Climate Press. Technischer Klimaschutz: Wo steht die CCS-Technologie? Hintergründe der Klima- und Global Change-Forschung Nr.



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Climate Press Hintergründe der Klima- und Global Change-Forschung Nr. 27 / August 2009 Technischer Klimaschutz: Wo steht die CCS-Technologie? CCS steht für Carbon Capture und Storage respektive auf Deutsch für die Abscheidung und Speicherung von. Grundsätzlich kann bei grossen Punktquellen abgetrennt werden, d.h. insbesondere bei Kraftwerken oder In dustriebetrieben, oder es wird direkt aus der Atmosphäre entfernt. Die Abscheidung an Punkt quellen ist effizienter und einfacher realisierbar. Energieund kostenaufwändiger ist die Abschei dung aus der Atmosphäre. Die Technik der Abtrennung und Speicherung von wird seit Jahrzehnten genutzt, hauptsächlich in Nordamerika. Zum Beispiel wird bei der Produktion und Aufbereitung von Erdgas das Begleitgas abgetrennt, um ein Gas von höherem Brennwert zu erhalten. Auch bei der Erdölförderung ist die Technik von Nutzen: Indem in die Lagerstätte gepresst wird, kann die Ölausbeute verbessert werden. Die Verfahren zur Absonderung von in Kraftwerken werden in Pilotanlagen bereits getestet; der kommerzielle Einsatz eines kompletten CCS-Systems ist hingegen noch ausstehend. Denn Kosten und Energieeinsatz sind noch sehr hoch, und die Risiken in Bezug auf das ganze Verfahren von Abtrennung über Transport und langfristige Endlagerung müssen noch geklärt und minimiert werden. Abtrennung an den Emissionsquellen Bei Punktquellen kann die Abscheidung des auf drei Arten geschehen: nach der Verbrennung, vor der Verbrennung oder beim so genannten Oxyfuel-Verfahren im Anschluss an die Verbrennung mit Sauerstoff anstatt mit Luft. Bei der Abtrennung nach der Verbrennung (Rauchgaswäsche oder post-combustion) wird das, das ungefähr 4 14 Volumenprozente der Abgase ausmacht, chemisch gewaschen. Das Verfahren kann bei bereits bestehenden Kraftwerken eingebaut werden, hat aber den Nachteil, dass es sehr energieaufwändig ist und den Wirkungsgrad des Kraftwerks stark verringert. Diese Technik ist heute verfügbar, jedoch kommerziell bisher nicht zum Einsatz gekommen. Die Abtrennung des vor der Verbrennung (pre-combustion) hat aus heutiger Sicht hauptsäch lich zwei Vorteile: Erstens sind die Kosten ge rin ger und zweitens die resultierenden Wirkungs grade höher als bei der Abscheidung nach der Verbrennung. Bei diesem Verfahren, das zum Beispiel in Gaskombi kraftwerken oder nach Vergasung von Kohle in kohlebetriebenen Kraftwerken genutzt werden kann, wird der Brennstoff dekarbonisiert, bevor die Verbrennung stattfindet. Dies geschieht, indem der Brennstoff zu - nächst vergast und anschliessend hauptsächlich in und Wasserstoff getrennt wird. Wasserstoff dient dann als eigentlicher Brennstoff zum Befeuern der Kraftwerksturbine. Das Ver fahren erfordert eine grundlegende Ver änderung beim Kraftwerksbau. Kraftwerke, in welchen der Brenn stoff vor der Verbrennung vergast wird, existieren bereits. Noch nicht realisiert in gross- Redaktion: Esther Volken, ProClim, esther.volken@scnat.ch Herausgeber: ProClim, Forum für Klima und globale Umweltveränderungen und OcCC, Beratendes Organ für Fragen der Klimaänderung, Schwarztorstr. 9, 3007 Bern, www.proclim.ch Tel. 031/328 23 23, Fax: 031/328 23 20 Quellen Bildmaterial: Foto gross: NASA (Apollo 17 Earth); Foto klein: Christoph Ritz

