3.1 Einführung 3 Fehlermanagement/ Beanstandungs-/Reklamationsmanagement 3.1 Einführung Der Dreiklang in der Überschrift birgt wiederum zwei Themenkreise in sich, nämlich den Negativaspekt des Fehlers, des Problems, aber auch die Chance etwas zu verbessern. Nun befinden wir uns aber in der Lebensmittelbranche, und so bekommt der Inhalt dieses Kapitels einen etwas gefährlicheren Inhalt: Es kann sich auch um unser aller Wohlergehen handeln, wenn wir von Produktfehlern oder Produktreklamationen bzgl. Kontamination, Fremdstoffe, Verunreinigungen, Überschreitung von Grenzwerten, etc. sprechen. Wir wollen uns hier um die Prozesse kümmern, die sich mit dem Internen Fehlermanagement den Kundenbeanstandungen und den Kundenreklamationen beschäftigen. Integriertes Managementsystem Food 12 06 44 1
3.2 Fehlermanagement/Grundlagen Bevor über Fehler gesprochen werden kann, muss definiert werden, was denn überhaupt Fehler sind. Ihre Produkte oder Dienstleistungen, die Sie Ihren Kunden anbieten müssen Eigenschaften einhalten, die i. d. R. in unterschiedlichen Dokumenten festgelegt sind. Dies können bei Produkten sein: Produktspezifikationen; Grenzwerte für Fremdstoffanteile aus Verordnungen; Grenzwerte für Schadstoffe aus Verordnungen; Rezepturen, die selbst oder mit den Kunden festgelegt wurden; Vergleichsmuster; Lebensmittelsicherheitsvorschriften; Zeichnungen; Stücklisten; Weiter sind die Produktionsprozesse und Dienstleistungsprozesse Forderungen unterlegen, wie z. B.: Prozessspezifikationen; Prozessablaufpläne; Wartungspläne; Maschinenauslastungen; Einstellparameter; Und bei den Managementprozessen u. a.: Kundenanforderungen; Vertragsprüfungen bzgl. Machbarkeit und Preisgestaltung; Liefertermihaltung; Beschaffungsangaben; Lagerbestandskontrolle; Termihaltung; Waregangsprüfung; Verfallsdatum; Umgang mit Fehlern Integriertes Managementsystem Food 12 06 44 1
Was sind Prüf merkmale? Diese angefangene Liste von Produkt-, Produktionsprozess- und Managementprozessanforderungen ist die Grundlage, um eine erste Auflistung der Forderungen, Maße und Festlegungen zu erstellen. Es sind die Merkmale, die Produkte und Prozesse beschreiben und deren Kriterien darstellen. Erst nach deren Zusammenstellung ist es möglich die sogenannten Prüfmerkmale aus dem Katalog der Merkmale abzuzweigen. Diese Prüfmerkmale stellen die Merkmale dar, die wegen Ihrer Wichtigkeit zur Einhaltung der Produkt- und Prozess-Spezifikationen geprüft werden sollten, um nicht in die Gefahr zu gelangen Kundenreklamationen zu erhalten oder Probleme mit behördlichen Stellen zu bekommen (siehe Abb. 3.2-1). 2 Integriertes Managementsystem Food 12 06 44
START Produktunterlagen: - Spezifikationen - Zeichnungen - Fehlerkataloge - Laborberichte - Gesetzliche Vorgaben - Versuchsberichte - Rezepturen - Vergleichsmuster - Sicherheitsvorschriften - Beschaffungsangaben - etc. Prozessbeschreibung: - Ablaufplan - Prozess-spezifikationen - Maschinenbeschreibung - Wartungspläne - Herstellungsgenauigkeiten - Zeichnungen - Stücklisten - etc. Sammeln der Produkt- / Prozessbeschreibungen (1) Vollständig? Merkmale erkennen (2) Merkmale ausreichend beschrieben? Auswahl der Prüfmerkmale (3) Unterlagen nachfordern Notwendiges Prüfmerkmal? Keine weitere Berücksichtigung Anzahl der Prüfmerkmale: Es sollten so viele Prüfmerkmale ausgewählt werden, wie es notwendig ist, die Produkteigenschaften sicher zu beherrschen. Genügend Prüfmerkmale ausgewählt? Ende 1 2 Abb. 3.2-1 Prüfplanung Integriertes Managementsystem Food 12 06 44 3
