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da s grosse summen Der Honig ist ihr geringstes Geschenk an uns Menschen. Ohne sie gäbe es weder Obst noch Blumen. Ein Report über die Biene das kleinste aller Nutztiere, seine erstaunlichen Fähigkeiten und das mysteriöse Sterben seiner Völker Text Regula Tanner Foto: Don Farrell / Prisma DER FRAUENSCHWARM Hier haben Männchen nichts zu sagen. Die Arbeiterinnen kümmern sich um den Betrieb, jede einzelne weiss genau, wohin sie gehört. Die Königin hält sie ein Leben lang mit ihrem Duft zusammen SonntagsBlick Magazin 19

Der perfekte Staat 50 000 Arbeiterinnen und ein paar Drohnen zu Diensten Ihrer Majestät FORSCHUNG AM LEBENDIGEN OBJEKT 70 Bienenstöcke nennt die Uni Würzburg ihr eigen. Die renommierten Wissenschaftler erforschen Intelligenz, Geruchssinn und den Schwänzeltanz der Apis Mellifera Foto: Markus Kirchgessner / Laif 20 SonntagsBlick Magazin

Arbeit ist das ganze Leben Nur die Puppe wird umsorgt. Danach gibts nichts als schuften. Bis zum Tod DIE FREUNDIN DER BLUMEN Nach dem Puppenstadium (r.) übt die Arbeiterin in ihrem 50-tägigen Leben viele Berufe aus: Putz-, Bau- und Wächterbiene und zu guter Letzt Sammelbiene, die hier willkommener Nebeneffekt eine Krokusblüte bestäubt Fotos: Oliver Giel, Arco Images 22 SonntagsBlick Magazin

NIE OHNE SEINE PFEIFE «Die Bienen sind mein Lebensinhalt», sagt Imker Andreas Rubin aus Steffisburg. Wenn er seine 30 Völker pflegt, greift er zumtabak: «Rauch macht die Bienen träge» Grossvater rauchte nur sommers. Er musste rauchen bei den od Bienen, das wusste der Junge. Rauch besänftigt die Tiere, macht sie ruhig und träge, und das ist für einen Imker von Bedeutung. Ging der Grossvater zu den Bienen, war der Junge stets dabei. Half ihm, die Wabenrahmen zu drahten, die Futtervorräte zu kontrollieren und den Honig zu schleudern. Und manchmal, wenn die Arbeit vollbracht war, griff er nach Grossvaters Pfeife und rauchte sie hustend zu Ende. Andreas Rubin, ein stattlicher Mann von 52 Jahren, steht vor seinem Steffisburger Bauernhaus und lacht. «Ja, das waren noch Zeiten», sagt er. So manches hat sich seither verändert, doch etwas ist geblieben: seine Liebe zu den Bienen. Dreissig Völker hält er heute, zehn davon bei seinem Wohnhaus, die restlichen verteilt im Berner Oberland, Eriz, Suldtal, Teuffental. Er besucht sie wöchentlich, auch winters fährt er hin, horcht an den Stöcken, will sich vergewissern, dass alles in Ordnung ist. «Die Bienen sind mein Lebensinhalt», sagt er. Es gebe nichts Schöneres, als in ihrer Nähe zu sitzen, erfüllt von innerer Ruhe, zu schauen, wer ein- und ausfliege, und immer wieder zu staunen, wie durchdacht die Zusammenarbeit in einem Bienenvolk sei. «Manch einem in unserer hektischen Zeit wäre dies eine Lebensschule.» Sagts, zieht ein dickes weisses Hemd an, stülpt einen feinmaschigen Schleier über den Kopf und schreitet zu den Bienenkästen. Ein Summen liegt in der Luft. Hinter den zierlichen Obstbäumen, die nach dem kalten Frühlingsbeginn nun endlich in Blüte stehen, tanzen Rubins Bienen. Die Westliche Honigbiene, mit wissenschaftlichem Namen Apis mellifera, lebt seit etwa 40 Millionen Jahren auf der Erde. So alt jedenfalls ist das Bernsteinfossil einer Ur- Honigbiene, das man an der Ostsee