Stimmt die Gesamtbilanz der energetischen Stadterneuerung? Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und CO2 Bilanz Prof. Dr. Matthias Koziol Brandenburgische Technische Universität Cottbus 1
Energiepreise - Vermietbarkeit Energetische Stadterneuerung zur Sicherung der der langfristigen Vermietbarkeit! Quelle: BBU, Dipl.-Ing. S. Rehberg, 2006 2
Entwicklung der Kosten für das Wohnen 2000 2006 Nettokaltmieten, Wohnungsbetriebskosten, Haushaltsenergie, Indexwerte Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 17, Verbraucherpreisindex 2006 (bis April 2006), Grafik GdW 3
Ziel der CO 2 - und Energieeffizienz (Deutschland) IEKP (Auszug für Gebäudesektor): weiterer Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (25 % Stromanteil) Ausbau erneuerbare Energien (bis 2020: 25-30% Stromanteil) Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien am Wärmemarkt (bis 2020: 14% am Wärmemarkt) Verschärfung EnEV (1. Stufe zum Oktober 2009, 2. Stufe 2012) Novellierung Heizkostenverordnung Verstetigung CO 2 -Gebäudesanierungsprogramm Verstärkung der Energieforschung.. Klimaziele: Verringerung der CO 2 -Emissionen bis 2020 um 40% (sofern die EU 30% erreicht) 5
Energiestrategie 2020 des Landes Brandenburg Quelle: Bericht der Landesregierung, Energiestrategie 2020 des Landes Brandenburg 7
Handlungsfelder der energetischen Stadterneuerung Handlungsfelder: Wohnen, öffentliche Gebäude, nicht produzierendes Gewerbe Wärme-/Strombereitstellung Wärme- und Stromnutzung Stadtentwicklung Bauleitplanung Mobilität Verkehr Wirkungen der Städtebauförderung 8
der energetischen Stadterneuerung Chancen Reduzierung Energiebedarf Verminderung CO 2 -Ausstoß Stabilisierung von Wohnquartieren durch steigende Attraktivität durch Stabilisierung/Senkung der Betriebskosten Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe... Verringerung der Effizienz des Energieeinsatzes bestehender Systeme, z. B. bei der Kraft- Wärme-Kopplung Kostengetriebene Leerstandsentwicklung Fehlinvestitionen in nicht marktgängige Wohnungsbestände Die energetische Stadterneuerung kann einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz leisten! 9
Vergleich der energetischen Anforderungen (Entwicklung) Anforderungen an Neubau Quelle: Prof. Dr. Harald Krause, Hochschule Rosenheim 10
Energieeinsparpotentiale im Bestand Erschließbare Energieeisparpotentiale sind in den Baualtersklassen sehr unterschiedlich verteilt! EnEV 2009 Quelle: AREHNA, 1993, IWU 1994, Bundesarchitektenkammer 1995, Schulze Darup 1998/2000 11
Potentiale der CO 2 -Einsparung im Wohnungssektor Die größten Potentiale sind im Bereich der Einfamilien- und der Mehrfamilienhäuser der Baujahre vor 1978 Quelle: CO 2 -Vermeidungskosten im Kraftwerksbereich, bei den erneuerbaren Energien sowie bei nachfrageseitigen Energieeffizienzmaßnahmen, Prof. DR.-Ing. U. Wagner 12
Stand der Wohnungssanierung in Deutschland Anteil Wohnungen, die teilweise oder vollständig modernisiert wurden, 1990-2005/07 (GdW- Unternehmen) Quelle: GdW, Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen 13
der energetischen Stadterneuerung Chancen Reduzierung Energiebedarf Verminderung CO 2 -Ausstoß Stabilisierung von Wohnquartieren durch steigende Attraktivität durch Stabilisierung/Senkung der Betriebskosten Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe... Verringerung der Effizienz des Energieeinsatzes bestehender Systeme, z. B. bei der Kraft- Wärme-Kopplung Kostengetriebene Leerstandsentwicklung Fehlinvestitionen in nicht marktgängige Wohnungsbestände Die energetische Stadterneuerung kann einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz leisten! 14
Entwicklung Wärmenachfrage in Erfurt und Hoyerswerda Wärmebedarf sinkt in ostdeutschen FW-Versorgungsgebieten z. T. erheblich die Effizienz von KWK Anlagen allerdings auch! Wirkungen der EnEV 2009 Die EnEV 2009 wir diese Entwicklung ggf. nochmals beschleunigen! 15
Folgen für die Effizienz bestehender Systeme Fernwärme disperser Rückbau flächiger Rückbau) Verminderung der Effizienz eines vorhandenen Nah- oder Fernwärmesystem durch Energiesparmaßnahmen und Rückbau von Gebäuden im Rahmen des Stadtumbaus (links disperser Rückbau; rechts flächiger Rückbau) 16