1 2 Start Die Prüfmethode hängt ab von : - Merkmal-Fehler zu erkennen - Stabilität der Meßmethode - Reproduzierfähigkeit - Zerstörende Prüfung - nicht zerstörende Prüfung - Umgebungsbedingungen - Sicherheit in der Handhabung - Anschaffungspreis Festlegen der Prüfmethode, Prüfhäufigkeit (4) Abstimmen mit anderen Bereichen Diese Fragen sollten immer mit anderen Fachbereichen abgestimmt werden. Änderung? Prozessablauf Arbeitsplan Prüfablaufplan entwickeln Prüfanweisung festlegen Prüfablaufplan: Reihenfolge Haltepunkte Prüfverfahren Prüfanweisung: Meßtechnik Mengengerüst Prümittel Prüfaufzeichnung: Prüfprotokolle Prüfzertifikate Prüfmitteldaten: Prüfmittelart Genauigkeit Sicherheit etc. Prüfmittelbeschaffung Kennzeichnung der Prüfobjekte Prüfmittelüberwachung Prüfmittelliste: - Meßbereiche - Genauigkeit - Pflegeart - Kalibrierhäufigkeit Produkt- Prozessänderung? Ende Abb. 3.2-1 Prüfplanung (Fortsetzung) 4 Integriertes Managementsystem Food 12 06 44
3.2.1 Einrichten eines Fehlermanagements Wie im Kapitel V1. Regelkreis der Geschäftsführung bereits ausgeführt, muss für jeden Wertschöpfungsprozess über die Prüfmöglichkeit nachgedacht werden, um sicherzustellen, dass der Prozess fähig ist, das gewünschte Ergebnis zu erzeugen, bzw. Produkte herzustellen, die die gegebenen Anforderungen erfüllen. Die Prozessverantwortlichen sollten zusammen mit ihren Mitarbeitern die Prüfmerkmale selektieren und ein Konzept zur Prüfung aufbauen. Im Rahmen des Qualitätsmanagements heißt dieser Prozess auch Umgang mit fehlerhaften Produkten. Auf jeden Fall soll die Möglichkeit geschaffen werden Fehler wahrzunehmen. Nachdem geklärt sein sollte was ein Fehler und was kein Fehler ist, sollte dies jetzt nicht schwer fallen. Man spricht auch von Produkt- und Prozesskonformität bzw. Nichtkonformität. Der im Prozess arbeitende Mitarbeiter muss allerdings auch zu Fehlern stehen, egal wo diese Fehler verursacht wurden und auch wer für die Fehler zuständig ist. Im Vordergrund steht nur: Fehler zu erkennen und festzuhalten. Erkannte Fehler sollten nun dokumentiert werden, wozu es unterschiedliche Möglichkeiten gibt: Manuelle Dokumentation mithilfe von: Fehlerformularen; Mängelberichten; Messprotokollen; Strichlisten für Fehlerarten; Fehlerlisten oder als automatische oder halbautomatische Registrierung von Fehlern durch: Produktionsprozessbegleitende Fehlersammel-Software; Exceltabellen zur Aufnahme und Auswertung von Messdaten; Datenbanksysteme zur Aufnahme und Bewertung von Daten. Im Produktionsbereich sollte die Aufnahme von Fehlerdaten kein Problem sein, da hier meistens das Verständnis der Notwendigkeit vorhanden ist. Anders ist es in kaufmännischen, administrativen und Logistikbereichen. Hier ist es die Aufgabe des jeweiligen Prozessverantwortlichen Überzeugungsarbeit zu leisten, damit Fehler erkannt und registriert werden. Der Grund für die Ablehnung liegt häufig im zeitlichen Mehraufwand für die Notiz oder Registrierung. Fehlerbewusstsein Integriertes Managementsystem Food 12 06 44 5
3.2.2 Aufnahme und Bewertung von Fehlern Fehlerhandhabung Zu den aufzunehmenden Fehlern gehört auch die Aufnahme von Verbesserungsvorschlägen, die zum Verbesserungsprozess gehören. Die festgestellten Fehler bzgl. Produkt, Prozess und Dienstleistung müssen an verabredeter Stelle gesammelt werden. In festgelegten zeitlichen Abständen sollte eine erste Bewertung der Fehlersammlung im jeweiligen Bereich stattfinden. Hier geht es um die Feststellung, welche Risiken die festgestellten Fehler in sich tragen und ob sofort eine Abstellmaßnahme eingeführt werden sollte (siehe Abb. 3.2-2). 6 Integriertes Managementsystem Food 12 06 44
- Fehler aus Verkauf - Fehler auseinkauf - Mängelberichte - Waregang - Reklamationssammlungen - Kundenbefragungen - Laborergebnisse - Lagerrundgangsprotokolle - Verfallsdatensammlung -... - Beschwerden / Probleme Verbesserungen - Besprechungsprotokolle Neue Produkte, Messen, Vertreter, Medien Start Wöchentliche Bewertung nach Auftreten Besprechung Abteilungsleiter sitzung Maßnahmenentscheidung Erstbewertung durch Prozessbeauftragten Besprechungsprotokoll Zyklus: zum Quartalsende jeweilige Maßnahmen umsetzen Fehlersammlung ergänzen Zyklusauswertung? Auswertung, Entscheidung für Korrekturmaßnahme, Umsetzung Verfolgung der evtl. Korrekturmaßnahmen ok? Abb. 3.2-2 Fehlersammlung und Auswertung Integriertes Managementsystem Food 12 06 44 7