2 Climate Press Nr. 27 2009 Technischer Klimaschutz: Wo steht die CCS-Technologie? technischen Anlagen ist die anschliessende Ab tren nung des. Beim so genannten Oxyfuel-Verfahren werden die Brennstoffe anstatt mit Luft mit reinem Sauerstoff verbrannt. Die Rauchgase enthalten dann vorwiegend und Wasserdampf. Durch Auskonden sierung des Wasserdampfes steht das zur Speicherung zur Verfügung. Dieses Ver fah ren erscheint vielversprechend, erfordert aber noch weitere technische Entwicklungen und wird daher erst mittel- bis langfristig eingesetzt werden können. Eine Pilotanlage ist seit September 2008 im brandenburgischen Schwarze Pumpe in Betrieb (Abb. 1). 1 In Lacq (F) wurde vor kurzem das weltweit erste mit CCS nachgerüstete Kraftwerk in Betrieb genommen. An diesem Standort soll die gesamte Prozesskette von Abscheidung über Transport bis zur Speicherung demonstriert werden. 2 Daneben gibt es noch eine Vielzahl weiterer Pilotprojekte. Abtrennung aus der Atmosphäre Rund die Hälfte der -Emissionen stammt in Industriestaaten aus Punktquellen, während der Rest auf verschiedene kleinere Quellen zurückzuführen ist, z.b. Transport, Gebäudebereich oder Landwirtschaft. Eine direkte Abtrennung des ist bei diesen kleinen Quellen auch in Zukunft technisch kaum sinnvoll realisierbar. Eine direkte Entfernung von aus der Atmosphäre würde es theoretisch ermöglichen, die -Konzentration in der Atmosphäre zu stabilisieren. Allerdings sind die bisher beschriebenen Verfahren im Vergleich zur Abtrennung an Punktquellen noch in der Experimentierphase. Die direkte Ab tren nung aus der Atmosphäre ist viel schwieriger als aus Rauchgasen, weil die Konzentrationen um einen Faktor von 100 oder mehr geringer sind. Der Standort ist irrelevant: Die Atmosphäre durchmischt sich so rasch, dass die Entnahme auch an einem abgelegenen Standort die Emissionen in industrialisierten Gebieten der Welt kompensieren kann. Aktuelle Projekte basieren auf drei verschiedenen Konzepten: 3 Die Abtrennung kann erstens erfolgen, indem die Luft durch die Lamellen eines Filters gepresst wird, welche absorbieren. Das wird an schliessend zur Reaktion mit einem Lösungsmittel gebracht und gebunden. Der Energiebedarf für das Herauslösen des und die anschliessende Reinigung des Lösungsmittels für die Wiederverwendung ist enorm gross. Eine andere, an der ETH entwickelte Methode, be dient sich der konzentrierten Sonnenenergie für den Betrieb eines thermochemischen Reaktors. Darin wird die Luft mit Hilfe eines geschlossenen thermochemischen Zyklus komplett von befreit: Zunächst reagiert das verdünnte der Luft mit Calciumoxid zu Calcium carbonat und wird anschliessend, bei Erhöhung der Temperatur, als reines Gas aus dem Prozess entfernt. Der mit der Luft reagierende Stoff (Calcium oxid) steht anschliessend wieder als Absorbermaterial zur Verfügung. Das dritte Verfahren beruht auf der Verwendung eines Ionenaustauschers, über den die -haltige Luft geführt wird. Das bindet sich an den Ionenaustauscher und kann anschliessend bei einer Temperatur von lediglich 40 C ausgewaschen werden. Weil dieser Prozess keine hohen Temperaturen erfordert, ist der Energiebedarf vergleichsweise gering. Abbildung 1: Pilotanlage Schwarze Pumpe Foto: Vattenfall

