2) sowie das Konzept des Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG (Anlage 3).

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Stellungnahme des Deutschen Kinderschutzbund Bundesverband e.v. zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen sowie zur Änderung des Zweiten und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch I Vorbemerkung Der vorgelegte Referentenentwurf des Regelbedarfsermittlungsgesetz (RBEG) setzt 28 SGB XII um, nachdem der Gesetzgeber die Regelbedarfe auf Basis der aktuellen Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS) zu aktualisieren hat. Die Einkommensund Verbraucherstichprobe 2013 liegt nun vor und der Gesetzgeber passt die Regelsätze in den verschiedenen Stufen für Erwachsene und für Kinder an. Der Deutsche Kinderschutzbund Bundesverband e.v. (DKSB) legt den Fokus in seiner Stellungnahme auf diejenigen Änderungsvorhaben, die sich für Kinder und Jugendliche ergeben und die deutliche Auswirkungen auf deren Teilhabechancen und Lebensperspektiven haben. Der vorliegende Entwurf sieht vor, die Regelsätze für Kinder zwischen sechs und 13 Jahren um 21 Euro auf 291 Euro und für Jugendliche zwischen 13 und 18 Jahren um 5 Euro auf 311 Euro zu erhöhen. Für kleine Kinder bleibt der Regelsatz unverändert bei 237 Euro im Monat. Der DKSB bewertet die Regelsätze in der Höhe weiterhin als nicht existenzsichernd. Aufgrund der Nicht-Beachtung des tatsächlichen Bedarfes, der Nicht-Berücksichtigung von Bedarfen für Bildung und soziale Teilhabe, der Herausnahme von bestimmten Ausgabenpositionen aufgrund von Wertentscheidungen sowie methodischer Mängel bleibt der Effekt einer spürbaren Bedarfsunterdeckung bestehen. Die jährliche Fortschreibung der Regelsätze auf der vorliegenden Basis wird den jetzigen Unterdeckungsbetrag von Jahr zu Jahr anwachsen lassen. Der Deutsche Kinderschutzbund Bundesverband e.v. fordert die Bundesregierung auf, das kindliche Existenzminimum im Hinblick auf die Frage, was ein Kind wirklich braucht, realitäts- und bedarfsgerecht zu ermitteln. Dazu gehört die Neuberechnung der Kinderregelsätze auf der Grundlage verlässlicher Daten und unter Berücksichtigung des tatsächlichen Bedarfes. In Deutschland leben 2,7 Millionen Kinder und Jugendliche von staatlichen Leistungen, damit ist jedes fünfte Kind von Armut betroffen. Der Deutsche Kinderschutzbund Bun- 1

desverband e.v. setzt sich für ein gutes Aufwachsen aller Kinder, für soziale Sicherheit, für Chancengerechtigkeit in der Bildung, ein gesundes Aufwachsen und für soziale Teilhabe ein. Die Zusammenlegung aller kindbezogenen Leistungen die Regelbedarfe, das sogenannte Bildungs- und Teilhabepaket, Kindergeld und Kinderfreibeträge, der Kinderzuschlag sowie Wohngeld zu einer transparent ermittelten und bedarfsgerechten Kindergrundsicherung kann Kinderarmut nachhaltig verhindern. Dafür setzen wir uns seit 2009 gemeinsam mit vielen Verbänden und wissenschaftlichen UnterstützerInnen im Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG ein. Im Anhang dieser Stellungnahme finden Sie eine Kritik am derzeitigen System der Kinder- und Familienförderung (Anlage 2) sowie das Konzept des Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG (Anlage 3). II Regelsatzhöhe ist weder realitäts- noch bedarfsgerecht Zwar begrüßt der DKSB die Anhebung des Regelsatzes in der Stufe 5 um insgesamt 21 Euro, nicht nachvollziehbar sind jedoch die geringe Anhebung um fünf Euro in der Stufe 4 sowie keine Änderung in der Stufe 6 für Kinder zwischen null und sechs Jahren. Der DKSB erneuert seine Kritik an der Höhe der Regelsätze als weder realitäts- noch bedarfsgerecht. Eine Statistik, die monatlich 7,21 Euro etwa für Hygiene, dazu gehören u.a. Windeln für Babys und Kleinkinder, ausweist oder Heranwachsenden lediglich 2,55 Euro monatlich für Bücher zugesteht, kann nicht ohne Realitätsprüfung übernommen werden. Konsumausgaben steigen aber Regelbedarf bleibt gleich Es ist nicht nachvollziehbar, dass obwohl es einen Anstieg in den Konsumausgaben der Referenzgruppe um insgesamt 7,7 Prozent gab der Regelsatz in der Stufe 6 für Kinder zwischen null und sechs Jahren nicht angehoben wird. Der Referentenentwurf weist einen Anstieg der regelbedarfsrelevanten Konsumausgaben zwischen der EVS 2008 und 2013 um 7,7 Prozent (Stufe 6), 17,2 Prozent (Stufe 5) sowie um 9,9 Prozent (Stufe 4) aus (S. 31, siehe Tabelle 1 unten). Die Bundesregierung erklärt den starken Anstieg der Konsumausgaben in der Stufe 5 vor allem mit hohen Ausgabenzuwächse in den Bereichen Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke, die unmittelbar in Verbindung mit dem im Vergleich zu EVS 2008 höheren Durchschnittsalter der Kinder in der Referenzgruppe stehen dürften, sowie auch im Bereich Bekleidung und Schuhe (S. 85). 2

