I. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Freising vom 15. Februar 2006 aufgehoben.

Ähnliche Dokumente
Leitsatz: Den auf einem Tankstellengelände an einer Tanksäule rückwärts fahrenden Pkw- Fahrer trifft gegenüber dem hinter ihm stehenden Fahrzeug nur

BESCHLUSS. Bußgeldsache

B e s c h l u s s. In der Bußgeldsache. gegen

Beschluss. vom 07. November 2002

Brandenburgisches Oberlandesgericht. Beschluss

Ss (OWi)523/00. Leitsatz:

Oberlandesgericht Hamm, 3 Ss OWi 55/09

Brandenburgisches Oberlandesgericht. Beschluß

Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.v.

Leitsatz: OLG Dresden, 2. Strafsenat, Beschluss vom 7. Juni 2010, Az.: 2 Ws 93/10

Beschluss. vom 27. Januar Verteidigerin: Rechtsanwältin U R. wegen Verstoßes gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz

Fahrlässigkeit kann bei längerer Zeitspanne zwischen Drogenkonsum und Fahrantritt fehlen, OLG Celle, Beschluss vom , 322 SsBs 247/08

Einspruch gegen noch nicht erlassenen Bußgeldbescheid - Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts bei Sachurteil

Leitsatz: OLG Dresden, 2. Strafsenat, Beschluss vom 11. September 2013, Az.: 2 OLG 21 Ss 652/13

Oberlandesgericht Dresden

Oberlandesgericht Celle

Az. 3 Ss 89/02. Leitsatz:

Oberlandesgericht Dresden

OLG Dresden, Senat für Bußgeldsachen, Beschluss vom , Az.: Ss Bs 152/10

Arbeitsmaschinen. Ein Leitfaden für Unternehmen, Polizei und Verwaltung. von Adolf Rebler

Brandenburgisches Oberlandesgericht. Beschluss

Az. 1 Ss 463/01 Leitsatz:

Bestimmung des Prüfungszeitpunkts der Unterbrechung bzw. der Strafrestaussetzung einer Jugendstrafe.

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. 3 S t R / 1 4. vom 3. März 2015 in der Strafsache gegen. wegen schweren Bandendiebstahls u.a.

Oberlandesgericht Dresden

2. Eine Aufhebung und Zurückverweisung nach 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO kommt im Verfügungsverfahren nicht in Betracht.

Leitsatz: OLG Dresden, 2. Strafsenat, Beschluss vom , 2 Ss 288/09

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

Oberlandesgericht Dresden Az.: 3 Ss 135/05. Leitsätze:

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom 14. April 2011

Verbotsregelungen durch Zusatzschilder müssen klar, sinnvoll und objektiv eindeutig sein.

2 Ss (OWi) 425/95. Leitsatz:

Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

Fragen zum sog. Führerscheintourismus, OLG Celle, Beschluss vom , 32 Ss 193/08

SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES LANDESSOZIALGERICHT BESCHLUSS

Leitsatz: OLG Dresden, 2. Strafsenat, Beschluss vom , Az. 2 Ws 563/03

Brandenburgisches Oberlandesgericht. Beschluss

Bitte bei allen Schreiben angeben: Az.: 4 Ta 177/11 (6) Chemnitz, Ca 7065/09 ArbG Bautzen, Außenkammern Görlitz B E S C H L U S S

Zur Verantwortlichkeit von Verlader und Fahrzeugführer für die vorschriftsgemäße Beladung des Fahrzeugs mit Gefahrgut:

Brandenburgisches Oberlandesgericht. Beschluss

Brandenburgisches Oberlandesgericht. Beschluss

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom 19. Dezember 2017 in der Strafsache gegen

landingpages.txt Der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Bamberg erlässt durch den Richter am Oberlandesgericht...

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. in dem Rechtsstreit

Brandenburgisches Oberlandesgericht. Beschluss

von Bedeutung sind, in Frage gestellt, noch ist die Wechselwirkung zwischen Höhe der zuerkannten Strafe und der Maßregel betroffen.