Climate Press Nr. 27 2009 Technischer Klimaschutz: Wo steht die CCS-Technologie? 3 Transport und Speicherung Wird das an einer Punktquelle abgetrennt, muss es anschliessend zum Speicherort transportiert werden. Dafür kommen Pipelines, Schiffe, Strasse oder Schiene in Frage. Diese Optionen unterscheiden sich in Bezug auf Kosten, Ka pa zi tä ten, Sicherheit und Verfügbarkeit. Der Trans port von in Pipelines gilt als ausgereifte und siche re Technologie. Aufgrund des hohen Investitions - aufwandes hängt deren Wirt schaft lich keit von der Einsatzdauer und einer hohen Ausnützung ab. Pipeline Infrastrukturen sind heute dann rentabel, wenn zwischen 1 und 20 Millionen Tonnen über Distanzen von 100 2000 km transportiert werden. 4 Ein Transport per Schiff erfordert entsprechende Zwischenspeicher. Bahn und Lkw kommen aus Kosten-, Kapazitäts- und Umweltgründen lediglich in der Demonstra tions- und Pilotphase in Frage. Nach Abtrennung und Transport stellt die Speiche rung den dritten und letzten Schritt in der CCS-Prozesskette dar. Bei der geologischen Speicherung wird das in den Poren- und Kluftraum von Gesteinsformationen in Tiefen von mehr als 800 m gepresst. Heute geht man davon aus, dass erschöpfte Öl- und Gasfelder und tiefe, salzhaltige, Wasser führende Gesteinsschichten für die Speiche rung von am besten geeignet sind. Diese Schichten müssen unter einem un durchlässigen Deckgestein liegen. Das Vorhanden sein zahlreicher, natürlicher -Vor kom men deutet darauf hin, dass erfolgreich über geologisch lange Zeiträume im Untergrund gespeichert werden kann, solange die Undurch lässigkeit des Deckgesteins gegeben ist. Ein Bericht der IEA kommt zum Schluss, dass die geologische Speicherung von sicher ist, sofern der Speicherort gut gewählt und bewirtschaftet wird. 5 Die Mineralisierung ist nebst der geologischen Speicherung eine weitere Möglichkeit, das zu lagern, wobei diese Speichermöglichkeit noch in der Entwicklungsphase steckt. Eine chemische Reaktion zwischen und Kalzium- oder Magnesiumoxid führt zur Bildung von stabilen Karbonatmineralien. Dadurch wäre das langfristig und sicher gebunden. Der Prozess der so genannten Silikatverwitterung findet auch in der Natur ständig statt, allerdings verläuft er sehr langsam. Damit die Mineralisierung für den CCS- Prozess genutzt werden könnte, müsste der Prozess energieeffizient beschleunigt werden können. Ebenfalls möglich ist die Speicherung von im Meer, wobei auch dieser Prozess bereits natürlicherweise stattfindet, indem sich aufgrund des -Gehaltes der Atmosphäre ein Gleichgewicht einstellt. Spätestens seit dem Inkrafttreten des Londoner Protokolls im Jahre 2006 wird diese Art von -Speicherung jedoch innerhalb des CCS- Kontaktpersonen: Prof. Marco Mazzotti Institut für Verfahrenstechnik, ETH Zürich ETH Zentrum, Sonneggstr. 3, CH-8092 Zürich Tel.: 044 632 24 56, 044 632 24 86 E-mail: marco.mazzotti@ipe.mavt.ethz.ch Prof. Aldo Steinfeld Institut für Energietechnik, ETH Zürich ML J 42.1, Sonneggstrasse 3, CH-8092 Zürich Tel.: 044 632 79 29 E-mail: aldo.steinfeld@ethz.ch Dr. Gunter Siddiqi Sektion Energieforschung Bundesamt für Energie BFE Mühlestrasse 4, CH-3063 Ittigen Tel.: 031 322 56 11 E-mail: gunter.siddiqi@bfe.admin.ch Prof. Eric Verrecchia Institut de Géologie et de Paléontologie Université de Lausanne Bâtiment Anthropole, CH-1015 Lausanne Tel.: 021 692 43 00 E-mail: eric.verrecchia@unil.ch Prozesses nicht mehr in Erwägung gezogen. 