Tabelle 1: Regelbedarfsrelevante Konsumausgaben der Referenzgruppen auf Basis der EVS 2008 und 2013 in Euro Einpersonenhaushalte Paare mit Kind nach Alter der Kinder Stufe 6 bis unter 6 Jahre Stufe 5 6 bis unter 14 Jahre Stufe 4 14 bis unter 18 Jahre 2008 361,81 211,69 240,32 273,62 2013 394,84 228,08 281,64 300,81 Veränderung in % 9,1 7,7 17,2 9,9 Mit der Neuberechnung auf Basis der EVS 2008 sowie der jährlichen Fortschreibung der Regelsätze wurde die Höhe des notwendigen Bedarfes nicht erreicht, sodass eine jährliche Unterdeckung des Kinderregelsätze besteht. Der kindliche Bedarf konnte und kann so seit Jahren nicht gedeckt werden. Tabelle 2: Kinderregelsätze 2008-2016 Bis 6 Jahre Bis 14 Jahre Bis 18 Jahre 2008 211 211 281 2009 215 251 287 2010 215 251 287 2011 215 251 287 2012 219 251 287 2013 224 255 289 2014 229 261 296 2015 234 267 302 2016 237 270 306 Es ist anzunehmen, dass ein Anstieg der Konsumausgaben insgesamt mit einem gestiegenen Bedarf für Kinder von null bis sechs Jahren einhergeht, der mit einer Erhöhung des Regelsatzes abgebildet werden muss. Eine Nicht-Erhöhung führt damit zu einer weiteren Verschärfung der Bedarfsunterdeckung. Darüber hinaus zweifelt der Deutsche Kinderschutzbund Bundesverband e.v. an, dass die Referenzgruppe, die zum Maßstab für den Regelsatz genommen wird, ihr Existenzminimum vollständig selbst decken kann. Wenn das Konsumverhalten zum Maßstab für das Existenzminimum gemacht wird, die selber kein hinreichendes Einkommen zur Deckung ihrer grundlegenden Bedarfe haben und bestimmte Ausgaben deshalb gar 3

nicht tätigen (können), verändert dies auch den Maßstab dafür, was die Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums finanzieren müssen. Für die Ermittlung der spezifischen Bedarfe von Kindern müssen andere Maßstäbe als das typische Ausgabeverhalten unterer Einkommensgruppen zu Grunde gelegt werden. Kinder, die im Armutsrisiko leben, sind nicht der angemessene Vergleichsmaßstab, wenn es um die Gewährleistung des grundlegenden Bedarfes geht. So bleiben zum Beispiel die ermittelten Ausgaben für die Ernährung weit hinter den von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.v. ermittelten Kosten für eine gesunde Ernährung zurück. Grundlage der Regelbedarfe von Kindern weiter intransparent Darüber hinaus kann festgestellt werden, dass die Herleitung von Regelbedarfen für Kinder und Jugendliche auf der Grundlage des Statistikmodells keine ausreichend belastbaren Ergebnisse liefert. Die statistische Fehlerwahrscheinlichkeit ist weiterhin zu hoch, um von einer realistischen Grundlage sprechen zu können. Der Anteil statistisch unsicherer Einzelpositionen an allen regelsatzrelevanten Positionen liegt je nach Altersgruppe zwischen 60 % (bei den 0 bis 6 -Jährigen) bis hin zu 89 % (bei den 14 bis 18- Jährigen), d.h. die Zahl der Haushalte, für die Angaben vorliegen, liegt unter 100 Fällen. Der relevante Standardfehler liegt dann zwischen 10 % und 20 %. Für die 14 bis 18- Jährigen lag bei 44 von 78 Einzelpositionen die Zahl der Haushalte sogar unter 25. Diese haben damit einen Standardfehler zwischen 20 und 100 Prozent. Damit sind die Regelsätze für Kinder nicht transparent ermittelt und nicht nachprüfbar. Durch die große Zahl der unsichereren Angaben bzw. durch / gesperrten Felder ist es weiterhin nicht möglich, die Regelsatzrechnungen der Bundesregierung zu bewerten oder nötige Vergleichsrechnungen anzustellen. Wo die Datenbasis also derart unzureichend ist, ist es umso nötiger, die Realitätsnähe der Ergebnisse einer Prüfung zu unterziehen. Am augenfälligsten sind die diesbezüglichen Mängel wiederum bei der Gruppe der 0 bis 6-Jährigen hier sind 7,21 Euro im Monat für Pflege und Hygieneartikel fern jeder Realität. Bei den Kinderregelbedarfen muss daher über ein gänzlich neues Berechnungssystem nachgedacht werden. Forderung: Der Deutsche Kinderschutzbund fordert den Gesetzgeber auf, die Kinderregelsätze unter Berücksichtigung des tatsächlichen Bedarfes und auf Grundlage verlässlicher Daten anzupassen. 4

