Verkehrssicherheitsreport 2008

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Transkript:

Gerhard Zeidler Verkehrssicherheitsreport 2008 Strategien zur Unfallvermeidung auf den Straßen in Europa Publikation Vorlage: Datei des Autors Eingestellt am 20. Oktober 2008 unter www.hss.de/downloads/081014_rm_zeidler.pdf Autor Prof. Dr.-Ing. Gerhard Zeidler Präsident des Präsidialrats DEKRA e.v., Stuttgart Veranstaltung Verkehrssicherheitsreport 2008 Strategien zur Unfallvermeidung auf den Straßen in Europa, Kooperationsveranstaltung der DEKRA AG und der Hanns-Seidel-Stiftung am 14. Oktober 2008 in der Vertretung des Landes Baden-Württemberg bei der Europäischen Union, Brüssel Empfohlene Zitierweise Beim Zitieren empfehlen wir hinter den Titel des Beitrags das Datum der Einstellung und nach der URL-Angabe das Datum Ihres letzten Besuchs dieser Online-Adresse anzugeben. [Vorname Name: Titel. Untertitel (Datum der Einstellung). In: http://www.hss.de/...pdf (Datum Ihres letzten Besuches).]

Parlamentarischer Abend DEKRA Brüssel, 14. Oktober 2008 Verkehrssicherheitsreport 2008 - Strategien zur Unfallvermeidung auf den Straßen in Europa Keynote: Prof. Dr.-Ing. Gerhard Zeidler Präsident des Präsidialrats DEKRA e.v., Stuttgart Anmerkung: Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Kommissar und Vize-Präsident der Europäischen Kommission Tajani, herzlichen Dank für Ihre eben geschilderten und sehr interessanten Ausführungen zum Thema Verkehrssicherheit aus dem Blickwinkel der Europäischen Union. Auch im Namen von DEKRA möchten wir Sie ganz herzlich begrüßen und freuen uns, dass Sie unserer Einladung als Keynote Speaker, trotz Ihres sehr engen Terminplans, heute Abend gefolgt sind. Lieber Herr Dr. Friedrich, meinen herzlichen Dank an Sie, für Ihre Begrüßung und Eröffnung unseres heutigen Parlamentarischen Abends. Und ebenso ein herzliches Willkommen an Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete des Europäischen Parlaments. Liebe Gäste, wir freuen uns über Ihr sichtbar großes Interesse an unserem heutigen Thema, dem DEKRA Verkehrssicherheitsreport. Auch in diesem Jahr ist es uns gelungen, mit der Hans-Seidel-Stiftung und der Landesregierung von Baden-Württemberg diesen Abend gemeinsam zu veranstalten. Meine Damen und Herren, unser Unternehmen DEKRA kümmert sich seit mehr als 80 Jahren um die Verkehrssicherheit. Wir haben zu jeder Zeit auf das jeweils Notwendige hingewiesen - besonders um Menschenleben zu schützen. Deshalb unterzeichneten wir 2004 in Dublin die Charta für mehr Verkehrssicherheit in Europa. Vor diesem Hintergrund haben wir in den vergangenen Jahren zahlreiche Verkehrssicherheitsaktionen erfolgreich ins Leben gerufen. Unseren jüngsten Beitrag aus dieser Reihe, den DEKRA Verkehrssicherheitsreport 2008, wollen wir Ihnen heute Abend vorstellen. Sehr geehrte Gäste, warum engagiert sich DEKRA mit einem Verkehrssicherheitsreport? Lassen Sie mich zur Beantwortung dieser Frage gleich auf ein paar Fakten eingehen: Die Verkehrssicherheit auf den Straßen Europas ist insgesamt auf einem guten Weg, denn die Anzahl der Verkehrstoten ist seit Jahren rückläufig. Die Zahl der Verkehrstoten innerhalb der EU sank sogar im Jahr 2007 erstmals unter die Grenze von 40.000 Menschen. Auch in Deutschland wurde im Jahr 2007 mit 4.958 im Verkehr getöteter Menschen die Grenze von 5.000 unterschritten. 2