6 Die Unsicherheiten und Risiken zusätzlicher Injektionen von in die Tiefsee werden als zu gross beurteilt, insbesondere was die Auswirkungen auf die marinen Ökosysteme und die Speicherdauer anbelangt. Im Weiteren bieten auch biologische Prozesse Speichermöglichkeiten von technisch abgeschiedenem. So gibt es Experimente mit Algen für die Umwandlung von in Biomasse, die zum Beispiel zu Biotreibstoffen weiterverarbeitet werden kann. Schliesslich ermöglicht die industrielle Nutzung von eine meist nur vorübergehende Option, das abgetrennte zu verwerten. So gibt es Verwendungsmöglichkeiten in der Getränke- und Nahrungsmittelindustrie oder im Gartenbau. Noch kurzfristiger ist die Recyclierung und Weiterverarbeitung in Treibstoffe (vgl. Kasten Aktuelle Forschungsprojekte). Fragezeichen und Hindernisse Aus technischer Sicht ist der hohe Energieeinsatz für die -Abscheidung eine der ganz grossen Herausforderungen. Je nach Verfahren beläuft sich der zusätzliche Energiebedarf bei Kraftwerken auf 20 bis 44 Prozent. 7 Dadurch vermindert sich der Wirkungsgrad deutlich und verteuert die aufwändige Prozedur der Abscheidung. Auch wenn der Energiebedarf noch reduziert werden kann, liefern mit CCS ausgerüstete Kraftwerke keine -freie Energie. Diese irreführende

4 Climate Press Nr. 27 2009 Technischer Klimaschutz: Wo steht die CCS-Technologie? Potenzial von CCS als Klimaschutzmassnahme Das IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) nimmt Stellung zu den technischen Möglichkeiten im Klimaschutz und vertritt die Haltung, dass die Treibhausgasemissionen im Energiesektor nicht mit einer einzigen Massnahme reduziert werden können. Die Wahl der in Zukunft zur Anwendung kommenden Technologien in der Energieversorgung werde davon abhängen, welche Entwicklungen bezüglich der nuklearen Technologien, in den hoch entwickelten Kohle- und Gas-Technologien und bei den erneuerbaren Energietechnologien gemacht würden. Andere Technologien wie CCS, Biotreibstoffe der zweiten Generation, Sonnenenergie, ozeanische Energie und die Vergasung von Biomasse können zu gegebener Zeit einen zusätzlichen Beitrag leisten. 11 Die EU formuliert in den Richtlinien zu CCS, dass CCS als Brückentechnologie zur Minderung der Klimaänderung beitragen werde. Die Technologie dürfe nicht als Anreiz dienen, den Anteil der fossilen Kraftwerke zu vergrössern. Im Weiteren solle die Entwicklung von CCS nicht dazu führen, die Anstrengungen zur Förderung der Energieeffizienz, der erneuerbaren Energien und anderer sicherer und nachhaltiger kohlenstoffarmer Technologien zu reduzieren, sowohl hinsichtlich Forschung als auch finanzieller Unterstützung. 12 Die Internationale Energie Agentur (IEA) hat im Auftrag der Energieminister der IEA und der G8 Staaten Szenarien entwickelt, um Grundlagen für den technischen Klimaschutz zu entwickeln. 13 Die Grundlagen sind notwendig, um aufzuzeigen wie die Treibhausgasemissionen bis ins Jahr 2050 entweder auf dem Niveau von 2005 stabilisiert oder um 50 85 Prozent abgesenkt werden können ( Blue-Szenario ). Mit dem Blue-Szenario könnte die globale Erwärmung auf 2 2.4 C beschränkt werden. Die IEA hat dazu umfänglich die heute verfügbaren Technologien analysiert und schliesst, dass CCS je nach Szenario 14 19 Prozent der notwendigen Reduktionen (5.1 10.4 Gigatonnen ) beitragen kann. Insbesondere wird betont, dass auf keine Technologie verzichtet werden dürfe, um die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu minimieren. Daher sind laut IEA grösste Anstrengungen im Bereich der Energieeffizienz, dem Nutzen nuklearer und erneuerbarer Energien und der Implementierung von CCS notwendig. Emissionen (Mio. t pro Jahr) 90 000 80 000 70 000 60 000 50 000 