III Bedarfe für Bildung und soziale Teilhabe nicht ausreichend berücksichtigt In Abteilung 10 der regelbedarfsrelevanten Ausgaben sind keine Bedarfe für Bildung und soziale Teilhabe berücksichtigt. Diese sind gemäß der Vermeidung einer doppelten Bedarfsdeckung nicht regelbedarfsrelevant, da diese Bedarfe über das Bildungsund Teilhabepaket (BuT) realisiert werden sollen. Damit ist die Anpassung der Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket von der statistischen Ermittlung abgekoppelt und in der Höhe nicht begründet, obwohl das BverfG deutlich darauf hingewiesen hat, dass die Leistungen in der Höhe nicht ins Blaue hinein geschätzt werden dürfen. Das Ministerium bleibt aber nach wie vor eine transparente Herleitung der Höhe der Leistungen schuldig. Zudem wurde mit Einführung des Bildungs- und Teilhabepaketes der Anteil für Bildung und Teilhabe im Regelsatz gekürzt, da ein Teil der Bedarfe nun über das BuT geleistet werden sollte. Der vormals im Regelsatz pauschalierte und damit automatisch ausbezahlte Anteil für Bildung und Teilhabe ist nun abhängig von einer aktiven Beantragung sowie der Angebotsstruktur vor Ort. Statt unbürokratisch Teilhabechancen zu eröffnen, wurden neue Zugangshürden geschaffen. Selbst der durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Auftrag gegebene zweite Zwischenbericht zur Evaluation des BuT kommt zu dem Ergebnis, dass die Leistungen für Bildung und Teilhabe offenbar von einem großen Teil der potenziell Berechtigten nicht in Anspruch genommen werden. 1 Zudem wurden die Leistungen seit Einführung des Bildungs- und Teilhabepaketes 2011 nicht erhöht, obwohl sie schon damals zum Teil evident unzureichend waren. Das Schulbedarfspaket zum Beispiel beträgt insgesamt 100 Euro 70 Euro zum Schuljahresbeginn, 30 Euro zum nächsten Halbjahr es ist seit seiner Einführung 2009, und seiner Integration in das BuT 2011, nicht erhöht worden, obwohl in diesem Zeitraum die tatsächlichen Ausgaben für den Schulbedarf gestiegen sind. Der DKSB hat gemeinsam mit dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband Gesamtverband e.v. auf der Grundlage von Informationsblättern von Schulen zusammengestellt, was zum Schuljahresbeginn typischerweise anfällt. Im Ergebnis kostet eine Schulerstausstattung weit mehr als 200 Euro. Die konkrete Übersicht finden Sie am Ende dieses Papiers (Anlage 1). Auch das individuelle Budget von 10 Euro monatlich für soziale Teilhabe, z.b. für Mitgliedsbeiträge in Vereinen oder musischen und kulturellen Einrichtungen, ist deutlich 1 Zweiter Zwischenbericht Evaluation der bundesweiten Inanspruchnahme und Umsetzung der Leistungen für Bildung und Teilhabe, Juli 2015, S.31. 5

zu gering bemessen. Es ist in keiner Weise aus tatsächlichen Bedarfslagen abgeleitet. Auch dieses Budget wurde seit seiner Einführung 2011 nicht erhöht. Somit hängt die Verwirklichung des Rechtsanspruches auf Bildung und soziale Teilhabe in einem großen Maße davon ab, ob Angebote vor Ort vorhanden und wie Zugänge kommunal ausgestaltet sind. Durch die Abkopplung bestimmter Leistungen im BuT aus der Ermittlung und Fortschreibung im Regelbedarfsermittlungsgesetz, wird auch die unzureichende Höhe bestimmter Leistungen fest- und fortgeschrieben. Forderung: Der Deutsche Kinderschutzbund Bundesverband fordert, die sach- und bedarfsgerechte Ermittlung der kindlichen Bedarfe für Bildung und soziale Teilhabe und die vollständige Integration dieser Bedarfe in den kindlichen Regelbedarf. IV Methodische Mängel nicht behoben Fortgeschrieben wurden auch eine Reihe von Eingriffen in die statistischen Grundlagen mit dem Effekt einer spürbaren Bedarfsunterdeckung, u.a. die Nicht-Herausnahme der verdeckt Armen aus der Referenzgruppe sowie die weiter bestehende Streichung bestimmter Ausgabenpositionen, da sie als nicht regelbedarfsrelevant eingestuft werden. Zwangsläufig wächst der Unterdeckungsbetrag damit von Jahr zu Jahr. Irene Becker 2 kommt zu dem Ergebnis, dass diese methodischen Entscheidungen bzw. Versäumnisse in der Summe zu einer Reduzierung des Ergebnisses um ein Zehntel führen (S. 25). Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf werden die methodischen Mängel und damit die Unterdeckung der Regelbedarfe fortgeschrieben. Nicht-Herausnahme der verdeckt Armen aus der Referenzgruppe Das Bundesverfassungsgericht hat 2010 die Herausnahme der verdeckt Armen aus der Referenzgruppe angemahnt (BVerfG 2010, Rn.168, letzter Satz, Rn. 169). Dabei geht es um die Vermeidung von Zirkelschlüssen vom Ausgabeverhalten derer, für die das Existenz sichernde Leistungsniveau zu berechnen ist, auf ihr Existenzminimum. Bisher wurden und werden nur Haushalte mit Bezug von Leistungen nach dem SGB II bzw. SGB XII aus der Grundgesamtheit teilweise ausgeklammert (so genannte bekämpfte Armut), nicht aber Haushalte, deren Nettoeinkommen infolge der Nichtinanspruchnahme zustehender Leistungen unter dem Grundsicherungsniveau liegt und die auch 2 Becker, Irene (2015): Der Einfluss verdeckter Armut auf das Grundsicherungsniveau. Arbeitspapiere Nr. 309, Hans Böckler Stiftung, Düsseldorf. 6