Einwohner Einwohner Bevölkerungsentwicklung (Beispiel Cottbus) Schrumpfungserscheinungen differenzieren sich räumlich sehr stark! Bevölkerungsentwicklung "Plattenbaugebiete" Bevölkerungsentwicklung "Spremberger Vorstadt/Innenstadt" 100.000 100.000 90.000 80.000 70.000 60.000 50.000 Sachsendorf Schmellwitz Sandow Ströbitz Madlow -61% 90.000 80.000 70.000 60.000 50.000 Spremberger Vorstadt Mitte 40.000-37% 40.000 30.000 30.000 20.000-23% 20.000-25% 10.000-1% 10.000 +17% 0 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 0 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 Einwohnerverteilung 1996 und Leerständen in % zu Beginn des Stadtumbaus 2002 (mittlere Grafik), Bevölkerungsentwicklung in den Stadtteilen 1993-2007 (Plattenbaugebiete rechte Grafik und Innenstadt/Spremberger Vorstadt linke Grafik) 17
Wasser- Versorgung Abwasserentsorgung Fernwärme- Versorgung Sinkender Verbrauch Verteuerung Gesamtsystem Preise/Gebühren: Veränderung der Gesamtkosten in /E*a (disperser Rückbau) Bevölkerungsrückgang Bei Umlage der Fixkosten auf eine geringer werdende Zahl von Einwohnern oder bei deutlich sinkender Abnahmedichte steigen die Gebühren und Preise exponential an! 450,0 400,0 350,0 300,0 250,0 200,0 150,0 100,0 50,0 0,0-50% -40% -30% -20% -10% Bestand 18
Ökonomie: für Versorgungsunternehmen Entwicklung der Erlöse im Verhältnis zu Kapitalkosten(erstattung) Verhältnis 35% zu 65% Verhältnis 50% zu 50% Erlöse Kapitalkosten- (erstattung) 2002 2005 2010 Die Wirtschaftlichkeit vorhandener Fernwärmesysteme sinkt drastisch bei reduzierter Wärmeabnahme 19
Methode Entscheidend ist die Gesamtbilanz!! Zusammenführung von Einzelbilanzen Energetische Bilanzierung Wirtschaftliche Bilanzierung CO2-Bilanzierung Ggf. weitere Aspekte CO2-Bilanz Auf Gebäudeebene und auf Quartiersebene In einem Bewertungsmodell Energieeffizienz Finanzierbarkeit Wirtschaftlichkeit 20
Effizienz in Bezug auf die Kosten pro eingesparter kwh (Basis 2007) Quelle: Martin Reuter, EnergieAgentur Mittelfranken e. V., solid ggmbh 21
Effizienz in Bezug auf die Kosten pro eingesparter kwh (Prognose 2020) Quelle: Martin Reuter, EnergieAgentur Mittelfranken e. V., solid ggmbh 22
Effizienz in Bezug auf die CO 2 -Einsparung Quelle: CO2-Vermeidungskosten im Kraftwerksbereich, bei den erneuerbaren Energien sowie bei nachfrageseitigen Energieeffizienzmaßnahmen, Prof. Dr.-Ing. U. Wagner 23
Energetische Gesamtbilanz auf Gebäudeebene Was beeinflusst den Energiebedarf? Herstellung/Abriss Stoffgebundene Energie Die Energie, die im Baustoff steckt. Prozessenergie Der energetische Aufwand für die Verarbeitung der Baustoffe und die Herstellung/Abriss des Bauwerks Nutzung Transmissionswärmeverluste Lüftungswärmeverluste 25
Wohin geht die Entwicklung? Sanierung? Abriss und Neubau? 26
Effizienz in Bezug auf den Gesamtenergieaufwand (kumulierter Energieaufwand für Wohngebäude über 50 Jahre) Quelle: Lehrstuhl für Energiewirtschaft und Kraftwerkstechnik, TU-München 27
Effizienz in Bezug auf den Gesamtkostenaufwand (kumulierter Kostenaufwand über 30 Jahre) Quelle: IÖR, Dresden 28
Problemlagen Interessenkonflikte die es zu lösen gilt: Starke Einschränkung von Potentialen im Gebäudebereich durch hohe Anzahl sanierter Gebäude auf mäßigem energetischen Niveau Steigende Nachfrage nach billigem (unsaniertem) Wohnraum durch sozial Schwache (z. B. Luckenwalde) Kosten der energetischen Sanierung vs. Kosten energetisch korrekter Neubau (erreichbare Mietniveaus, Vermietbarkeit) Sinkende Effizienz durch Nichtzusammenwirken von Stadtentwicklung und Entwicklung der technischer Infrastruktur - betroffen sind insbesondere Fernwärmesysteme und die damit verbundene, an sich effiziente Kraft-Wärme-Kopplung (z. B. Frankfurt Oder, Gubens.) Energiekosten als standortgefährdender Faktor (Guben) Unvereinbarkeit von energetischer Sanierung, Förderkriterien, Denkmalschutz und Vermietbarkeit Energetische Stadterneuerung muss (re-)finanzierbar sein! 29
Stimmt die Gesamtbilanz der energetischen Stadterneuerung?? Einzelgebäude: Energetisch in Zusammenhang mit anderen Maßnahmen ja Ökonomisch bei guten Randbedingungen ja Gesamtsystem Quartier: Nur bei konsequentem differenzierten Gesamtkonzept energetisch, wohnungswirtschaftlich und ökologisch (CO 2 )? für die Koordination brauchen wir Konzepte 30