fand. Ohne Bienen gäbe es weder Obst und Gemüse noch Blumen. Sie bestäuben unzählige Pflanzen, bekommen dafür deren süssen Nektar und übernehmen somit eine wichtige Rol- Fotos: Michhael Sieber le in der Vermehrung der Flora. Durch ihre Leistung in Sachen Bestäubung sind die Honigbienen zum drittwichtigsten Nutztier des Menschen geworden, gleich hinter dem Rind und dem Schwein, und noch vor dem Huhn. Ein Volk, in dem etwa 50 000 Bienen leben, sammelt während eines Sommers 600 Kilogramm Nektar und 30 Kilogramm Pollen. Dabei legen die Bienen sage und schreibe 20 Millionen Flugkilometer zurück. Das ist so viel wie 26-mal die Strecke von der Erde zum Mond und wieder retour. Der sprichwörtliche Fleiss der Bienen also? «Nein», sagt Jürgen Tautz, Bienenforscher an der Universität Würzburg. «Es stimmt nicht, dass alle Bienen fleissig sind. Der Staat ist fleissig.»es gebe solche, die zehn Ausflüge pro Tag machten, aber auch solche, die sich mit einem begnügten. Tautz, der einst das Nervensystem von Krebsen erforschte, hat sich vor zwanzig Jahren den Bienen zugewandt. Das kam so: Sein forschender Vorgänger machte ihm «das hinterlistige Geschenk» eines Bienenstocks; Tautz stellte den Stock in seinen Garten, beobachtete und war alsbald vom Treiben der pelzigen Sechsbeiner angetan. So kam es, dass er zum «Professor der Bienen» wurde und fortan gemeinsam mit seinem Forschungsteam so manch Erstaunliches herausfand. «Wir führen Intelligenztests durch», sagt er. «Dabei haben wir festgestellt, dass die Bienen enorm lernfähig sind.» Zum Beispiel bei optischen Versuchen. Man gibt den Bienen zwei Eingänge zur Auswahl, einer davon ist mit Längsstreifen bemalt, der andere mit Querstreifen. Verschliesst man nun den quergestreiften, werden die Tiere spätestens beim dritten Anlauf nur noch den längsgestreiften anfliegen. Doch sie können noch mehr. Sich merken, dass der «Quere» nur morgens, der «Lange» hingegen nur abends geöffnet ist. Und ihr Riechvermögen: «Schlichtweg phänomenal», schwärmt Jürgen Tautz. Das haben sich die Menschen zu Nutzen gemacht. Am Flughafen London Heathrow werden seit einiger Zeit nicht mehr Hunde, sondern Bienen zum Aufspüren von Sprengstoff od 24 SonntagsBlick Magazin SonntagsBlick Magazin 25

eingesetzt. Wenn als Belohnung ein od Futtertropfen winkt, kann eine Biene daran gewöhnt werden, bei einem bestimmten Geruch die Zunge herauszustrecken. Anstelle von Düften wie Rose oder Lavendel lässt man bei der Fütterung gasförmiges TNT ausströmen. Was die Bienen zum Schluss kommen lässt: Wo es nach Sprengstoff riecht, ist Futter. In Würzburg (D) wird mit Hightech geforscht, mit Wärme-, Infrarot- und Hochgeschwindigkeitskameras. Mit Letzteren gelang es dem Team, Neues über den berühmten Schwänzeltanz zu erfahren. Ist eine Biene auf Futter gestossen, tut sie dies den anderen mit bestimmten Bewegungen kund. Jene betasten die Tanzende mit den Fühlern und lesen auf diese Weise ab, in welcher Richtung zur Sonne und wie weit entfernt vom Bienenstock das Futter zu finden ist. Mit Hilfe einer Hochgeschwindigkeitskamera stellten die Forscher nun fest, dass die Biene bei einem wichtigen Teil des Tanzes, dem «Schwänzellauf», gar nicht läuft wie bisher angenommen, sondern praktisch stehen bleibt. Nebst Kameras aller