Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Streibl FREIE WÄHLER vom

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Transkript:

Bayerischer Landtag 16. Wahlperiode Drucksache 16/8832 14.07.2011 Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Streibl FREIE WÄHLER vom 21.04.2011 Ermittlungen hinsichtlich Labor Schottdorf und Abrechnungen im Zusammenhang mit Laborleistungen Bereits am 13.01.10 fanden sich in der Presseberichterstattung mehrere Artikel mit der Überschrift Fahnder stolpern über Scheck an Stoiber (Abendzeitung) und Polizist klagt: Ermittlungen wurden behindert (Süddeutsche Zeitung). Hintergrund der Artikel war, dass sich ein Beamter des Bayer. Landeskriminalamtes anlässlich einer Zeugenaussage vor dem Landgericht München über Behinderungen von oben beschwert haben soll. Am 27.08.2010 wurde der Angeklagte, ein Münchener Arzt, vom Landgericht München wegen Abrechnungsbetruges zu 3 Jahren und 3 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Durch mehrere Presseberichte wurde bekannt, dass er u. a. eine vom Augsburger Labor Schottdorf angebotene Abrechnungsverfahrensweise nutzte, die berufsrechtlichen offenbar aber auch strafrechtlichen Vorschriften zuwiderläuft. Das Labor Schottdorf habe demnach zahlreichen Ärzten ermöglicht, betrügerisch abzurechnen, um selber an mehr Beprobungsaufträge zu gelangen. Nach Medienberichten wurde das Labor Schottdorf bereits am 13.11.2008 wegen Verdachts der Falschabrechnung von Privat- und Kassenpatienten durch das Bayer. Landeskriminalamt, das Hauptzollamt Augsburg und die Staatsanwaltschaft Augsburg durchsucht. Dr. Schottdorf soll dabei Ärzte als Scheinselbstständige beschäftigt haben. Ich frage die Staatsregierung: 1. Zu welchen Ergebnissen führte das Pilotverfahren gegen den Münchner Arzt vor der 7. Strafkammer des LG München I insbesondere hinsichtlich a) der Nutzung des laut Presseberichten vom Augsburger Labor Schottdorf angebotenen Abrechnungsverfahrens b) der strafrechtlichen Beurteilung und c) der berufsrechtlichen Beurteilung? 2. a) Auf welchem Stand befinden sich mittlerweile die Ermittlungen wegen Abrechnungen im Zusammenhang mit Laborleistungen und möglichen Abrechnungsbetruges gegen Dr. Bernd Schottdorf und weitere Ärzte? b) Weshalb ziehen sich die Ermittlungen gegebenenfalls noch hin? c) Wurden verjährungshemmende Maßnahmen ergriffen? 3. a) Hat sich der Vorwurf bestätigt, dass Dr. Schottdorf Ärzte als Scheinselbstständige beschäftigte? b) Wenn ja, wurde in dieser Sache seitens der Staatsanwaltschaft Anklage erhoben? c) Wenn keine Anklage erhoben wurde, hat die Staatsanwaltschaft Augsburg mit Dr. Schottdorf eine verfahrensbeendende Absprache getroffen oder zu treffen versucht? 4. a) Gegen wie viele Ärzte wurde wegen Verdachts des Abrechnungsbetruges im Zusammenhang mit dem Schottdorf-Verfahren ermittelt? b) Wie endeten die Verfahren gegen diejenigen Ärzte, die analog des unter Nr. 1 genannten Arztes die gleiche vom Labor Schottdorf angebotene Abrechnungsverfahrensweise nutzten? c) Wurden die zuständigen Berufsaufsichtsbehörden über die massenweisen Verstöße gegen den ärzterechtlichen Korruptionsparagraphen 31 MBO-Ä in Kenntnis gesetzt (bitte mit Zeitpunkt, Übermittler und Ergebnis)? 5. a) Wurden gegen den in der Presseberichterstattung vom 13.01.10 ( Fahnder stolpern über Scheck an Stoiber Abendzeitung; Polizist klagt: Ermittlungen wurden behindert Süddeutsche Zeitung) genannten Beamten strafrechtliche und/oder dienstaufsichtliche Ermittlungen aufgenommen? b) Wenn ja, durch wen und aufgrund welchen Vorwurfs? c) Wenn ja, wie ist der Stand bzw. Ausgang des Verfahrens? 