Pflegende Angehörige: Bedarf an Unterstützung, Angeboten, Anerkennung Birgitta Martensson, Geschäftsleiterin Schweizerische Alzheimervereinigung Diaconis, 14.11.2011 1
Menschen mit Demenz in der Schweiz Demenz: Symptome, Verlauf Bedürfnisse der Menschen mit Demenz und der Angehörigen Kosten der Demenz Diaconis, 14.11.2011 2
In der Schweiz heute 107 000 Menschen mit Demenz 26 000 neue Fälle pro Jahr / 60 pro Tag 64 000 leben zu Hause (60%) davon 20 000 allein / 44 000 mit Angehörigen 28 000 brauchen punktuelle Hilfe 30 000 brauchen tägliche Hilfe 6 000 brauchen Hilfe rund um die Uhr 43 000 leben in einer Institution (40%) Realität heute: Die Mehrheit lebt zu Hause Wohnhafte Bevölkerung 2009 (BFS), Wegweiser für die Zukunft (2003 Schweiz. Alzheimervereinigung) Diaconis, 14.11.2011 3
Menschen mit Demenz 2050 Diaconis, 14.11.2011 4
Demenz = Alte und sehr alte Personen Schweiz (global) Eurodem (Raten) 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% 30-64 65-69 70-74 75-79 80-84 85-89 90+ Schweizerische Alzheimervereinigung www.dementia-in-europe.eu Diaconis, 14.11.2011 5
Definition Gedächtnisstörung UND eine oder mehrere der folgenden Störungen Sprache Handeln Erkennen Exekutive Funktionen Die kognitiven Defizite verursachen eine bedeutsame Störung im beruflichen und sozialen Alltag und stellen eine Verminderung gegenüber früher dar. Diaconis, 14.11.2011 6
Verlauf der Alzheimerkrankheit Betroffene führen ein normales Leben ohne Einschränkungen Zeigen erste Symptome Leichte Demenz Mittelschwere Demenz Pathologie im Gehirn Total pflegebedürftig Schwere Demenz Diaconis, 14.11.2011 7
Demenz = Gehirnkrankheit Diaconis, 14.11.2011 8
Formen der Demenz 18% 10% Alzheimerkrankheit Vaskuläre Demenz 50% Andere Demenzformen 22% Reversible Demenzformen Alzheimer - geht uns alle an, 2002, Schweizerische Alzheimervereinigung Diaconis, 14.11.2011 9
BPSD im Verlauf (n=100) Jost & Grossberg 1996 Diaconis, 14.11.2011 10
Bedürfnisse der Kranken und Angehörigen Diaconis, 14.11.2011 11
Ohne Diagnose passiert nichts «Das schlimmste war die Zeit vor der Diagnose» «Wir bedauern, dass wir nicht früher wussten» «Wir haben wertvolle Zeit verloren» Eine Diagnose haben, bedeutet: Zugang zu Wissen, zu Erklärungen Zugang zu Behandlungen Zugang zu bedarfsgerechter Unterstützung Möglichkeit die Zukunft zu planen Realität heute: Weniger als 50% haben eine Diagnose Diaconis, 14.11.2011 12
Case-Management Direkte medikamentöse Behandlung Begleitung im Alltag und nicht medikamentöse Therapien Information und Hilfe bei der Planung der Zukunft Behandlung der Begleitsymptome Demenzkranker Angehöriger Rat zur Regelung finanzieller und rechtlicher Fragen Schulung, Unterstützung und Entlastung der Angehörigen (Empowerment) Realität heute: Es gibt kein organisiertes Case-Management Diaconis, 14.11.2011 13
Ein autonomes Leben mit Demenz 107 000 Menschen mit Demenz wollen: Therapien und Unterstützung von Beginn an Integriert sein Sich nützlich fühlen Isolierung bekämpfen Andere Betroffene treffen Bestehende Kapazitäten fördern Solange wie möglich zu Hause bleiben können Realität heute: 25% mit medikamentöser Demenz-Therapie 20% mit nicht-medikamentösen Therapien < 30% des Bedarfs an Demenz-Tagesstätten gedeckt Diaconis, 14.11.2011 14
Eine gute Betreuung sichern 300 000 betreuende Angehörige brauchen: Wissen und Verstehen um besser pflegen und betreuen zu können Unterstützung, Hilfe, Entlastung Medizinische Betreuung Nur eine Kontaktperson / -Stelle, Coach Anerkennung und Integration Austausch mit anderen Personen, die die gleiche Situation erleben Erwerbstätigkeit und Pflege vereinbaren Finanzielle Sicherheit Realität heute: Für die ganzheitliche Begleitung ist keiner von den offiziellen Leistungserbringern zuständig Diaconis, 14.11.2011 15