kein Vermögen oberhalb der gesetzlichen Freibeträge besitzen (verdeckte Armut). Der Gesetzgeber ist der Mahnung mit dieser Begründung nicht gefolgt: Statistisch nicht ausgeschlossen werden können Personen, bei denen wegen ihres niedrigen Einkommens ein Anrecht auf Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII vermutet werden kann, diese Leistungen aber nicht erhalten (sogenannte verdeckt Arme ). Solche Fälle können statistisch nicht erfasst, sondern nur im Rahmen von Modellrechnungen simuliert werden. Derartige Berechnungen sind jedoch durch eine hohe Fehleranfälligkeit gekennzeichnet und liefern somit keine valide Datengrundlage für die Ermittlung der Referenzhaushalte. (S. 29) Auch wenn das Bundesverfassungsgericht nach dem Bericht des Bundesministerium für Arbeit und Soziales 3 auf Basis der von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Studien 4 in einer erneuten Entscheidung 2014 zu dem Ergebnis kommt, dass der Gesetzgeber nicht gezwungen ist, zur Bestimmung der Höhe von Sozialleistungen auf eine bloß näherungsweise Berechnung abzustellen (BVerfGE 125, 175; 236 f), wird aus weiteren Studien deutlich, dass der Effekt der Ausklammerung verdeckter Armut aus den Berechnungen zur Regelbedarfsermittlung zwar moderat, aber dennoch erheblich (Becker 2015, S. 24; u.a.) und die Anpassung der Referenzgruppe daher dringend geboten und entgegen der Bewertung der Bundesregierung umsetzbar ist. Forderung: Der Deutsche Kinderschutzbund Bundesverband e.v. fordert den Gesetzgeber auf, die Verfälschung des Regelsatzes durch die Nicht-Herausnahme von verdeckt Armen aus der Referenzgruppe durch eine methodische Überprüfung und Weiterentwicklung zu vermeiden. Streichung bestimmter Ausgabenpositionen als nicht regelbedarfsrelevant Der Gesetzgeber bewertet einige Ausgabenpositionen als nicht regelbedarfsrelevant. Durch die Streichung bestimmter Durchschnittausausgaben verfälscht er damit im Ergebnis den Regelsatz. 3 Bericht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zu 10 Regelbedarfs Ermittlungsgesetz (RBEG) über die Weiterentwicklung der für die Ermittlung von Regelbedarfen anzuwendenden Methodik, 26. Juni 2013. 4 Bruckmeier, Kerstin, Johannes Pauser, Regina T. Riphahn, Ulrich Walwei, Jürgen Wiemers (2013): Mikroanalytische Untersuchung zur Abgrenzung und Struktur von Referenzgruppen für die Ermittlung von Regelbedarfen auf Basis der Einkommens und Verbrauchsstichprobe 2008. Simulationsrechnungen für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Endbericht. Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB), Nürnberg; Christian Dudel, Martin Garbuszus, Notburga Ott und Martin Werding: Überprüfung der bestehenden und Entwicklung neuer Verteilungsschlüssel zur Ermittlung von Regelbedarfen auf Basis der Einkommens und Verbrauchsstichprobe 2008, Bochum. 7

Der Gesetzgeber bewertet neben Tabak und Alkohol auch Ausgaben für Kraftfahrzeuge, Schnittblumen und Zimmerpflanzen (u.a. auch Weihnachtsbäume oder Grabschmuck), Kantinenessen, chemische Reinigung, Vorstellungsgespräche sowie Prüfungsgebühren als nicht-regelbedarfsrelevant. Unter anderem streicht er die Ausgaben für Tabak und Alkohol, beispielsweise aus Gründen der Gesundheitsprävention. Methodisch ist es daher nötig, konsequenterweise als Referenzgruppe ausschließlich Haushalte zu betrachten, die keine Ausgaben für Tabak und Alkohol tätigen. Das zur Verfügung stehende Budget verteilt sich in diesen Haushalten auf andere Ausgabenpositionen, z.b. auf Nahrungsmittel. Der Gesetzgeber hat die Methodik diesbezüglich nicht angepasst, sodass die Streichung an dieser Stelle zu einer Bedarfsunterdeckung führt. Auch das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2014 erhebliche Vorbehalte gegenüber der Herausrechnung von Verbrauchspositionen in diesem Umfang aus dem Regelbedarf genannt (BVerfG 2014, Rn. 121). Forderung: Aus Sicht des Deutschen Kinderschutzbund Bundesverband e.v. muss angesichts der methodischen Gründe an der Berücksichtigung der Ausgabenpositionen im Regelbedarf festgehalten werden. In der weiteren methodischen Kritik schließt sich der DKSB dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband Gesamtverband e.v. an. 8

Berlin, den 15.09.2015 Jana Liebert, Fachreferentin Soziale Sicherung Der Deutsche Kinderschutzbund (DKSB) Für die Zukunft aller Kinder! Im DKSB, gegründet 1953, sind über 50.000 Einzelmitglieder in ca. 430 Ortsverbänden aktiv und machen ihn zum größten Kinderschutzverband Deutschlands. Sie setzen sich gemeinsam mit über 10.000 Ehrenamtlichen und rund 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Rechte und Interessen von Kindern sowie für Veränderungen in Politik und Gesellschaft ein. Der DKSB will Kinder stark machen, ihre Fähigkeiten fördern, sie ernst nehmen und ihre Stimme hören. Schwerpunkte seiner Arbeit sind Kinderrechte, Kinder in Armut und Gewalt gegen Kinder. Kontakt: Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.v. Schöneberger Str. 15 10963 Berlin Tel (030) 21 48 09-20 Fax (030) 21 48 09-99 Email info@dksb.de www.dksb.de Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.v. Wir bitten Sie, vor Weitergabe oder Abschrift der Stellungnahme im Ganzen oder in einzelnen Teilen sowie vor der Veröffentlichung, Vervielfältigung, Verbreitung, Nachbildung oder sonstigen Verwertung Kontakt mit dem Deutschen Kinderschutzbund Bundesverband e.v. aufzunehmen. 9

