Stellungnahme der Mineralölwirtschaft zum Ergebnispapier Ein Strommarkt für die Energiewende / Weißbuch des Bundesministeriums für Wirtschaft und



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Transkript:

Stellungnahme der Mineralölwirtschaft zum Ergebnispapier Ein Strommarkt für die Energiewende / Weißbuch des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie 20.08.2015

Einleitung Mit dem Weißbuch hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ein Ergebnispapier vorgelegt, das neben der Grundsatzentscheidung über einen zusätzlichen Kapazitätsmarkt eine Reihe von weiteren Maßnahmen für einen funktionierenden Strommarkt 2.0 behandelt. Insbesondere in einer Sektorkopplung von Strom- und Wärmemarkt sieht die Mineralölwirtschaft eine große Chance. Denn diese eröffnet die Möglichkeit, zukünftig ansonsten abgeregelten Strom in die hybriden Heizungssysteme in vielen Millionen Haushalten in Deutschland einzubinden. Anteilig kann so fossile Energie zur Wärmebereitstellung ersetzt werden. Durch das fluktuierende Angebot von Wind- und Solarstrom wird es zunehmend häufiger als heute zu Strom-Erzeugungsspitzen kommen, die es in den Energiemarkt zu integrieren gilt. Technisch ist dies bereits heute unkompliziert möglich, nun gilt es auch entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. Folgende grundsätzliche Aspekte des Weißbuchs begrüßen wir darüber hinaus als sehr positiv: Technologieoffener Wettbewerb der Flexibilitätsoptionen ist ausdrücklich gewünscht Staatlich veranlasste Preisbestandteile und Netzentgelte sollen schrittweise an die Erfordernisse der Energiewende angepasst werden Regeln zur Aggregation von flexiblen Verbrauchern sollen geklärt werden Mit dieser Stellungnahme verbinden wir ausdrücklich nochmals den Wunsch und die Bereitschaft, unser Know-how bezüglich der Energiemärkte in den weiteren Prozess um ein neues Strommarktdesign aktiv in die Plattform Strommarkt einzubringen.

Für die Nutzung von ansonsten abgeregeltem Strom in häuslichen Hybridheizungen gibt es eine Reihe guter Gründe: 1. Einsatz erneuerbarer Energien in fossilen Heizsystemen Wird ansonsten abgeregelter Strom aus Windkraft- oder Photovoltaikanlagen zur Wärmeerzeugung in Hybridheizungen genutzt, muss diese Wärme nicht mehr vom Öl-/Gas-Kessel erzeugt werden. 2. Nutzung der installierten erneuerbaren Stromerzeugung Die Nutzung ansonsten abgeregelten Stroms aus Windkraft- oder Photovoltaikanlagen zur Wärmeerzeugung in Hybridheizungen erhöht die erneuerbar erzeugte Strommenge und gleichzeitig den Anteil erneuerbarer Energien in der Wärmeerzeugung. Sie leistet somit einen Beitrag zur Erreichung des EE- Wärmeziels von 14 % bis 2020 (EEWärmeG). 3. Keine zusätzlichen Reservekraftwerke erforderlich Die Nutzung von Power-to-Heat (PtH) in Hybridsystemen mit mindestens einem weiteren Energieträger neben Strom benötigt keine zusätzlichen Reservekraftwerke. Ausschließlich mit Strom betriebene Heizsysteme wie beispielsweise Strom-Wärmepumpen können dagegen nicht über einen unbegrenzten Zeitraum hinweg auf Strom verzichten. 4. Geringe Investitionskosten Insbesondere im Zuge der Erneuerung einer Heizungsanlage können die technisch einfachen Elektroheizer mit nur geringen Investitionskosten ins Heizsystem integriert werden. 5. Abschaltung von EE Anlagen vermeiden Erneuerbare Stromerzeugungsanlagen müssen heute aufgrund von Netzengpässen zeitweise gedrosselt oder ganz abgeregelt werden, dies könnte durch die Nutzung des Stroms im lokalen Wärmemarkt vermieden werden. 6. Stabilisierung der Endkunden-Strompreise Die Nutzung von ansonsten abgeregeltem Strom sorgt durch die auf diesen Strom zu zahlenden Abgaben und Entgelte für zusätzliche Einnahmen, ohne zusätzliche Kosten zu verursachen. Somit verringert sich der Beitrag, den ein normaler Stromendkunde an den Gesamtkosten zu tragen hat.