40 000 30 000 20 000 10 000 0 Emissionen in die Atmosphäre 90 000 80 000 70 000 60 000 50 000 40 000 30 000 20 000 10 000 0 Emissionen in die Atmosphäre 2005 2020 2035 2050 2065 2080 2095 2005 2020 2035 2050 2065 2080 2095 Einsparungen und Energieeffizienz Erneuerbare Energien Nukleare Energie Ersatz von Kohle durch Gas CCS Abbildung 2: Die Grafiken illustrieren das mögliche ökonomische Potenzial von CCS für zwei Szenarien zur Stabilisierung der -Konzentration bei 550 ppmv. Die beiden Fälle zeigen den möglichen Beitrag der Energieversorgung zum Energiemix; der Energieeinsatz kann je nach getroffenen Annahmen variieren. (Quelle: Howard Herzog, MIT, Präsentation anlässlich Joint SBSTA/IPCC side-event, COP11, Montreal, November 30, 2005) Bezeichnung wird denn auch zunehmend durch nahezu -freie Stromerzeugung ersetzt. Ähnlich wie bei Strom aus Fotovoltaik-, Wind-, Geothermie- und Wasser kraftanlagen zeigt eine umfassende Lebenszyklus-Analyse, dass man genau genommen nur von -armer Strom erzeugung sprechen kann. Wird die ganze Prozesskette be rück sichtigt, können die -Emissionen um 72 bis 78 Prozent, die gesamten Treib hausgas emissionen des entsprechenden Kraft werks um 67 bis 78 Prozent reduziert werden. 7 Im Hinblick auf die Lagerung stehen Kapazitäten und Sicherheit im Vordergrund. Die Einschätzungen, welche Kapazitäten für die Speicherung von zur Verfügung stehen, klaffen weit auseinander. Die Zahlen der weltweiten Kapazitäten in geologi- schen Formationen variieren zwischen rund 1700 Gigatonnen und dem Zehnfachen dieser Schätzung. Zum Vergleich: Die globalen Emissionen aus fossilen Brennstoffen liegen heute bei rund 28 Gigatonnen. 8 Rund 60 Prozent davon werden in den Industrieländern emittiert, und davon stammt wiederum die Hälfte aus grossen Punktquellen. Nebst der Quantität der Speicher ist deren Sicherheit und Langfristigkeit von grösstem Interesse. Die gesellschaftliche Akzeptanz von CCS wird nicht zuletzt davon abhängen, wie glaubwürdig die Gefahr von Lecks, die Beeinflussung der Speicherumgebung durch das eingelagerte und die Unsicherheiten in Bezug auf das Ausbreitungsverhalten des in geologischen Speichern minimiert werden können.

Climate Press Nr. 27 2009 Technischer Klimaschutz: Wo steht die CCS-Technologie? 5 Entscheidend für den Einsatz der CCS-Technologien werden ökonomische Überlegungen sein. CCS-Technologien können erst dann rentabel realisiert werden, wenn eine vermiedene Tonne einen gewissen Marktwert erreicht. Weil heute -Emissionen im Preis von Produkten und Dienstleistungen nach wie vor kaum eingerechnet werden, ist das Vermindern der Emissionen beispielsweise durch CCS bei der Bereitstellung von Energie noch nicht lohnenswert. Erst mit Ein füh - rung der Kostenwahrheit, d.h. mit der Inter nali sierung der externen Kosten, wird CCS wirtschaftlich interessant. Wie gross ist das Potenzial in der Schweiz? Ende 2008 hat das Bundesamt für Umwelt eine ETH- Studie zum Entwicklungsstand von CCS in der Schweiz veröffentlicht. 