Probenahme Bei der chemischen Gewässeranalyse werden verschiedene Teile des Gewässers das Wasser selbst, das Sediment auf der Gewässersohle, Fische, Muscheln und andere Gewässerbewohner und kleinste Partikel, die im Wasser schweben, der so genannte Schwebstoff auf chemische Stoffe hin untersucht Wasserproben Zur Entnahme von Wasserproben bedarf es in der Regel keiner besonderen Vorrichtungen. Fast überall und jederzeit kann eine Wasserprobe geschöpft und zur Analyse ins Labor gebracht werden. Dennoch sind an einigen wichtigen Messstellen Geräte installiert. Dies können einfache Probenehmer sein, die selbständig und elektronisch gesteuert in festgelegten Zeitabständen Wasserproben entnehmen oder komplizierte Messstationen, mit welchen automatisch verschiedene Wasserinhaltstoffe analysiert werden können. Für manche Messgrößen z.b. Sauerstoff werden viertelstündlich Messwerte erhoben, für andere stündlich. Solche Messstationen finden sich nur an den großen Gewässern, in Bayern zum Beispiel an Main und Donau. Mit automatischen Probenahmegeräten lassen sich in kurzen Zeitabständen Proben ziehen und dann zu einer Mischprobe vereinigen. Mischproben werden immer dann entnommen, wenn Stoffe stoßweise in das Gewässer gelangen, der genaue Zeitpunkt der Einleitung aber nicht genau bekannt ist. 20 Sauerstoff [mg/l] 15 10 5 01 05 09 13 18 22 26 30 05 09 13 17 22 26 30 April / Mai 2005 Chemische Analyse von Wasserproben Sauerstoffkonzentration gemessen in der automatischen Messstation Main / Kahl a. Main (Tagesmittelwerte)
Sedimentproben Die Sedimente der Gewässersohle werden viel seltener als das Wasser untersucht. Hier kann man Stoffe finden, die im Gewässer an Partikeln gebunden werden, mit diesen langsam nach unten sinken und sich absetzen. Vielfach werden diese Stoffe für lange Zeit im Sediment festgelegt. Man spricht daher auch von der Sedimentfalle. In bestimmten Situationen werden aber auch Stoffe, die sich über viele Jahre im Sediment angesammelt haben, wieder mobilisiert und weitertransportiert. Sie können so unerwartet das Gewässer stark belasten. Viel Sediment gibt es in langsam fließenden oder gestauten Gewässerbereichen. Für die Probenahme ist verschiedenes Gerät, unter Umständen auch ein Boot erforderlich. Um die Analyseergebnisse bewerten zu können, ist es wichtig zu wissen, wieviel Sediment sich im Gewässer jährlich ablagert und aus welcher Zeit das gesammelte Sediment stammt. Sedimentbeprobung
Schadstoffmonitoring in Fischen und Muscheln In Bayern werden auch Fische und Muscheln regelmäßig auf Schadstoffe hin untersucht. Bei den Fischen werden typische, im Wasser natürlich lebende Exemplare entnommen. Die Muscheln hingegen werden extra für das Muschelmonitoring in Körben im Gewässer ausgesetzt. Beide Organismengruppen reichern Schadstoffe in Organen und im Muskelfleisch an. Fische sind eher geeignet Langzeitbelastungen anzuzeigen, Muscheln reagieren auch auf kurzzeitige Belastungen. Schwebstoffprobenahme Viele chemische Stoffe lösen sich nur zum Teil im Wasser, ein größerer Teil haftet am Schwebstoff, der im Wasser treibt, an. Um den Schwebstoff zu untersuchen, muss er vom Wasser getrennt werden. Das modernste Gerät hierzu ist die Zentrifuge. Sie lässt sich auf einem Boot oder Auto transportieren, die Probenahme kann bis zu einem halben Tag dauern, wenn im Wasser nicht viel Schwebstoff vorhanden ist. Schwebstoff kann aber auch in Sedimentationskästen gefangen werden. Diese werden teilweise über Wochen in das Gewässers gehängt. Das Wasser strömt hindurch, wird künstlich verlangsamt und der Schwebstoff setzt sich im Kasten ab. In Bayern werden beide Probenahmemethoden eingesetzt. Gemessen wird die Stoffkonzentration im Schwebstoff z.b. in Milligramm pro Kilogramm Schwebstoffzentrifuge Sedimentationskasten