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

AktG 192 Abs. 1, 192 Abs. 3 S. 1, 195, 241 Nr. 3; BGB 139

Brandenburgisches Oberlandesgericht. Beschluss

Ss (OWi) 587/00. Leitsatz:

Satzung, Ermächtigung, Geschäftsführer, Liquidator, 181 BGB, Befreiung, Selbstkontrahierungsverbot

Studienvereinigung Kartellrecht / Universität Bern

SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES LANDESSOZIALGERICHT BESCHLUSS

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom 10. Mai 2017 in der Strafsache gegen

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Regelungen und Richtlinien für die Berechnung und Bemessung von Ingenieurbauten BEM-ING

Fahrverbot und Erhöhung der Regelgeldbuße wegen Geschwindigkeitsüberschreitung bei mehrfachen Vorahndungen

Brandenburgisches Oberlandesgericht


BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

OBERLANDESGERICHT FRA1N KFURT AM VIAIIO BESCHLUSS

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 4. Oktober in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 25. September in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Erläuterung der Rechtsgrundlagen der Zusammenarbeit zwischen Verwaltungs- und Strafverfolgungsbehörden

Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen. B E S C H L U S S In der Bußgeldsache

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

Brandenburgisches Oberlandesgericht. Beschluss

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

BERGISCHES STUDIENINSTITUT FÜR KOMMUNALE VERWALTUNG Allgemeines Verwaltungsrecht. Aufgabe Punkte

Angaben zum Fahrzeug/zur Fahrzeugkombination (lt. Kfz-Brief/Betriebserlaubnis/Gutachten nach 21 StVZO:

Huppertz. Sachverhalt:

Die (sofortige) Kostenbeschwerde eines Nebenklägers gegen die im Urteil unterlassene Auslagenentscheidung ist nicht von vornherein unstatthaft.

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

Prof. Dr. Hubertus Gersdorf Wintersemester 2011/2012. Repetitorium Allgemeines Verwaltungsrecht. Fall 13: Parkplätze für die Innenstadt

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 23. September in der Betreuungssache

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 30. März in der Zwangsversteigerungssache

Oberlandesgericht Hamm, 3 RBs 7/10

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 9. Februar in dem Insolvenzeröffnungsverfahren

Vorsätzlich begangene Ordnungswidrigkeiten

Inhalt. 1. Zulassungsvoraussetzungen 1.1 Betriebserlaubnis für Fahrzeuge ( 18 StVZO)

Streitwert bei Abgabe nach Teilzahlung im Mahnverfahren. Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom ,

KAMMERGERICHT. Beschluss. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u. a.

Das Gericht. PD. Dr. Peter Rackow Wintersemester 2008 / 2009

Nicht selten legen Kollegen während des Prozesses Ihr Mandat nieder. Dennoch bleiben sie einstweilen Zustellempfänger.

10. Abschluss der Ermittlungen

Brandenburgisches Oberlandesgericht

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

Der neue Bußgeldkatalog mit Punktsystem

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 29. Juni in dem Betreuungsverfahren

Fahren ohne Fahrerlaubnis: Voraussetzungen der Pflicht zur Anerkennung einer tschechischen Fahrerlaubnis

BESCHLUSS. BVerwG 3 B 5.03 VGH 4 S 220/02. In der Verwaltungsstreitsache

Aktenzeichen: 11 W 368/02. Leitsatz:

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 18. Dezember in der Familiensache

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 21. Januar in dem Insolvenzverfahren

Leitsatz: OLG Dresden, 2. Strafsenat, Beschluss vom , Az. 2 Ss 278/05

Oberlandesgericht Dresden, 20. Zivilsenat - Familiensenat - Beschluss vom , Az.: 20 UF 0526/10

Auflagen und Beschränkungen

Transkript:

