Numerische Wettervorhersage beim Deutschen Wetterdienst (DWD)

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Transkript:

Deutscher Wetterdienst Numerische Wettervorhersage beim Deutschen Wetterdienst (DWD) Detlev Majewski, DWD, Forschung und Entwicklung e-mail: detlev.majewski@dwd.de Tel.: 069 8062 2728

Atmosphärische Strukturen unterschiedlichster Größenordnung in einem Satellitenbild der Wolken (global)

Physikalische Grundlagen der numerischen Wettervorhersagemodelle (NWV-Modelle) Erhaltungsgleichungen für Masse Impuls Energie Feuchte Spurengase Druckgleichung Windgleichung Temperaturgleichung Wasserdampf, Wolkenwasser, Wolkeneis, Regen, Schnee, Ozon

Generelle Form der Gleichungen d y y y y y = + u + v + w = Dyn + S + rad S + conv S + cond dt t x y z S turb Prognostische Gleichung: "Dynamik" und "Physik" System von gekoppelten, partiellen, nichtlinearen Differentialgleichungen. Analytische Lösungen nur für vereinfachte Probleme! Leonard Euler: Mathematiker 1707 (Basel) 1783 (St. Petersburg)

Physikalische Prozesse am/im Erdboden

Die Modellkette des DWD COSMO-DE Δx = 2.8 km COSMO-DE: Maschenweite: 2.8 km 421*461 * 50 Gitterpunkte Zeitschritt: 25 sec. Vorhersagen bis 21 Stunden COSMO-EU Δx = 7 km COSMO-EU: Maschenweite: 7 km 665*657 * 40 Gitterpunkte Zeitschritt: 40 sec. Vorhersagen bis 78 Stunden GME Δx = 40 km GME: Maschenweite: 40 km 368642 * 40 Gitterpunkte Zeitschritt: 133 sec. Vorhersagen bis 7 Tage

Topographie im GME (Δx = 40 km) ^ Mont Blanc (4810 m) Globe, Gitterfläche: 1 km 2 GME, Gitterfläche: 1384 km 2 500 0.000 1000 4000 3500 3000 2500 2000 1500

Topographie im COSMO-DE (Δx = 2.8 km) ^ Mont Blanc (4810 m) Globe, Gitterfläche: 1 km 2 COSMO-DE, Gitterfläche: 8 km 2 500 0.000 1000 4000 3500 3000 2500 2000 1500

Wettervorhersage auf Supercomputern GME (global) 15 Millionen Gitterpunkte 24h-Vorhersage in 15 Minuten COSMO-EU (Europa) 17 Millionen Gitterpunkte 24h-Vorhersage in 25 Minuten IBM p575 Power5 44 + 4 + 4 Rechenknoten 416 Processoren 3.1 TFlop/s Spitzenleistung COSMO-DE (Deutschland) 10 Millionen Gitterpunkte 21h-Vorhersage in 30 Minuten

Wettervorhersage als Anfangswertproblem und Randwertproblem (unterer Rand am Erdboden/Meere) An jedem Gitterpunkt müssen wir Druck, Temperatur, Wind, Wasserdampf, Wolken usw. zum Anfangstermin (Starttermin der Vorhersage, z.b. heute 00 UTC) vorgeben. Dann können wir die zukünftige Wetter-entwicklung auf der Grundlage der Modellgleichungen berechnen.

Was passiert dann??? Wettervorhersage als Anfangswertproblem

Synoptische Stationen und Schiffe

Bojen im Meer (verankert und frei beweglich)

Radiosonden (Wetterballone)

Messungen von Verkehrsflugzeugen (AMDAR)

Messungen von polarumlaufenden Satelliten

Messungen von geostationären Satelliten

Radardaten für die Bestimmung des Anfangszustandes im COSMO-DE

Gewitterlage am 13. Mai 2007 Am Abend des 13. Mai 2007 verursachte eine Kaltfront die Bildung einer Linie von Schwergewittern über Deutschland. Nach der European Severe Weather Database wurden folgende Ereignisse beobachtet: F2 Tornado in der Nähe von Kall-Sistig um 19:15 UTC Möglicher F0 Tornado in der Nähe von Wirges um 18:30 UTC Mehrere Berichte von großen Hagelkörnern bis zu 3 cm Durchmesser im Gebiet von Aachen/Koblenz Zusätzlich beobachteten Storm Chaser Superzellen. Bodenanalyse, 13. Mai 2007 15 UTC

Gewitterlage am 13. Mai 2007: Superzellen Radar und... COSMO-DE Vorhersagen mit unterschiedlichen Startterminen COSMO-DE gibt in allen Vorhersagen einen generellen Hinweis auf Superzellen in dem betroffenen Gebiet. Ab der 06 UTC-Vorhersage zeigen alle Modellrechnungen eine Linie hochreichender Konvektionswolken. Die Position einzelner Zellen ist allerdings kaum vorhersagbar.

Radarkomposit und Modellreflektivität: 15. Juni 2007 COSMO-DE erlaubt eine gute Vorhersage, wo und wann hochreichende Konvektion entsteht. BlaBla Genaue deterministische Vorhersagen können auf dieser Skala nicht erwartet werden.

Zusammenfassung und Ausblick Numerische Wettervorhersage (NWV) umfasst viele Raumund Zeitskalen (> 10.000 km bis < 1 km, > 100 h bis < 1 min). Die NWV-Modelle basieren auf physikalischen Grundprinzipien, beschreiben die Wirklichkeit aber nur näherungsweise. Der Anfangszustand (Analyse) für die Vorhersagerechnung wird im Rahmen der Datenassimilation aus einer Mischung von Modellschätzwert und Beobachtungen bestimmt. Wettervorhersage ist inhärent unsicher. Zukünftig stellt der Wetterdienst hochauflösende Ensemble- Rechnungen (Monte-Carlo-Methode) bereit, um diese Unsicherheit zu quantifizieren und vor Wettergefahren bestmöglich zu warnen.