Im Folgenden möchten wir zu ausgewählten Kapiteln des Weißbuchs Stellung nehmen: Kapitel 1: Sowieso-Maßnahmen und Kapazitätsreserve stoßen auf große Zustimmung 1.2 Zur Konkretisierung der Sowieso-Maßnahmen machen die Konsultationsteilnehmer umfangreiche Vorschläge Wie schon dargestellt, halten wir eine Kopplung der Sektoren Strom und Wärme für zielführend, da damit mehr erneuerbarer Strom in den Wärmemarkt integriert und gleichzeitig fossile Brennstoffe substituiert werden können. Auch bei Netzengpässen kann Überschussstrom bei entsprechender Ansteuerung einzelner Verbraucher erzeugernah im Wärmemarkt sinnvoll genutzt werden. Im Jahr 2014 wurden in Deutschland mehr als 100 Mio. EUR für die Abregelung von EE- Stromerzeugungsanlagen im Rahmen der Einspeisemanagement-Regelung aufgewendet. Dieser Strom hätte produziert und in den vielen Öl- und Gasheizungen vor Ort eingebunden werden können. Hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass bivalente Anlagen, die einen strombasierten Wärmeerzeuger mit einem zweiten, fossilen Wärmeerzeuger kombinieren, besonders gut zur Bereitstellung von Flexibilität geeignet sind. Denn sie sind zu einem dauerhaften Lastverzicht in der Lage. Monovalente Anlagen hingegen können je nach Speichergröße nur eine begrenzte Zeit ihre Stromnachfrage verschieben. Damit die Nutzung von ansonsten abgeregeltem Strom im Wärmemarkt wirtschaftlich attraktiv wird, bedarf es Anpassungen in der Höhe der Abgaben und Entgelte für diesen Strom. Diese Anpassungen sollten jedoch nur für ansonsten abgeregelten Strom gelten, welcher in dauerhaft zum Lastverzicht fähigen Hybridsystemen genutzt wird. Denn nur dadurch ist sichergestellt, dass negative Rückwirkungen auf den Bedarf an gesicherter Kraftwerksleistung an kalten Tagen vermieden werden. Das beigefügte Kurzgutachten /1/ zu diesem Thema zeigt deutlich, dass bei einem Zubau von bspw. 3,8 Mio. Wärmepumpen (entspricht 20 % der heute 19 Mio. Öl- und Gasheizungen) an kalten Wintertagen ein Mehr an gesicherter Leistung von etwa 8 GW erforderlich würde. Abzulehnen sind hingegen neue zusätzliche Belastungen für Verbraucher in Form von brennstoffbasierten Umlagen. Auch eine Abschaffung der Stromsteuer zu Lasten von Steuererhöhungen für die Betreiber der 19 Millionen Ölund Gasheizungen ist abzulehnen. Diese wäre sozial nicht gerecht, da der für die Wärmeversorgung aufzuwendende Anteil am Einkommen für Haushalte mit geringen Einkommen anteilig stärker steigen würde als für solche mit höherem Einkommen. Zudem sind bereits heute, bezogen auf die Nutzwärmeerzeugung, die Betreiber von Öl- und Gasheizungen sowie von Wärmepumpen gleich belastet, wie Abbildung 1 deutlich zeigt. Eine technologieoffene Gleichberechtigung der Wärmesysteme ist somit aktuell gegeben und sollte weiterhin gewährleistet werden.

Energiesteuern in EUR/Jahr inkl. MwSt. bei verschiedenen Heizsystemen bezogen auf den Nutzwärmebedarf Annahmen: Aktuelle Steuersätze gemäß StromsteuerG und EnergiesteuerG; Neubau nach EnEV 2016 (KfW EH 70) mit 7.900 kwh/a Nutzwärmebedarf gemäß itg Kurzstudie zur Ölheizung im Neubau 06/15 /2/; Jahresarbeitszahl Luft-Wasser-Wärmepumpe von 3,5 gemäß Mindestanforderung EEWärmeG; Normnutzungsgrad Öl-/Gas-Brennwertheizung: 99 % (Hs) Zudem lässt sich durch Steuererhöhungen auf Öl und Gas nicht mehr Flexibilität im Strommarkt erzeugen, eine Reduzierung der Stromsteuer würde einfach nur den Stromverbrauch im Ganzen in die Höhe treiben. Und darüber hinaus dafür sorgen, dass der Bedarf an gesicherter Leistung steigen würde, was wiederum zu Kostensteigerungen führt. Zu möglichen Maßnahmen der Preisgestaltung siehe auch Kapitel 5: Konkrete Maßnahmen