Gericht: OLG Bamberg 2. Senat für Bußgeldsachen Entscheidungsdatum: 14.05.2007 Aktenzeichen: 2 Ss OWi 597/06 Dokumenttyp: Beschluss Quelle: Normen: 29 Abs 3 StVO, 70 StVZO, 66 Abs 1 Nr 3 OWiG Leitsatz (Verkehrsordnungswidrigkeit: Fahrtstreckenbezogene Erlaubnis als Auflage zur straßenverkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung; Verurteilung bei falscher rechtlicher Bewertung im Bußgeldbescheid) Sonstiger Orientierungssatz 1. Wenn die Ausnahmegenehmigung gem. 70 StVZO aufgrund einer Nebenbestimmung des Bescheides nur in Verbindung mit einer gültigen fahrtstreckenbezogenen Erlaubnis nach 29 StVO gelten soll, handelt es sich hierbei nicht um eine echte Bedingung, sondern lediglich um eine - selbstständige - Auflage, so dass die straßenverkehrsrechtliche Zulassung nicht bei einer Fahrt ohne Erlaubnis erlischt (Rn.16) (Rn.19). 2. Ist der Bußgeldbescheid zu Unrecht auf 70 StVZO gestützt worden, kann aber eine Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen 29 Abs. 3 StVO erfolgen, wenn dieser sich aus dem im Bußgeldbescheid beschriebenen Lebenssachverhalt ergibt. Die falsche rechtliche Würdigung ist unschädlich (Rn.22). Fundstellen NZV 2007, 638-639 (red. Leitsatz und Gründe) weitere Fundstellen SVR 2008, 148 (red. Leitsatz) Verfahrensgang vorgehend AG Freising, 15. Februar 2006, Az: 6 OWi 24 Js 20621/05, Urteil Diese Entscheidung wird zitiert Literaturnachweise Adolf Rebler, SVR 2008, 148 (Anmerkung) Tenor I. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Freising vom 15. Februar 2006 aufgehoben. II. Der Betroffene wird wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit des Führens eines Fahrzeugs, dessen Gesamtgewicht die gesetzlich allgemein zulässigen Grenzen überschritten hat, zur Geldbuße von 40 Euro verurteilt. - Seite 1 von 5 -

III. Die weitergehende Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird verworfen. IV. Der Betroffene hat die Kosten des Verfahrens sowie seines Rechtsmittels zu tragen. Gründe I. 1 Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Verkehrsordnungswidrigkeit des Überschreitens des zulässigen Gesamtgewichts um 15 % zu einer Geldbuße von 60 Euro. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Rechtsbeschwerde des Betroffenen, deren Zulassung beantragt wird. 2 Mit Beschluss der Einzelrichterin vom 09.05.2007 ist die Rechtsbeschwerde gemäß 80 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr.1 OWiG zur Fortbildung des Rechts zugelassen und dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen worden ( 80 a Abs. 3 OWiG). II. 3 Die zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des Urteils und zur Änderung des Schuld- und Rechtsfolgenausspruchs. 4 1. Das Amtsgericht stellt fest [UA S. 2]: 5 "Am 14.06.2005 um 17.00 Uhr führte der Betroffene auf der Bundesautobahn A9 im Gemeindegebiet von N. bei F. südlich km 510.000 das Fahrzeug Iveco, amtliches Kennzeichen YY. Infolge Außerachtlassung der erforderlichen einem Kraftfahrer auch zumutbaren Sorgfalt überschritt der Betroffene das zulässige Gesamtgewicht um 15 %. Festgestelltes Gesamtgewicht war 36.860 kg, zulässiges Gesamtgewicht 3.200 kg [richtig: 32.000 kg]. Der Betroffene fuhr die 4-achsige selbstfahrende Arbeitsmaschine, nämlich einen Kranwagen, wobei eine Ausnahmegenehmigung gem. 70 StVZO vorhanden war. Gemäß einer Auflage in dieser Ausnahmegenehmigung gilt diese jedoch nur in Verbindung mit einer gültigen Erlaubnis gem. 29 StVO, die jedoch nicht vorhanden war. 6 7 Der Fahrlässigkeitsvorwurf wird darauf gestützt, dass der Betroffene sich vor Fahrtantritt über das zulässige Gesamtgewicht informieren hätte können, durch Einsicht in die entsprechend vorhandene Genehmigung. Dabei hätte er erkannt, dass eine gültige Erlaubnis gem. 29 StVO nötig war, die jedoch nicht vorhanden war. Somit durfte der Betroffene nicht auf die Ausnahmegenehmigung nach 70 StVZO vertrauen, sondern es galt 34 StVZO. Danach ist das zulässige Gesamtgewicht eines Einzelfahrzeugs auf 32 t festgelegt. Der Betroffene hätte bei Anwendung der ihm zumutbaren Sorgfalt auch erkennen können, dass sein Fahrzeug dieses Gesamtgewicht um 15 % überschreitet." 8 2. Zur rechtlichen Würdigung führte das Amtsgericht aus [UA S. 3]: - Seite 2 von 5 -