Art werden auch Mikrochips eingesetzt. Genau genommen auf die Bienen geklebt. Man stelle sich den Professor und eine Handvoll Studenten vor, um einen Salontisch kniend. Der Tisch voll von frisch geschlüpften, noch nicht zum Stechen fähigen Bienen, daneben ein Häufchen Mikrochips. Mit einem Tröpfchen Schelllack, einer natürlichen, harzigen Substanz, kleben die Forschenden den Babys Mikrochips auf den Rücken. Auf dass ihr Tun ein Leben lang registriert werde. «Die Chips stören die Bienen nicht», sagt Tautz, «wir konnten nie feststellen, dass sie das Teilchen auf irgendeine Weise loswerden wollten.» Eine Biene wiege 70, ein Mikrochip gerade mal 2,4 Milligramm. Ab sofort haben die Jungbienen also eine Nummer und werden per Lesegerät beim Einund Ausflug registriert. Oder für Versuche wie diesen gebraucht: Die Forscher setzen ein paar der Gechipsten in einem Kilometer Entfernung des Bienenstocks aus und beobachten, ob und wie schnell sie zurückfinden. Fällt ihnen das Verhalten einer Biene in freier Wildbahn auf, zum Beispiel als besonders angriffslustig, können sie diese auch per Handlesegerät identifizieren. «Bienen sind Persönlichkeiten», sagt Tautz. «Da gibt es grosse Unterschiede: fleissige und faule, aggressive und friedliebende.» Ein Bienenvolk ist also ein Staat von Persönlichkeiten, deren Zusammenleben aber «straff und harmonisch» organisiert ist. Das das grosse sterben Die Ursachen «Es ist eine Mischung verschiedener Gründe, die zum Bienensterben führt», sagt Jürgen Tautz, Bienenforscher an der Universität Würzburg. Die Hauptverdächtigen l Die Krankheiten. Insbesondere die Varroa- Milbe in Kombination mit anderen Krankheiten wie Viren, Bakterien und Pilzen. l Die Umwelteinflüsse. Der verstärkte Einsatz von Pestiziden und die einseitige Ernährung. l Die fehlende genetische Diversität. Die Bienen werden einseitig zu Sanftmut, Fleiss und Schwarmträgheit herbeigezüchtet und sind dadurch krankheitsanfälliger geworden. Die Folgen Der Mensch braucht die Bienen. Ihr Verschwinden hätte für die Menschheit unabsehbare Konsequenzen, denn: l Sie sind die drittwichtigsten Nutztiere, gleich hinter dem Rind und dem Schwein, und noch vor dem Huhn. l Mit Hilfe der Bienen erwirtschaftet man in Mitteleuropa vier Milliarden Euro pro Saison. DER BIENEN-PROFESSOR Jürgen Tautz von der Universität Würzburg bestückt Bienenbabys mit Mikrochips. So kann er jede Flugbewegung genaustens erfassen Fast 50 000 der insgesamt 190 000 Schweizer Bienenvölker sind im letzten Winter eingegangen. In Deutschland waren es 30, in den USA gar 36 Prozent. Was ist los mit unseren Bienen? l Jeder dritte Bissen, den der Mensch zu sich nimmt, steht in direktem Zusammenhang mit der Biene. l Ohne Bienen gäbe es keine Früchte, kein Gemüse und keine sommerliche Blumenpracht. Wie kann man der Biene helfen? «Mit vielen Kleinigkeiten», sagt Jürgen Tautz. «Indem man zum Beispiel die Wegränder seltener mäht und Bäume und Sträucher später schneidet. So verhilft man den Bienen zu einem vielfältigeren Nahrungsangebot.» Fotos: Markus Kirchgessner / Laif, Helga R. Heilmann Fotos: Michael Sieber, London School of Hygiene & Tropical Medicine / SPL / Keystone System ist monarchistisch: Alle Bienen ordnen sich der Königin, dem einzigen fortpflanzungsfähigen