3.3 Beanstandungsmanagement 3.3 Beanstandungsmanagement Unter Beanstandungen sind Meldungen von Kunden zu verstehen. Im weitesten Sinn sind dies aber auch Hinweise auf Unzulänglichkeiten, Verbesserungshinweise, Korrekturvorschläge, Ergänzungen zum laufenden Aufträgen usw. Sie sind nicht zu verwechseln mit Kundenreklamationen. Beanstandungen erreichen die Organisation meist per Telefon, im persönlichen Gespräch bei Besuchen, auf Messen oder per E-Mail. Auch in diesen Fällen gilt es einen Prozess einzurichten, der sicherstellt, dass diese Kundeninformationen wahrgenommen werden; notiert/registriert werden; weitergeleitet werden; bewertet werden und im Bedarfsfall Reaktionen/Maßnahmen ausgelöst werden. Also genauso verarbeitet werden wie Fehlersammlungen. Diese Kundeninformationen oder Beanstandungen haben eine besondere Bedeutung in Ihrem QM-System. Bei Berücksichtigung dienen sie der Verbesserung Ihrer Kundenbindung und somit einer gemeinsamen, zukünftigen, stützenden Vertragsbindung. Ein offenes Ohr für Kundenmeinungen Integriertes Managementsystem Food 12 06 44 1
3.4 Reklamationsmanagement 3.4 Reklamationsmanagement Wenn Kundenreklamationen unser Unternehmen erreichen, bekommen wir Kenntnis darüber, dass unsere internen Prüfprozesse sehr wahrscheinlich nicht vollständig funktioniert haben. Diese Annahme setzt voraus, dass die Reklamation berechtigt ist. Diese Kundenhinweise sind ernst zu nehmen, denn es stehen folgende Tatsachen an: das verkaufte Produkt/die Dienstleistung entspricht nicht den vertraglichen Festlegungen; die Erwartungen des Kunden sind nicht erfüllt; gesetzliche Grenzwerte sind nicht eingehalten worden; die Kundenzufriedenheit hat gelitten; das Vertrauen in den Lieferanten hat Schaden genommen; es besteht die Gefahr der Abwanderung zu anderen Lieferanten. Aus diesen aufgezählten Folgemöglichkeiten besteht der dringende Bedarf den Prozess der Reklamationsabwicklung im Sinne des Kunden zu gestalten. Beim Umgang mit Lebensmitteln agieren wir in einer Risikobranche. Zu diesen gehören auch der Handel und der Umgang mit Medizinprodukten, Zulieferungen für die Autoindustrie und die Kraftwerksindustrie. In allen Fällen geht es also darum Schaden von Mensch und Umwelt fern zu halten. In diesen Risikobranchen ist der Einsatz des 8D-Reports üblich und wird teilweise von den Kunden gefordert. Es handelt sich hier um 8 Schritte in der Kommunikation mit dem Kunden zur schnellen und eindeutigen Abwicklung von Reklamationen. Diese acht Schritte beinhalten: Stammdaten: Kundenansprechpartner, Kunde, Adresse, Telefon, E-Mail, etc.; Reklamiertes Produkt, Charge, Artikel-Nr., Menge, Lieferdatum; Kundenreklamationsnummer; Eigene Reklamationsnummer (RMA); Wer hat die Reklamation entgegen genommen; Erste Rückmeldung gewünscht bis Eine Beschwerde ist ein Geschenk Integriertes Managementsystem Food 12 06 44 1
3.4 Reklamationsmanagement Werkzeug zum Wohle des Kunden 1. Schritt: Problembeschreibung aus Kundensicht 2. Schritt: Ansprechpartner, Team des Lieferanten mit Tel., E-Mail, etc. 3. Schritt: Sofortmaßnahme; diese beinhaltet eine Reaktion, um dem Kunden schnell zu helfen, damit deren Prozesse, die evtl. gestoppt wurden schnell wieder in Gang zu bringen. Es ist eine Verabredung mit dem Kunden. Hier muss berücksichtigt werden um welche Art von Reklamation es sich handelt. Bei einer gefährdenden Grenzwertüberschreitung des gelieferten Produktes ist eine Neulieferung des Produktes aus derselben Herstellercharge oder anderen Charge mit Vorsicht zu entscheiden. Es ist außerdem abzuschätzen, inwieweit die Sofortmaßnahme das Problem schon behebt. 