9 "Der Verteidiger des Betroffenen machte geltend, dass eine Ausnahmegenehmigung nach 70 StVZO vorlag und nicht an das Vorliegen einer Genehmigung nach 29 StVO rechtsgültig gebunden war. 10 Demgegenüber ist das Gericht der Auffassung, dass die Vorschrift Nr. 1 auf der zweiten Seite der Ausnahmegenehmigung gem. 70 Abs. 1 StVZO eine Bedingung darstellt. Der Text ist mit "Auflagen und Bedingungen" überschrieben. Der Wortlaut "gilt nur in Verbindung mit" weist eindeutig auf eine zwingende Bedingung hin. Im Kfz-Schein ist auf das Erfordernis einer Ausnahmegenehmigung nach 70 StVZO und somit auch auf deren Voraussetzungen hingewiesen. Ein Europarechtsverstoß liegt ebenfalls nicht vor. Die Rechtsnorm des Art. 7 der Richtlinie 96/53/EG greift hier zwar nicht, allerdings enthält diese Richtlinie für die hier vorhandene Fallkonstellation auch keine Regelung. Art. 3 als einzige Verbotsvorschrift der Richtlinie die auf das Gewicht abstellt, umschließt eindeutig nur den grenzüberschreitenden Verkehr. Dies geht auch bereits aus der Überschrift der Richtlinie "zur Festlegung der höchstzulässigen Gewichte im grenzüberschreitenden Verkehr" hervor. Damit kommen auch Art. 6 und 7 der Richtlinie nicht zur Geltung. Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof ist somit nicht erforderlich." 11 Das Amtsgericht sah somit die für den Kranwagen erteilte Ausnahmegenehmigung nach 70 StVZO als unwirksam an, legte die allgemeinen Zulassungsvorschriften nach 34 StVZO zugrunde, sprach den Betroffenen wegen fahrlässigen Verstoßes gegen 34 Abs. 3, 69a StVZO schuldig und verhängte die insoweit vorgesehene Regelgeldbuße in Höhe von 60,00 EUR (198.1.3 BKat). 12 3. Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen fahrlässigen Überschreitens des zulässigen Gesamtgewichts um 15 % nicht. Nach 69a Abs. 3 Nr. 4 StVZO handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig ein Kraftfahrzeug oder eine Fahrzeugkombination unter Verstoß gegen 34 Abs. 3 Satz 3 StVZO über die zulässige Achslast oder das zulässige Gesamtgewicht in Betrieb nimmt. 13 a) Nach den Feststellungen des Amtsgerichts überschreitet das Gesamtgewicht des Kranwagens mit 36.860 kg das hier gesetzlich allgemein zugelassene Gesamtgewicht von 32.000 kg ( 34 Abs. 5 Nr. 3 StVZO); insoweit wurde jedoch für das Fahrzeug eine Ausnahmegenehmigung gem. 70 StVZO, die die Betriebserlaubnis für Schwer- und Großraumtransporte ermöglicht, erteilt. 14 Durch den Verwaltungsakt der Ausnahmegenehmigung werden materiell-rechtliche gesetzliche Vorschriften außer Kraft gesetzt und es wird neues objektives Recht für den Einzelfall geschaffen. Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung stellt daher einen rechtsgestaltenden Verwaltungsakt dar. Für den konkreten Einzelfall gelten nicht mehr die allgemeinen Maße und Gewichte der StVZO als verbindlich, sondern das, was der Ausnahmebescheid festsetzt. Die Ausnahmegenehmigung nach 70 StVZO ist fahrzeugbezogen und kann nur bei grundsätzlicher Verkehrssicherheit des Fahrzeugs erteilt werden; sie gilt generell (vgl. Rebler, Das System von Ausnahmegenehmigungen und Erlaubnissen nach der StVO und der StVZO, dargestellt am Beispiel der Großraum- und Schwertransporte, NZV 2004, 450/451). 15 b) Im Gegensatz zur Ausnahmegenehmigung nach 70 StVZO setzt die Erlaubnis nach 29 Abs. 3 StVO die generelle Zulassung der Fahrzeuge voraus und regelt deren Einsatz. Ob eine konkrete Strecke auch als Transportweg geeignet ist, stellt den Regelungsgegenstand der Erlaubnis nach der StVO dar. Eine solche Erlaubnis wird insbesondere für Überführungs- oder Leerfahrten eines Fahrzeugs benötigt, dessen tatsächliche Abmessungen und Gewichte die gesetzlich allgemein zugelassenen Werte der StVZO überschreiten. Bei der Erteilung einer Erlaubnis nach 29 Abs. 3 StVO werden vorrangig streckenbezogene Voraussetzungen geprüft wie die Eignung des gesamten Fahrtwegs hinsichtlich des baulichen Zustandes und der Beeinträchtigung des übrigen Straßenverkehrs (Rebler, NZV 2004, 450/452). - Seite 3 von 5 -

