4. Die Nähe zu Drogen bei Schülerinnen und Schülern

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insgesamt 4,3 1,6 15 bis 20 0,4 0,7 20 bis 25 1,5 2,5 25 bis 30 1,9 4,1 30 bis 35 2,0 5,0 35 bis 40 2,3 5,9 40 bis 45 2,8 6,6 45 bis 50 3,0 7,0

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Transkript:

4. Die Nähe zu Drogen bei Schülerinnen und Schülern Im Weiteren sollen Annäherungen von Schülerinnen und Schülern an legale und illegale Drogen über ihren persönlichen Erfahrungshorizont reflektiert werden. 4.1 Eigenkonsum von Drogen und Erfahrungen im Umfeld Ein spezifischer Ansatz der Untersuchung besteht darin, die Messung des Eigenkonsums von Drogen mit der Ermittlung des persönlichen Erfahrungshorizontes im Umfeld der Heranwachsenden zu verbinden. Dazu wurde nach gleichaltrigen Bekannten gefragt, die bestimmte Substanzen konsumieren. Tabelle 8: Erfahrungshorizont und Konsumverhalten in Bezug auf Genuss- und Rauschmittel im Zeitvergleich Konsumart Kenne jemanden gut, Ich selbst konsumiere... der konsumiert... Regelmäßig Ab und zu + öfter Regelmäßig + öfter Ab und zu Einmal Nie Nikotin 1998 80 10 20 16 26 38 2000 75 10 31 18 22 29 2003 76 9 37 16 21 26 Alkohol: Bier/Wein 1998 48 38 7 43 22 28 2000 49 38 18 52 17 13 2003 57 34 29 48 12 10 Alkohol: Schnaps 1998 29 39 2 21 25 52 2000 27 48 7 37 27 29 2003 33 47 15 41 24 20 Marihuana/Haschisch 1998 20 11 3 5 7 85 2000 20 19 6 8 9 77 2003 23 19 7 9 11 73 Ecstasy 1998 10 10 1 1 2 96 2000 8 13 2 1 2 95 2003 7 10 2 2 4 92 Kokain/Heroin 1998 7 6 1 1 1 97 2000 6 7 1 1 2 96 2003 6 8 2 1 9 94

In Auswertung der Untersuchungsergebnisse zum Erfahrungshorizont und dem persönlichen Konsumverhalten laut Tabelle 8 ergeben sich äußerst bedenkliche Tendenzen: Im nahen sozialen Umfeld der Heranwachsenden ist der Konsum von Zigaretten konstant geblieben, aber der von alkoholischen Getränken hat bei gleichaltrigen Bekannten merklich zugenommen. Hinsichtlich des Konsums illegaler Drogen gibt es bei Marihuana/Haschisch in dieser Richtung einen leichten Anstieg. Rauchen, Trinken und selbst die Konsumierung illegaler Drogen gehören also zum unmittelbaren Erfahrungsalltag der Schüler/innen. Der Eigenkonsum der Kinder und Jugendlichen hat in den Vergleichszeiträumen tendenziell in erschreckendem Maße zugenommen. Der Anteil an Rauchern ist innerhalb von fünf Jahren von 20 auf 37 Prozent angestiegen (Anstieg auf fast das Doppelte), der von Konsumenten hochprozentiger alkoholischer Getränke von zwei auf 15 Prozent (Anstieg auf das Siebenfache) und der weiterer alkoholischer Getränke von 7 auf 29 Prozent (Anstieg auf das Vierfache). Dieses rapide Ansteigen des legalen kindlichen und jugendlichen Drogenkonsums ist mehr als alarmierend. Die Risiken und Gefährdungspotentiale von einem maßvollen Konsum zu einem späteren Suchtverhalten sind somit auf ein Vielfaches gestiegen. Alkohol entwickelt sich damit auch unter jungen Menschen zur gefährlichsten Droge, da diese im Unterschied zum Rauchen neben den gesundheitlichen Schädigungen auch weitergehende negative Folgen für den Beruf, für das Zusammenleben mit anderen, für die Persönlichkeitsentwicklung und andere Lebensbereiche erwarten lässt. Bei den illegalen Rauschmitteln hat sich der Konsum von Marihuana/Haschisch unter den Heranwachsenden verdoppelt (Anstieg von 3% auf 7%). Ecstasy hat offensichtlich seine Bedeutung zu Gunsten der Cannabisprodukte verloren. Der Eigenkonsum der Heranwachsenden wird in Tabelle 9 unter geschlechtsspezifischen Gesichtspunkten näher skizziert. Tabelle 9: Geschlechterdifferenzierung bei eigenem Drogenkonsum 2003 Mädchen (51) Jungen (49) Konsum von Öfter + Nie Öfter + Nie regelmäßig regelmäßig Nikotin 55 47 46 53 Bier/Wein 43 48 57 52 Schnaps 40 54 60 46 Marihuana/Haschisch 39 52 61 48 Ecstasy 44 51 56 46 Heroin/Kokain 42 51 58 49