Weibchen, unter. Die deutlich grössere Königin wird zeitlebens mit Gelée Royale, einem speziellen Futtersaft, gefüttert und hält ihr Volk zusammen, indem sie ein Drüsensekret ausscheidet, das ständig an alle Nestbewohner verteilt wird. Wenn die Zeit reif ist, schwärmt die alte Königin mit einem grossen Teil des Volkes aus und überlässt das Nest der jungen Königin. Diese hebt im Alter von zwei Wochen zum Hochzeitsflug ab und lässt sich in luftiger Höhe von etwa einem Dutzend Männchen, den Drohnen, begatten. So bekommt sie Samen für ihr ganzes, etwa vierjähriges Leben. Zurück im Bau, legt sie Eier. Aus den befruchteten entstehen sterile Weibchen, das sind die Arbeiterinnen, aus den unbefruchteten ein paar wenige Drohnen, deren einziger Daseinszweck das Begatten fremder Königinnen ist. Doch dann ist Schluss. Während der Begattung platzt ihr Hinterleib, und die Männchen sterben. Wer es nicht bis dahin schafft, wird von den Arbeiterinnen aus dem Nest geworfen. Nebst dem Beruf der Rausschmeisserin üben die Arbeiterinnen während ihres 50- bis 60-tägigen Lebens noch einige andere aus: Sie sind Putzbienen, Baubienen, Brutpflegebienen und Wächterbienen. Erst in ihrem letzten Lebensabschnitt werden sie zu Sammelbienen und verlassen das Nest. Es sind also Seniorinnen, die heute, an diesem strahlenden Maitag, in Andreas Rubins DEN BIENENKILLERN AUF DER SPUR Peter Neumann vom Bienenforschungszentrum in Bern-Liebefeld gibt es offen zu: «Wir kennen den Grund für das Bienensterben nicht.» Sicher ist nur, dass die Varroa-Milbe ein Hauptverdächtiger ist Bienenkästen ein- und ausfliegen. Der Imker hat den Schleier nach hinten geklappt, eine Pfeife angezündet und ist daran, einen der Kästen zu öffnen. Rauch qualmt aus seinem Mund, er bewegt sich mit Bedächtigkeit, nichts, aber auch wirklich nichts kann diesen Mann aus der Ruhe bringen. Er nimmt die Imkerzange zur Hand, bläst Rauch auf den vordersten Wabenrahmen und ergreift ihn vorsichtig an seinem Rand. Es scheint, als ob sich des Imkers Ruhe auf die unzähligen, auf den Waben kriechenden Bienen übertragen würde. Kein nervöses Umherschwirren, kein verteidigendes Drauflosstechen, nur ein paar einzelne heben kurz ab, gesellen sich aber bald wieder zu den anderen. «Die Ruhe ist das A und O des Imkerns», sagt Rubin. Dennoch werde er manchmal gestochen, durchschnittlich zehnmal pro Saison. Steche eine Biene zu, verschwinde man besser vorerst vom Platz. Denn röchen die anderen das ausströmende Gift, bedeute das «Achtung Feind!», und dann werde angegriffen. «Das ist eben die Natur.» Ein Satz, der dem Imker wichtig ist. Seine Philosophie: «Erstens: die Natur respektieren. Zweitens: zuerst geben, dann nehmen.» Geben heisse, für die Gesundheit und Futtervorräte der Bienenvölker zu sorgen. Nehmen, daraufhin mit gutem Gewissen angemessen Honig zu ernten. Bereits 3000 vor Christus verglich die Braut des sumerischen Königs Schu-Schin ihren Angebeteten mit süssem Honig. Und bei allen grossen Ärzten der alten Zeiten, von Hippokrates bis Paracelsus, war Honig Bestandteil der Heilkunde. Auch heute ist Honig ein beliebtes Gut. Herr und Frau Schweizer konsumieren jährlich 1,3 Kilogramm pro Kopf, eine Zahl, die im internationalen Vergleich hoch liegt. Zwei Drittel davon sind Importhonig, der