16 c) Soweit im vorliegenden Fall die Ausnahmegenehmigung gem. 70 StVZO aufgrund der Nebenbestimmung in Ziffer 1 des Bescheides nur in Verbindung mit einer gültigen Erlaubnis nach 29 StVO gelten soll, handelt es sich hierbei nicht - wie das Amtsgericht meint - um eine echte Bedingung im Sinne des Art. 36 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG, sondern lediglich um eine - selbstständige - Auflage im Sinne von Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG. 17 Im Gegensatz zur Auflage macht die Bedingung die Rechtswirkung des Verwaltungsaktes - hier der Ausnahmegenehmigung - von einem zukünftigen ungewissen Verhalten des Betroffenen bzw. von der Entscheidung der für die Erlaubnis gem. 29 Abs. 3 StVO zuständigen Straßenverkehrsbehörde abhängig. Sähe man im vorliegenden Fall die Verknüpfung der Ausnahmegenehmigung gem. 70 StVZO mit der Erlaubnis nach 29 Abs. 3 StVO als Bedingung im Sinne des Art. 36 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG an, hinge die Wirksamkeit der generell erteilten, fahrzeugbezogenen Ausnahmegenehmigung von der im Einzelfall für eine konkrete Fahrtstrecke zu beantragenden und zu erteilenden Erlaubnis nach 29 Abs. 3 StVO ab. Eine solche Auslegung als Bedingung widerspricht angesichts der rechtsgestaltenden Wirkung der Ausnahmegenehmigung dem Gebot der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit. 18 d) Darüber hinaus erlaubt 71 StVZO der Verwaltungsbehörde lediglich, die Genehmigung von Ausnahmen mit Auflagen zu verbinden, denen der Betroffene mit der Folge nachzukommen hat, dass bei Missachtung der Auflage die Ausnahmegenehmigung wieder entzogen werden kann (vgl. auch BGH NJW 1969, 1213 zur Abgrenzung von Bedingung und Auflage bei der Fahrerlaubnis). 19 e) Da die für Überführungs- oder Leerfahrten notwendige Erlaubnis nach 29 Abs. 3 StVO im vorliegenden Fall nur eine Auflage darstellt, ist die Wirksamkeit der Ausnahmegenehmigung nach 70 StVZO unberührt geblieben. Dementsprechend liegt keine Überschreitung der gesetzlich allgemein zugelassenen Grenzen des Gesamtgewichts vor. Demzufolge hat der Betroffene nicht gegen 34 Abs. 3 Satz 3 StVZO verstoßen und damit keine fahrlässige Ordnungswidrigkeit nach 69a Abs. 3 Nr. 4 StVZO begangen. 20 4. Die rechtliche Würdigung des seitens des Amtsgerichts festgestellten Sachverhalts ergibt allerdings einen fahrlässigen Verstoß gegen 29 Abs. 3 Satz 1 StVO, der gem. 49 Abs. 2 Nr. 7 StVO i.v.m. 24 StVG ebenfalls bußgeldbewehrt ist. 21 a) Da das Gesamtgewicht des im öffentlichen Straßenverkehr geführten Kranwagens die allgemein zugelassenen Grenzen tatsächlich überschritten hat, hätte die konkrete Fahrt einer Erlaubnis der Straßenverkehrsbehörde nach 29 Abs. 3 StVO bedurft, die vorliegend nicht gegeben war. Die Feststellungen des Amtsgerichts, die im Übrigen durch die Rechtsbeschwerde in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht angegriffen worden sind, sind auch auf die Sachrüge hin revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, sind insbesondere nicht lückenhaft. 22 b) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde steht einer Verurteilung nach 29 Abs. 3, 49 Abs. 2 Nr. 7 StVO nicht das Verfahrenshindernis des mangelhaften Bußgeldbescheides im Sinne einer nicht ausreichenden Verfahrensgrundlage ( 66 Abs. 1 Nr. 3 OWiG) entgegen. Der hier vorliegende Bußgeldbescheid vom 21.06.2005 enthält alle notwendigen Angaben, die den Tatvorwurf nach 29 Abs. 3, 49 Abs. 2 Nr. 7 StVO umschreiben. Insoweit ist nicht der rechtliche Vorwurf entscheidend, sondern der zugrunde liegende Lebenssachverhalt, der im Bußgeldbescheid nach Tatzeit, Tatort und Art der Handlung beschrieben wird. Die falsche rechtliche Würdigung ist unschädlich (Göhler OWiG 14. Aufl. 66 Rn. 39, 49). 23 c) Die Vorschrift des 29 Abs. 3 StVO verstößt nicht gegen Europäisches Recht; eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof ist nicht erforderlich. Die Richtlinie 96/53/EG (i. d. F. der Richtlinie 2002/7/EG vom 18.02.2002) regelt die Harmonisierung der Vorschriften über höchstzulässige Gewichte und Abmessung von Fahrzeugen. Art. 7 der Richtlinie 96/53/EG nimmt die einzelstaatlichen Bestim- - Seite 4 von 5 -