Anlagen Anlage 1 - Schulbedarf: Leistung fern der Realität Die Höhe des Schulbedarfes wurde mit der Einführung des Schulbedarfspaketes zum 1. August 2009 durch die Bundesregierung festgelegt. Diese Schulbedarfe sind seit 2011 Teil des Bildungs- und Teilhabepaketes und werden mit einer jährlichen zum Teil automatisch ausbezahlten Pauschale abgegolten. Zum 1. August werden dafür 70 Euro, zum 1. Februar 30 Euro ausbezahlt. Die Leistung diene insbesondere dem Erwerb von Gegenständen zur persönlichen Ausstattung für die Schule (z.b. Schulranzen, Schulrucksack, Turnzeug, Turnbeutel, Blockflöte) und für Schreib-, Rechen- und Zeichenmaterialien (z.b. Kugelschreiber, Bleistifte, Malkästen, Hefte, Blöcke, Papier, Lineale, Buchhüllen, Geodreieck). Der Paritätische und der DKSB haben auf der Grundlage von Informationsblättern von Schulen zum Schulanfang zusammengestellt, welche Leistungen ein Kind zum Schulstart benötigt. Hier fehlen daher einige Materialien, die in höheren Klassenstufen gebraucht werden (z.b. Taschenrechner, Zirkel, Millimeterpapier, Füller einschließlich Tintenpatronen). Die unten stehende Liste ist beispielhaft und orientiert sich an der Vorgabe nachhaltiger und möglichst langhaltender Unterrichtsmaterialien. Darüber hinaus orientiert sich die Auswahl am Gebot der Nicht-Stigmatisierung von Kindern und Jugendlichen. Grundausstattung für Schulanfänger Materialien Kosten (in Euro) Schulranzen (mit Federtasche) 69,99 2 Bleistifte (Härte 2b) 1,78 Buntstifte (12er) 3,99 2 Fineliner 1,20 Radiergummi 0,60 Lineal 1,99 Anspitzer mit Container 2,45 Kinderschere 3,50 Kleber 1,75 Malkasten (12-farbig) 8,99 2 Borstenpinsel (Nr. 8/12) 2,40 Wachsmalstifte 4,99 Zeichenblock DIN A3 1,50 1 Block farbiges Tonpapier 6,49 2 Schreibhefte (Lin. 1 DIN A5) 1,40 2 Rechenhefte (Lin. 7 DIN A5) 1,40 5 Schnellhefter 1,25 Schreiblernheft 2,99 Sammelmappe DIN A3 3,99 Turnbeutel 1,23 Turnhose 12,99 10

T-Shirt 2,95 Hallensportschuhe 19,90 Hausschuhe 7,99 Trinkflasche 1,99 Frühstücksbox 4,39 Schultüte (gefüllt) 25,00 Kopier- und Materialkosten 15,00 Gesamtkosten 214,09 Anlage 2 Themenschwerpunkt des Deutschen Kinderschutzbund Bundesverband e.v. zu Sozial-, steuer- und familienpolitische Leistungen für Kinder und Familien im Überblick 1. Einführung Der Themenschwerpunkt gibt einen Überblick über verschiedene Leistungen für Kinder und Familien in der Sozial-, Steuer- und Familienpolitik: Kinderfreibetrag und Kindergeld sowie die Kritik am sog. dualen Familienlastenausgleich, Kinderzuschlag, Sozialgeld für Kinder, Bildungs- und Teilhabepaket sowie weitere Steuerfreibeträge und ergänzende Leistungen. 2. Familienpolitische Leistungen Kinderfreibetrag Die Kinderfreibeträge werden im alle zwei Jahre erscheinenden Existenzminimumbericht der Bundesregierung festgelegt und angepasst. Der Kinderfreibetrag stellt das kindliche sächliche Existenzminimum steuerlich frei und hat zum Ziel, die steuerliche Gleichbehandlung von Familien und Paaren ohne Kinder herzustellen. Damit berücksichtigt er die verminderte Leistungsfähigkeit steuerpflichtiger Personen durch die Unterhaltspflicht gegenüber Kindern. Der 10. Existenzminimumbericht legt für die Jahre 2015 und 2016 eine Anhebung des Kinderfreibetrages fest. Er steigt demnach im Jahr 2015 um 144 Euro und im Jahr 2016 um weitere 96 Euro. Zuzüglich zu dem Kinderfreibetrag wird ein steuerlicher Freibetrag gewährt, der den Betreuungs-, Erziehungs-, und Ausbildungsbedarf eines Kindes, kurz BEA-Betrag, anerkennt. Alleinerziehende mit mindestens einem Kind erhalten darüber hinaus einen Entlastungsbetrag in Höhe von 1.308 Euro pro Jahr. Dieser Betrag wurde seit 2004 nicht mehr angepasst. Entgegen der Zusagen im Koalitionsvertrag erfolgt keine Anhebung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende nach 24b Einkommenssteuergesetz, obwohl die Armutsrisikoquote bei Alleinerziehenden mit 42 Prozent anhaltend hoch ist. Der Deutsche Kinderschutzbund Bundesverband e.v. schließt sich damit der Forderung des 11

Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter Bundesverband e.v. (VAMV) an, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende anzuheben. Freibetrag sächl. Existenzminimum (Euro/Jahr) Freibetrag (Euro/Jahr) BEA 2014 4.368 2.640 7.008 2015 4.512 2.640 7.152 2016 4.608 2.640 7.248 Summe steuerl. Freibeträge (Euro/Jahr) Steuerlich geltende Sonderausgaben Zu dem kindbedingten Freibetrag können gerade Bezieher hoher Einkommen erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten steuerlich geltend machen: zwei Drittel der nachgewiesenen Betreuungskosten von höchstens 6.000 Euro (maximal also 4.000 Euro) je Kind. Weiterhin kann das Schulgeld für private und kirchliche Einrichtungen steuerlich abgesetzt werden. Nach Abzug von Beherbergungs-, Betreuungs- und Verpflegungskosten sind die Kosten zu 30 Prozent als Sonderausgabe abzugsfähig. Es gilt ein Höchstbetrag von 5.000 Euro. Um diesen voll auszuschöpfen, müsste ein Schulgeld von 16.666 Euro pro Jahr fällig werden. Im sogenannten dualen System des deutschen Familienlastenausgleichs wird die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrages entweder durch die oben genannten Freibeträge nach 32 Abs. 6 EStG oder durch das als Steuervergütung monatlich vorab gezahlte Kindergeld bewirkt (vgl. dazu 31 EStG). Kindergeld Das Kindergeld stellt somit bei relativ geringer Einkommenssteuerbelastung eine Förderleistung für Familien dar. Eine gleichzeitige Anpassung des Kindergeldes ist im Existenzminimumbericht nicht festgeschrieben, hier muss der Gesetzgeber aktiv werden. Eine gleichzeitige Anpassung der Kinderfreibeträge und des Kindergeldes ist aber bisher kontinuierlich erfolgt. 1. und 2. Kind 3. Kind 4 und mehr Kinder 2014 184 190 215 2014 Jahressumme 2.208 2.280 2.580 2015 188 194 219 2015 Jahressumme 2.256 2.328 2.628 2016 190 196 221 2016 Jahressumme 2.280 2.352 2.652 12

