Chemie des Haares HAARE. a-helix-struktur der Haarproteine. Protein-Helix. Wasserstoffbrücke. b-ketten- oder Faltblatt-Struktur der Haarproteine

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Transkript:

Chemie des Haares Das Haar besteht zu 90 % aus dicht aneinander gereihten Zellen, die Keratin ein Eiweiß enthalten. Keratin wiederum besteht aus Aminosäuren, die zu langen Ketten (= Polypeptidketten) aneinander gereiht sind. Eine dieser Aminosäuren ist das Schwefel hältige Cystin. Cystin bildet Doppelschwefel- oder Disulfidbrücken zwischen Proteinketten. Dadurch werden alle Proteinketten miteinander vernetzt. Grundsätzlich unterscheidet man α- und β-keratine. a-helix-struktur der Haarproteine Die Polypeptidketten sind spiralig gerollt und verlaufen parallel zur Längsrichtung des Haares. Zwischen den einzelnen Windungen der Polypeptidketten befinden sich in der Längsrichtung des Haares Wasserstoffbrücken, quer zur Längsrichtung des Haares befinden sich zwischenspiralige Disulfidbrücken. Dadurch erhält das Haar seine hohe Festigkeit und Elastizität. Protein-Helix Im feuchten Zustand können gelockte Haare fast bis auf ihre doppelte Länge gestreckt werden. Dabei kommt es zu einer Veränderung der Keratinfaser. Die Wasserstoffbrücken zwischen den Polypeptidketten werden aufgelöst, die Polypeptidketten dadurch gestreckt, und es kommt zu einer β-kettenstruktur mit paralleler Anordnung der Polypeptidketten. b-ketten- oder Faltblatt-Struktur der Haarproteine Wasserstoffbrücke Wasserstoffbrücke Proteinkette 3/1

Nimmt man kosmetische Formveränderungen (künstliche Glättung bzw. Wellung des Haares) vor, so erfolgt dies durch Lösung der Quervernetzungen zwischen den benachbarten Peptidketten. Danach werden die Haare je nach Wunsch geformt und schlussendlich die Querverbindungen wieder regeneriert. Exkurs: Ethnische Unterschiede Haaraufbau und Haarverteilung in den einzelnen Körperregionen ermöglichen Rückschlüsse auf die ethnische Herkunft eines Menschen. So verfügen viele Männer asiatischer Herkunft kaum über Bartwuchs; in bestimmten indianischen Stämmen ist Haarausfall bei Männern ein kaum auftretendes Phänomen. Prinzipiell unterscheidet man, was Haupthaaraufbau und struktur betrifft, drei Haartypen: kaukasisch-europäisch (europid) asiatisch (mongolid) afrikanisch (negrid) Mongolides und europides Haar ist glatt und unterscheidet sich in der Haardicke. Statistisch gesehen verfügt mongolides Haar über einen größeren Durchmesser. Diese Tatsache beeinflusst natürlich auch den Aufbau der Pflegeprodukte der unterschiedlichen Haartypen. Das negride Haar verfügt die Wachstumsrichtung entlang über unregelmäßige Windungen dies führt zu einer Haarkrause ; gekraustes Haar kann zu großer Fülle frisiert werden. Gleichzeitig ist das negride Haar aufgrund dieser Struktur allerdings auch extremer mechanischer Belastung ausgesetzt, dadurch ist die Gefahr eines Haarbruchs bedeutend größer als bei europidem oder mongolidem Haar. Exkurs: Reißtest Aufgrund ihrer komplexen Struktur halten Haare einiger Belastung stand. Ein einzelnes Haar ist in der Lage, ein Gewicht von bis zu 100 Gramm zu halten. Bei einem Gesamthaarbewuchs von 100.000 Haaren könnten also bis zu 10 Tonnen nur mit den Haaren getragen werden. Die Haare halten einer solchen Belastung stand, nicht aber die Kopfhaut. Diese würde sich bei einer solchen Belastung ablösen. Experiment zur Ermittlung der Reissfestigkeit eines einzelnen Haares: Befestigen Sie ein längeres Haar mit drei einfachen Knoten an einem Schlüsselring. (Zur zusätzlichen Fixierung der Knoten tupfen Sie einen kleinen Tropfen Nagellack auf die Knoten!) Am anderen Ende des Haares befestigen Sie mit derselben Methode eine Schnur, die Sie zuvor an einem leeren Joghurtbecher befestigt haben. Nun hängen Sie die Konstruktion am Schlüsselring auf und füllen Sie Mehl in den Joghurtbecher, bis das Haar reisst. Durch Abwiegen des Mehls können Sie einfach feststellen, welcher Belastung Ihr Haar stand gehalten hat. 3/2

