MINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT, FORSCHUNG UND KUNST Rede von Staatssekretär Jürgen Walter anlässlich der Verleihung der Conradin-Kreutzer-Tafel am 19. Juli 2015 in Weingarten (als Krankheitsvertretung verlesen von Manfred Lucha, MdL für den Kreis Ravensburg) Es gilt das gesprochene Wort! Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Ewald, liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Landtag von Baden-Württemberg, sehr geehrter, lieber Präsident Christoph Palm, sehr geehrte Damen und Herren Vorsitzende und Präsidenten der Chor- und Musikverbände und insbesondere natürlich sehr verehrte Vertreterinnen und Vertreter der 29 Chöre und Musikvereine, die heute für ihr jahrelanges Wirken geehrt werden, meine sehr verehrten Damen und Herren, herzlichen Dank zunächst dem Akkordeonorchester Isny I für sein mitreißendes Intro. Königstraße 46, 70173 Stuttgart, Telefon 0711 279-0, Telefax 0711 279-3080, poststelle@mwk.bwl.de, www.mwk.baden-wuerttemberg.de, www.service-bw.de, Behindertengerechte Parkplätze: Innenhof Mittnachtbau (Einfahrt Gymnasiumstraße), VVS-Anschluss: S - Stadtmitte, U - Schlossplatz
- 2 - Musikalische Unterstützung können wir gut gebrauchen, denn wir haben einiges vor: Wir wollen heute - 10 Chöre des Badischen Chorverbandes, - 7 Chöre des Schwäbischen Chorverbandes, - 4 Orchester des Blasmusikverbands Baden- Württemberg, - 7 Orchester des Bundes Deutscher Blasmusikverbände und - einen kirchlichen Chor, also insgesamt 29 Vereine der Amateurmusik mit der Conradin-Kreutzer- Tafel ehren. Ein 150-jähriges Vereinsjubiläum ist in der heutigen, schnelllebigen Zeit zweifellos etwas Außergewöhnliches. Die Musikkapelle Sipplingen, die wir heute auszeichnen, besteht sogar schon seit 225 Jahren! Ihre Gründung fällt damit in die frühen Lebensjahre des Namensgebers der heutigen Ehrung: Conradin Kreutzer.
- 3 - Der Meßkircher Komponist wurde 1780 als eines von elf Kindern des Müllers Johann-Baptist Kreutzer geboren. Der junge Conradin besuchte die Lateinschule der Benediktinerabtei in Zwiefalten. Er lernte Klavier, Oboe, Klarinette, später auch Violine und auch zum Gesang hatte er eine innige Beziehung. Damals, zur Zeit Conradin Kreutzers, entstanden die Traditionen, die Baden-Württemberg heute zu einem Musikland machen. Ca. 6.500 Vereine der Amateurmusik mit rd. 12.000 Ensembles gibt es allein in den zehn Chor- und Orchesterverbänden, die im Landesmusikverband Baden- Württemberg organisiert sind: Zahlen, die für sich sprechen. Hinzu kommen noch viele kirchliche musikalische Vereinigungen. Liebe Musikerinnen und Musiker, mit Ihrem Engagement in der Amateurmusik gehen Sie alle einem wunderschönen Hobby nach. Aber nicht nur das: Sie nehmen auch eine wichtige gesellschaftspolitische Aufgabe wahr! Chöre und Orchester bringen Menschen zusammen - Menschen mit unterschiedlichen Weltanschauungen, aus allen Altersgruppen und verschiedenen Gesellschaftsschichten. Menschen, die Eines eint und verbindet: Die Begeisterung für das Singen und Musizieren. Chöre und Orchester sind daher Orte des Miteinanders, Stätten der Integration. Sie sind sozusagen die größte Bürgerbewegung im Lande.
- 4 - Daher möchte ich an dieser Stelle den Dirigentinnen und Dirigenten danken, die Woche für Woche proben, unser kulturelles Erbe bewahren, den Zusammenhalt unserer Gesellschaft stärken. Natürlich begeistern wir uns für musikalische Spitzenleistungen. Es ist kein Zufall, dass Baden-Württem-berg das Bundesland mit den meisten Musikhochschulen ist. Ich bin sehr froh, dass die Musikhochschulen in den Hochschulfinanzierungsvertrag einbezogen sind und an dem Mittelanstieg bis zum Jahre 2020 mit rd. 28 Mio. Euro teilhaben können. Aber: Keine Spitze ohne Breite. Und diese Breite, das ist die Amateurmusik. Die Amateurmusik bildet die solide Basis, auf der sich die Spitzenkunst entfalten kann. Den Beweis dafür haben vor Kurzem gerade wieder unsere jugendlichen Musikerinnen und Musiker erbracht. Beim Bundeswettbewerb Jugend musiziert, der jedes Jahr traditionell in den Pfingstferien stattfindet, wurden 437 erste Bundespreise vergeben. 112 dieser Preise gingen nach Baden- Württemberg. Das sind sage und schreibe 25 %! Da kann man nur herzlich gratulieren.