Rest 3500 Tonnen im Jahr stammt aus der Schweiz. «Vor vier Jahren haben wir das goldene Qualitätssiegel eingeführt», sagt Richard Wyss, Präsident des Vereins deutschschweizerischer und rätoromanischer Bienenfreunde VDRB. «Das Siegel ist Garantie für eine streng kontrollierte Produktion.» Doch nicht nur für den Honig findet der Mensch Verwendung, sondern auch für den Pollen, das Gelée Royale, das Pflanzenharz Propolis, das Wachs und sogar für das Gift. In der Apitherapie, bei der Bienenprodukte als Medikamente eingesetzt werden, soll Pollen vorbeugend bei chronischen Krankheiten wirken, Gelée Royale bei Schwächezuständen helfen, Propolis antibiotische Wirkung haben, Wachs Erkältungen und Bienengift Rheuma lindern. Doch zurück zum Honig. Termin in Biel BE, in der Firma Narimpex, Nectaflor. Hier werden jährlich 4000 Tausend Tonnen Honig verarbeitet, grösstenteils Importware aus Lateinamerika. Die eine Hälfte wird in Gläser und Dosen verpackt, die andere für Industriebetriebe abgefüllt, die den Honig für die Herstellung von Guetzli, Schokolade oder Müesli verwenden. «Die Industrie verlangt nach einem aromatischen Honig, der den od 26 SonntagsBlick Magazin SonntagsBlick Magazin 27

die BIenen In ZaHLen Endprodukten den unverkennbaren od Honiggeschmack verleiht», sagt Direktor Heinrich Grünig. Seine Degustationsteams verbringen Stunden mit dem Eruieren der perfekten Geschmacksnote jeder Honigmischung: Waldhonig soll dunkel, kräftig und aromatisch sein, Blütenhonig eher hell, zart und cremig. Jetzt überreicht der Direktor Mantel und Haube «nichts geht über Hygiene» und bittet zum Rundgang. Der Duft von Honig hängt in der Luft, süss und schwer, eine Mitarbeiterin überwacht eine Maschine, die 23- Gramm-Gläschen Akazienhonig für Japan abfüllt. Nebenan harren mächtige Chromstahltanks, elf Tonnen Honig darin, von durchschnittlich dreissig bis vierzig Imkern. «Die Qualitätskontrollen sind streng», versichert Grünig. «Unser fünfzigjähriger Familienbetrieb kann sich nicht leisten, wegen Qualitätsproblemen wie etwa Antibiotika- Rückständen in Verruf zu geraten.» Getestet werde sowohl im hauseigenen Labor wie auch in externen Lebensmittellabors. Stichwort Antibiotika. In der Schweiz breitet sich der Feuerbrand aus, eine Krankheit, die vor allem Kernobstbäume befällt. Zu seiner Bekämpfung wird das Antibiotikum Streptomycin eingesetzt, das den Honig der umliegenden Bienenvölker in Folge verunreinigt. Kleiner, sehr kleiner Trost für die Imker: Der Schweizerische Obstverband verpflichtet sich, den auch nur leicht kontaminierten Honig zu kaufen und zu vernichten. Ungemach droht aber auch von anderer Seite. Von der Varroa-Milbe zum Beispiel. Die Milbe, die das Blut der Bienen und ihrer Larven saugt und sie somit schwächt, wurde Anfang der Achtzigerjahre von einem deutschen Forschungsinstitut aus Asien nach Europa eingeschleppt. 1984 erreichte sie die Schweiz und befiel innerhalb von wenigen Jahren sämtliche Bienenvölker. Und es lauern weitere Gefahren. Insgesamt etwa ein Dutzend Viren sind es, die den Bienen zu schaffen machen, dazu etliche Bakterien, einige Pilze sowie Einzeller, Milben, Motten und Läuse. Zu den Bedrohungen zählt auch der Kleine Beutekäfer. Er, der ursprünglich aus dem südlichen Afrika stammt, ist heute bereits nach Nordafrika, Amerika und Australien vorgedrungen. Seine Larven fressen Pollen- und Honigvorräte und zerstören dabei die Bienenbrut und ganze Völker. Um den Einmarsch des Käfers in Europa zu verhindern, haben die Schweiz und die EU die Bienenimporte aus den betroffenen Gebieten gestoppt. 