Glatt oder gelockt eine Frage der Chemie Viele Menschen mit glattem Haar wünschen sich Wellen, andere mit gewelltem Haar wünschen sich glattes. Um glattes Haar zu wellen bzw. gewelltes zu glätten, müssen die Querverbindungen zwischen den Proteinketten gelockert oder sogar gebrochen werden. Die räumliche Struktur der Proteinketten ist von der Art der Querverbindung abhängig. Vier Querverbindungen werden unterschieden: Ionenbindung, Wasserstoffbindung, Amidbindung und Schwefelbindung. Bei Wasser- und/oder Wärmeeinwirkung (Wasser- oder Brennwelle) werden nur die Ionen- und Wasserstoffbindungen gelöst. Ionenbindung: Ionenbindung nennt man jene Bindung, bei der eine elektrostatische Anziehung zwischen entgegengesetzt geladenen Ionen wirkt. Ionenbindungen entstehen, wenn sich elektropositive und elektronegative Elemente miteinander verbinden. Im Unterschied zur Atombindung wird kein gemeinsames Elektronenpaar gebildet; positive und negative Ionen entstehen. Zwischen den entgegengesetzt geladenen Ionen wirken elektrostatische Anziehungskräfte. Wasserstoffbindungen: Wasserstoff hat nur ein einziges Elektron. Geht ein Wasserstoffatom eine Bindung mit mehr als einem Atom ein, so nennt man dies Wasserstoff- bzw. Wasserstoffbrückenbindung. Es handelt sich dabei um eine relativ schwache Bindung. Bei der Wasserstoffbindung wird durch die gleichzeitige Verwendung eines Protons zwischen zwei Atomen eine Bindung hergestellt. Für Dauerwellen müssen auch die Amid- und Schwefelbindungen gelöst werden. Für diesen Vorgang werden alkalische oder reduzierende Produkte benötigt. Nach abgeschlossener Wellung bzw. Glättung erfolgt die Schließung der Querverbindungen mit sauren oder oxydierenden Produkten. 3/3

Dauerwellprozess 1. Schritt 2. Schritt REDUKTION OXIDATION Aufbrechen alter Errichten neuer 1. Schritt: Ein Reduktionsmittel, z. B. das Salz der Thioglycolsäure oder Ammoniumthioglycolat, öffnet einen Teil der Disulfidbrücken im Haarkeratin. Durch diese Öffnung der Proteinstruktur wird das Haar verformbar. Folge dieses Prozesses ist eine geringe Schrumpfung des Haares in der Länge bei gleichzeitig stärkerem Quillen im Durchmesser. Das erweichte Haar nimmt nun die Form des Wicklers an. 2. Schritt: Mit Hilfe eines Oxidationsmittels, z. B. Wasserstoffperoxid, werden die wieder geschlossen bzw. rückvernetzt. Die Formänderung wird fixiert. Das Haar hat seine neue Form gefunden. Ausgangspunkt: sind geschlossen 1. Schritt: sind geöffnet und verschoben 2. Schritt: werden neu zusammengefügt 3/4

ALS FOLIE Haarprotein lösen errichten 3/5