Pflegende Angehörige 60 Stunden pro Woche wenden pflegende Partner durchschnittlich für die Pflege auf. Bei pflegenden Kindern sind es 25 Stunden pro Woche. 6 Jahre sind Partner im Schnitt in der Pflege engagiert. Bei pflegenden Kindern sind es 5 Jahre. 76,5 Jahre beträgt das Durchschnittsalter der pflegenden Partner. Bei pflegenden Kindern beträgt es 56,5 Jahre. Pasqualina Perrig-Chiello, François Höpflinger & Brigitte Schnegg : Pflegende Angehörige von älteren Menschen in der Schweiz, SwissAgeCare, 2010. - www.izfg.unibe.ch/.../swissagecare-2010 Diaconis, 14.11.2011 16
Pflegende Angehörige Diaconis, 14.11.2011 17
Demenzgerechte Angebote Beratungs- und Informationsstellen Tages- und Nachtstätten Spitex Akutspital, psychiatrische Kliniken Hilfe und Unterstützung zu Hause Kurzaufenthalt, «Ferienbett» Bedarfsangepasste Wohnformen Pflegeheime Wahl zwischen mehreren Angeboten entsprechend den individuellen Bedürfnissen Realität heute: Es fehlt an Koordination, es gibt wenig oder keine demenzspezifischen Angebote, wenig Wahl Diaconis, 14.11.2011 18
Ohne Demenzwissen geht s nicht Aerzte, Spitex, Heime, Therapeuten, Sozialarbeiter, Zahnärzte, Spitäler, pflegende Angehörige, Freiwillige Demenzpathologien: Symptome, Behandlung, Verlauf Demenz als «Begleitfaktor» (Mulitmorbidität) Auswirkungen der Demenzkrankheit im täglichen Leben und in spezifischen Situationen (z.b. Pallativpflege, Hämodialyse, usw.) Umgang und Kommunikation mit Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen Finanzielle und juristische Aspekte Ethische Fragen rund um Demenz Realität heute: Es gibt keine Definition für die Aus- und Weiterbildung, keine anerkannten best pratices, keine Standards Diaconis, 14.11.2011 19
Probleme der Betreuenden Alzheim er- Telefon : Them en 60% 50% 40% 30% 2008 2007 20% 2006 10% 0% Symptome Früherkennung Diagnose Behandlungen Demenzkrankheiten Begleitung Verhalten Kranke Probleme Angehörige Probleme Dienstleistungserbringer Beziehungen allgemein Finanzen Versicherungen Recht, Beistand Vormundschaft Fahrausweis Ausbildung Forschung Begleitung des Kranken (Probleme im Alltag) / Verhalten des Kranken Beziehungen mit Angehörigen / mit Leistungserbringern Demenzkrankheiten und Symptome Diaconis, 14.11.2011 20
Kosten der Demenz Swiss Med Wkly. 2010;140:w13093 Kosten Finanzierung Diaconis, 14.11.2011 21
Gesamtkosten der Demenz 2009 6.9 Mrd. Fr. Spital 2.5% Pflege und Betreuung durch Angehörige 43.5% Heim 48.1% Interdisziplinäre Diagnosik: 0.2% Medikamente: 0.4% Diaconis, 14.11.2011 Hausarzt-Kosten: 0.4% Berechnung basierend auf: Ecoplan (2010), Kosten der Demenz in der Schweiz, Studie realisiert im Auftrag der Schweizerischen Alzheimervereinigung 22
Durchschnittskosten pro Person nach Betreuungsform Direkte Kosten Indirekte Kosten 90'000 Fr. pro Person und Jahr 80'000 70'000 60'000 50'000 40'000 30'000 74'583 57'507 20'000 10'000-48'512 74'583 8'996 Im Heim Zu Hause Diaconis, 14.11.2011 23
Durchschnittskosten pro Person nach Schweregrad Direkte Kosten Indirekte Kosten 140'000 120'000 Im Heim Zu Hause 126'749 Fr. pro Person und Jahr 100'000 80'000 60'000 40'000 74'583 27'451 70'274 20'000 - mittelschwer bis schwer leicht mittelschwer schwer Schweregrad der Krankheit Diaconis, 14.11.2011 24
Forschung einige Beispiele Schweiz Kraft et al. Cost of dementia in Switzerland, Swiss Med Wkly. 2010;140:w13093 Höpflinger et al.: Pflegebedürftigkeit und Langzeitpflege im Alter, Obsan, Verlag Huber, 2011. Albert Wettstein et al. : Belastung und Wohlbefinden bei Angehörigen von Menschen mit Demenz. Verlag Rüegger, Zürich, 2005. International Prince et al.: The benefits of early diagnosis and intervention, Alzheimer Disease International, 2011. Mary Mittelman: NYU Caregiver Counseling and Support Intervention, NYU Spouse Caregivers Intervention Study 1987-2009 Olazaràn et al.: Nonpharmacological Therapies, 2010. Dement Geriatr Cogn Disord 2010;30:161 178 Steven Zarit, Nancy Orr, Judy Zarit : The hidden victims of Alzheimer s disease : Families under stress, 1985 Diaconis, 14.11.2011 25
Schweizerische Alzheimervereinigung Rue des Pêcheurs 8E 1400 Yverdon-les-Bains 024 426 00 00 www.alz.ch Alzheimer-Telephone : 024 426 06 06 Diaconis, 14.11.2011 26
Danke! Diaconis, 14.11.2011 27