Kapitel 3: Gründe für den Strommarkt 2.0 3.1 Grund 1: Der Strommarkt 2.0 gewährleistet Versorgungssicherheit Das zukünftige Auftreten von Preisspitzen in den frühen Abendstunden macht vermehrt Systeme notwendig, die auch für längere Zeit auf den Bezug von Strom verzichten können. Dies kann durch hybride Heizsysteme mit einem stromunabhängigen, speicherbaren Energieträger gewährleistet werden. 3.3 Grund 3: Der Strommarkt 2.0 ermöglicht Innovationen und Nachhaltigkeit Den gemachten Aussagen können wir zustimmen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es ermöglichen, technologieoffen verschiedenste Erzeuger und Verbraucher in Pools entsprechend zusammenzufassen. Insbesondere wäre eine Energiespeicherdefinition vonnöten, die auch Letztverbraucher von Strom im Wärmemarkt aufgrund ihrer Systemdienlichkeit in einem sinnvollen Maße von der derzeitig hohen Abgabenlast befreit. Insbesondere sollten auch Möglichkeiten geschaffen werden, Kleinverbraucher im privaten Bereich zu berücksichtigen. Hier bietet sich insbesondere die Nutzung von ansonsten nicht nutzbarem erneuerbaren Strom im Wärmebereich an, denn dort können, im Gegensatz zu den üblichen Haushaltsgeräten wie Waschmaschine und Geschirrspüler, auch entsprechende Mengen mit maximaler zeitlicher Flexibilität ohne Komfortverluste sinnvoll genutzt werden. Die Nutzung im privaten Bereich hat darüber hinaus den Vorteil, dass die Endverbraucher damit auch erlebbar von der Energiewende profitieren können, was die Akzeptanz in der Bevölkerung ganz erheblich steigern würde.

Kapitel 4: Bausteine des Strommarktes 2.0 4.2 Baustein 2: Flexible und effiziente Stromversorgung Das Stärken von direkten Marktpreissignalen begrüßen wir ausdrücklich. Jedoch sollte auch auf Endverbrauchebene die Möglichkeit bestehen, am Angebot orientierte, variable Stromtarife für private Haushalte zu erhalten. Diese würden den notwendigen Anreiz für mehr Flexibilität bieten und diese Flexibilität bekäme auch bei privaten Haushalten einen Wert. Dadurch würde der Einführung neuer Anwendungen die gewünschte Dynamik verliehen, denn nur so können diese Anwendungen ihre Mehrkosten auch wieder einspielen. Des Weiteren ist eine Anpassung von Abgaben und Entgelten in Zeiten mit hohem Stromangebot notwendig. Sinnvolle Ansatzpunkte hierfür finden sich in EEG und EnWG (siehe hierzu die Ausführungen zu Kap. 5, Maßnahme 7). In diesem Zusammenhang ist erneut von großer Bedeutung, dass durch zusätzlichen Stromverbrauch kein zusätzlicher Bedarf an gesicherter Kraftwerksleistung notwendig wird. Verhindert werden kann dies sicher nur durch den Einsatz hybrider Systeme, die dauerhaft in Zeiten von Strommangel auf einen stromunabhängigen, speicherbaren Energieträger zurückgreifen können. Kapitel 5: Konkrete Maßnahmen Maßnahme 1: Freie Preisbildung am Strommarkt garantieren Diese Maßnahme sollte ergänzt werden um die Möglichkeit der Nutzung von variablen Stromtarifen auch für Endverbraucher. Maßnahme 6: Regelleistungsmärkte für neue Anbieter öffnen Maßnahmen, die es ermöglichen auch mit kleineren Leistungen am Regelenergiemarkt teilzunehmen, begrüßen wir ausdrücklich. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass die angebotene Regelleistung auch sicher zur Verfügung gestellt werden kann. Folgende der genannten Anpassungen unterstützen wir im Besonderen: kleinere Mindestangebotsgrößen von Sekundärregelleistung und Minutenreserve die Verkürzung von Produktlaufzeiten bei der Sekundärregelleistung und Minutenreserve die kalendertägliche Ausschreibung von Sekundärregelleistung und Minutenreserve Maßnahme 7: Zielmodell für staatlich veranlasste Preisbestandteile und Netzentgelte entwickeln Heute ist der Strom für extern steuerbare Hybridheizungen durch die auf diesen Strom zu zahlenden Abgaben und Entgelte für private Haushalte so teuer, dass sich die Nutzung nicht rentiert und PtH in Hybridheizungen deshalb auch nicht in Wohngebäuden angewendet wird. Derzeit gibt es keine ausreichenden Anreize, Flexibilität anzubieten. Eine Studie des HWWI /3/ zu den Potenzialen von PtH in Hybridheizungen zeigt deutlich, dass für eine Realisierung dieses Konzepts eine Anpassung der Abgaben und Entgelte für PtH-Strom notwendig ist, um dieses große Flexibilitätspotenzial erschließen zu können. Die Studie zeigt auch, dass sich bei einer entsprechenden Anpassung dieser Strompreisbestandteile die Mehrkosten schon nach weniger als zehn Jahren für den Endverbraucher amortisieren können. Die aktuell nicht vorhandene Rentabilität ist

