Wintersemester 2015/16 Einführung in die Bayerische Kirchengeschichte

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Transkript:

Organisatorisches Wintersemester 2015/16 Einführung in die Bayerische Kirchengeschichte Daten zur Vorlesung Beginn: ; Ende: 3. Februar 2016 (Tag der Abschlussklausur!) Uhrzeit: 12-14 Uhr c.t. Ort: HGB, B201 Nachtragungen zur Vorlesung sind bis einschließlich möglich. Mittwoch, den 28. Oktober 2015 Bitte wenden Sie sich per Email an Daniela.Baumgartner@kaththeol.uni-muenchen.de Folgende Daten werden benötigt: Matrikelnummer Genauer Studiengang (modul./nicht modul.), Fächerkombination und Fachsemester Bitte beachten Sie, dass die Anmeldung zur Vorlesung NICHT die Anmeldung zur Klausur ersetzt. Die Anmeldung zur Klausur findet zu einem anderen Zeitpunkt statt. Dies gilt sowohl für modularisiert als auch nicht modularisiert Studierende! 1

Das Christentum ist mit rund 2 Milliarden Christen gegenwärtig die größte der Religionen, benannt nach dem Würdetitel seines Stifters Jesus Christus. Der weite Begriff "Christentum" fand und findet seine geschichtliche Ausprägung in der Kirche, in der Gesamtheit der geschichtlich gewordenen Kirchen und der kleineren christlichen Gemeinschaften. Das Wort "Kirche", abgeleitet vom Griechischen "kyriaké" [zu ergänzen: oikía], "kyriakón" (= Gotteshaus, eigentlich zum Herrn gehörig, dem Herrn geweihtes Haus), ist die Übersetzung vom Griechischen "ekklesía" (lateinisch ecclesia; italienisch chiesa, englisch church, französisch église, spanisch iglesia, niederländisch kerk). Es bedeutet zunächst Gotteshaus, Haus Gottes, Haus der christlichen Gottesverehrung und das dem Gottesdienst geweihte Gebäude, dann die Gemeinschaft der an Jesus Christus Glaubenden; damit ist "Kirche" zugleich auch Sammelbezeichnung für die organisierte Gestalt, das heißt die institutionell, rechtlich und sozial geformte (und als Hierarchie gegliederte) Organisation der christlichen Religionsgemeinschaften und ihrer Geschichte. Der in den christlichen Konfessionen (lateinisch confessio = Bekenntnis) jeweils verschiedene Kirchenbegriff ist für die Bestimmung von Gegenstand und Aufgabe der Kirchengeschichte grundlegend. Von ihrem Gegenstand her ist Kirchengeschichte zugleich eine historische und eine theologische Disziplin (Kirchen-Geschichte). Beachte: Seit dem Mittelalter ist Theologie (von griech. theós = Gott und lógos = Wort, d.h. also Sprechen über Gott, Rede, Lehre und Wissenschaft von Gott ) Bezeichnung für die systematisch-wissenschaftliche Erhebung, Entfaltung, Darstellung, Aneignung und rationale Durchdringung der Glaubensreflexion. Aufgabe und Methode: Ihre Aufgabe ist die Erforschung und Darstellung der Kirche im weiten Bereich ihrer geschichtlichen Erscheinungsformen. Dabei hat der Begriff "Geschichte" (griechisch-lateinisch historia; althochdeutsch gisciht = [schicksalhaftes] Ereignis, Hergang, Zufall) einen doppelten Sinn: Er meint das in der Vergangenheit Geschehene, die Ereignisse und Taten (lateinisch res gestae) sowie die Kunde davon, vermittelt durch die Geschichtswissenschaft, das heißt Erkenntnis, Darstellung (Geschichtsschreibung oder Historiographie) in historisch-kritischer Methode und Lehre. Das griechische Wort "historía" bedeutet lediglich "Forschung", schließt also den Gegenstand nicht mit ein. Dagegen haben das englische "history" und das französische "histoire" die gleiche zweifache Bedeutung wie das deutsche Wort "Geschichte".Die eigentliche methodische Schwierigkeit der Geschichte als Wissenschaft liegt vor allem in dem Umstand, daß in der Betrachtung dessen, was "vergangen" ist, vielerlei Fragestellungen möglich sind, je nach Zeit, Ort und Sinn des Fragens. Dies gilt in besonderer Weise dann, wenn das Postulat des berühmten Erforschers der Römischen Geschichte Theodor Mommsen (1817-1903) berücksichtigt werden will: "Alle Geschichte soll in ihren Beziehungen zur Gegenwart betrachtet werden" (Römische Kaisergeschichte. Nach den Vorlesungsmitschriften von Sebastian und Paul Hensel 1882-1886. Hrg. von Barbara und Alexander Demandt, München 1992, MH.II 366f.). Anders gesagt: Was nach Hans-Georg Gadamer (Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik, Tübingen 1960, 2