4. Schritt: Fehlerursache; Hier geht es um die Ermittlung der Fehlerursache. Was hat zum Problem geführt? Wenn beispielsweise die gelieferte Menge nicht in Ordnung war, ist hier nicht die Ursache: Der Mitarbeiter hat sich verzählt! Hier ist die Frage zu klären: Warum hat er sich verzählt? Weiter ist abzuschätzen inwieweit bei der gefundenen Fehlerursache eine Beteiligung des Lieferanten eingeschätzt wird. 5. Schritt: Mögliche Abstellmaßnahmen; hier werden im Team mögliche Lösungen diskutiert und zur Entscheidung bereitgestellt. Diese möglichen Abstellmaßnahmen zur Beseitigung der Reklamation sind mit dem Kunden abzustimmen bzw. ihm vorzuschlagen. Dazu gehört ebenso eine Abschätzung der Wirksamkeit dieser Maßnahmen. 6. Schritt: Eingeführte Abstellmaßnahme; das ist die mit dem Kunden abgestimmte Maßnahme, die die Reklamation bereinigt. In Folge ist die geschätzte Ergebniskontrolle in % anzugeben. 7. Schritt: Kundenzufriedenheit; fast zum Abschluss der Bearbeitung der Reklamation soll das Team über den Stand der Kundenzufriedenheit debattieren. Falls noch Ungereimtheiten zwischen Kunde und Lieferant stehen, sollten weitere Aktionen/Maßnahmen oder Verhaltensmaßnahmen beschlossen werden. 8. Schritt: Korrekturmaßnahme; der letzte Schritt betrifft die Korrektur- und die Vorbeugungsmaßnahme. Laut Definition im Qualitätsmanagement sind dies Maßnahmen, die dafür sorgen sollen, dass sich der Fehler, der zur Reklamation geführt hat, nicht wiederholt. Die Vorbeugungsmaßnahme betrifft Maßnahmen, um potenzielles Fehlerauftreten in benachbarten Prozessen oder Verfahren zu vermeiden. In beiden Fällen geht es um Maßnahmen, die die Verbesserung der Prozesse, Produkte, etc. angeht und immer die Organisation des Unternehmens angeht; also eine Anpassung des QM-Systems. 2 Integriertes Managementsystem Food 12 06 44
3.4 Reklamationsmanagement Tab. 3.4-1 8D-Report Kundenstammdaten Kunden-Name Kd.-Nr. Eingangsdatum Reklamations-Nr. Kunden-Reklamations-Nr. Kunden-Ansprechpartner Telefon Fax E-Mail Aufgenommen durch (Name): Rückmeldung bis: Anlage Hauptauftrags-Nr. Kundenstandort Besonderheiten Menge 1 Ansprechpartner/Team Name(n) Telefon Fax E-Mail 2 Beanstandung/Problembeschreibung (Kunde) 3 Sofortmaßnahme Einführungsdatum Wirkung (%) 4 Fehlerursache Eigene Fehlerbeteiligung (%) Bewertung (Team) Kundenabsprache/Bemerkung Kein Fehler, ohne Bearbeitung: Gewährleistung: Reparatur (kostenpflichtig): Kulanz: 5 Geplante Abstellmaßnahme/Reklamation Wirksamkeit Abstellmaßnahme (%) 6 Eingeführte Abstellmaßnahme/Reklamation Einführungsdatum Ergebnis-Kontrolle (%) 7 Fehlerwiederholung verhindern Verantwortung Einführungstermin Korrekturmaßnahme Vorbeugungsmaßnahme 8 Abschlusskontrolle Team Kundenzufriedenheit wiederhergestellt? Name Datum Integriertes Managementsystem Food 12 06 44 3
3.4 Reklamationsmanagement Der Schritt 8 ist bei aufgetretenen Reklamationen in den genannten Risikobranchen eine Verpflichtung. Abschließend ist zum Reklamationsmanagement zu sagen, dass meine Empfehlung immer zum Einsatz des 8D-Reports geht, also einschließlich der Schritte 7 und 8. Das Unternehmen sollte eine entsprechende Verfahrensanweisung entwerfen, um den Ablauf beim Eintreffen von Kundenreklamationen sicher zu stellen. Zusammenfassung Aus Fehlern lernt man Fehlermanagement, Beanstandungsmanagement und Reklamations management sind die drei Begriffe die ein Unternehmen braucht, um ein integriertes Managementsystem zu leben und weiterzuentwickeln. Verbesserung, Optimierung und Ausrichtung an den Kundenwünschen sind die Zielgedanken, die ein Unternehmen voranbringt und in der freien Wirtschaft bestehen lässt. 4 Integriertes Managementsystem Food 12 06 44