6. a) War die Aussagegenehmigung des unter Nr. 5 genannten Beamten durch den Dienstherrn umfassend genug? b) Weshalb gab es gegebenenfalls Einschränkungen? 7. a) Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung in Bezug auf die Prozessberichterstattung über die Angelegenheit Schottdorf und den Pilotprozess vor dem LG München bezüglich etwaiger Unterlassungserklärungen durch Dr. Schottdorf z. B. an die Süddeutsche Zeitung, die Münchner Abendzeitung bzw. andere Medien? b) Welche Erkenntnisse hat sie bezüglich des gegen den freien Journalisten Hubert Denk aufgrund der Berichterstattung geführten Berufungsverfahrens vor dem OLG Köln? c) Wurde von der Staatsregierung insbesondere vom Staatsministerium des Innern oder vom Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz in irgendeiner Art und Weise Einfluss auf die Angelegenheit Schottdorf und den Pilotprozess genommen? 8. a) Wie beurteilt die Staatsregierung die Einstellung der Verfahren gegen Münchner und weitere Ärzte mit Verfügung vom 28.01.09 gemäß 170 Abs. 2 StPO aus Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung.

Seite 2 Bayerischer Landtag 16. Wahlperiode Drucksache 16/8832 Rechtsgründen (kein Straftatbestand erfüllt) mittlerweile vor dem Hintergrund des Beschlusses des OLG Braunschweig vom 23.02.2010, wonach Kassenärzte sehr wohl als Täter des 299 StGB in Betracht kommen? b) Welche Konsequenzen werden daraus gezogen bzw. welche Maßnahmen (z. B. verjährungshemmender Art) werden deshalb ergriffen? c) Wurde von der Staatsregierung insbesondere vom Staatsministerium des Innern oder vom Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz in irgendeiner Art und Weise Einfluss auf diese Verfahren genommen? Antwort des Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 30.05.2011 Die Schriftliche Anfrage wird hinsichtlich der Fragen 5 bis 8 im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern wie folgt beantwortet: Vorab ist zum Verständnis des Sachverhaltes, der Rechtslage sowie der Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft München I bzw. der Staatsanwaltschaft Augsburg zusammenfassend Folgendes anzumerken: Die bayerischen Staatsanwaltschaften sind dem Verdacht strafbarer Handlungen durch Dr. Bernd Schottdorf von Anfang an entschlossen nachgegangen. Das zeigen beispielhaft die außerordentlich umfangreichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Augsburg schon im Jahr 1998. Zentraler Gegenstand des einen Ermittlungsverfahrens war der Vorwurf, Dr. Bernd Schottdorf habe lediglich zum Schein Ärzte in seine Gemeinschaftspraxis aufgenommen, um hierdurch zu Unrecht in größerem Umfang Laborleistungen abrechnen zu können. In diesem Verfahren wurde wegen Betruges Anklage zum Landgericht Augsburg erhoben. Gleichzeitig wurde ein Haftbefehl gegen Dr. Bernd Schottdorf beantragt, der vom Gericht erlassen und gegen Auflagen, insbesondere eine Sicherheitsleistung von 5 Millionen DM außer Vollzug gesetzt wurde. Dr. Bernd Schottdorf wurde in dem genannten Strafverfahren von der Wirtschaftsstrafkammer in Augsburg nach 32 Verhandlungstagen freigesprochen, nachdem 64 Zeugen vernommen und mehr als 300 Urkunden verlesen worden waren. Gegen dieses Urteil legte die Staatsanwaltschaft Augsburg Revision ein, die allerdings nach einem Hinweis des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs auf die fehlenden Erfolgsaussichten im Oktober 2001 zurückgenommen wurde. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die genannte Sicherheitsleistung erhebliche Entschädigungszahlungen des Freistaates Bayern zur Folge hatte. Parallel führte die Staatsanwaltschaft Augsburg gegen Dr. Bernd Schottdorf bereits im Jahr 1998 ein weiteres Ermittlungsverfahren, weil ihm in einer anonymen Anzeige vorgeworfen worden war, für Privatpatienten von behandelnden Ärzten Laborleistungen nach Abschnitt M III und M IV der damals geltenden Gebührenordnung erbracht zu haben, wobei er diesen Ärzten für seine Leistung nur den halben Gebührensatz in Rechnung gestellt habe. Die Staatsanwaltschaft beantragte in diesem Verfahren den Erlass von Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüssen, die vom Amtsgericht Augsburg aber abgelehnt wurden, da es keinen Betrug sah. Das Verfahren wurde letztlich gemäß 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Die Staatsanwaltschaft München I führte im Jahr 2006 aufgrund einer Geldwäscheverdachtsanzeige ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Geldwäsche u. a. gegen einen ehemaligen Staatsanwalt als Gruppenleiter der Staatsanwaltschaft Augsburg. Im Rahmen einer Durchsuchung gefundene Unterlagen deuteten darauf hin, dass der ehemalige Staatsanwalt von dem Laborarzt Dr. Bernd Schottdorf ein zinsgünstiges Darlehen in Höhe von rund 160.000 DM erhalten hatte, was zu einem Zinsvorteil von insgesamt rund 4.500 Euro führte. Davon ausgehend wurde geprüft, ob sich der Staatsanwalt von Dr. Schottdorf im Zusammenhang mit zwei Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Augsburg gegen Dr. Schottdorf hatte bestechen lassen. Beide Verfahren waren von dem ehemaligen Staatsanwalt am 17. Mai 2005 bzw. 11. März 2004 gemäß 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Korrespondierend mit den Vorwürfen gegen den ehemaligen Staatsanwalt wurde gegen Dr. Schottdorf ermittelt. Ferner ergaben sich Verdachtsmomente gegen den Beschuldigten Dr. Schottdorf und weitere Ärzte wegen Abrechnungen im Zusammenhang mit Laborleistungen, die in keinem Zusammenhang mit den Vorwürfen der Vorteilsgewährung standen. Für das Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Staatsanwalt bestand für einen Teil der später angeklagten Taten eine originäre Tatortzuständigkeit der Staatsanwaltschaft München I und im Übrigen insbesondere für die Vorteilsgewährung die Zuständigkeit des Zusammenhangs gemäß 13 Strafprozessordnung. Hinsichtlich des Verfahrens gegen den Beschuldigten Dr. Schottdorf und andere wegen Vorteilsgewährung bestand keine originäre Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft München I. Dieses Verfahren stand jedoch in unmittelbarem Sachzusammenhang zu dem Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Staatsanwalt. Entsprechendes gilt für die Vorwürfe gegen den Beschuldigten Dr. Schottdorf und weitere Ärzte im Zusammenhang mit den Laborleistungen, so dass auch insoweit die Ermittlungen zunächst durch die Staatsanwaltschaft München I geführt wurden. Das Referat des ehemaligen Staatsanwalts bei der Staatsanwaltschaft Augsburg wurde von der Generalstaatsanwaltschaft in München einer Sondergeschäftsprüfung

Drucksache 16/8832 Bayerischer Landtag 16. Wahlperiode Seite 3 unterzogen, in der jedoch ein pflichtwidriges Verhalten des ehemaligen Staatsanwalts nicht festgestellt werden konnte, auch nicht hinsichtlich der vorgenannten Verfahrenseinstellungen. Nachdem auch die Staatsanwaltschaft München I ein strafrechtlich vorwerfbares Verhalten hinsichtlich der Verfahrenseinstellungen durch den ehemaligen Staatsanwalt nicht feststellen konnte, wurde dieser insoweit wegen des Verdachts der Vorteilsannahme angeklagt sowie ferner u. a. wegen Betrugs und Geldwäsche. Mit Urteil vom 20. April 2007, rechtskräftig am selben Tag, verurteilte das Landgericht München I den ehemaligen