1 Flug nur macht eine Königin in ihrem Leben. 12 männliche Drohnen paaren sich auf diesem Flug mit ihr. 4 Jahre nutzt eine Königin das Sperma aus diesem einzigen Flug. 2000 Eier legt eine Königin pro Tag, das entspricht dem zweifachen ihres Körpergewichts. 50 000 Arbeiterinnen leben in einer durchschnittlichen Kolonie beim Imker. Wilde Kolonien sind deutlich kleiner. 500 000 Pollenkörner bringt eine Arbeiterin von einem einzigen Flug mit. 1300 Mahlzeiten erhält jede Larve einer Arbeiterin von ihren Nannies pro Tag. 35 Stundenkilometer Spitzengeschwindigkeit erreicht eine Biene. 2243 Stiche mehr wurden nie an einem einzigen Menschen gezählt. Der Gestochene überlebte. Und damit sind wir beim rätselhaften Bienensterben. Bereits zum fünften Mal sind die Bestände drastisch eingebrochen. Rund ein Viertel aller Bienenvölker der Schweiz hat den letzten Winter nicht überlebt. Als normal gilt ein winterlicher Verlust von etwa zehn Prozent. «Wir kennen den Grund des Sterbens nicht», sagt Peter Neumann, Biologe des Zentrums für Bienenforschung in Bern-Liebefeld. «Doch wir haben Vermutungen.» Diese erläutert er am liebsten anhand seines «Sherlock- Holmes-Modells». Es gibt Tote: die Bienen. Und es gibt Hauptverdächtige. Erstens die Krankheiten: insbesondere die Varroa-Milbe in Kombination mit anderen Krankheit. Zweitens die Umwelteinflüsse: Pestizide und ein- Fotos: Michael Sieber GLAS UM GLAS EIN SÜSSES GESCHENK Die Firma Narimpex, Nectaflor in Biel füllt jährlich 4000 Tonnen Honig ab. Herr und Frau Schweizer konsumieren pro Jahr 1,3 Kilogramm des goldenen Sammelguts der Bienen seitige Ernährung. Ein riesengrosses Rapsfeld und weit und breit keine anderen Pflanzen für die Bienen. Drittens: die fehlende genetische Diversität, also die einseitig zu Sanftmut, Schwarmträgheit und hohem Honigertrag herangezüchtete Biene. «Wir gehen davon aus, dass beim Bienensterben verschiedene Faktoren zusammenspielen», sagt Peter Neumann. Die von ihm geleitete Coloss-Gruppe, ein Zusammenschluss von 76 Arbeitsgruppen aus 31 Ländern, hat sich zum Ziel gesetzt, dem massiven Verlust von Bienenvölkern auf die Spur zu kommen. Als Behandlung gegen Varroa empfiehlt das Forschungszentrum den Einsatz von Ameisen- und Milchsäure. Auch Imker Rubin befolgt diesen Rat. Trotzdem gingen einige seiner Völker ein. Weil in benachbarten Bienenkästen nichts gegen die Milbe unternommen wurde, verirrten sich kranke, nunmehr orientierungslose Bienen in Rubins Kästen und steckten seine Völker an. «Wir Menschen brauchen die Bienen seit jeher. Aber heute, in dieser schwierigen Zeit, brauchen die Bienen auch uns Menschen», sagt er. «Wir Imker haben eine grosse Verantwortung.» Dann hält er inne, blickt zur Sonne, erhebt sich. Er will noch ins Suldtal, nach den Bienen schauen. Packt seine Sachen, die Imkerzange, die Handschuhe, den Schleier. Und natürlich die Pfeife. Die hätte Grossvater auch nicht vergessen. l 28 SonntagsBlick Magazin SonntagsBlick Magazin 29