- 5 - Nirgendwo ist die Tradition der Amateurmusik älter als in Baden- Württemberg. Mehr als 500 Chöre und Orchester haben in unserem Musikland das Alter von 150 Jahren bereits überschritten und schreiben damit ein Stück Landesgeschichte. Die vielen Veranstaltungen heute hier in Weingarten zeigen, wie groß das Können unserer Musikerinnen und Musiker ist. Bei dieser Gelegenheit danke ich dem Landesverband Baden-Württemberg des Deutschen Harmonikaverbandes, der dieses große Musikfest veranstaltet. Mein Dank gilt natürlich auch der Stadt Weingarten. Gleichzeitig gratuliere ich der Stadt zu ihrem 150. Geburtstag. Mit dem Landesmusikfest hat sich die Stadt, lieber Herr Oberbürgermeister, zweifellos ein wunderschönes Geschenk gemacht. Ein besonderes Gütezeichen der Amateurmusik ist die Bereitschaft zum bürgerschaftlichen Engagement und Ehrenamt. Zu keinem Zeitpunkt waren beispielsweise die Blasmusikvereine in Quantität und Qualität so stark wie heute. Vorsitzende, Jugendleiterinnen, Öffentlichkeitsreferenten, Noten- und Instrumentenwarte, Kassiererinnen und Veranstaltungsplaner: Sie alle opfern Zeit und Kraft für die gemeinsame Sache.
- 6 - Unsere Musik- und Gesangvereine sind auch gute und verlässliche Partner der Jugend. Sie bieten Kindern und Jugendlichen sinnvolle Formen der Freizeitgestaltung. Sehr engagieren sie sich bei der Ausbildung von Musikmentorinnen und -mentoren. Jahr für Jahr qualifizieren sie an verschiedenen Standorten im Land hoch motivierte Jugendliche für die Übernahme von eigenverantwortlichen musikalischen Aufgaben an den Schulen. Musische Bildung, ja kulturelle Bildung überhaupt, ist für die Entwicklung von jungen Menschen in vielerlei Hinsicht von großer Bedeutung. Sie trägt zur Persönlichkeitsentwicklung bei, vermittelt Werte, fördert die Wahrnehmungs- und Kommunikationsfähigkeit sowie die Fähigkeit zu sozialem Verhalten und gesellschaftlicher Verantwortung. Kulturelle Bildung macht nicht nur mit dem eigenen kulturellen Erbe, sondern auch mit fremden Traditionen vertraut - und stärkt damit Aufgeschlossenheit und Toleranz. Alle Eltern möchte ich an dieser Stelle ermutigen: Fördern Sie die musikalische Bildung Ihrer Kinder! Geben Sie Ihren Kindern die Chance, die Welt der Musik zu entdecken - und von dieser Entdeckung ein ganzes Leben lang zu profitieren! Zu der Zeit, als Conradin-Kreutzer lebte, war der Zugang zu musikalischer Bildung noch nicht so einfach.
- 7 - Conradin Kreutzer kam gleich wohl in den Genuss hervorragender musikalischer Bildung. Jedoch mussten die begabten Landeskinder jener Jahre entweder Pfarrer, Lehrer oder - wie eben Conradin Kreutzer - Jurist werden. Später führte Kreutzer als Komponist, Dirigent und Musiker in vielen Städten Deutschlands und Europas ein unruhiges Wanderleben, das im Jahre 1849 in Riga sein Ende fand. Mit der Stiftung der Conradin-Kreutzer-Tafel wird eines Komponisten gedacht, der bis heute unser Musikleben prägt und die Amateurmusik bereichert. Jene Vereine, die wir heute ehren, haben in ihrer langen Geschichte bewiesen, dass sie über die besten Traditionen und den größten Schatz an Erfahrungen verfügen. Hinter den Vereinen stehen Generationen von Vereinsvorständen und Generationen von engagierten Musikerinnen und Musikern, Sängerinnen und Sängern. Die Conradin-Kreutzer-Tafel des Jahres 2015 ist eine Gabe von Herrn Ministerpräsident Winfried Kretschmann, von dem ich Sie alle sehr herzlich grüße, und der mich beauftragt hat, Ihnen diese ehrenvolle Auszeichnung zu überreichen.
- 8 -