Staatsanwalt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 3 Monaten. Dr. Schottdorf wurde wegen Vorteilsgewährung mit einer Geldstrafe rechtskräftig zur Verantwortung gezogen. Nach dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens der Staatsanwaltschaft München I gegen den ehemaligen Staatsanwalt und gegen Dr. Bernd Schottdorf und andere wegen Vorteilsgewährung bestand für den Gesamtermittlungskomplex Schottdorf keine gesetzliche Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft München I mehr, auch keine Annexzuständigkeit. Die Ermittlungen werden nach ständiger staatsanwaltschaftlicher Übung dort geführt, wo der Schwerpunkt der Ermittlungen liegt. Dies war hier für den Gesamtermittlungskomplex Schottdorf im Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft Augsburg. Dort hat Herr Dr. Bernd Schottdorf seinen Wohnsitz und auch seinen Firmensitz, von dem aus gehandelt wurde. Betroffen als potenzielle weitere Beschuldigte waren in dem Ermittlungskomplex nicht lediglich 10 Münchner Ärzte, sondern zahlreiche Ärzte im gesamten Bundesgebiet. Der Gesamtermittlungskomplex Schottdorf einschließlich des Großteils der Verfahren gegen Münchner Ärzte wurde daher durch die Staatsanwaltschaft München I an die Staatsanwaltschaft Augsburg abgegeben. Zu den einzelnen Fragen wird wie folgt Stellung genommen: Zu 1. a): Im zitierten Pilotverfahren stellte die 7. Strafkammer des Landgerichts München I mit nicht rechtskräftigem Urteil vom 27. August 2010 (Gz.: 7 KLs 572 Js 46495/08) fest, dass der angeklagte Arzt neben verschiedenen anderen Rechnungsmanipulationen, die mit dem Komplex Schottdorf und der Abrechnung von MIII/MIV-Leistungen nichts zu tun hatten von dem Angebot der Laborgruppe Schottdorf a) MIII/MIV-Leistungen einzukaufen und diese entgegen den Vorschriften der GOÄ den Patienten selbst in Rechnung zu stellen und b) MIII-Leistungen von der Laborgemeinschaft Schottdorf befunden zu lassen und diese sodann wie MII-Leistungen selbst gegenüber seinen Patienten abzurechnen Gebrauch gemacht hat. Betroffen war dabei jeweils eine Vielzahl von Einzelfällen im Zeitraum 2002 bis 2007. Zu 1. b): Die 7. Strafkammer des Landgerichts München I hat das Verhalten des angeklagten Arztes in beiden Fällen als Betrug gewertet. Das Amtsgericht Augsburg hat dies in dem eingangs erwähnten Verfahren aus dem Jahr 1998 abweichend beurteilt. Klarheit für die Praxis kann letztlich nur der Bundesgerichtshof schaffen. a) Hinsichtlich des Einkaufs und der Abrechnung von MIII/ MIV-Leistungen hat die 7. Strafkammer des Landgerichts München I im Urteil ausgeführt, dass die Patienten ohne Rechtsgrund an den nicht abrechnungsberechtigten Angeklagten geleistet hätten, der vorgegeben habe, selbst die Proben befundet zu haben, was eine Täuschung im Sinne des 263 StGB darstelle. Ein irrtumsbedingter Schaden läge darin, dass die Vergütungsverpflichtung gegenüber dem wahren Anspruchsberechtigten (Dr. Schottdorf) nicht erlösche. Mangelhaft sei die Leistung auch deshalb, da eine Zuordnung des wahren Leistungserbringers bei der Abrechnung durch Dritte nicht möglich sei; auch dies stelle einen wirtschaftlichen Nachteil und damit einen Schaden im Sinne des Betrugstatbestands dar. b) Da die Laborgemeinschaft Schottdorf MIII-Leistungen nicht befunden habe dürfen, schaffe sie nach Auffassung der Kammer damit lediglich eine nicht verkehrsfähige Leistung, unabhängig davon, ob das Ergebnis der Befundung medizinisch korrekt sei oder nicht. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Verteidigung hat den Schuldspruch der Kammer mit dem Rechtsmittel der Revision angegriffen. Die Akte wurde zwischenzeitlich dem Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof zur Entscheidung über die umfassende Revision der Verteidigung sowie über die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft vorgelegt. Zu 1. c): Im Zusammenhang mit der im Raum stehenden rechtlichen Würdigung einer möglichen Abtretung der Honorarforderung der Laborgruppe Schottdorf an den Angeklagten im Rahmen des Einkaufs der MIII/MIV-Leistungen hat die Kammer auf einen Verstoß gegen 31 MBO-Ä erkannt. Mit staatsanwaltschaftlicher Verfügung vom 27. Oktober 2010 wurden nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe die Bayerische Landesärztekammer und die Regierung von Oberbayern über den Erlass des Urteils und die Einlegung von Rechtsmitteln der Staatsanwaltschaft München I und der Verteidigung gemäß MiStra Nr. 26 Abs. 1 Nr. 4 in Kenntnis gesetzt. Zu 2. a) und b): Die Staatsanwaltschaft Augsburg, die mit Ausnahme von drei nachbenannten Verfahren für den Ermittlungskomplex Schottdorf aufgrund des Schwerpunkts der Ermittlungen zuständig ist, hat mit Verfügung vom 28. Januar 2009 also vor Erlass des Urteils der 7. Strafkammer des Landgerichts München I vom 27. August 2010 das Ermittlungsverfahren gegen Dr. Schottdorf und insgesamt 122 weitere Beschuldigte gemäß 170 Abs. 2 StPO aus Rechtsgründen eingestellt, soweit ihnen Abrechnungsbetrug und die Bestechung bzw. Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit den MIII/MIV-Leistungen zur Last lag.

Seite 4 Bayerischer Landtag 16. Wahlperiode Drucksache 16/8832 Soweit dem Beschuldigten Dr. Schottdorf und 15 weiteren Beschuldigten darüber hinaus vorgeworfen wurde, mangels ausreichender persönlicher Überwachung der Befunderhebung zur Abrechnung von Leistungen gegenüber den kassenärztlichen Vereinigungen nicht berechtigt gewesen zu sein, wurde das Verfahren aus tatsächlichen Gründen mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Augsburg vom 17. Februar 2011 ebenfalls gemäß 170 Abs. 2 StPO eingestellt (vgl. hierzu auch 3 a. Bei der Staatsanwaltschaft Augsburg ist im Zusammenhang mit dem Labor Schottdorf derzeit ein weiterer Ermittlungskomplex anhängig. Er betrifft insbesondere Vorwürfe des Betruges durch unzulässige Abrechnungen ärztlicher Leistungen durch unselbstständig tätige Laborärzte. Die Ermittlungen sind im Wesentlichen abgeschlossen. Auf Wunsch der Verteidigung wurden Gespräche über die Rechtslage geführt. Diese führten zu keinem einvernehmlichen Ergebnis. In nächster Zeit ist mit einer Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft Augsburg zu rechnen. Bei der Staatsanwaltschaft München I verblieben nach Abgabe des Komplexes Schottdorf an die Staatsanwaltschaft Augsburg (insoweit wird auf die einleitend dargestellte Vorgeschichte Bezug genommen werden) insgesamt drei Verfahren: Das bei Frage 1 betroffene Pilotverfahren, ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen eine Münchner Ärztin, welches nach 153 a Abs. 1 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt wurde, und ein drittes Verfahren gegen einen weiteren Münchner Arzt, welches von der Staatsanwaltschaft Augsburg nachträglich an die Staatsanwaltschaft München I zurückgegeben worden war, da der Schwerpunkt des Verfahrens auf Betrugsstraftaten lag, die nicht im Zusammenhang mit dem Komplex Schottdorf standen. Hier dauern die Ermittlungen noch an. Zu 2. c): Hinsichtlich der Einstellung nach 170 Abs. 2 StPO aus Rechtsgründen durch die Staatsanwaltschaft Augsburg waren keine weiteren Maßnahmen zur Verjährungsunterbrechung geboten. Was die kurz vor dem Abschluss stehenden Ermittlungen anbelangt, erfolgte mit der richterlichen Anordnung