umso bedauerlicher, wenn man bedenkt, dass der Wärmemarkt mit gut 40% des Endenergieverbrauchs ein enormes Potenzial für die Einsparung von fossilen Brennstoffen und gleichzeitig erhebliches Potenzial für Lastmanagement bietet. Eine Hebung dieser Potenziale kann jedoch nur erfolgen, wenn die Abgaben und Entgelte auf ansonsten abgeregelten Strom, der von extern steuerbaren Stromverbrauchern genutzt wird, reduziert werden. Darum begrüßen wir ausdrücklich die angestrebte Diskussion über ein langfristiges Zielmodell für die Struktur der Netzentgelte und staatlich regulierter Preisbestandteile. Für die Anpassung von Abgaben und Entgelten gibt es eine Reihe von Ansatzpunkten (vgl. /4/). Allgemein gilt dabei: Obgleich die Senkung der Abgaben und Entgelte für ansonsten abgeregelten Strom als Subvention aufgefasst werden kann, erscheint dies im vorliegenden Falle zulässig, da hierdurch alle Verbraucher ent- statt belastet würden. Ein zusätzlicher Stromverbrauch, der bisher keinen Beitrag zu den Abgaben und Entgelten geleistet hat, trägt nun einen Teil der Abgabenlast. Die Reduzierung von Abgaben und Entgelten sollte nur für solche Stromverbraucher gelten, die auch dauerhaft abgeschaltet werden können, da bei ihnen ein zweiter speicherbarer, stromunabhängiger Energieträger zur Verfügung steht. Wenn erneuerbarer Strom auf der einen Seite unabhängig davon, ob er erzeugt wird oder nicht, vergütet wird, macht es ökologisch wie ökonomisch wenig Sinn, den grün erzeugten Strom durch Abgaben und Entgelte so zu belasten, dass die Nutzung für den Verbraucher zu teuer wird. Diesen im Rahmen der Einspeisemanagement-Regelung in 2014 angefallenen 100 Mio. Euro (siehe Kapitel 1.2) stünden mit der Power-to-Heat in Hybridheizungen-Technologie sinnvolle Nutzungen gegenüber. Sinnvolle Ansatzpunkte für eine Anpassung von Abgaben und Entgelten wären insbesondere: Eine Erweiterung des EnWG 14 a (Steuerung von unterbrechbaren Verbrauchseinrichtungen in Niederspannung): Ergänzung um lastmanagementfähige elektrische Heizeinrichtungen in dauerhaft zum Lastverzicht fähigen Hybridsystemen (Öl/Gas + Strom) sowie eine Erweiterung von 60 Abs. 3 EEG auch auf die thermische Speicherung von Strom als Wärme. Eine sinnvolle Nutzung der Wärme muss dabei gewährleistet sein z. B. durch die Substitution von fossilen Brennstoffen im Wärmemarkt. Maßnahme 8: Besondere Netzentgelte für mehr Lastflexibilität öffnen Diese Maßnahme sollte aus den geschilderten Gründen auch gepoolte Kleinverbraucher mit einschließen (siehe hierzu auch Maßnahme 10). Maßnahme 10: Regeln für die Aggregation von flexiblen Stromverbrauchern klären Die vorgestellten Maßnahmen unterstützen wir ausdrücklich, da sie die Möglichkeit bieten, kleine flexible Verbraucher zukünftig sinnvoll zum Lastmanagement zu nutzen.