mungen für die Begrenzung des Gewichts und/oder der Abmessungen von Fahrzeugen auf bestimmten Straßen und Ingenieurbauten unabhängig vom Land der Zulassung oder in Betriebnahme derartiger Fahrzeuge aus ihrem Regelungsbereich heraus. Danach können lokale Beschränkungen bezüglich der höchstzulässigen Abmessungen und/oder Gewichte von Fahrzeugen für den Einsatz "in bestimmten Gebieten oder auf bestimmten Straßen mit für lange und schwere Fahrzeuge ungeeigneter Infrastruktur" erlassen werden. Hieraus folgt eindeutig, dass die EG-Richtlinie 96/53/EG eine nationale Regelung, die eine übermäßige Straßenbenutzung von einer Erlaubnis abhängig macht, wie hier die Vorschrift des 29 StVO ausdrücklich zulässt. 24 5. Im Hinblick auf die fehlerhafte rechtliche Würdigung war die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Auf der Grundlage der vom Amtsgericht getroffenen notwendigen Feststellungen entscheidet der Senat gem. 79 Abs. 6 OWiG in der Sache selbst. Ein rechtlicher Hinweis nach 265 StPO war entbehrlich, da sich der Betroffene gegen den geänderten Schuldspruch nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. 25 Der Betroffene ist daher einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit des Führens eines Fahrzeugs, dessen Gesamtgewicht die gesetzlich allgemein zulässigen Grenzen überschritten hat, schuldig zu sprechen ( 29 Abs. 3 Satz 1, 49 Abs. 2 Nr. 7 StVO, 24 StVG) und mangels entgegenstehender Anhaltspunkte zu der im Bußgeldkatalog Nr. 116 vorgesehenen Regelgeldbuße von 40,00 EUR zu verurteilen. 26 Die weitergehende Rechtsbeschwerde, mit der der Betroffene einen Freispruch oder zumindest die Verfahrenseinstellung erstrebte, war danach als unbegründet zu verwerfen ( 349 Abs. 2 StPO i.v.m. 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG). III. 27 Der Betroffene hat als Verurteilter die Kosten des erstinstanziellen Verfahrens zu tragen 465 StPO, 46 Abs. 1 OWiG. Weiterhin hat der Betroffene die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen, 473 Abs. 1 und 4 StPO i.v.m. 46 Abs. 1 OWiG. Die Schuldspruchänderung und die unwesentliche Reduzierung der Geldbuße rechtfertigen nicht die Überbürdung eines Teils der Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens auf die Staatskasse (Meyer-Goßner StPO 49. Aufl. 473 Rn. 25). - Seite 5 von 5 -