von Durchsuchungsmaßnahmen am 5. November 2008 eine Unterbrechung der Verjährung, eine entsprechende Problematik steht somit nicht inmitten. Zu 3. a) und b): Zu dem rechtskräftigen Freispruch im Jahr 2001 wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Im Übrigen muss unterschieden werden: Soweit die Gemeinschaftspraxis Dr. Schottdorf u. a. GbR Augsburg betroffen ist, wurden die Ermittlungen durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Augsburg vom 17. Februar 2011 gemäß 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da nicht nachzuweisen war, dass den Beschuldigten aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Konstruktion ein verdeckt abhängiges Beschäftigungsverhältnis bewusst gewesen sein musste. Was demgegenüber die Beschäftigung von Ärzten in den Außenlaboren des medizinischen Großlabors Dr. Schottdorf anbelangt, darf auf die Ausführungen unter Ziffer 2 a verwiesen werden. Zu 3. c): Insoweit kann auf die Ausführungen unter Ziffer 2 a und b verwiesen werden. Zu 4. a) und b): Auch hier kann zunächst auf die Ausführungen unter Ziffer 2 a Bezug genommen werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass es sich nicht bei jedem der zahlenmäßig dort genannten Beschuldigten in den Augsburger Verfahren um einen Arzt handeln muss, sondern (in Einzelfällen) auch nichtärztliche Mitarbeiter der Laborgruppe Schottdorf betroffen waren. Bei der ganz überwiegenden Zahl der Beschuldigten dürfte es sich allerdings um Ärzte handeln. Nur durch eine sehr aufwendige Recherche könnte nachträglich die exakte Zahl an betroffenen Ärzten festgestellt werden; hierauf wurde verzichtet. Zu 4. c): Das Erfordernis einer Mitteilung an die Berufsaufsichtsbehörden richtet sich für die Staatsanwaltschaft nach den Voraussetzungen der Nr. 26 MiStra. Diese sieht für Einstellungen nach 170 Abs. 2 StPO oder 153 ff StPO keine Mitteilung vor, sodass diese in den entsprechenden Fällen bei der Staatsanwaltschaft Augsburg und der Staatsanwaltschaft München I unterblieb. Im sogenannten Pilotverfahren wurde entsprechend Nr. 26 Abs. 1 Nrn. 1 u. 3 in Ergänzung zu den Ausführungen oben unter Ziffer 1 c auch der Erlass und (zwischenzeitliche) Vollzug des Haftbefehls am 21. Dezember 2008 und die Erhebung der Anklage am 2. Januar 2009 durch die Staatsanwaltschaft München I den zuständigen Stellen mitgeteilt. Zu 5. a) bis c): Aus Anlass der erwähnten Presseberichterstattung hatte sich der Verteidiger des Beschuldigten Dr. Schottdorf in einem Schreiben an den Präsidenten des Bayerischen Landeskriminalamtes gewandt und darin ersucht, das Verhalten des genannten Polizeibeamten in der Sitzung der 7. Strafkammer des Landgerichts München I einer straf- und dienstrechtlichen Überprüfung zu unterziehen. Die von der Staatsanwaltschaft München I daraufhin eingeleiteten Ermittlungen gegen den Beamten wegen des Verdachts der uneidlichen Falschaussage dauern an. Bislang wurden seitens des Bayerischen Landeskriminalamtes als zuständigem Dienstvorgesetzten i. S. des Art. 18 Abs. 1 BayDG noch keine disziplinären Ermittlungen aufgenommen. Gegen den Beamten werden wegen dieses Sachverhalts allerdings von der Staatsanwaltschaft München I derzeit strafrechtliche Ermittlungen geführt. Zu 6. a) und b): Die Aussage des Beamten in der fraglichen Hauptverhandlung vor dem Landgericht München I am 11. Januar 2010 erfolgte aufgrund der mit Schreiben des Bayer. Staatsministeriums des Innern vom 23. Juni 2009 (IC3-033.0-0) für Bedienstete der Bayerischen Polizei generell erteilten Aussagegenehmigung. Weitere als die in o. g. Schreiben getroffenen Einschränkungen wurden nicht angeordnet.