9 Darin wird gezeigt, welche Schweizer Akteure heute schon Forschung und Entwicklung von CCS-Technologien betreiben. Folglich gibt es heute schon Firmen und Institutionen, die in CCS eine Chance für Klima schutz und inländische Wertschöpfung sehn. Die öffentliche Diskussion steht jedoch noch ganz am Anfang. In der Schweiz machen die grossen Punktquellen lediglich knapp einen Fünftel der gesamten - Emissionen respektive rund 15 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen aus. Nach wie vor die grössten Verursacher sind Verkehr und Haushalt mit Anteilen von rund 30 respektive 20 Prozent am gesamten -Ausstoss. Hier wird die CCS-Technologie keinen Beitrag leisten können: Diese Emissionen können nur mit Verhaltens änderun gen, Effizienz massnahmen und der Umstellung auf erneuerbare Energien reduziert werden. Interessant könnte die CCS-Technologie für die Schweiz in Zukunft werden, falls eines oder mehrere Gaskombi kraftwerke gebaut werden sollten. Ein solches Kraftwerk würde Emissionen von rund 1 Mio. t pro Jahr verursachen (bei 500 MW) und damit zu den grössten Punktemittenten in der Schweiz gehören. Das Potenzial in der Schweiz für die Speicherung von wurde bisher nicht genauer untersucht. Im IPCC-Sonderbericht 10 werden als mögliche Speicherorte die folgenden genannt: tiefe saline Aquifere, -Nutzung bei der Methangewinnung aus Kohleflözen, ausgeschöpfte Öl- und Gasreservoire und -Nutzung bei der Öl- und Gasförderung. Von den genannten ist für die Schweiz nur die erste Option und in geringerem Masse die zweite von Relevanz. Gemäss Bundesamt für Energie (BFE) werden saline Tiefenaquifere für die Schweiz die beste technische Option zur -Sequestrierung beurteilt, da sie die grösste Sequestrierungskapazität haben. Zur genaueren Abschätzung und Beurteilung des Speicher potenzials in der Schweiz hat das Bundesamt für Energie eine Studie veranlasst, welche im August 2009 genauere Informationen liefern soll (siehe Kasten S. 6). Literatur und Anmerkungen 1 http://www.vattenfall.com/www/co2_en/co2_en/index.jsp 2 Project Information Dossier. Lacq CO Capture and Geological Storage Pilot Project 2 http://www.total.com/static/en/medias/topic2627/co2-lacq-total-project-information-dossier.pdf 3 Jones Nicola, 2009: Sucking it up. Nature, 458, 1097 1097, doi:10.1038/4581094a 4 International Energy Agency (IEA), 2008: CO Capture and Storage: A key carbon abatement option. OECD/IEA, 2 Paris 5 International Energie Agency (IEA), 2009: Natural and Industrial Analogues for Geological Storage of CO. OECD/ IEA, Paris. 6 International Energy Agency (IEA), 2007: Legal Aspects of Storing CO : Update and Recommendations. OECD/ 2 IEA, Paris. 7 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), 2007: Strukturell-ökonomischökologischer Vergleich regenerativer Energietechnologien (RE) mit Carbon Capture and Storage. Wuppertal. 8 International Energy Agency, 2008: Key World Energy Statistics. 9 Wallquist Lasse und Werner Mischa, 2008: Carbon dioxide Capture and Storage CCS. Studie zum Entwicklungsstand von CCS in der Schweiz. Im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt, BAFU. 10 IPCC, 2005: IPCC Special Report on Carbon Dioxide Capture and Storage. Prepared by Working Group III of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Metz, B., O. Davidson, H. C. de Coninck, M. Loos, and L. A. Meyer (eds.)]. Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA. 11 IPCC, 2007: Climate Change 2007: Mitigation. Contribution of Working Group III to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [B. Metz, O.R. Davidson, P.R. Bosch, R. Dave, L.A. Meyer (eds)], Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA., Chapter 4, Energy Supply. 12 http://ec.europa.eu/environment/climat/ccs/pdf/st03739_en08.pdf 13 International Energy Agency (IEA), 2008: Energy Technology Perspectives 2008: Scenarios & Strategies to 2050. OECD/IEA, Paris.