Maßnahme 13: Smart Meter schrittweise einführen Ein Erfolgskriterium für die Einführung von Smart metering im Endverbraucherbereich ist, dass dort auch wirtschaftliche Anwendungsmöglichkeiten verfügbar sind. Mit Power-to-Heat-Anwendungen und gleichzeitig variablen Stromtarifen ergäbe sich auch im Einfamilienhausbereich eine sinnvolle Nutzungsmöglichkeit für Smart Meter. Maßnahme 14: Netzausbaukosten durch Spitzenkappung von EE-Anlagen reduzieren Geprüft werden sollte, ob diese Spitzen nicht auch sinnvoll z. B. zur Wärmeerzeugung genutzt werden können. Sinnvoll wäre in diesem Zusammenhang, erst Verbraucher im Wärmebereich zuzuschalten, bevor EE-Anlagen abgeschaltet werden. Maßnahme 16: Kraft-Wärme-Kopplung in den Strommarkt integrieren Die Ausbauziele für die Kraft-Wärme-Kopplung wurden zwischenzeitlich im Referentenentwurf zum KWK-Gesetz relativiert. Gleichwohl kann es bei der Vorrangregelung für KWK weiterhin zu einem Zielkonflikt mit einer rein regenerativen Stromerzeugung kommen. Daher sollte eine Förderung der KWK primär der Flexibilisierung der KWK dienen, z. B. durch die flexible preisliche Einbindung in den Regelenergiemarkt. Eine verstärkte Förderung von Wärmespeichern und Wärmenetzen führt zu einem neuen Zielkonflikt hinsichtlich der Reduzierung des Gebäudeenergiebedarfs um 80 % bis zum Jahre 2050. D. h. einem sinkenden Wärmebedarf und klimaneutralen Neubauten ab 2020 stehen permanente Wärmeverluste der Wärmespeicher und -netze entgegen. Eine Förderung von Wärmespeichern und Wärmenetzen erscheint langfristig nur sinnvoll, wenn es um die Nutzung von ansonsten ungenutzter Abwärme aus Industrieprozessen geht.

Kapitel 6: Zukünftige Handlungsfelder 6.1 Ausblick auf die weitere Entwicklung des Strommarktes 2.0 Waren bisher der Strom- und der Wärmemarkt streng voneinander getrennt, so wachsen sie zukünftig vermehrt zusammen. Auch wird dem Strom durch den Ausbau der EE in Zukunft als Primärenergie eine Rolle als Leitenergie zukommen. Aber auch die fossilen Energieträger Öl und Gas werden weiterhin eine wichtige Aufgabe übernehmen: als speicherbare Backup-Energieträger, die immer dann sicher zur Verfügung stehen, wenn Strom gerade knapp ist. Handlungsfeld 4: Durch Sektorkopplung erneuerbaren Strom für Wärme, Mobilität und Industrie nutzen Die Sektorkopplung wird in einem zukünftigen Strommarkt eine wichtige Rolle spielen. Durch die Nutzung von erneuerbarem Strom im Wärmemarkt in Form von PtH können die Stromnetze stabilisiert und gleichzeitig fossile Brennstoffe im Wärmemarkt substituiert werden. Dabei hocheffiziente Technologien zu nutzen, ist ein wichtiger Aspekt. Vor diesem Hintergrund ist zu beachten, dass monovalente Stromheizungen und somit auch Wärmepumpen nicht dauerhaft auf Strom aus dem Netz verzichten können und z. B. an kalten Tagen die Stromnachfrage erheblich erhöhen. Eine gewisse Lastverschiebung ist zwar durch Pufferspeicher möglich, gerade im Winter jedoch auf wenige Stunden begrenzt. Die beigefügte Kurzstudie /1/ zeigt, dass bei einem Ausbau des Wärmepumpenbestandes auf 3,8 Mio. Einheiten im Winter bei ohnehin schon hoher Residuallast ein zusätzlicher Strombedarf von etwa 8 GW entsteht. Dieser müsste als gesicherte Leistung über Reservekraftwerke mit entsprechenden Kosten dauerhaft vorgehalten werden. Ein weiterer Aspekt ist, dass Wärmepumpen als monovalentes System ihre Vorteile nur in Gebäuden mit einem sehr guten Dämmstandard ausspielen können, für un- oder nur teilsanierte Bestandsgebäude eignen sie sich aufgrund der dort notwendigen höheren Vorlauftemperaturen nicht. Hinzu kommen die deutlich höheren Investitionskosten für Wärmepumpen. Müssen bei der Umstellung auch Änderungen an der Wärmeübergabe z. B. durch den Umbau auf eine Fußbodenheizung vorgenommen werden, erhöhen sich die Kosten nochmals immens. Auswertungen des BMWi und des BMF aus 01/2015 haben zudem ergeben, dass über 80 % der abgerufenen KfW-Fördermittel für energetische Gebäudesanierungsmaßnahmen im Bereich unter 10.000 EUR lagen. Dies zeigt deutlich, dass für den Großteil der anstehenden Heizungsmodernisierungen im Bestand von 19 Mio. Öl- und Gasheizungen nur dieser Kostenbereich für die Betreiber in Frage kommt. Dies spricht für kostengünstige Lösungen wie etwa eine Heizungsmodernisierung auf Brennwerttechnik verbunden mit einem größeren Speicher sowie einem Elektroheizer zur Einbindung von erneuerbarem Strom. Durch die vergleichsweise geringen Mehrkosten wäre zudem eine rasche Verbreitung der Technologie gewährleistet. Sollte bei dem Hauseigentümer mehr Budget vorhanden sein, wäre die Nutzung eines hybriden Systems aus einer Wärmepumpe in Verbindung mit einem Brennwert-Heizgerät die sinnvollste Lösung, da damit die beschriebenen negativen Rückwirkungen auf die Vorhaltung von zusätzlicher gesicherter Leistung sicher vermieden werden können.