Diese positiven Entwicklungen bestätigen zusammen eines, das erklärte Ziel der EU-Charta für Verkehrssicherheit, ist damit wieder ein Stück näher gerückt. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, es besteht keinerlei Grund zum Ausruhen. Das hat erst unlängst der Europäische Verkehrssicherheitsrat ETSC hier in Brüssel deutlich gemacht. Denn um das ehrgeizige Ziel der EU-Charta bis zum Jahr 2010 erreichen zu können, also eine Halbierung der Zahl der Verkehrstoten von 50.000 auf 25.000, wäre ein durchschnittlicher Rückgang EU-weit um 7,4 Prozent pro Jahr erforderlich. Der Blick in die Statistik zeigt jedoch, dieser Rückgang hat sich auf den europäischen Straßen im Verlaufe der vergangenen Jahre eher abgeschwächt. Das Ziel unseres heutigen Parlamentarischen Abends ist daher klar: Wir wollen, nein, wir müssen unser Bewusstsein für mehr Verkehrssicherheit weiter schärfen. Schließlich haben wir uns dem EU-Charta-Ziel verpflichtet. Dieses können wir Politik, Automobilhersteller, Branchenverbände und Sachverständigenorganisationen wie DEKRA gemeinsam immer noch erreichen. Allerdings müssen wir dafür einen deutlichen Rückstand wieder aufholen, und das geht nur, mit noch größeren Anstrengungen, als bisher. Wir bei DEKRA sind der Überzeugung: Es ist möglich und auch realistisch; vorausgesetzt wir nutzen jetzt die vorhandenen Potenziale. Und genau aus diesem Grunde, meine Damen und Herren, engagieren wir uns von DEKRA mit einem Verkehrssicherheitsreport, der Ihnen diese Verbesserungspotenziale für Deutschland und andere ausgewählte europäische Länder aufzeigt. Einige dieser Potenziale werde ich in den nächsten Minuten skizzieren. Mein Kollege Klaus Schmidt wird zu einem späteren Zeitpunkt diese mit ausdrucksvollen Charts noch einmal verdeutlichen. Doch lassen Sie mich zunächst mit Hilfe zweier Faktoren konkreter werden. Erstens: Der Faktor Technik. Zweitens: Der Faktor Mensch. 3

Erstens: Der Faktor Technik Sehr geehrte Damen und Herren, ein erstes und beachtliches Potenzial zur Reduzierung der Verkehrstoten liegt in der serienmäßigen Ausstattung von Neufahrzeugen mit Fahrerassistenzsystemen davon sind wir bei DEKRA überzeugt. Eine Untersuchung des Instituts für Verkehrswissenschaft an der Universität Köln kam beispielsweise zu folgendem Ergebnis: Würden ab 2008 alle Neufahrzeuge in den 25 EU-Staaten serienmäßig mit dem Schleuderschutz ESP/ESC ausgerüstet, könnten jedes Jahr 4.000 Leben gerettet werden. Bezogen allein auf Deutschland ließen sich damit rund 100 Verkehrstote jedes Jahr vermeiden. Wir begrüßen an dieser Stelle den Gesetzesentwurf der EU, mit dem sie diese Potenziale ab dem Jahr 2012 realisieren will. Ein weiteres Beispiel für Deutschland: Aus Unachtsamkeit oder Fehleinschätzung wird vom Fahrer oftmals das Stauende zu spät erkannt. Viele, meist besonders schwere Unfälle, sind das Ergebnis. Durch das Predictive Safety System, also die vorausschauende Notbremsung und eine Aufprallwarnung, würden in Deutschland jährlich sogar rund 350 Verkehrstote und knapp 50.000 Verletzte weniger in der Unfallstatistik erscheinen. Auch wenn diese genannten Beispiele für das Ziel der EU-Charta 2010 zu spät kommen, sie sind trotzdem wichtig. Denn sie helfen wenn auch mehr mittelfristig Leben zu retten. Aber wir müssen und können schon jetzt etwas tun beispielsweise den Nutzen dieser Fahrerassistenzsystemen in der Öffentlichkeit stärker herausstellen. Das setzt jedoch voraus, dass Hersteller, Verbände und Medien den Nutzen dieser elektronischen Schutzengel nachdrücklicher als bisher vermitteln. Und: Politik und Hersteller müssen Rahmenbedingungen schaffen, damit diese technischen Lösungen schneller vom Markt akzeptiert werden. Meine Damen und Herren, neben dem eben skizzierten Einsatz modernen Fahrzeugtechnik, ließe sich durch die Stärkung der periodischen Fahrzeugprüfung, besonders auf EU-Ebene, ein zweiter enormer Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit realisieren. Seit Jahrzehnten ist die periodische Fahrzeugprüfung ein wesentlicher Garant für das hohe Niveau an Verkehrssicherheit, das wir in Deutschland und auch in anderen Ländern erreicht haben. 4