Drucksache 16/8832 Bayerischer Landtag 16. Wahlperiode Seite 5 Die polizeilichen Zeugen und damit auch der in der Presseberichterstattung genannte Beamte beriefen sich im vorbenannten Strafverfahren vor dem Landgericht München I auf ihre allgemeine Aussagegenehmigung als Polizeibeamte. Auch dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft München I waren und sind keine Einschränkungen der Aussagegenehmigung dieses Beamten bekannt. Keiner der polizeilichen Zeugen berief sich vor Gericht auf eine etwaige Einschränkung der Aussagegenehmigung oder machte beschränkte Angaben. Zu 7. a): Hierzu liegen dem Bayerischen Staatsministerium des Innern keine Erkenntnisse vor. Der Staatsanwaltschaft München I ist im Rahmen ihrer Ermittlungen bekannt geworden, dass ein Journalist durch eine Anwaltskanzlei namens und im Auftrag ihres Mandanten Dr. Schottdorf wegen einer Internetveröffentlichung unter www. mediendenk.com vom 12. Januar 2010 das vorgenannte Pilotverfahren vor dem Landgericht München I betreffend zur Unterlassung aufgefordert wurde. Über einen Unterlassungsanspruch Dr. Schottdorf./. Denk war vor dem Landgericht Köln das Zivilverfahren Gz.: 28 O 221/10 anhängig. Über vergleichbare Aktivitäten gegenüber anderen Medienvertretern ist der bayerischen Justiz nichts bekannt. Zu 7. b): Hierzu liegen dem Bayerischen Staatsministerium des Innern keine Erkenntnisse vor. Aus Presseveröffentlichungen ist der Staatsanwaltschaft München I bekannt geworden, dass Dr. Schottdorf vor dem Landgericht Köln gegen den Journalisten Denk obsiegt und dass der beklagte Journalist Denk beim Oberlandesgericht Köln hiergegen Berufung eingelegt haben soll. Eigene weitere Erkenntnisse liegen der Staatsanwaltschaft München I hierzu aber nicht vor. Zu 7. c): Nein. Zu 8. a): Die Einstellung der Verfahrens mit Verfügung vom 28. Januar 2009 ist nicht zu beanstanden. Bis zum Erscheinen eines Aufsatzes von Pragal in NStZ 2005, S. 133 ff. war die Rechtslage eindeutig: Eine höchstrichterliche Rechtsprechung gab es nicht und die Literatur vertrat praktisch einhellig die Meinung, dass 299 StGB, Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr, auf niedergelassene Vertragsärzte als Selbstständige keine Anwendung finden kann. Im Einklang hiermit standen auch die bis zu diesem Zeitpunkt ergangenen Einstellungen der Staatsanwaltschaft Augsburg. Der von Pragal vertretenen Auffassung hat sich die überwiegende Meinung in der Literatur gerade nicht angeschlossen. Der genannte Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 23. Februar 2010, Gz.: Ws 17/10, geht erstmalig von einer Anwendbarkeit von 299 StGB auf an sich selbstständige Vertragsärzte aus. Die Entscheidung datiert deutlich nach sämtlichen Verfahrenseinstellungen der Staatsanwaltschaft Augsburg. Davon abgesehen stößt sie auf erhebliche Kritik. Allein die umstrittene Entscheidung des Oberlandesgerichts Braunschweig bietet daher keinen Anlass zur Wiederaufnahme von Ermittlungen. Letztlich kann hier nur der BGH Klarheit schaffen. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in seinem Beschluss vom 5. Mai 2011 diese Rechtsfrage allerdings nicht entschieden, sondern sie neben anderen dem Großen Senat des Bundesgerichtshofs vorgelegt, der nach 132 Abs. 4 Gerichtsverfassungsgesetz für die Beantwortung grundsätzlicher Rechtsfragen u. a. dann zuständig ist, wenn dies zur Fortbildung des Rechts erforderlich ist. Für die Altfälle wäre im Übrigen zu beachten, dass aufgrund der bislang herrschenden Rechtsauffassung ein Verbotsirrtum ( 17 StGB) bei den betroffenen Ärzten in Betracht zu ziehen sein könnte. Zu 8. b): Da die gegen die Ärzte geführten Verfahren durch die Staatsanwaltschaft Augsburg aus Rechtsgründen eingestellt wurden, sind weitere Maßnahmen, wie geschildert, nicht veranlasst. Im Übrigen darf auf die Beantwortung der Frage 8 a Bezug genommen werden. Zu 8. c): Nein.