6 1990) für sämtliche Wissenschaften, selbst für die "exaktesten" unter ihnen gilt, ist gleichfalls Prinzip für die Glaubenswissenschaft, zu der die Kirchengeschichte auch gehört: nämlich die Notwendigkeit, die Grenze zwischen vorwissenschaftlicher und methodisch wissenschaftlicher Erkenntnis im rationalen Erkenntnisprozeß ständig neu zu "vermessen". Keine Methode wissenschaftlicher Arbeit kann völlig voraussetzungslos sein. Als Geschichtswissenschaft wendet die Kirchengeschichte für die Erforschung und Darstellung der Kirche im weiten Bereich ihrer historischen Erscheinungsformen ohne Einschränkung die historisch-kritische Methode an, wie sie in der abendländischen Neuzeit, besonders im 17./18. Jahrhundert (verfeinert ausgebaut im 19. Jahrhundert), entwickelt worden ist. Insofern unterscheidet sich die Arbeitsweise innerhalb der Kirchengeschichte nicht von der Methode der allgemeinen Geschichtswissenschaft ("Profangeschichte"). Ausgangspunkt sind dabei die jeweiligen Quellen, die von empirisch faßbaren Tatsachen Kunde geben, deren Verständnis aber aufzubereiten ist: Es ist dies die Kunst und Lehre vom Verstehen, die Theorie und Methode der Interpretation oder Auslegung, die Hermeneutik (griechisch hermeneía = Fähigkeit, sich auszudrücken, Auslegung, Erklärung, Verdolmetschung). Die historische Methode stellt zwar keine formale Methodenlehre dar, wohl aber ist sie, vor allem in den Geisteswissenschaften (im Unterschied zu den Naturwissenschaften), das allgemeine Erkenntnisprinzip, das "deutende Verstehen" historischer Entwicklungen, wie es Johann Gustav Droysen (1808-1886) als Selbstreflexion der Geschichtswissenschaft klassisch formuliert hat (Historik. Vorlesungen über Enzyklopädie und Methodologie der Geschichte, München 5 1987). Durch äußere und innere Quellenkritik, das heißt in kritischer Auseinandersetzung mit dem zuvor "gefundenen" und gesammelten gedruckten und ungedruckten Quellenmaterial - diese Vorgänge bezeichnet man als Heuristik (Quellenfindung) - ermittelt, erschließt, analysiert und interpretiert die Geschichtswissenschaft unter Beiziehung ihrer "Hilfswissenschaften" ("Historische Hilfswissenschaften") geschichtliche Tatsachen und Geschichtsabläufe in ihrem Werden, ihren Zusammenhängen und Wirkungen. Heuristik, Kritik und Interpretation sind demnach die Bestandteile einer "Methodik der Geisteswissenschaften", einer Lehre auch vom methodischen Vorgehen (Methodologie) historischer Forschung. In der historisch-kritischen Arbeit dienen der Kirchengeschichte als "Historische Hilfswissenschaften": Schriftkunde (Paläographie), Inschriftenkunde (Epigraphik) und Papyrologie, Buch- und Bibliothekswesen, Urkundenlehre (Diplomatik) und Archivwesen, Münzkunde (Numismatik) und Geldgeschichte, Siegelkunde (Sphragistik), Wappenkunde (Heraldik), Symbol- und Insignienkunde, historische Personenforschung, Genealogie (griechisch = Stammtafel) und Prosopographie (griechisch = Personengeschichte), Philologie und Altertumskunde, historische Geographie und Statistik sowie Zeitrechnungslehre (Chronologie, von griechisch chrónos = Zeit); die historische Chronologie behandelt die Geschichte der Zeiteinteilung und Zeitrechnung. 3