Chemismus der Gewässer Jedes Gewässer transportiert gelöst oder am Schwebstoff angelagert chemische Stoffe mit sich. Der natürliche Chemismus ist dabei vom Landschaftsraum, insbesondere den geologischen Verhältnissen und der Vegetation abhängig. Die Stoffkonzentrationen, also die Menge der Stoffe, die sich in einem Liter löst oder an einem Kilo Schwebstoff haftet, ist auch abhängig von den hydrologischen Bedingungen, dem Wasserkreislauf. Darunter versteht man Menge, Art und Zeitpunkt des Niederschlages, den Abfluss der Gewässer sowie die Anteile des Wassers, die jeweils versickern, verdunsten oder im Gewässer abfließen. Menschliche Aktivitäten können die Stoffpalette und Stoffkonzentration beeinflussen. Dies betrifft zum Beispiel Nährstoffe, die durch Landbewirtschaftung, Verkehr und Energienutzung ins Gewässer eingetragen werden, oder leicht abbaubare organische Stoffe, die vor allem druch Abwassereinleitung ins Gewässer gelangen. Viele dieser zusätzlich ins Gewässer eingetragenen Stoffe werden unter Sauerstoffverbrauch abgebaut. Hierdurch verändert sich der Sauerstoffgehalt. Chemische und biologische Prozesse sind in diesem Bereich eng miteinander verknüpft. Um die Stoffkonzentrationen im Gewässer bewerten zu können, wird daher oft die Reaktion der Gewässerlebewesen beurteilt. Ein Zuviel an Nährstoffen kann zu einer übermäßigen Pflanzenproduktion (Eutrophierung) führen, ein Zuviel an organischen Stoffen zur Dominanz von Gewässerorganismen, die diese Stoffe abbauen (Saprobie). Die hydrologischen Bedingungen beeinflussen den natürlichen Gewässerchemismus Phosphat-Austragsflächen Fließgewässer erosionsgefährdete Ackerfläche Überschwemmungsgebiet b3.5.2.1.1_1.ppt abschwemmungsgefährdete Grünlandfläche Uferstreifen Menschliche Aktivitäten beeinflussen die Stoffe im Gewässer. Hier: diffuse Phosphoreinträge Übermäßige Pflanzenproduktion (Europhierung) als Folge von zuviel Nährstoffen im Gewässer
Auch Schadstoffe können in die Gewässer gelangen. Quellen können punktuell und flächenhaft-diffus sein. Ziel ist es, die Schadstoffkonzentrationen im Gewässer so gering wie möglich zu halten. Bei der chemischen Gewässeranalyse werden mehrere Unterssuchungsprogramme zu Schadstoffen durchgeführt. Die Auswahl erfolgt einerseits anhand gesetzlicher Bestimmungen, andererseits werden aber auch immer wieder Reihenuntersuchungen, so geannte Screenings auf neue Stoffe durchgeführt. Regelmäßige Treffen der Experten der Bundesländer, Diskussionen in den Flussgebietskommissionen und internationalen Gremien und Fachtagungen helfen, Probleme, die sich durch neue Stoffe ergeben könnten, rechtzeitig zu erkennen. schwach wassergefährdend wassergefährdend stark wassergefährdend Schadstoffe werden in drei so genannte Wassergefährdungsklassen eingeteilt Schwankungen der Stoffkonzentration Die Stoffkonzentrationen in einem Gewässer können erheblichen Schwankungen unterworfen sein. Besonders deutlich wird dies, wenn ein Hochwasser auftritt. Die bereits im Wasser gelösten Stoffe werden dann stark verdünnt und sind zum Teil nicht mehr nachweisbar, dafür werden andere Stoffe von Feldern, Wiesen und befestigten Flächen, die überflutet werden, eingespült. Dabei kommt es darauf an, wie stark der Wasserstand steigt und das Gewässer ausufert und wie das Hochwasser ausgelöst wurde, durch einen langen Regen, ein Starkregenereignis oder eine Schneeschmelze, im Sommer oder im Winter, auf gefrorenem oder durchlässigem Boden. Auch Trockenjahre spiegeln sich im Chemismus des Gewässers wider. Natürliche Stoffkonzentrationen sind dann oft erhöht, ebenso wie punktuell eingetragene Stoffe. Hingegensind liegen Stoffe, die überwiegend aus der Fläche eingespült werden, in geringeren Konzentrationen vor. Auch die Jahreszeiten spielen auch eine große Rolle im Gewässerchemismus. Im Winter sind die biologischen und biochemischen Reaktionen verlangsamt es findet nur eine geringe Umsetzung (Aufbau und Abbau von Stoffen) im Gewässer statt. Charakteristisch sind zum Beispiel höhere Ammoniumkonzentrationen im Winter, im Sommer hingegen werden diese zu Nitrat umgebaut. Mit dem Frühjahr beginnt sich das Leben im Gewässer zu regen. Insbesondere die Wasserpflanzen (Algen, Makrophyten, Phytobenthos) entwickeln sich und produzieren tagsüber Sauerstoff und Biomasse. In der Nacht wird der Sauerstoff im Zuge von Abbaureaktionen wieder verzehrt. Es kommt zu den charakteristischen Tag-Nacht-Schwankungen des Sauerstoffgehaltes (Grafik). Sind die Nährstoffe im Gewässer aufgebraucht oder liegen in einem ungünstigen Verhältnis zueinander vor, endet das Wachstum der Pflanzen oft plötzlich. Die entstandene Biomasse wird unter Sauerstoffverbrauch abgebaut. Mit der damit verbundenen Nährstoffnachlieferung kann ein neuer Wachstumszyklus beginnen.