Die periodische Prüfung kann und muss künftig jedoch noch mehr dazu beitragen, dass wir das in der EU-Charta formulierte Ziel erreichen. Als Nummer eins in der Fahrzeugprüfung in Europa sind wir bei DEKRA der Meinung, dass dieses Erfolgsmodell auf EU-Ebene noch wesentlich gestärkt werden muss. Dieser Ansicht ist auch die Internationale Vereinigung für die Technische Prüfung von Kraftfahrzeugen CITA. In ihrer AUTOFORE-Studie von 2007 spricht sie unter anderem folgende Empfehlungen aus: Erstens: EU-weit sollten elektronische Systeme Bestandteil der periodischen Fahrzeugprüfung werden. Deutschland hat dies nicht zuletzt durch das Engagement von DEKRA bereits vollzogen als erstes Land weltweit. Jetzt kommt es darauf an, dies auch auf EU-Ebene zu tun. Zweitens: Die Prüffristen für Fahrzeuge ab einem Alter von acht Jahren sollten EU-weit einheitlich auf ein Jahr verkürzt werden. Hier gehört Deutschland allerdings zu den Nachzüglern. Doch was steckt hinter diesen beiden Empfehlungen bzw. Forderungen? Nun, es ist die Erkenntnis, dass sich die Zahl der Unfallopfer weiter senken lässt. Stichwort Elektronik : Der Anteil der Elektronik im Fahrzeug ist stark gestiegen, und er wird, ja er muss weiter steigen. Denn dadurch können wir wie am Beispiel der Fahrerassistenzsysteme bereits skizziert die Verkehrssicherheit zusätzlich steigern. Doch damit die Elektronik für mehr Sicherheit sorgen kann, muss sie auch nach Jahren noch funktionieren. Denn was nützt der beste Airbag, wenn er sich im Ernstfall nicht öffnet? Elektronische Systeme und Komponenten sind daher erforderlicher Bestandteil der periodischen Fahrzeugprüfung das sollte doch eigentlich selbstverständlich sein. Stichwort Fahrzeugalter : Sieben bis neun Jahre alte Fahrzeuge sind dreimal häufiger an Unfällen beteiligt, als Fahrzeuge, die ein bis drei Jahre alt sind. Und: Je älter ein Fahrzeug, desto geringer die Bereitschaft des Halters, von sich aus die Verkehrstauglichkeit zu erhalten. Besonders verschärft wird diese Situation, wenn junge, unerfahrene Autofahrer mit diesen alten weil preiswerten Fahrzeugen unterwegs sind. Die Mängelquote steigt mit zunehmendem Fahrzeugalter überdurchschnittlich an. Dies belegten die Ergebnisse der im Jahr 2007 erstmals durchgeführten DEKRA Sicherheitsaktion SafetyCheck. 5

Auf ein Jahr verkürzte Prüffristen für Fahrzeuge, die acht Jahre und älter sind wie sie heute schon in einigen EU-Ländern gelten sollten deshalb in allen EU-Staaten eingeführt werden. Das würde laut AUTOFORE-Studie viele Menschenleben retten allein in Deutschland jährlich rund 200. Hinzu käme ein wirtschaftlicher Nutzen durch weniger Kosten für Staus und Personenschäden in Höhe von 2 Mrd. Euro. Aus Sicht von DEKRA gibt es letztlich noch eine weitere Lücke, die wir auf EU-Ebene schließen müssen: Die periodische Fahrzeugprüfung ist bisher nicht einheitlich geregelt. Doch wir brauchen europaweit einheitlich hohe Qualitätsstandards. DEKRA setzt sich daher für eine Harmonisierung auf dem hohen Niveau Deutschlands ein. Sehr geehrte Gäste, abschließend für den Faktor Technik lassen Sie mich festhalten: Allein durch die eben skizzierten drei Maßnahmen, der Einführung von ESP/ESC, der Nutzung der vorausschauender Notbremsung und der Aufprallwarnung sowie der Verkürzung der Prüffristen ab dem 8. Fahrzeugjahr, könnten bereits in Deutschland, pro Jahr, rund 650 Menschenleben gerettet werden. 650 Menschenleben, eine beeindruckende Zahl, die wir durch konsequentes und schnelles Handeln erreichen könnten. Zweitens: Der Faktor Mensch Aber, meine lieben Damen und Herren, Verkehrssicherheit ist immer ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren. Technische Fahrzeugmängel spielen sicherlich in vielen Fällen eine wichtige Rolle, kommen aber dann noch Unachtsamkeit, zu hohe Geschwindigkeit oder Alkohol dazu, steigt die Unfallgefahr um ein Vielfaches an. Der Mensch hinter dem Lenkrad, ist und bleibt der wichtigste und größte Risikofaktoren im Straßenverkehr. Handlungsbedarf besteht demnach nicht nur am Faktor Technik, sondern ebenso am Faktor Mensch. Lassen Sie mich im Folgenden kurz auf die zwei Hauptgruppen von Unfallverursachern eingehen: Zum einen, die Gruppe der jüngeren Autofahrer. Zum anderen, die Gruppe der älteren Autofahrer. 6