Zeitrechnung und Kirchengeschichte Die für die Kirchengeschichte wichtigsten Zeitrechnungen sind: Die Rechnung nach dem traditionellen Jahr der Gründung Roms (753 vor Christus) und nach römischen Konsulats- und Postkonsulatsjahren; der Cyclus Indictionum, ein Zyklus von je 15 Jahren, der seit Kaiser Diokletian im Jahr 297 bis ins 16. Jahrhundert hinein gebraucht wurde; die Weltära, gerechnet von der Erschaffung der Welt an und in verschiedenen Formen üblich (byzantinisch: Anfang 5509 vor Christus, in Rußland bis auf Kaiser Peter den Großen 1700, bei Griechen, Serben und Rumänen bis ins 19. Jahrhundert in Gebrauch; alexandrinisch: Anfang 5492 vor Christus; jüdisch: Anfang 3761 vor Christus). Die christliche Zeitrechnung geht zurück auf den gelehrten Mönch Dionysius Exiguus ( nach 550 in Rom), der in seiner Ostertafel ab 532 die Jahre nicht mehr mit Kaiser Diokletian, sondern mit der Geburt Christi beginnen ließ, die er mit 754 "ab urbe condita" (seit Gründung der Stadt Rom) etwa sechs bis sieben Jahre zu spät ansetzte. Erst Jahrhunderte später kam diese Jahreszählung in der Christenheit allgemein zur Geltung. Auch die lange bestehenden Unsicherheiten im Hinblick auf den Ostertermin wurden durch die Ostertafel des Dionysius Exiguus beigelegt (eine Ostertafel, lateinisch tabula paschalis, auch Osterkanon, gibt in Tabellenform den beweglichen Ostertermin an). Schon in frühchristlicher Zeit war es um den Termin des Osterfestes zum Steit gekommen zwischen kleinasiatischen, syrischen und judenchristlichen Gemeinden, die am jüdischen Passah-Termin (14. Nisan, von daher Quartodecimaner genannt) festhielten, und der römisch-heidenchristlichen Gemeinde, die Ostern am Sonntag nach dem jüdischen Passah feierte. Der unter Papst Viktor I. (189?-198?) verschärfte Osterfeststreit wurde durch das Konzil von Nizäa (325) zugunsten Roms entschieden. Seit Dionysius Exiguus' Ostertafel wird Ostern am Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond gefeiert. Wie die Jahresrechnung war auch die Datierung des Jahresanfangs lange verschieden (1. Januar; 1. März; 1. September; Weihnachten; Mariä Verkündigung, 25. März); erst seit dem 16. Jahrhundert wurde der 1. Januar allgemein als Jahresanfang üblich. In der Berechnung der Jahresdauer galt bis dahin die Festlegung durch C. Julius Caesar (100-44 vor Christus). Papst Gregor XIII. (1572-1585) führte im Jahr 1582 den bis heute üblichen Kalender ein, mit dem die Länge des Jahres (Ausgangspunkt der Jahreszählung ist Christi Geburt, "nach Christus") auf 365,2425 mittlere Sonnentage festgelegt wurde. Diese Kalenderreform korrigierte den "Julianischen Kalender" Caesars, der aufgrund seiner Schaltregel die Jahreslänge auf 365,25 mittlere Sonnentage berechnete. Weil dieses feste Julianische (Sonnen-) Jahr um 0,0076 Bruchteile länger als das tropische Sonnenjahr ist, war es bis zum Ende des 16. Jahrhunderts zu einer Verschiebung des Jahresbeginns um zehn Tage gekommen. Mit dem "Gregorianischen Kalender" wurde diese Differenz gegenüber dem tropischen Sonnenjahr durch den Ausfall von zehn Tagen aufgehoben, indem man auf den 4. Oktober den 15. Oktober 1582 folgen ließ. Zudem wurde der jährliche Frühlingsanfang auf den 21. März gelegt und in der Schaltregel bestimmt, daß alle 400 Jahre drei Schalttage auszufallen haben, nämlich die nicht durch 400 teilbaren Säkularjahre, also 1700, 1800, 1900, die keine Schaltjahre waren, wohingegen das Jahr 2000 ein Schaltjahr ist. Damit waren die Abweichungen gegenüber dem tropischen Sonnenjahr verringert worden; der verbleibende Fehlerrest wird erst in 3333 Jahren genau einen Tag ausmachen. Zur Einführung des Gregorianischen 4