Kritik am dualen System Die Anpassung der Kinderfreibeträge und des Kindergeldes in 2015 und 2016 verfestigt die Ungerechtigkeit im bestehenden System der Familienförderung. Denn bereits jetzt werden Kinder je nach Erwerbssituation ihrer Eltern finanziell höchst ungleich gefördert: Gut- und Spitzenverdienende profitieren über den Kinderfreibetrag mit einer derzeitigen Entlastungswirkung von maximal 287 Euro monatlich, d.h. mit bis zu 100 Euro deutlich stärker als Normal- und Geringverdienende über das Kindergeld mit derzeit 190 Euro für das erste Kind. Zum Beispiel erhalten Eltern mit zwei Kindern und einem Einkommen von über 120.000 Euro im Jahr einen um fast 1.730 Euro höheren finanziellen Ausgleich als Eltern, die nur Anspruch auf Kindergeld haben. 5 Diese deutlich stärkere Entlastungswirkung entsteht, da das Kindergeld den Betrag für Bildung, Erziehung und Ausbildung (BEA) nicht berücksichtigt und stellt damit einen Widerspruch zur Herstellung vertikaler Steuergerechtigkeit dar. Gleichzeitig findet dieses immaterielle Existenzminimum im unteren und mittleren Einkommensbereich sowie im Transferbereich keinerlei Entsprechung. Das frei verfügbare Einkommen für Familien im unteren und mittleren Einkommensbereich ist damit deutlich geringer - also der Betrag, der vom Bruttoeinkommen nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben sowie nach Abzug des Existenzminimums verbleibt. Um das Existenzminimum eines Kindes zu sichern, ist das Kindergeld in seiner derzeitigen Höhe bei Weitem nicht ausreichend. Familien, die ein Kindergeld zwischen 190 und 221 Euro erhalten, müssen damit zusätzlich einen Differenzbetrag von bis zu 400 Euro monatlich aufbringen, um das Existenzminimum des Kindes zu sichern (siehe Beispielrechnung im Anhang: Tabelle 1). Das frei verfügbare Einkommen sinkt also deutlich mit der Anzahl der im Haushalt lebenden Kinder. Damit wird das Prinzip der Leistungsfähigkeit verletzt und das Ziel, vertikale und horizontale Steuergerechtigkeit zwischen Familien und Paaren ohne Kinder herzustellen, nicht erreicht. Umso mehr wird hiermit ein strukturelles Problem des deutschen Systems der Kinder- und Familienförderung deutlich: Je mehr Kinder in einer Familie leben, desto höher ist das Armutsrisiko der Familie. 5 Vgl. Becker, Irene (2011): Bedarfsgerecht statt pauschal ein Konzept zur Reform des Kindergeldes. Friedrich-Ebert-Stiftung, Berlin, S. 4. 13

3. Sozialpolitische Leistungen Kinderzuschlag Der Kinderzuschlag wurde 2005 mit dem Ziel eingeführt, die Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II zu vermeiden, wenn die Eltern mit ihrem Einkommen zwar ihren eigenen Bedarf, nicht aber den ihrer Kinder decken können. Derzeit beträgt der Kinderzuschlag maximal 160 Euro monatlich. Die Mindestverdienstgrenze liegt bei 900 Euro für Paare und bei 600 Euro für Alleinerziehende. Die Abschmelzrate für das Erwerbseinkommen beträgt 50 Prozent. 2013 bezogen 77.248 Familien mit 205.921 Kindern den Kinderzuschlag (April 2013). Trotz dieser hohen Zahl wird davon ausgegangen, dass ein Großteil der Leistungsberechtigten den Zuschlag nicht in Anspruch nimmt. Gründe sind u.a. hohe bürokratische Hürden und problematische Einkommensgrenzen. Weiterhin ist der Kinderzuschlag in der Höhe nicht ausreichend, um mit dem Kindergeld das Existenzminimum eines Kindes zu sichern. Der Kinderzuschlag wurde zum 1. Juli 2016 um 20 Euro von 140 Euro auf aktuell maximal 160 Euro angehoben. Ergänzende SGB II-Leistungen zum Erwerbseinkommen Trotz Erwerbsarbeit beziehen ca. 1,3 Millionen Menschen zusätzlich ergänzende Leistungen nach dem SGB II, da ihr Einkommen das eigene Existenzminimum oder das Existenzminimum von im Haushalt lebenden Kindern nicht abdeckt. Der Bedarf dieser Haushalte geht damit über den Betrag des Kinderzuschlags von heute 160 Euro hinaus. In 500.000 Haushalten leben 850.000 Kinder und Jugendliche bis 25 Jahre, die auf ergänzende Leistungen angewiesen sind. Auch der 2015 eingeführte flächendeckende Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde ist für Familien mit Kindern nicht ausreichend. Der Nettolohn für eine/n Alleinstehende/n sowie mit einem Kind liegt zwar knapp über der Armutsrisikoschwelle, doch sobald mehr als ein Kind im Haushalt lebt, ist die Familie auf ergänzende SGB II-Leistungen angewiesen. Die derzeit hohe Anzahl an Haushalten mit Kindern, die ergänzende SGB II-Leistungen beziehen, wird damit auch zukünftig konstant hoch bleiben. Sozialgeld für Kinder (Regelleistungen nach SGB II) Die Regelbedarfe für Kinder im Sozialgesetzbuch II umfassen u.a. Pauschalbeträge für Ernährung, Kleidung und Hausrat, soll aber in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft ( 1 und 20 SGB II) ermöglichen. Der Regelbedarf wird jährlich anhand eines Mischindexes an die Entwicklung der Preise und Nettolöhne angepasst. Bis 6 Jahre Bis 14 Jahre Bis 18 Jahre 2014 229* 261 296 2015 234 267 302 2015 Jahressumme 2.808 3.204 3.624 14