Zur Gruppe der jüngeren Autofahrer: Als die größte Problemgruppe gelten Fahranfänger bzw. Fahrer im Alter zwischen 18 und 24 Jahren. Laut Statistischem Bundesamt macht diese Gruppe über ein Fünftel aller Verkehrstoten auf deutschen Straßen aus. Die Analysen unserer DEKRA Unfallforschung zeigen, das bei Jugendlichen die Hauptursache für Verkehrsunfälle in einer nicht angepasste Geschwindigkeit liegt. Dies ist vorwiegend auf mangelnde Fahrerfahrung und erhöhte Risikobereitschaft zurückzuführen. Was muss also getan werden? Ein Blick in die Praxis zeigt, dass sich mit ersten Lösungsansätzen des Gesetzgebers, wie dem Führerschein mit 17 und der Einführung einer 0,00 Promillegrenze für Fahranfänger bereits einige Potenziale zur Reduzierung der jugendlichen Verkehrstoten ausschöpfen lassen. Aber noch immer sterben zu viele junge Mensche auf europäischen Straßen, weil nicht genug Polizeikontrollen durchgeführt, junge Fahrer schlecht geschult und/oder unter dem Einfluss von Alkohol stehen. Zur Gruppe der älteren Autofahrer: Doch jugendliche Fahrer sind nur eine der beiden Risikogruppen. Auf Platz 2 der Unfallstatistik stehen die älteren Fahrer, mit einem Alter ab 65 Jahren. Hauptursache für Verkehrsunfälle hier, sind die Vorfahrts- und Abbiegefehler. Meine sehr verehrten Damen und Herren, uns muss bei der Gruppe der älteren Fahrer eines bewusst sein: Aufgrund der demographischen Bevölkerungsentwicklung wird diese Risikogruppe immer mehr an Bedeutung gewinnen. Die Empfehlung von DEKRA lautet daher, in Zukunft verstärkt altersgerechte Fahrzeuge am Markt anzubieten, die u.a. eine verbesserte Rundum-Sicht und ein bequemes Ein- und Aussteigen berücksichtigen. Generell lässt sich jedoch für alle Gruppen von Verkehrsteilnehmern auf deutschen Straßen sagen: Die Unfallstatistik wurde in den letzten Jahren positiv durch die Einführung von Bußgeldern, angeordnet durch den Gesetzgeber, beeinflusst. Der Bundesrat hat erst letzte Woche der Verschärfung des bestehenden Bußgeldkatalogs zugestimmt. In diesem Zusammenhang begrüßen wir den aktuellen Gesetzesentwurf des Verkehrsausschusses des Europaparlaments, durch den die grenzüberschreitende Verfolgung von Verkehrsdelikten gewährleistet werden soll. 7

Meine Damen und Herren wir brauchen also beides: Einerseits die technischen Möglichkeiten, Stichwort aktive und passive Sicherheit, und andererseits die Überwachung und Strafandrohung durch den Gesetzgeber. Denn verbesserte Technik allein wird auf Dauer nicht helfen, den Herausforderungen auf dem Gebiet der Verkehrssicherheit ausreichend zu begegnen. Fazit Sehr verehrte, liebe Gäste, ich fasse zusammen: Verkehrssicherheit ist für uns alle ein Dauerbrenner aktuell natürlich vor dem Hintergrund des mehrfach genannten und sicherlich sehr ehrgeizigen Ziels der EU-Charta. Wir haben einen nicht unerheblichen Rückstand aufzuholen, keine Frage. Aber die Potenziale sind da, wir müssen sie nur konsequent nutzen und die dafür notwendigen Maßnahmen auf allen politischen und wirtschaftlichen Ebenen europaweit so schnell wie möglich umsetzen. Hierzu wird der DEKRA Verkehrssicherheitsreport, sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache, seinen Beitrag leisten. Dieser Report ist weit mehr als eine reine Datendokumentation. Vielmehr soll er Politikern, Verkehrsexperten und nicht zuletzt jedem Autofahrer als Ratgeber konkrete und praktische Empfehlungen an die Hand geben, wie durch gesetzliche Vorgaben und eigenverantwortliches Handeln die Zahl der Verkehrstoten und verletzten noch nachhaltiger reduziert werden kann. Lassen wir die Potenziale also nicht ungenutzt, wir müssen jetzt handeln! Vielen Dank. 8