6 Climate Press Nr. 27 2009 Technischer Klimaschutz: Wo steht die CCS-Technologie? Aktuelle Forschungsprojekte an Schweizer Hochschulen -Abscheidung aus der Atmosphäre Eine der grössten Herausforderung bei der -Abscheidung aus der Atmosphäre ist der dafür erforderliche Energieeinsatz. Das Projekt, welches die ETH durchführt, erprobt die -Abtrennung mit Hilfe eines solaren thermochemischen Zyklus, wobei sich das Projekt auf die Entwicklung eines - Abscheidungsmaterials konzentriert, welches den Energiebedarf deutlich verringern soll. Institution: ETH Zürich, Institut für Energietechnik Kontaktperson: Prof. Aldo Steinfeld, Christoph Gebald, e-mail: gebaldc@ethz.ch Web link: www.pre.ethz.ch/research/projects/?id=c_capture -Spaltung mit Solarenergie Als Alternative zur Abtrennung und Speicherung von kann dieses auch rezykliert und zu erneuerbaren Brennstoffen weiterverarbeitet werden. Das wird mit Hilfe von hochkonzentrierter Solarenergie in CO und Sauerstoff umgewandelt. Dazu werden so genannte Redox-Reaktionen verwendet, die auf Zink und Zinkoxid basieren. Das resultierende CO kann entweder direkt als Verbrennungsgas verwendet werden oder zu flüssigen Treibstoffen weiter verarbeitet werden. Institutionen: ETH Zürich, Paul Scherrer Institut Kontaktperson: Prof. Aldo Steinfeld, Dr. Peter Loutzenhiser, e-mail peter.loutzenhiser@psi.ch Web link: www.pre.ethz.ch/research/projects/?id=co2_splitting CARMA Carbon Management in Power Generation CARMA ist ein umfangreiches Schweizer Forschungsprojekt zur CCS Technologie, an welchem Wissenschafter der ETH Zürich, der EPF Lausanne, des Paul Scherrer Instituts, der Universität Bern, der Fachhochschule Nordwestschweiz und GeoForm beteiligt sind. Zu den Hauptzielen von CARMA gehört die Beurteilung des Potenzials und der Rolle von CCS in der Schweiz im Rahmen zukünftiger Energieszenarien. Das Projekt berücksichtigt sowohl technische wie auch ökologische, wirtschaftliche, soziale und rechtliche Aspekte. Beteiligte Institutionen: ETH Zürich, EPF Lausanne, Paul Scherrer Institut, Universität Bern, Fachhochschule Nordwestschweiz und GeoForm Kontaktperson: Prof. Marco Mazzotti, e-mail: marco.mazzotti@ipe.mavt.ethz.ch Web link: www.carma.ethz.ch/ -Sequestrierung in Kohleflözen mit gleichzeitiger Methangewinnung Um die Speicherkapazität von Kohleflözen besser abschätzen zu können, wird für verschiedene Kohletypen experimentell und mit Hilfe von Modellierungen untersucht, wie sie sich bei der Injektion von verhalten. Dabei ist insbesondere von Interesse, wie viel die Kohle aufnehmen kann und wie viel Methan dabei verdrängt wird. Beteiligte Institution: ETH Zürich, Institut für Verfahrenstechnik Kontaktperson: Prof. Marco Mazzotti, e-mail: marco.mazzotti@ipe.mavt.ethz.ch Web link: www.ipe.ethz.ch/laboratories/spl/research/adsorption/project03 DECARBit Ziel dieses Forschungsprojektes ist die Reduktion der Kosten für die Abtrennung des bei precombustion Kraftwerken. Bis zum Jahre 2020 sollen sich die Kosten auf maximal 15 Euro pro Tonne belaufen. Das Projekt ist Teil des EU Rahmenprogramms 7. Beteiligte Institutionen: ETH Zürich, Institut für Verfahrenstechnik; Alstom Kontaktperson: Prof. Marco Mazzotti, e-mail: marco.mazzotti@ipe.mavt.ethz.ch Web link: www.decarbit.com/ Studie zur Abschätzung des Potenzial für -Sequestrierung in der Schweiz Aufgrund des heutigen Wissensstandes scheinen für die Schweiz hauptsächlich saline Tiefenaquifere für die Lagerung von in Frage zu kommen. Weil bisher keine konkreten Einschätzungen vorliegen, untersucht eine Studie im Auftrag des Bundesamtes für Energie (BFE) das theoretische sowie das nutzbare Potenzial für die unterirdische Speicherung von in der Schweiz. Beteiligte Institutionen: Universität Bern, Bundesamt für Energie (BFE) Kontaktperson: Dr. Gunter Siddiqi, Bundesamt für Energie, e-mail: gunter.siddiqi@bfe.admin.ch