2016 237 270 306 2016 Jahressumme 2.844 3.240 3.672 *Euro/Monat Bildungs- und Teilhabepaket Ergänzend zu den Regelbedarfen wurde 2011 das Bildungs- und Teilhabepaket eingeführt, das zum Ziel hat, eine gelingende Bildungsteilhabe für Kinder und Jugendliche zu gewährleisten, deren Eltern nach dem SGB II leistungsberechtigt sind oder Sozialhilfe, den Kinderzuschlag, Wohngeld oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. Das Paket beinhaltet Mitgliedsbeiträge in Vereinen, Musikschulen etc. (120 Euro/Jahr), das Schulbasispaket (100 Euro), Zuschüsse zu Schul- und Kita-Ausflügen (30 Euro/Jahr), Zuschüsse zum Schul- und Kita-Mittagessen (Eigenbetrag 1 Euro), Lernförderung oder Schülerbeförderung. 4. Forderungen Der Deutsche Kinderschutzbund Bundesverband e.v. fordert: Gerechter Lohn für jeden Job Familien müssen von ihrer Erwerbsarbeit leben können. Denn Kinderarmut ist immer auch Familienarmut. Eine gerechte Entlohnung von Erwerbsarbeit ist daher entscheidend: Eltern muss es möglich sein, mit ihrem Erwerbseinkommen den finanziellen Bedarf der Familie zu decken. Kindliches Existenzminimum neuberechnen und gewährleisten Die Grundsicherungsleistungen für Kinder und das Kindergeld müssen bedarfsgerecht ausgestaltet werden und sich am tatsächlichen Existenzminimum orientieren. Dazu bedarf es einer grundlegenden Neuberechnung des Bedarfes von Kindern und Jugendlichen. Gleichzeitig muss ein einheitliches bedarfsgerechtes kindliches Existenzminimum in allen relevanten Rechtsbereichen, u.a. Sozial- und Steuerrecht, geschaffen werden. Teilhabe ermöglichen Die soziale, gesundheitliche und kulturelle Teilhabe muss jenseits finanzieller Transferleistungen ermöglicht werden: dazu gehört u.a. ein beitragsfreier Zugang zu Betreuungseinrichtungen, Lernförderung an Schulen und Mittagsverpflegung sowie ein erleichterter Zugang zu Angeboten im Freizeitbereich sowie zu kulturellen Einrichtungen. Das Bildungs- und Teilhabepaket ist abzuschaffen. 15

Familien richtig fördern! Kindergrundsicherung einführen Perspektivisch fordert der Deutsche Kinderschutzbund Bundesverband e.v. eine grundlegende Reform des deutschen Systems der Familienförderung, um Kinderarmut nachhaltig und wirkungsvoll zu reduzieren. Jedes Kind muss dem Staat gleich viel wert sein, unabhängig vom Einkommen der Familie, in der es lebt. Die Einführung einer sozial gerechten Kindergrundsicherung von 564 Euro im Monat, die eine Vielzahl von Leistungen zusammenfasst, sich am steuerlichen Existenzminimum orientiert und gemessen am Einkommen der Eltern besteuert wird, kann diesen Zielen Rechnung tragen. Die Höhe der Kindergrundsicherung wird kontinuierlich an das kindliche Existenzminimum angepasst. Durch die Einführung der Kindergrundsicherung kann das Armutsrisiko von Familien nachhaltig und wirkungsvoll reduziert werden. Tabelle - Vergleich 2015, bei 30.000 Euro Jahresbrutto Erklärungshilfe: Die Tabelle zeigt einen Vergleich des frei verfügbaren Einkommens für einen Bruttojahresverdienst von 30.000 Euro für verschiedene Familientypen. Mit der Zunahme der Kinderzahl wächst das Nettoeinkommen der Familie an - das Kindergeld trägt also dazu bei, die finanzielle Situation der Familie zu verbessern. Betrachtet man aber nun die Beträge, die für die Sicherung des Existenzminimums nötig sind, sinkt das frei verfügbare Einkommen mit zunehmender Kinderzahl deutlich. Ab dem zweiten Kind ergibt sich ein Negativbetrag, der mit der Anzahl der im Haushalt lebenden Kinder weiter steigt. 16