Die Sektorkopplung bietet viele Vorteile, wie etwa eine stärkere Diversifizierung der Energieträger im Wärmemarkt. Allerdings ist eine Behauptung des Weißbuchs nicht valide: Auf S. 90 wird der Eindruck erzeugt, Deutschland profitiere finanziell mit neuen Stromanwendungen durch verminderte Kosten für Importe von Öl und Gas. Als exportorientiertes Land profitiert die deutsche Exportwirtschaft in ganz erheblichem Maße durch den Rückfluss der Öl- und Gaseinnahmen der Förderländer - das so genannte Petrodollar-Recycling. /5/ Um die Nutzung von erneuerbarem Strom im Wärmemarkt in Form von PtH zukünftig wirtschaftlich attraktiv zu machen, bedarf es Anpassungen an den staatlich verursachten Preisbestandteilen (siehe hierzu die Anmerkungen zu Maßnahme 7). Handlungsfeld 5: Energieeffizienz und Strommarktdesign stärker zusammen denken Der sinkende Stromverbrauch durch mehr Effizienz auf der einen Seite und die Nutzung neuer Stromanwendungen auf der anderen Seite schafft in Summe sicher einen Ausgleich. Unberücksichtigt bleibt bei dieser Betrachtung jedoch, dass durch vermehrte Stromanwendungen im Wärmebereich der Stromverbrauch in bestimmten Jahresstunden im Winter extrem ansteigen wird. Wie schon erwähnt führt dies zu mehr notwendiger gesicherter Leistung, deren Vorhaltung mit hohen Kosten verbunden ist. Diese Kosten auf die Allgemeinheit in Form höherer Strompreise umzulegen, wäre nicht verursachergerecht. Hier sollte besser über eine verursachergerechte Einführung einer Kostenkomponente zur Vorhaltung gesicherter Leistung für ausschließlich strombasierte Heizsysteme nachgedacht werden. Quellenverzeichnis /1/ Bräuninger, Der Einfluss monovalenter Strom-Wärmepumpen auf den Bedarf an gesicherter Kraftwerksleistung, Kurzstudie, August 2015 /2/ itg Dresden, Kurzstudie zur Ölheizung im Neubau, Juni 2015 /3/ HWWI Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut: Power-to-Heat in Hybridheizungen: Die ökonomischen Potentiale der Vernetzung von Strom- und Wärmemarkt, Dezember 2014 /4/ IWO, Perspektiven und Handlungsempfehlungen zur Nutzung von ansonsten abgeregeltem Strom in Hybridheizungen, Februar 2015, siehe: https://www.zukunftsheizen.de/fileadmin/ user_upload/3_technik/3.6_projekte_und_studien/3.6.1_power-to-heat/pth-handlungsempfehlungen_executive_summary_zur_hwwi-pth-studie_iwo.pdf /5/ IW Köln, Studie: Abhängigkeit gleich Verletzlichkeit? Energieimporte in Deutschland und Europa, 2014, siehe: http://www.mew-verband.de/files/9914/1147/6413/2014-09-22_abhngigkeit_von_energieimporten_in_deutschland_und_europa.pdf

Kontakt Institut für Wärme und Oeltechnik e.v. Simon Jastrzab Süderstraße 73a 20097 Hamburg Tel: +49 40 235113-0 Fax: +49 40 235113-29 E-Mail: jastrzab@iwo.de Web: www.zukunftsheizen.de/pth