Stoffbewertung Bei der Stoffbewertung werden derzeit zwei Stoffgruppen unterschieden: physikalischchemische Qualitätskomponenten und Schadstoffe. Physikalisch-chemische Qualitätskomponenten Hier geht es um Stoffe, die natürlich im Gewässer vorkommen können, durch menschliche Aktivitäten aber oft verändert sind. Die Stoffkonzentrationen werden anhand ihrer Wirkungen auf die Gewässerbiologie beurteilt. Die Bewertungsergebnisse dienen zur Unterstützung der biologischen Bewertung. Derzeit werden im Zuge der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie Schwellenwerte für physikalisch-chemische Qualitätskomponenten erarbeitet. Bis diese Arbeit abgeschlossen wird, kann eine Klassifikation dieser Stoffe mit nachfolgender Tabelle, die die Länderarbeitsgemeinschaft Wasser entwickelt hat, vorgenommen werden Stoff Einheit Stoffbezogene chemische Gewässergüteklasse I II III IV 1 2 3 4 5 6 7 Gesamtstickstoff mg/l <1 <1,5 <3 <6 <12 <24 >24 Nitrat-Stickstoff mg/l <1 <1,5 <2,5 <5 <10 <20 >20 Nitrit-Stickstoff mg/l <0,01 <0,05 <0,1 <0,2 <0,4 <0,8 >0,8 Ammonium-Stickstoff mg/l <0,04 <0,1 <0,3 <0,6 <1,2 <2,4 >2,4 Gesamt-Phosphor mg/l <0,05 <0,08 <0,15 <0,3 <0,6 1,2 >1,2 Ortho-Phosphat-Phosphor mg/l <0,02 <0,04 <0,1 <0,2 <0,4 0,8 >0,8 Sauerstoffgehalt mg/l >8 >8 >6 >5 >4 >2 <2 Chlorid mg/l <25 <50 <100 <200 <400 <800 >800 Sulfat mg/l <25 <50 <100 <200 <400 <800 >800 TOC mg/l <2 <3 <5 <10 <20 <40 >40 AOX µg/l "0" <10 <25 <50 <100 <200 >200 Schadstoffe Bei der Bewertung von Schadstoffen werden unterschiedliche Aspekte berücksichtigt: Wirkung auf den Menschen, Wirkung auf verschiedene Gewässerlebewesen, Mobilität und Anreicherungsverhalten eines Stoffes. Für eine ganze Reihe von Stoffen sind gesetzliche Qualitätsziele festgeschrieben. Eine umfangreiche Liste findet sich zum Beispiel in der Bayerischen Gewässerqualitäts-Verordnung, mit der die EU Richtlinie 76-464 in nationales Recht umgesetzt wurde. Auch die Bayerische Gewässerbestandsaufnahme- und einstufungsverordnung enthält mit der beiden Listen ECO und Liste CHEM für viele Stoffe gesetzliche Vorgaben. Je nach Nutzungsbereich und Naturraum können auch verschiedene Richtlinien gelten. So sind zum Beispiel für Oberflächenwasser, das zu Trinkwasser aufbereitet wird, andere, strengere Qualitätsnormen anzuwenden. Besondere Qualitätsziele gelten auch für ausgewiesene Fisch- und Muschelgewässer. Die neue EU-Wasserrahmenrichtlinie schreibt erstmals ein Verfahren vor, nach dem einheitlich in ganz Europa Qualitätsnormen für Schadstoffe im Wasser abzuleiten sind. In Deutschland wurde dieses Verfahren bereits für über 100 Stoffe angewandt. Die Ergebnisse werden zurzeit von den Experten überprüft.
Chemische Überwachung der Gewässer Um die Konzentrationen eines Stoffes im Gewässer zu bewerten, werden in der Regel mehrere Untersuchungen in einem Jahr durchgeführt. Die meisten Qualitätsziele zur Stoffbeurteilung sind darauf angelegt mittlere Verhältnisse zu beschreiben. Daher werden die Probenahmen möglichst über das Jahr verteilt, zu unterschiedlichen Jahreszeiten, bei unterschiedlichen Witterungsverhältnissen und Wasserführungen im Gewässer vorgenommen. Aus den Messergebnissen werden Mittelwerte berechnet und diese mit dem Qualitätsziel verglichen. Wird die Hälfte des Qualitätsziels überschritten, geht man von einer signifikanten Belastung aus. Hier sind Nachmessungen im Folgejahr durchzuführen. Wird das Qualitätsziel selbst überschritten, muss die Verursachungsquelle gefunden und wenn möglich abgestellt werden. Es gibt Trends im Chemismus der Gewässer, deren Auswirkung erst nach vielen Jahren zu erkennen sind, z.b. verursacht durch eine langsame Klimaveränderung. Hier sind vor allem langfristige Beobachtung wichtig, an Gewässern, die nicht von akuten Belastungen wie z.b. Einleitungen betroffen sind. Gewässerüberwachung - hier: Im Landesmessnetz Fließgewässer werden 83 Messstellen untersucht