Kalenders und damit der Datierungen "nach neuem Stil" (lateinisch stilus novus/novi calendarii) im Gegensatz zum "alten Stil" (lateinisch stilus vetus/antiquus) des Julianischen Kalenders kam es im evangelischen Deutschland und in den Ländern Skandinaviens erst 1700, in England 1752, in den orthodoxen Ländern Ostmittel- und Südosteuropas erst am Beginn des 20. Jahrhunderts (in Rußland 1918), wohingegen die meisten orthodoxen und unierten Ostkirchen (für das Kirchenjahr) weiter nach dem Julianischen Kalender rechnen, so daß hier das Weihnachtsfest gegenwärtig auf den 6./7. Januar fällt. aus: Manfred Heim, Einführung in die Kirchengeschichte, München 2 2008, S. 9-16. 5

Prolog Prolog Vom Stammesgebiet der Bajuwaren zum modernen Verfassungsstaat: Die Geschichte Bayerns ist beispielhaft für die Geschichte der heutigen Länder und die Entwicklung des föderalistischen Prinzips in Deutschland. Im Laufe von zweitausend Jahren wuchs eine eigene bayerische Tradition, die illustriert, daß sich deutsche Geschichte in hohem Maße aus der Geschichte der Stämme und Länder im deutschen Kulturraum speist, wobei das Stammesherzogtum der Bayern bis zum 12. Jahrhundert die Grundlage für das politische, kirchliche, kulturelle und soziale Gefüge des Landes bildet. (Wilhelm Volkert) Daraus wird ersichtlich: Stellenwert und Aufgabe des Faches Bayerische Kirchengeschichte, seit 1962 Disziplin an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Beachte: Begriffspaar Kultur und Religion Exkurs: Zur Geschichte der Universität: 1472 Ingolstadt (Herzog Ludwig der Reiche), 1800 Landshut (Kurfürst Maximilian IV. Joseph, seit 1806 König Maximilian I. Joseph) [daher der Name Ludwig- Maximilians-Universität!], seit 1826 München (König Ludwig I.) Zum Begriff Freistaat : Kurt Eisner erklärte im November 1918 vor der Räteversammlung in München, der König sei abgesetzt und Bayern künftig ein freier Volksstaat (später: Freistaat). Wichtige Eckdaten bayerischer Geschichte: 551 erstmalige Nennung der Bayern durch den gotischen Historiographen Jordanis (Baibari / Baiobari), dann 570 durch den Dichter Venantius Fortunatus (Baiuvarii) beachte: vom i zum y! 788: Absetzung des letzten Agilolfinger/Herzogs Tassilo III. Seit 1180: Wittelsbacher 1623: 1806: Kurfürstentum (Maximilian I.) Königreich (Maximilian I. Joseph) Gebietsverluste (Österreich), Gebietsgewinne (Franken und Schwaben) Beachte: Altbayern und Schwaben, Altbayern und Franken 1918-1934: erster Freistaat Bayerische Verfassung vom 2. Dezember 1946 bildet die Grundlage der Eigenstaatlichkeit des Freistaates Bayern 6