Anlage 3 - Kinder brauchen mehr! Unser Vorschlag für eine Kindergrundsicherung Die Zahl armer oder von Armut bedrohter Kinder nimmt in Deutschland seit Jahren zu. Wir halten dies primär für ein großes Gerechtigkeitsproblem, denn die Chancen auf ein gutes Aufwachsen sind in Deutschland von Geburt an höchst ungleich verteilt. Angesichts der Dimensionen von Kinderarmut reicht es aus unserer Sicht nicht mehr aus, an einzelnen Schräubchen im bisherigen System zu drehen. Das Problem der Kinderarmut lässt sich nachhaltig weder über eine geringfügige Anhebung des Kindergeldes noch über die Ausweitung des Kinderzuschlags oder über eine Erhöhung der Regelsätze in der Grundsicherung rasch, zielgerichtet und befriedigend lösen. Wir fordern demgegenüber den politischen Mut für eine Gesamtlösung ein. Widersprüche im gegenwärtigen Sozialsystem Aktuell werden Kinder je nach Erwerbssituation ihrer Eltern höchst ungleich finanziell gefördert: Kinder von Erwerbslosen bzw. Geringverdienern/-innen beziehen je nach ihrem Alter Sozialgeld in Höhe von 237 bis 306 Euro pro Monat. Kinder von Erwerbs-tätigen mit unteren und mittleren Einkommen erhalten monatlich zwischen 190 Euro (für das erste und zweite Kind) und 221 Euro (für das vierte und alle weiteren Kinder) Kindergeld. Die Kinder von Gut- und Spitzenverdienern/-innen hingegen profitieren mit steigendem Einkommen von den steuerlichen Kinderfreibeträgen. Diese wirken sich aufgrund des progressiven Steuersystems bei den höchsten Einkommen am stärksten aus. Aktuell beträgt die maximale Entlastung aufgrund der Freibeträge ca. 287 Euro monatlich. Zusätzlich können gerade Bezieher hoher Einkommen die steuersparende Absetzung ihrer Ausgaben für häusliche Kinderbetreuung und/oder für Privatschulen ausschöpfen. Wir halten diese Ungleichbehandlung von Kindern für höchst ungerecht. Aus unserer Sicht muss der Staat jedem Kind möglichst gleiche Chancen gewähren. Dies muss sich auch in der finanziellen Förderung in Form einer besseren sozialen Infrastruktur und in materieller Teilhabe der Kinder auswirken. Kindergrundsicherung zur Gleichbehandlung aller Kinder Ausgehend von verschiedenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts hat das kindliche Existenzminimum eine hohe Bedeutung, die über seine steuerliche Freistellung hinausgeht. Aktuell beträgt die Höhe des verfassungsrechtlich notwendigen Existenzminimums 564 Euro monatlich. Es setzt sich aus der Höhe des sächlichen Existenzminimums (384 Euro) und dem Freibetrag für die Betreuung und Erziehung bzw. Ausbildung (BEA) (180 Euro, vor der Anhebung durch das Konjunkturpaket 2012) zusammen. Dieses Existenzminimum muss für alle Kinder als garantiertes Kinderrecht gelten, nicht nur für diejenigen Kinder, deren Eltern Steuern zahlen können. 17

Unser Vorschlag lautet, künftig alle Kinder mit einer Kindergrundsicherung in Höhe von 564 Euro monatlich abzusichern. Damit wird der grundlegende Bedarf, den Kinder für ihre Entwicklung benötigen und den das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, aus öffentlichen Mitteln gedeckt. Die Höhe unserer Kindergrund-sicherung orientiert sich dabei am aktuellen soziokulturellen Existenzminimum und soll stetig an die Inflationsrate angepasst werden. Wir favorisieren eine gestufte Kindergrundsicherung, die allen Kindern das sächliche Existenzminimum in Höhe von 384 Euro als unbürokratische Leistung garantiert. Bis der Staat sämtliche Leistungen für Bildung, Betreuung und Erziehung gebührenfrei zur Verfügung stellt, fordern wir einen weiteren Betrag in Höhe von 180 Euro. Um sie sozial gerecht bzw. entsprechend der finanziellen Leistungsfähigkeit der Eltern auszugestalten, soll sie mit dem Grenzsteuersatz des elterlichen Einkommens versteuert werden. Im Ergebnis erhalten Kinder und ihre Familien einen Mindestbetrag von ca. 287 Euro, der in etwa der maximalen Entlastung durch die derzeitigen Kinderfreibeträge entspricht. Je niedriger das Familieneinkommen ist, desto höher fällt der Betrag der Kindergrundsicherung aus. Die Kindergrundsicherung soll weitgehend vorrangig vor anderen Sozialleistungen sein, damit Kinder aus dem stigmatisierenden Bezug insbesondere von SGB II- Leistungen und der verdeckten Armut herausgeholt werden. Bei einigen kindbedingten Transferbestandteilen bleibt die Notwendigkeit der Anpassung bzw. Harmonisierung der Kindergrundsicherung mit weiter bestehenden Sozialleistungen. Dies betrifft beispielsweise die Anrechnung des kindbedingten Wohnkostenanteils. Unser Modell sieht vor, dass nur pauschal bemessene Transfers ersetzt werden sollen. Für Sonder- oder Mehrbedarfe im Falle behinderter oder kranker Kinder oder bei überdurchschnittlichen Wohnkosten, Umzügen und Klassenreisen soll weiterhin der Grundsicherungsträger zuständig sein. Die Leistung wird für alle Kinder und Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr gewährt. Junge Erwachsene in Ausbildung oder im Studium erhalten analog zum Kindergeld bis zum 25. Lebensjahr den Mindestbetrag der Kindergrundsicherung von 287 Euro als Pauschale. Gleichzeitig bleibt der Anspruch auf BAföG und ähnliche Förderleistungen neben dem pauschalen Betrag der Kindergrundsicherung bestehen. Geldleistungen und Infrastrukturleistungen des Staates dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Kinder und deren Familien benötigen beides, und für beides sind finanzielle Mittel nötig. Voraussetzung für mehr Chancengerechtigkeit ist neben der Einführung einer Kindergrundsicherung auch ein Bildungs- und Erziehungssys- 18

tem, das niemanden zurücklässt. Bund, Länder und Kommunen müssen endlich ein gebührenfreies und qualitativ gutes Bildungswesen schaffen. Dies ist nicht über die Gewährung eines Bildungs- und Teilhabepakets zu erreichen, sondern drückt sich neben der Abschaffung der Kita-Gebühren auch im qualitativen und quantitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung und der flächendeckenden Präsenz von Ganztagesschulen aus. 19