Die Betrachtung des Konsumverhaltens der Mädchen und Jungen verdeutlicht: Mädchen rauchen stärker als Jungen. Alle anderen legalen und illegalen Rauschmittel werden von den Jungen in einem größeren Umfang, etwa um 15 bis 20 Prozent stärker als von den Mädchen, konsumiert. Insbesondere bei Schnaps und Marihuana bzw. Haschisch liegt der Eigenkonsum bei den Jungen höher. Rund die Hälfte aller Jungen und Mädchen heben hervor, dass sie noch nie Rauschmittel probiert haben. Tabelle 10: Geschlechterdifferenzierung nach Alter bei Eigenkonsum 2003 (Ausprägung: öfter + regelmäßig) Angaben in Prozent Mädchen Jungen Alter (in Jahren): Bis 13 14-17 Ab 18 Bis 13 14-17 Ab 18 Gesamtpopulation 15% 82% 4% 15% 80% 4% Nikotin 21 44 27 14 37 37 Bier/Wein 12 28 38 12 38 54 Schnaps 9 12 17 7 20 24 Marihuana/Haschisch 3 6 7 3 9 10 Ecstasy 1 2 2 2 3 2 Heroin/Kokain 1 1 2 2 2 4 Die Geschlechterdifferenzierung hinsichtlich des Alters der Konsumenten, wie aus Tabelle 10 zu entnehmen, lässt folgende Schlüsse zu: Die Mädchen, die im Schulalter nachweislich stärker als die Jungen rauchen, beginnen damit auch bereits in früheren Jahren: bis zum Alter von 13 Jahren raucht bereits jede Fünfte (21 Prozent) und bis zum Alter von 17 Jahren hat sich dieser Anteil mehr als verdoppelt (44 Prozent). Der Anteil an Rauchern bei den gleichaltrigen Jungen liegt bei 14 Prozent (bis 13 Jahre) bzw. 37 Prozent (14 17 Jahre). Beim Genuss von Alkohol kehrt sich der Trend um: hier trinken schon mehr als ein Drittel der Jungen (38 Prozent) bis zum Alter von 17 Jahren recht regelmäßig alkoholische Getränke, bei den Mädchen sind es in dieser Altersgruppe aber auch schon 28 Prozent. Durchschnittlich geringere Mengen an Nikotin und alkoholischen Getränken wie Bier oder Wein konsumieren Gymnasiasten (Siehe Anhang, Teil B).

4.2 Beschaffungsmöglichkeiten von Drogen Im Bedarfsfall wüssten sich die Schülerinnen und Schüler offensichtlich jede Art von Drogen zu beschaffen, wie aus Grafik 5 zu ersehen ist. Grafik 5: Allgemeine Aussagen über Beschaffungsmöglichkeiten von Drogen im Zeitvergleich ( Kein Problem für mich. + Wüsste, wen ich frage. ) 100 93 96 95 84 89 91 80 60 45 46 1998 2000 2003 40 20 35 28 34 26 13 21 21 0 Zigaretten Alkohol Marihuana/ Haschisch Ecstasy Kokain/ Heroin Aus der Übersicht in Grafik 5 ist zu entnehmen: Neben Zigaretten ist es für die Heranwachsenden ebenso leicht sich alkoholische Getränke zu beschaffen, obwohl das Jugendschutzgesetz zumindest im öffentlichen Bereich Grenzen setzt. Bemerkenswert ist, dass der Beschaffung von Marihuana/Haschisch - wie bereits in der vorausgegangenen Befragung des Jahres 2000 - für fast jeden Zweiten der Befragten nichts im Wege steht. Die auffällige Reduzierung der Beschaffungsmöglichkeiten von Ecstasy steht vielleicht mit deren sinkenden Beliebtheitsgrad im Zusammenhang. Weibliche und männliche Schüler sehen gleiche Beschaffungsmöglichkeiten. Dass Kinder bis zum Alter von 13 Jahren für sich noch geringere Beschaffungsmöglichkeiten für Rauschmittel sehen, überrascht nicht (Siehe Anhang, Teil B). Überdurchschnittlich hoch ist der Anteil der Gymnasiasten und der großstädtischen Schüler, die nach eigenen Angaben keine Probleme mit der Beschaffung hätten. Der Zugriff auf legale Drogen ist verständlicherweise nahezu überall möglich, während der auf illegale Drogen über individuelle Kontakte, also offensichtlich über entwickelte Netzwerke, erfolgt.

4.3 Finanzierung von Drogen Bei der Befragung nach den Geldquellen zur Finanzierung des Gebrauchs legaler und illegaler Drogen gaben die selbst konsumierenden Schülerinnen und Schüler ähnliche Antworten wie bereits im Jahr 2000 (Siehe Grafik 6). 70 Prozent der Befragten finanzieren sich den Drogenkonsum vom Taschengeld. Gelegenheitsjobs werden von etwa jedem Fünften, wenn auch in etwas geringerem Umfang im Vergleich zur Untersuchung im Jahr 2000, genutzt. Demgegenüber ist der Anteil jener, die (kleine) Straftaten begehen würden, um an Geld zu gelangen, etwas angestiegen. Grafik 6: Finanzierungsquellen 2003 100 80 60 69 70 40 20 0 22 Taschengeld Gelegenheitsjobs Regelmäßige Einkünfte 19 6 8 4 6 Kleine Straftat 2000 2003 4.4 Fazit Die Aussagen belegen im Ganzen: (1) Der Drogenkonsum der Kinder und Jugendlichen hat tendenziell in besorgniserregendem Umfang zugenommen und die Konsumenten werden immer jünger. Insbesondere der Anteil an Rauchern und an Konsumenten alkoholischer Getränke ist alarmierend. Alkohol entwickelt sich unter jungen Menschen infolge des Ausmaßes und seiner vielschichtigen Folgeerscheinungen zur gefährlichsten Droge. (2) Der Eigenkonsum der Heranwachsenden geht mit ihrem persönlichen Erfahrungshorizont einher, denn unter gleichaltrigen Bekannten ist der Anteil der Raucher und Trinker von Alkohol merklich angestiegen. Drogen sind somit in der eigenen Lebenswelt der Jugendlichen präsent. (3) Die Beschaffung und Finanzierung der verschiedenen Drogenarten ist offensichtlich relativ einfach geblieben.