durch einen Offizier des Gouvernements Mainz. Alles erwartet dann mit ungeduldiger Spannung die allgemeine Mobilmachung. Um 7 Uhr des 1. August abends traf dann das erwartete Telegramm ein: Berlin 1. 8. Mobilmachung befohlen. Erster Mobilmachungstag 2. August. Eine ganz ungemeine Begeisterung ergriff nun Alles. Die jungen Wehrpflichtigen, welche als Streiter des Vaterlandes bestimmt waren, zogen sich singend zusammen und der Abschied vollzog sich mit Gesang und Hurra. Die Kriegserklärungen folgten nun gegen Deutschland schlagweise. Zuerst Russland, dann Frankreich, England, Serbien, Montenegro, Belgien, Ägypten und zum Schlusse noch Japan. Aber trotzdem die halbe Welt gegen Deutschland war, Mut und Gottesvertrauen blieben aber. Die Truppen zogen mit einem Frohsinn hinaus, nicht als ob es zum Kriege sondern als ob es zum Feste ginge. Tage und Nächte lang brachte die Eisenbahn Züge an Züge mit Soldaten vorbei; die Soldaten mit einer ganz neuen, bis jetzt nicht gekannten feldgrauen Uniform, die Wagen mit Grün geschmückt und Versen beschrieben wie: Jeder Tritt ein Britt, jeder Stoß ein Franzos, jeder Schuß ein Ruß. - Die Engländer müssen sterben und die Serben tun wir erben usw.

Die Streiter, welche aus der hiesigen Gemeinde hinausgezogen waren folgende: Franz Allendorf Wilhelm Basting Anton Dornbach Karl Engers Phillip Engers Johann Ellmauer Franz Eisenhuth Robert Freimuth Ludwig Freimuth Friedrich Gerhard Karl Hartmann Heinrich Hupfeld Josef Ippendorf Ludwig Idstein Johann Kauter Phillip Maurer Hans Merscheid Julius Mühlens Josef Scheid Wilhelm Schmidt Nikolaus Schönleber Michael Schönleber Peter Scholl Karl Seitelmann Erwin Seitelmann Franz Steinmetz Adam Schlepper Phillip Vollmer Josef Werner Adam Würtz Die Truppen des 18. Armeekorps, zu welchem fast alle hiesigen Streiter gehörten fuhren die linke Rheinseite abwärts, die Nahe entlang über den Hunsrück nach Belgien. Von dort rückte das Korps nach Frankreich weiter. Ein Teil der Truppen, darunter auch Leute von hier gingen dann von Frankreich nach Russland ab. Bei der furchtbar ernsten Lage stellte dann auch ein Jeder sein ganzes Sein in den Dienst des Vaterlandes. Wenn der Ruf erging, daß feindliche Spione auf den Wagen seien, gleich waren alle Männer bereit, Wache zu übernehmen.

So glaubte man anfangs besonders die Wasserleitungen bedroht und es fanden sich sofort Freiwillige bereit, den Wachdienst in den Nächten zu übernehmen. Wie in allen Gemeinden so bildete sich auch hier eine Bürgerwehr. Besonders verdächtig zeigten sich neu umgezogene fremde Bewohner der Weißmühle zu Winkel. Dieses Gehöft wurde dann der besonderen Aufmerksamkeit unterstellt. Ganz ungemein stellte sich die Hilfe für die Soldaten in der Organisation des Roten Kreuzes ein. Auch in der hiesigen Gemeinde wurde ganz ungemein gearbeitet. Bis zum Jahresschluße wurde an Geld gesammelt: 1156 Mark. Frauen und junge Frauen wetteiferten im Nähen und Stricken; bis zum 31. Dezember waren abgeliefert: 206 Hemden 14 Unterhosen 91 Paar Strümpfe 151 Paar Socken 12 Ohrenkappen 10 Paar Handschuhe Wie die Siege nun draußen von unseren tapferen Truppen in West und Ost erfochten wurden, so trat im ganzen Vaterlande unermesslicher Jubel ein. Mit Hurras ging es durch die Straßen und vor Freude wurden de Glocken geläutet. Natürlich traf dann auch manche Trauerbotschaft zur Heimat. So traf hier schon mach ganz kurzer Zeit die Nachricht ein, daß der Kämpfer Nikolaus Schönleber vermisst werde. Die Soldaten Philipp Vollmer und Karl Engers starben den Heldentod im feindlichen Feuer auf Frankreichs Boden. Als verwundet kehrten heim: Leutnant Julius Mühlens (Beinschuß) die Soldaten: Franz Steinmetz (Fußschuß) Ludwig Freimuth (Rückenschuß) Phillip Maurer (Armschuß) Johann Ellmauer (Kopfschuß) und Josef Werner (Quetschung)

Heute am Jahresschlusse steht die Kriegslage für unser Vaterland ganz ungemein günstig. Unter Leitung der großen Heerführer, Kaiserliche und Königliche Prinzen im Westen und ganz besonders des großen Generalfeldmarschall von Hindenburg im Osten, der es in einer noch nie da gewesenen Kriegskunst verstanden hat, die Russen in ungemeinen Massen zusammen zu treiben und gefangen zu nehmen und unter unvergleichlicher Tapferkeit der Truppen, sehen wir heute, auf Gott vertrauend, zuversichtlich der Zukunft entgegen.